…oder so wie immer.

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Heute erfreut euch Kerodis mit einer kleinen Geschichte zum 3. Advent. Macht es euch mit Keksen und einer Tasse Tee auf dem Sofa gemütlich und genießt den weihnachtlichen Sonntag.

Eure Bini.

Kolumne 32: #Weihnachtsritual

Jedes Jahr am dritten Advent treffen sich fünf gute Freunde zu ihrem ganz persönlichen Ritual. Die Familie wird daheim gelassen, damit sich die Freunde ganz der Aufgabe widmen können, wenigstens einmal im Jahr voll Panne zu sein, ohne das es die Familie, Freund oder Freundin mitbekommen.

Darin ist Steffen ziemlich groß und zeichnet sich durch eine fröhlich, lustige Art gegenüber seinen Freunden und einer nervig, anstrengenden Art seinen Kollegen gegenüber aus. Er ist im Moment Single.

Paul ist erheblich kleiner und ist auch für vielerlei Lustiges zu haben. Durch seine geringe Größe und das jugendliche Auftreten, wirkt er oft jünger als er tatsächlich ist. Er hat Frau und Tochter und muß natürlich um jede freie Minute kämpfen.

„Kahl“ hat seinen Spitznamen von einem Ereignis, welches schon lange zurückliegt. Ein Lehrling fragte nach dem Rat des sehr ruhigen, gemütlichen und nur schwer provozierbaren Karl. Dabei fragte er: „Duhu, Kaahaal. Kannste mir maaa helfn?“

Weil mittlerweile seine Kopfbehaarung nicht mehr vorhanden ist (um eine Halbglatze zu verbergen), passte der Name natürlich um so besser. „Kahl“ und Steffen sind beide breitschultrig, gleich groß und verstehen sich prima, weshalb man sie oft für Brüder hielt und hält. Kahl hat eine Frau und Sohn. Er ist der wohl besorgteste Papa, den man sich denken kann. So ruhig und gelassen er auch sein mag, für seinen Sohn ist jedes Klettergerüst und jede Wippe viel zu gefährlich. Zum Glück ist seine Frau da etwas ruhiger und wirkt ebenso auf ihn ein.

Torsten, der große, hagere und immerzu ernste Typ glänzt permanent durch seine Teilnahmslosigkeit. Irgendwie ist er in die Gruppe bei einer Party durch Zufall reingerutscht. Aufgrund seines düsteren Auftretens und seiner trockenen Art bringt er seine Freunde stets zum Lachen und treibt seine Freundinnen dauerhaft zur Weißglut. Das ist ein Grund warum er momentan Single ist. In dieser Gruppe nennen sie in einfach nur „der Coole“.

Zum Schluss ist da Danny, eine hübsche, junge schlanke Frau mit schwarzen dauergewelltem Haar. Sie trägt vorzugsweise Jeans, T-Shirt oder Hemden. Zudem verzichtet Sie komplett auf Make-up, weil das was für Tussis ist, wie Sie immer wieder sagt. Eine natürliche Schönheit benötigt keine Kriegsbemalung: sagte sie oft lächelnd. Ihr derzeitiger Freund ist zwar ganz nett, charmant und intelligent, allerdings verbringt er mehr Zeit auf Arbeit und im Fitnessstudio als mit Ihr. Sie fühlt sich bei Ihren Kumpelz am besten aufgehoben, weil Sie da nicht dauernd von irgendwelchen Typen angelabert wird.

Und so wartete Sie auch in diesem Jahr (so wie immer) unter dem großen Weihnachtsbaum auf dem Weihnachtsmarkt zusammen mit Paul und Torsten auf den Rest der Gruppe.

„Maaaan, wo bleiben die denn?“ fragte Paul entnervt. „Ich geh mir gleich n Glühwein holn.“ warf er hinterher.

Torsten der seit seiner letzten Beziehung ernsthaft versucht mehr Gefühle nach aussen zu transportieren, zuckte nur kurz und kaum merklich mit den Schultern. Danny sah Paul an und sagte fröhlich: „Keine Bange, die tauchen bestimmt noch auf. Spätesten morgen früh sind sie da“ ergänzte Sie lachend. In diesem Augenblick bildete sich eine Gasse in der Menschenmenge vor dem Baum und man konnte deutlich an den EEH und MAAAAAN-Rufen erkennen, daß dies nicht ganz freiwillig geschah. Nun hörten Danny, Paul und Torsten eine Stimme heraus, die sie gut kannten. Mit „Bahn frei, Kartoffelbrei“ und „Lasst uns durch, wir sind Arzt“ bahnte sich Steffen drängelnd einen Weg durch die Menge, dicht gefolgt von Kahl, welcher wiederum seinen Kumpel von hinten den nötigen Schub gab.

„Eh Ihr Penner habt Ihr mal auf die Uhr geguckt, wisst Ihr überhaupt wie spät das ist? Mann, jedes Jahr dieselbe Scheiße, Alter eh.“ wetterte Paul.

„SelbeScheißeAlterEH?“ wiederholte Kahl grinsend. Und Steffen fragte trocken: „meins De seine Uhr oder meine. Ich hab meine vergessen und Karl`s Uhr ist stehn geblieben. außerdem ist bei der Bahn ein Reifen geplatzt. Wir mußten mit wechseln helfen und die Luft aufpumpen. Ich versteh nur nich, warum Du so sauer bist, wir sind doch pünktlich ne halbe Stunde zu spät, so wie immer.“ Paul setzte ein überbetontes Lächeln auf, welches deutlich zeigte, daß er „not amused“ war. „Meine Danny“, Kahl stand mit weit geöffneten Armen vor ihr und strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Öööh, MEINE Danny“, Steffen riß seinen Kumpel freundschaftlich herum und nun begann (wieder einmal) eine heftige Diskussion, um wessen Danny es sich diesmal handelt.

„Du hast fremd gefickt und bereits n Sohn.“ argumentierte Steffen so laut das alle Menschen in der Umgebung mithören konnten. „Na, und Du hast doch auch fremd gefickt.“ entgegnete Karl ebenso lautstark. „Jetzt geht DAS schon wieder los.“ Paul schüttelte nur den Kopf während er diese Worte (so wie jedes Jahr) deprimiert aussprach und sich setzte. „Na und? Bei mir ist das schon mindestens fünf Jahre her, Du treibst es ja immer noch mit Deiner Alten.“ brachte Steffen nun seinerseits ein weiteres „gutes“ Argument hervor.

Danny lächelte verschämt, während sie den Kopf senkte und die Hand halbherzig vor die Augen hielt und Paul schüttelte entnervt den Kopf. „Ihr seid voll Panne.“ Torstens sehr tiefe, betonungslose Stimme war deutlich zu hören. „Heeee Kalle unser Kleiner kann sprechen. Sag mal P A P A. Steffen lachte und umarmte Torsten der diese überschwengliche Begrüßung mit seiner beeindruckenden Regungslosigkeit würdigte. Danach noch ein Handgruß, mit Paul, der nach etwaigen Handschlägen, Griffen und gestikulösen Verrenkungen in einer Umarmung mündete. Kahl seinerseits hatte nun Danny bereits in eine Begrüßung verwickelt, bei der Ihre Beine in der Luft hingen und durch wilde Drehungen von ihm, hin und her geschleudert wurden. Von Ihr war nur noch ein frohes Lachen und Kreischen zu hören, während Sie weiterhin durch die Luft wirbelte.

„Nu is mal wieder gudd.“ Steffen hatte sich hinter Karl aufgebaut. „Laß mich och ma an die kleene Zerlatschte und wisch Dir den Sabber aus m Gesicht.“

Karl setzte Danny vorsichtig ab, fuhr sich mit einem großen Stofftaschentuch auffällig übers Gesicht und machte dabei Geräusche, die man sonst wohl nur von lüsternen alten Männern oder aus dem Tierreich kennt.

Steffen drückte Danny etwas gefühlvoller und hauchte Ihr zärtlich „MMH Du duftest heut wieder wie ein ganzes Blumenbeet“ ins Ohr und flüsterte noch etwas von einer aufgehenden Sonne. Sie spürte, daß Sie leicht errötete und knuffte Ihn zärtlich in die Seite. „Du alter Charmeur“ warf sie leise hinterher und lächelte verlegen.

„So, habt ihrs dann endlich.“ meinte Paul. „Ich hab Durst, Alter und kalt ist mir auch. Weil ihr beide zu spät hier wart, könnt Ihr auch gleich die ersten beiden Runden geben.“ Kahl und Steffen wagten keine Widerworte. Zwar ist Paul anderthalb Köpfe kleiner als die beiden, dennoch folgten sie seiner Aufforderung umgehend. Es lag wohl daran, daß sie sich wirklich etwas schuldig fühlten und keine Lust auf lange Diskussionen hatten. Fünf Minuten später standen sie an einem Tisch mit fünf heißen wohlriechenden Getränken. Paul schlürfte nun sehr zufrieden seinen Glühwein, obwohl Steffen ihm erst einen Kinderpunsch kredenzen wollte, was Paul natürlich nicht sehr witzig fand. Nach dem Ersten folgte ein Zweiter und jeder erzählte was er seit dem letzten Treffen so erlebt hat. Sichtlich gestärkt und aufgewärmt verließen sie ihren Stehtisch um sich nach einem Stand für „Kurzware“ umzuschauen.

Es dauerte auch nicht lange, bis sie fündig wurden. Steffen suchte eine Mütze und Danny brauchte noch ein paar dünne Handschuhe. Also standen sie vor dem Tresen und fingen beide an vorsichtig zu suchen. „Na was brauchen wir den?“ fragte die ältere, rundlich aussehende Verkäuferin freundlich. „Ein paar dünne Handschuhe, aber bischen warm sollten sie auch sein.“ antwortete Danny rasch. „Wir finden schon was. Sagen Sie mir einfach wie viel Sie ausgeben möchten und ich suche etwas heraus.“ sagte die Alte überbetont ruhig. „Am besten wenig bis gar nix.“ rief Paul von hinten hämisch.

Es doch immer wieder beeindruckend, wie wandlungsfähig ein Mensch sein kann. Einem Chamäleon gleich veränderte sich die Gesichtsfarbe der Verkäuferin von einem blas-weiß zu einem dunklen Rot, welches durchaus mit einer im Meer versinkenden Abendsonne hätte konkurrieren können. „Wenn ich Dich in die Finger kriege, Du Rotzlöffel.“ rief Sie zurück, während Sie einen Besenstiel bedrohlich und handverzierend über Ihrem Kopf schwang. Torsten, der nun neben der verärgerten Frau stand presste ein unbetontes, tiefes „Naa naa, gute Frau, wer wird denn gleich.“ hervor. Es viel ihm sichtlich schwer, da eins seiner Grundprinzipien lautete: Halte Dich aus allen Konflikten heraus, die nichts mit Dir zu tun haben.Indes besann sich die Verkäuferin eines besseren und sagte trotzig „Haut bloß ab.“

„Wenn ich mal ne Frau hab, die Streß macht, dann muß ich unbedingt Torsten anrufen. Der kriegt sogar nen wütenden Säbelzahntiger ruhig gestellt.“ Flüsterte Steffen, Karl ins Ohr. Karl grinste und sagte laut: „Richtig, WENN Du mal eine Frau hast.“

Sie gingen weiter und kamen zu einem anderen Stand für Schals, Mützen und Ähnlichem. „Benehmt Euch diesmal anständig, sonst muß ich Eure Mutti´s anrufen“ sagte Danny lächelnd. „Jaaa, Tante Danny“ war die einstimmige und ningeliche Antwort von Paul, Steffen und Karl. Es war diesmal ein junger Verkäufer, der natürlich sofort auf Danny ansprang und Sie in ein ausschweifendes Gespräch einwickelte. Danny brauchte nur wenige Minuten um ein paar schicke Handschuhe zu finden, der Verkäufer hingegen brauchte da schon länger, um etwas über Danny herauszufinden und redete nun auf Sie ein.

„Ich nehme diese Mütze“ fiel Steffen dem Verkäufer ins Wort, der irgendwas von schönen Augen erzählte. „Na süße Maus, hast de auch was erhascht?“ fragte Steffen, während er seinen Arm um Danny legte. „Na klar Hase, diese superdollen Handpantoffeln“ antwortete Sie, während Sie sich lächelnd an Steffen schmiegte. Der Verkäufer war nun weniger begeistert, was man ihm auch ansah, während er das Geld entgegen nahm und wechselte. „Danke“ flüsterte Danny, als Sie ein Stück vom Stand weg waren. „Der hat mir echt nen ganzen Glockenturm ans Knie gelabert.“ „Zumindest mit den Augen lag er nicht ganz verkehrt“ sagte Steffen schmunzelnd. Und während die Gruppe so weiterschlenderte und auswertete wie und ob man eine hübsche Frau anbaggert oder eben nicht, kamen sie zu einem Automaten.

Paul der dieses „Ungetüm“ als Erster erspähte rief laut: „Eeh Leute, wie geil ist das denn?“ „Keine Ahnung, wie geil issn das?“ fragte Torsten gleichmütig. „Ja , und vor allem, WAS ist das eigentlich?“ hakte nun wiederum Karl nach. Im oberen Drittel befand sich ein Display und schon nach kurzer Zeit entschieden die fünf, daß es sich um einen frei stehenden Fotoautomaten handeln müsse. Danny, Steffen und Paul lobten das Design und die Funktionalität des Geräts. Karl senkte inzwischen die Kamera per Tastendruck ganz nach unten, um sie, wie er meinte, auf Pauls Größe einzustellen. Alle fünf standen nun vor dem Automaten und auf dem Display waren nur noch die Beine zu sehen. Selbst bei Paul war gerade noch die Gürtellinie auf dem Bild als der Automat auslöste. Alle Fünf stellten sich nun vor den Touchscreen und mußten sich für das „Schönste“ der acht Fotos entscheiden. Bei einigen kämen Dannys Beine gut zur Geltung meinte Karl. Doch Steffen widersprach, man müsse auch auf Paul Rücksicht nehmen. Schließlich ist ja von ihm am meisten zu sehen. „Lieber klein und wendig, als dick und doof“ erwiderte Paul schlagfertig. Torsten fügte abschließend hinzu: “mach Dir nix drauss, Steffen, am Ende sind die Dummen immer die Blöden.“

Kahl und Danny hatten nun ein Bild erwählt und ein neues Fenster öffnete sich auf dem Bildschirm. Wiederum gab es acht verschiedene Möglichkeiten: Beine in der Mitte, vier Weihnachtsmarktfotos drumrum oder nur die Beine mit einer dünnen Fotoumrandung in Rot oder Silber und so weiter. Karl und Danny wählten von jeder Variante zwei bis drei Stück bis eine weibliche Stimme aus dem Automaten sie freundlich darauf hinwies, daß keine weiteren Bilder möglich seien. Indes stand im Display etwas von „Für weitere Bilder die + Taste betätigen“. Es half nix, das Maximum war erreicht. Die Zahlungsaufforderung zeigte 20 Bilder und 43 Euro an. Bei einem Automaten, der nur 50 Cent- , 1 und 2 Euromünzen annahm, sorgte allein diese Tatsache schon für jede Menge Erheiterung. Hinzu kam natürlich noch die Automatenstimme welche behaarlich darauf hinwies, daß die maximale Anzahl an Bildern bereits erreicht sei.

Sie gingen nun doch weiter und nach ein paar Metern drehte sich Paul um und machte die Gruppe abermals auf den Automaten aufmerksam, vor dem nun ein Familienvater stand, welcher angestrengt versuchte die vorangegangenen Einstellungen rückgängig zu machen. Keiner unserer fünf Freunde hatte eine „Remove“-, „Delete“- oder „Zurück“ -Taste entdecken können und so ließen sie die Einstellungen, wie sie waren: 20 Bilder für „nur“ 43 Euro. Ein zweiter Mann aus der Familie vor dem Automaten versuchte nun ebenfalls sein Glück. Doch so wie es schien, musste wenigstens ein Foto bezahlt werden, bevor diese Familie ein Andenken an IHREN Ausflug knipsen lassen konnte. Die beiden Herren bezahlten die 3,50 Euro für ein Bild und erhielten ein wundervolles, rot umrahmtes Foto von fünf paar (mehr oder weniger) schönen Beinen.

Inzwischen war es spät geworden, unsere Freunde waren zu einem der Glühweinstände zurückgekehrt, erzählten einiges von Kindern, Familie und Freunden, als die Verkäufer langsam begannen ihre Stände zu schließen. Es wurde ruhiger auf dem kleinen Marktplatz. Viele Besucher gingen (teilweise stark schwankend) gemütlich heim. Auch unsere Fünf machten sich auf den Weg, um die nächste Bahn zu erwischen. Sie standen nun an der Haltestelle und verabschiedeten sich nacheinander, den jeder mußte in eine andere Richtung.

Wenn Paule oder Karl von Ihren Frauen einmal gefragt wurden:

„Na? wie wars denn diesmal?“

Dann antworteten sie nur: „Ach weißt Du, eigentlich so wie immer, aber schön……“

Euer Kerodis

1 Comment on Das Weihnachtsritual

  1. Mmh.. Unser Weihnachtsritual ist ein gemeinsames Essen mit der Familie, anschließend wird gespielt (Karten- oder Gesellschaftsspiele), dann am Abend Bescherung am beleuchteten Weihnachtsbaum. – Alle Jahre wieder … 😉
    Einen schönen Advent. 🙂

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