Eis ~ Ulla-Lena Lundberg
Eis ~ Ulla-Lena Lundberg

Vom Sommer in den Winter: Lesebienchens literarische Reise durch Finnland

Vor einiger Zeit habe ich das für mich literarische Neuland, Finnland, mithilfe des Sommerbuchs von Tove Jansson betreten und war von der klaren Sprachwucht, die mich sofort gefangen genommen hat, begeistert.

Nun, passend zur Vorweihnachtszeit, stand ein weiteres finnisches Buch auf dem Leseplan: Eis (mare) von Ulla-Lena Lundberg.

Dieses Buch stach mir bereits sehr früh in diesem Jahr ins Auge, war es doch mit dem wichtigsten finnischen Literaturpreis, dem Finlandia-Preis, ausgezeichnet und von positiven Kritiken nur so überhäuft worden.

„Ich habe mich in dieses Buch verliebt. Ulla-Lena Lundbergs Sprache ist auf geheimnisvolle Weise zeitlos.“ (Tarja Halonen, Jurorin des Finlandia-Preises)

Nun also, als das Eis nun endlich auch draußen ganz zaghaft seine Fühler ausstreckte, machte ich es mir drinnen unterm Weihnachtsbaum mit dem literarischen „Eis“ gemütlich.

Erzählt wird die Geschichte einer jungen Pfarrersfamilie, die nach dem 2. Weltkrieg zu einer kleinen Gemeinde auf einer Inselgruppe zwischen Finnland und Schweden kommt. Der junge Pastor Petter Kummel soll das geistige Oberhaupt der Inselbewohner werden. Gemeinsam mit seiner tatkräftigen Frau Mona und seiner kleinen Tochter Sanne zieht er also auf das winzige Eiland, fernab aller Schiffsrouten, irgendwo im Nirgendwo.

Eis ~ Ulla-Lena Lundberg
Eis ~ Ulla-Lena Lundberg

Schnell lebt er sich ein, beginnt mit seiner geistlichen Arbeit und lernt die Eigenheiten der Bewohner und der Insel kennen. Die junge Familie fühlt sich rasch akzeptiert und erliegt bald dem rauen Charme von Mensch und Natur. Das Glück scheint grenzenlos zu sein….

„Eis ist ein Roman, der eine Geschichte mit poetischen Schilderungen und mit dramatischer Spannung zugleich erzählt. Es fängt gemächlich an, aber man ahnt, dass eine schicksalhafte Wendung bevorsteht. Aus zahlreichen Details entwickelt sich eine vielschichtige und höchst aufgeladene Geschichte.“ (Kaleva)

Lundbergs Roman schildert keine aufregende und spannende Geschichte, keine besonderen Begebenheiten, sondern den Alltag einer Familie und den einiger Bewohner aus einer beinahe autark lebenden Inselgemeinschaft. Es bedarf auch keiner besonders aufregenden Ereignisse, denn Lundbergs erzählerisches Talent schafft es, auch jedes noch so verdorrte Grashälmchen auf der Steilküste der Insel lebendig werden zu lassen. Mit viel Poesie und Witz schildert sie das oftmals sehr entbehrungsreiche Leben der Bewohner, ihre Tatkraft, ihren Mut und ihren Humor.

Dabei wechseln ihre Sätze zwischen geradezu dichterischen Beschreibungen bis hin zu flapsigen Bemerkungen

„Die erste Nacht auf dem Pfarrhof verbringen der Pfarrer und seine Frau Mona platt wie eine Flunder. Das Letzte woran sie sich erinnern, ist, dass der jeweils andere schon schlief.“ (S. 37)

Schnell wachsen dem Leser Petter, seine Frau Mona oder auch die heimliche Chefin des Dorfes, Adele Bergmann, ans Herz, sind sie doch vielschichtig in ihren Persönlichkeiten gezeichnet, sodass mit ihnen, aber vielleicht auch das ein oder andere Mal über sie schmunzeln kann.

„Es scharrt und knarrt, als [Mona] die große Anrichte im Wohnzimmer auf ihren Platz schiebt. Kleine Pause, während der die Pfarrersfrau den Abstand von beiden Zimmerecken abschätzt, dann neuerliches Scharren und Knarren, bis die Anrichte auf den Zentimeter exakt ausgerichtet ist.“ (S. 22)

Lundbergs Roman „Eis“ passt mit seinen leisen Tönen perfekt in die besinnliche Vorweihnachtszeit. Zugegeben, man braucht an der einen oder anderen Stelle eine längeren Leseatmen, da die Autorin sehr detailliert schreibt und beschreibt, doch schnell wird man wieder von der Magie der Sätze eingefangen und fühlt sich ebenso wie die Pfarrersfamilie auf der kleinen Insel im Nirgendwo wie zuhause.

5 Comments on Eis ~ Ulla-Lena Lundberg

  1. Mir hat das Buch im Großen und Ganzen auch gut gefallen. Allerdings ziehen sich einige Stellen doch sehr in die Länge, wenn die Autorin z. B. die Landschaft oder kirchliche Gebräuche ausführlich beschreibt. Alles in allem ein Buch, das sehr schön im Winter zu lesen ist.
    LG
    lesesilly

  2. Liebe Birthe,
    vielen Dank! Es ist auf jeden Fall ein Buch, was sich mehrfach zu Leyen lohnt. Man entdeckt bestimmt immer wieder etwas Neues in dieser weiten Landschaft.
    LG
    Lesebienchen

  3. Liebe Leselilly,
    ja, mir ging es auch so. ein tolles, ruhiges Buch für kalte Wintertagen, aber leider mit einigen Längen. Trotzdem hat es sich gelohnt.
    LG
    Lesebienchen

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