Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich
Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich

Glotze an, los geht’s – Fernsehen gernsehen

„Ich fand eine Liebe, die mein Leben beherrschte. Sie begleitete mich überall hin. Sie formte meine Träume, sie bestimmte meinen Alltag. Ich trauerte mit ihr, und ich lachte mit ihr. Diese Liebe konnte mit Schmerzen zufügen und mein Herz zerreißen, wie es später in meinem Leben nur Frauen vermochten. Diese Liebe war – das deutsche Fernsehen.“ (S. 7)

So beginnt das Romandebüt des Autors Alexander Emmerich. Ein herrlicher Beginn, der mich als bekennender TV-Junkie sofort angesprochen hat.

In diesem plaudernden, oftmals mit einem schmunzelnden Augenzwinkern versehenen Erzählton wird die Geschichte von Ben geschildert.

Ben ist Jahrgang 1974 und somit ein TV- Kind der 80er und 90er Jahre. Anhand der deutschen Fernsehgeschichte wird auch seine Lebensgeschichte erzählt, angefangen vom Sandkastenidol Captain Future, über Colt Seavers bis hin zur pubertären Identitätskrise, ausgelöst von der Frage, wer männlicher ist: Bill Cosby oder Al Bundy.

Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich
Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich

Und mithilfe des Fernsehen, das für Ben immer mehr zum Lebensmittelpunkt wird, lernt er sich bereits in sehr jungen Jahren besser kennen, sich selbst zu hinterfragen und kritisch zu sehen. Behilflich dabei sind, wie sollte es auch anders sein, „Die Simpsons“:

„Nicht ich war Bart Simpson oder Jerry Seinfeld. Ich war Milhouse – und ich war George Costanza. Wenige Siebenjährige wussten überhaupt, was Selbsterkenntnis bedeutet. Ich wart schon zwei Stufen weiter. Ich wusste, dass ich der Nerd aus der Nachbarschaft war.“ (S. 74)

Und nicht nur Ben erkennt sein eigenes Nerd-Sein, sondern auch als Leser ertappt man sich auf beinah jeder Seite bei einem kleinen Nicken, zustimmenden Gemurmel, tiefen Seufzern, verschämtem Wegschauen – schlicht einem Wiedererkennen von Serien oder TV-Helden aus der eigenen Kindheit und Jugend. Denn selbstverständlich habe auch ich „Parker Lewis, der Coole von der Schule“ (ein Titel, der mich heute doch sehr lachen lässt) gesehen, habe „Baywatch“, „Bill Cosby“ oder „Roseanne“ geschaut und konnte ebenfalls trotz großer Fremdschäm bei „Big Brother“ nicht wegsehen.

Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich
Fernsehen gernsehen ~ Alexander Emmerich

Wer sich wie ich auf einen Fernsehtrip in seine Kindheit und Jugend begeben möchte, dem sei „Fernsehen gernsehen“ sehr empfohlen. Die Hauptfigur Ben bleibt zwar neben all der Fernsehgeschichte relativ blass, doch dieses kleine Manko schadet dem Roman auf keinen Fall, liegt doch der Fokus eher auf einem nochmaligen Durchleben der eigenen TV-Vergangenheit.

Fernsehen gernsehen (Zauberberg Verlag) ist ein großer Lesespaß, kurzweilig, unterhaltsam, Fernsehen zum Lesen. Was gibt es Besseres!!

„Im Laden betrachtete ich die Fernbedienung, die Macht, wie ich sie bald nannte, mit großen Augen und offenem Mund“ (S. 33)

Lest das Buch und möge die Macht mit euch sein!

Euer Lesebienchen

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