iBoy - setzt euch zu uns ans Lagerfeuer
iBoy – setzt euch zu uns ans Lagerfeuer

Einen iArtikel konntet ihr auf iLiteratwo bisher noch nicht lesen. Auch das iLagerfeuer ist „neu“. Im Artikel zur LBW 23 habe ich euch diese iNeuerung vorgestellt und heute ist es soweit.

Endlich könnt ihr unser erstes iBuchgespräch belauschen!

Wir haben „iBoy von Kevin Brooks (dtv) gemeinsam gelesen und das jede iSeite nebeneinander. So richtig gemeinsam und fast an einem iStück. Danach haben wir uns gegenseitig iFragen gestellt und lange über den iRoman gesprochen. Unsere iAntworten wollen wir euch nicht länger vorenthalten, darum machts euch gemütlich und taucht ein in die Welt von iBoy.

iBoy - lesen, fragen, antworten
iBoy – lesen, fragen, antworten

Binea fragt – Lesebienchen antwortet:

Bereits im Titel des Buches kommt der kleine und sehr bekannte Buchstabe „i“ vor. Sofort denkt wohl fast jeder, wenn er den Titel „iBoy“ liest, an das „iPhone“. Findest du, dass der Titel ein Generationentitel ist und irgendwann keinen Bezug mehr hat? Ist der Titel dir zu viel Marke/ Werbung?

Ja, ich denke, dass der Titel ein Generationentitel und sicherlich aufgrund der relativen Kurzlebigkeit elektronischer Marken auch nur eine bestimmte Zeit lang sofort verstanden wird.

Der Titel verfolgt die Strategie mit einer, vor allem bei Jugendlichen, beliebten Marke auf das Buch aufmerksam zu machen. Er wirbt also mit einem wichtigen medialen Bestandteil aus der Lebenswelt junger Menschen. Das finde ich völlig ok. Schließlich ist es ein Jugendbuch. Junge Leser, vielleicht sogar vor allem Jungen, sollen animiert werden, das Buch zu lesen. Der ungewöhnliche Titel macht auf den Roman aufmerksam und die Verbindung zum iPhone lässt vielleicht den einen oder anderen eher zum Buch greifen.

Haben dich die Kapitelzahlen überrascht? Wenn ja, wieso? Wenn nein, wieso nicht?

Ja, die Kapitelzahlen haben mich sehr überrascht, denn die Kapitel sind nicht, wie man eigentlich erwartet, von 1 bis …. durchnummeriert, sondern folgendermaßen:

1, 10, 11, 100, 101, 110, 111, 1000, 1001, 1010, 1011, 1100, 1101, 1110, 1111, 10000, 10001, 10010, 10011, 10100, 10101, 10110, 10111, 11000, 11001, 11010
 
Sicherlich klingelt es bei dem einen oder anderen jetzt und er erkennt den Algorithmus, der sich hinter dieser Zahlenreihe verbirgt. Ich jedenfalls hab nur Nullen und Einsen gesehen und nichts verstanden. Zum Glück gab es aber eine Erklärung im Roman selbst.

„Das Dualsystem, auch Zweiersystem oder Binärsystem genannt, ist ein System, das zur Darstellung von Zahlen nur zwei verschiedene Ziffern: o und 1. Zahlen werden in Zweierpotenzen und nicht wie im Dezimalsystem in Zehnerpotenzen ausgedrückt. In der binären Darstellung wird die 2 als 10 geschrieben, die 3als 11, die 4 als 100, die 5 als 101 usw…“ (S. 12)

Wer jetzt denkt: „Oh Gott, ist etwa das ganze Buch in diesem Stil verfasst?“, den kann ich beruhigen. Vor jedem neuen Kapitel gibt es entweder kleine Texte, die entweder etwas näher erklären, oder aber Zitate. Beide Textsorten deuten aber auf irgendeine Art und Weise an, worin es in diesem Kapitel gehen wird. Diese Vorgehensweise hat mir sehr gefallen, denn man wird neugierig auf den weiteren Textverlauf und lernt gleichzeitig noch viel Neues kennen.

iBoy - Kapitelüberschriften im Dualsystemstil
iBoy – Kapitelüberschriften im Dualsystemstil

Wenn du an einem einzigen Tag auf sämtliche Smartphones zugreifen könntest – welche Information würdest du dir von wem holen und warum?

Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich diese Fähigkeit nicht besitzen möchte, weil zu viele Informationen nur belasten und überfordern. Ich will nicht alles wissen, schon gar nicht von meinen Mitmenschen, denn gerade die kleinen Geheimnisse, die Entdeckungen, die man macht, machen das Leben interessant.

iBoy selbst kommt im Roman auch an mehreren Stellen an seine Grenzen. Eigentlich will er nur Tom sein, ein normaler Junge, und nicht ständig vernetzt, nicht ständig auf Abruf und erreichbar. Eine Entwicklung, die ich sehr gut nachvollziehen kann.

Welche Stelle im Roman hat dir am besten gefallen?

Diese Frage ist für mich schwer zu beantworten, da es keine konkrete Szene gibt. Der Roman beschreibt sehr aufwühlend und schonungslos das Leben eines Jungen in einem sozialen Brennprunkt. Man lernt mit ihm die Abgründe menschlichen Handelns kennen und wird zum Nichtwegschauen gezwungen. Gleichzeitig aber gelingt dem Roman etwas Außergewöhnliches: ein normaler Jung erhält Superkräfte und kann sein Leben selbst in die Hand nehmen, sich wehren, sich rächen, Gerechtigkeit üben.

Diese Entwicklung von Tom zu i-boy ist wohl das Interessanteste im Buch. Vielleicht hat sich der eine oder andere schon einmal die Frage gestellt: Was wäre, wenn ich ein Superheld wäre? Wie würde ich mich verhalten? Dieses Buch zeigt es und es beschönigt auch diesen Werdegang nicht, i-boy ist kein Klischeeheld, kein Superman mit der Moralkeule, sondern eher ein Batman, der zweifelt, hasst und liebt und auch alle Abgründe kennt. Dennoch schafft es der Roman aufgrund seines wunderbaren Schreibstils, der locker und dennoch sehr präzise ist, den Leser durch diese Abgründe durchzuführen. Der Roman ist nicht moralisierend, er zeigt keine Happy End – Stimmung und dennoch gibt es in ihm auch viel Licht.

Wenn Tom zum ersten Mal auf dem Dach seines Hochhauses steht und die unermessliche Weite der Stadt erblickt, wenn er dann auf dieses Dach zu einem Picknick wiederkommt, dann sind das sehr zarte Momente in einem harten Buch, die es ermöglicht trotz allem zu hoffen.

iBoy - immer online
iBoy – immer online

Hast du dir ein Zitat markiert, was du nicht vergessen möchtest? Nenn es doch bitte.

 „i-Boy antwortete nicht.
Ich ließ ihn nicht.
Ich war Tom…
Ich war dabei, den Verstand zu verlieren.“ (S.207)

Das Zitat zeigt für mich eindrucksvoll, die Zerrissenheit des Jungen. Er hat Superkräfte, doch die drohen sein eigentliches selbst zu zerstören.

Lesebienchen fragt – Binea antwortet:

Tom wird zu iBoy, einer Art Superheld, und bekommt verschiedene Kräfte. Welche Kraft hättest du gerne als Superheld und warum?

Ich mag weder Superheld sein noch Kräfte haben – ich würde gern alles ablehnen.

ABER…Tom konnte durch das iPhone, welches seinen Schädel zertrümmerte und sich mit seinem Gehirn verbunden hat, auch keine Kraft ablehnen und hatte eine wichtige Mission zu erfüllen. Er hat durch seine Kräfte und Fähigkeiten ein Mädchen vor dem persönlichen Untergang retten können.

Hm…vielleicht klingt es kindisch, aber wünschen wir uns nicht alle irgendwie FRIEDEN? Wenn ich ein Superheld wäre, hätte ich gern die Kraft, Frieden zu stiften oder die Kraft Leid und Gefahr abzuwenden. Wenn das nicht für immer funktioniert, dann vielleicht ja für ein paar Tage – eine Auszeit für alle betroffenen Menschen.

iBoy - iPhone
iBoy – iPhone

Wie stehst du zu Toms Vorgehen im Roman, zu seinem „Rachefeldzug“. Kannst seine Motivation nachvollziehen?

Oh ja, die kann ich sehr gut nachvollziehen. Schon wenn ich dran denke, was Lucy, dem Mädchen in welches Tom sich verliebt hat, passiert ist, stellen sich mir die Nackenhaare auf und die Wut beginnt in mir zu brodeln.

Eine Vergewaltigung ist wohl das Schlimmste, was uns Frauen passieren kann. Mir tut schon beim Schreiben des Wortes alles weh. Eine Gruppenvergewaltigung ist der innerliche Zusammenbruch und als ich las, was Lucy angetan wurde, wäre ich in den Roman hinein gesprungen und hätte selbst Rache an den Tätern verübt. Ich hätte jede Sekunde des Überfalls an Lucy gerächt, auch ohne Superkräfte hätte ich alles in meiner Macht stehende getan, um alle Beteiligten zu bestrafen.

Wer liebt, tut alles für den Menschen den er liebt. Einen Jungen wie Tom kann man sich als Mädchen nur wünschen.

Glaubst du, dass man sich als 14-/15-jähriger mit der Figur des Tom identifizieren kann?

Jungs wollen Kraft haben, Jungs wollen cool sein, Jungs lieben Technik und Superman. iBoy ist aus meiner Sicht für die männliche Leserschaft geschrieben. Gerade die heranwachsenden Jungs, besagte 14-/15-jährigen, können sich wohl von der ersten Seite an mit Tom identifizieren.

Schon am Cover wird kein Junge vorbeigehen können, erst recht nicht am Titel. iBoy wird in unserem Lesejahrhundert mit iPhone in Verbindung gebracht und das iPhone ist momentan noch „Kult“. Ein dunkles Cover mit einer geheimnisvollen Gestalt im Kapuzenpulli darauf, ist doch der Hingucker. Damit kann man sich auf dem Schulhof blicken lassen.

Kevin Brooks bieten den Jungs Action, die erste Liebe, viel Gefahr und überhaupt ist es einfach ein „cooles“ Buch.

iBoy - Kevin Brooks
iBoy – Kevin Brooks

Wie gefällt die Kevin Brooks Schreibstil? Hat er es verdient, ein Kultautor genannt zu werden?

Sein Schreibstil ist locker, luftig und leicht lesbar. Er schreibt keinesfalls gestelzt oder aufgesetzt. Die Worte der Protagonisten sind sehr nahe an der Realität. Die Jugendsprache ist geprägt von kurzen Sätzen, knackigen Informationen und Kraftausdrücken.

Kevin Brooks schreibt schlüssig und so, dass die Handlungen einfach nachvollziehbar sind. Seine Leser können sich in den Handlungsverlauf sehr gut hineinversetzen.

Kultautor – nach einem gelesenen Roman, mag ich dies nicht beurteilen können. Aber was der Autor mir präsentiert hat, schreit nach mehr. Brooks übertreibt an einigen Stellen, an anderen hätte er vielleicht noch etwas tiefer gehen können, aber letztendlich mögen es die jungen Leser genauso. Auf jeden Fall sollte jeder Buchliebhaber ein Werk aus seiner Feder gelesen haben.

Brooks begeistert und zieht mit seinen Worten in den Bann – der Autor hat mit Recht schon zweimal den Deutschen Jugendliteraturpreis erhalten.

Welche Stelle im Roman hat dich besonders berührt?

Bevor ich auf die Stelle eingehe, die mich besonders berührt hat, mag ich mein Lieblingszitat aus dem Roman nennen. Diese Worte haben mich lange zum Nachdenken gebracht, ich mag diese Worte sehr!

„Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.“ (Seite 170)

Bei diesem Werk, ist die Stelle keine schöne, sondern eine grausame.

Am meisten haben mich die Worte um die Albtraumvergewaltigung der Protagonistin Lucy berührt. Tausend Fragen stelle ich mir immer wieder, was Menschen dazu treibt. Hier allerdings waren es mehrere Jugendliche und es hat sogar ein Mädchen zugesehen. Diese abscheuliche Tat hat in mir Gefühlsstrudel ausgelöst und mir Tränen in die Augen getrieben.

Brooks verwendet Worte, die das Herz nicht nur streifen, sondern richtig tief treffen, ungemein berühren.

Wir Danken euch fürs Lesen und Zuhören!

Lesebienchen & Binea

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