Elefantenwinter ~ Michael Morpurgo

Bestimmt Bücher fordern bestimmte Leseorte. Vor allem dann, wenn gleich zu Beginn der Große Garten in Dresden erwähnt wird.

Also habe ich mir Elefantenwinter (Aladin) von Michael Morpurgo geschnappt und mir eine ganz bestimmte Bank zum Lesen ausgesucht. „Hinsehen“ – eine Bank, ein Denkort im Großen Garten, ein Gegen-das-Vergessen Platz, thematisch zum Buch.

13. Februar

In einem kanadischen Altenheim ruft Karl, der Sohn einer Pflegerin, bei einer älteren Dame namens Lizzie Erinnerungen wach.  Karli hieß Lizzies Bruder und an ebendiesen erinnert sie sich, als sie ihn erblickt. Ihre Geschichte, die Geschichte um den Elefanten namens Marlene, möchte sie ihm erzählen. Keiner glaubt ihr, aber der kleine Karl spitzt die Ohren und wehrt sich, als seine Mutter ihn aus dem Zimmer der Dame schicken möchte. Er möchte zuhören und schon nach wenigen Sätzen sind er und seine Mutter zwischen ihren Worten gefangen.

Lizzie holt tief Luft und blickt zurück in die Zeit ihrer Jugend. 16 Jahre jung war sie, als ihr Vater in den Krieg geschickt wurde. Gemeinsam mit ihrer Mutti und Bruder Karli warteten sie täglich auf ein Lebenszeichen. Als die Nachrichten immer schlimmer werden und der Krieg sich der Stadt nähert, bekommt die Familie Zuwachs. Das Elefantenmädchen Marlene wohnt ab sofort im Garten, denn der Zoodirektor muss alle Tiere erschießen und Lizzies Mutti kann sich nicht von Marlene, ihrem dritten Kind, welches sie nach dem Tod der Elefantenmutter mit aufzog, trennen.

Gänsehaut

Der Himmel wird dunkel und der 13. Februar 1945 wird zur schlimmsten Nacht der Stadt. Bomben fallen und alle vier ergreifen die Flucht. Raus aus der Stadt, weg von den Bombern, vor dem Feuer, vor dem Feind. Der Bauernhof der Verwandten ist das Ziel, doch dort angekommen stehen sie einem Piloten der Royal Air Force gegenüber, dem Feind höchstpersönlich…

Elefantenwinter ~ Michael Morporgo

Michael Morpurgo erzählt eine Geschichte, denn schließlich ist er kein Historiker, wie er im Nachwort anmerkt. Er erzählt eine Geschichte, die in der Zeit des zweiten Weltkrieges, in der sächsischen Landeshauptstadt Dresden spielt. Dresden ereilte in dieser Nacht ein schreckliches Schicksal und ebendieses möcht er in Erinnerung bringen, vor dem Vergessen schützen.

Morpurgo verpackt die Bombennacht in eine Geschichte, die ohne Bedenken Kindern im Alter von 10 Jahren aufwärts nahe gelegt werden kann. Nein, nicht kann, unbedingt sollte. Nicht nur Kindern, denn diese Geschichte ist für alle Altersklassen wichtig, eine Geschichte mit geschichtlichem Hintergrund, der einfach nie vergessen werden darf.

Ich selbst hatte beim Lesen Gänsehaut. Schon wenn ich das Datum 13. Februar lese, stellen sich bei mir alle Härchen auf und meine Augen werden wässrig.

 „Wusstet ihr, dass sie am Jahrestag der Bombardierung in Dresden immer die Glocken läuten?“ (Seite 119)

Diese Worte lassen einen dicken Kloß in meinem Hals entstehen, denn dieser Glockenklang ist für mich persönlich sehr ergreifend. Jährlich habe ich an diesem Tag Angst und ich danke Arndt für den Artikel Dresden brennt, denn darin hat er Worte von mir über diesen Tag verewigt und bewegende Worte an mich gerichtet, die mir sehr viel bedeuten.

Hinsehen

Ich weiß nicht mehr, mit wem Arndt und ich über diesen Roman sprachen oder/und wer ihn empfohlen hat. Es muss auf der Buchmesse oder um den Monat März gewesen sein. Jedenfalls DANKE ich für diese Empfehlung. Diesen Roman werde ich gut bewachen und möchte ihn ausdrücklich empfehlen – nicht nur Dresdnern.

Als ich die ersten Zeilen des Romans las, wusste ich, dass ich nicht unterbrechen konnte. Der Autor hat mich ins Zimmer zu Lizzie gesetzt und als sie begann zu erzählen, konnte auch ich nicht aufstehen und musste ihr unbedingt zuhören.

Bildlich stellte ich mir immer vor, Lizzie würde im Altersheim vor meiner Haustür wohnen, gleich am Großen Garten, genauso nah wie ihr Elternhaus gestanden haben muss.

Morpurgos Geschichte ist spannend und bewegend zugleich. Sie rüttelt auf, rührt zu Tränen und prägt sich ein, was nicht nur am Elefantenmädchen Marlene liegt. Der Autor versteht, wie man Kinder zum Zuhören bringen kann.

Die Gestaltung des Romans ist zudem an die Geschichte angepasst. Zwei Schriftarten – eine für die Gegenwart und eine für die Worte über die Vergangenheit – wechseln sich ab. Durch dieses Stilmittel fühlt sich der Leser noch näher bei den Protagonisten.

„Elefantenwinter“ sollte neben Hanas Koffer im Bücherregal stehen.

„Elefantenwinter“ ist „Gegen das Vergessen – Literatur für Heranwachsende“

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