https://i0.wp.com/www.buechervielfalt.de/wp-content/uploads/2011/12/Der-Junge-der-Tr%C3%A4ume-schenkte-Luca-Di-Fulvio.jpg?resize=266%2C397Guten Abend, New York!

6 Monate habe ich verstreifen lassen, 6 volle Monate habe ich den Roman nicht wirklich angeschaut und auch kein Verlagen zum Weiterlesen verspürt. 6 Monate in denen sich viel im Leben und im Leserleben verändert hat. 6 Monate nach dem Bruch. 6 Monate die dem Roman mehr als gut taten, denn ich habe mich neu bzw. überhaupt verliebt.

Auf Seite 550 fand ich mein Leseglück zurück, denn ich fühlte mich willkommen, eine Art Zuhause-Gefühl machte sich in mir breit. Zuerst traf ich Bill wieder, der immer noch sein Unheil trieb und sich gleich nach den ersten Sätzen sicher sein konnte, meine volle Wut wieder auf sich gezogen zu haben. Bill ist der pure Hass und doch ein Mensch, der in der Handlung eine wichtige Rolle spielt.

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Ruth – endlich. Was hab ich sie vermisst. Ruth – ein Charakter mit hohem Verrücktheitsgrad und durch ihr damaliges Schicksal wohl die außergewöhnlichste Protagonistin in Luca Di Fulvios Roman. Sie ist mir besonders ans Herz gewachsen und das zarte, aber bittere Liebesband welches sie mit Christmas verknüpft, habe ich wiederfinden wollen. Dringend. Zudem ist Ruth Jüdin, was ihr Leben allgemein anders beeinflusst.

Christmas selbst hat sich in den 6 Monaten ebenfalls verändert. Ein Junge, ein junger Mann mit festem Charakter und einer einfach liebeswerten Art. Das amerikanische Gangsterleben hat ihn gezeichnet und verwandelt. Die Lower East Side hat ihn geprägt und ihm dabei die Augen geöffnet. Er wird immer mehr zum Amerikaner.

„Sieht man, wenn man erwachsen wird, überall nur noch Schmutz?“

Der Junge, der Träume schenkte - 2. Versuch - Neubeginn
Der Junge, der Träume schenkte – 2. Versuch – Neubeginn

Seine Mutter Cetta ist für mich eine Person vor der ich nur den Hut ziehen kann. Wie sie ihr Leben meistert und noch in den ekelhaftesten Situationen einen Lichtblick findet, ist bewundernswert. Ihre Beziehung und ihr Leben mit Sal ist nicht selbstverständlich und diese Art des Zusammenlebens eine nicht alltägliche.

Überhaupt sprühe ich gerade vor Emotionen und Begeisterung über dieses Werk. Die Pause hat dem Roman so gut getan, dass er jetzt all das Lob bekommt, was ihm gebührt. Erst nach diesem Bruch wird mir bewusst, was den Roman liebenswert macht.

Der Junge, der Träune schenkte - ein echter Amerikaner
Der Junge, der Träune schenkte – ein echter Amerikaner

Die Zeitsprünge im ersten Teil des Romans sind sagenhaft gestaltet. Di Fulvio wechselt zwischen der Ankunft in New York und der aktuellen Gegenwart, um die 14 Jahre später, hin und her. Dieser Wechsel verstärkt all die Veränderungen und gerade die Dinge die sich im Laufe der Jahre nicht verändert haben. Die Spannung und die Neugier treiben an, um weiter in die Geschichte einzusteigen. Im zweiten Teil des Romans gibt es keine Zeitsprünge mehr, sondern Wechsel zwischen den Orten und den Protagonisten.

„Man muss auf die richtige Gelegenheit warten. Das Entscheidende ist, sie nicht zu verpassen. Aber jeder von uns bekommt seine Gelegenheit, vergiss das nie!“

Selbst mit dem Titel des Romans freundete ich mich nach und nach an. Di Fulvio schenkt dem Leser nicht nur besondere Protagonisten, sondern führt ihn ganz sanft in die Ursprünge und Wurzeln des Theaters- und Films ein. Das junge Hollywood bekommt eine kleine Nebenrolle und ist wegweisend für das Leben und die Liebe. Doch auch das Schreiben und das Erzählen haben eine Hauptrolle im Roman, ihr werdet erleben, was mit euch passieren wird, wenn ihr eintaucht. Wir träumen alle gern…

Die vermisste Poesie habe ich zwischen den Seiten finden und vor allem genießen können. Auch wenn Luca Di Fulvio vielleicht ein einigen Stellen ein wenig zu detailverliebt ist, haben diese Ausführungen den Bildern im Kopf gedient. Obwohl in all den Kapiteln wenig gelacht werden kann und überhaupt wenige Szenen zum Lachen sind, ist dieses Wort hervorzuheben. Ihr werdet merken warum.

„Weißt du, was Liebe ist?“ „Wenn du in der Lage bist, etwas zu sehen, das kein anderer sehen kann. Und wenn du bereit bist, etwas zu zeigen, was du keinem anderen zeigen würdest.“

Mir fiel zum Ende des Romans, der langen Lesereise, die Trennung vor allem von Christmas und Ruth sehr schwer und doch bin ich persönlich mit diesem Ende zufrieden und glücklich. Ich konnte lächeln und weinen und ich habe die Tiefe gespürt, die ich gern spüren wollte.

Der Junge der Träume schenkte - Das Mädchen, das den Himmel berührte
Der Junge der Träume schenkte – Das Mädchen, das den Himmel berührte

Luca Di Fulvio wird also nicht umsonst von seinen Lesern in den Himmel gehoben, wie ich nun bezeugen kann. Ab sofort bin auch ich eine Leserin die ihn in den Himmel hebt und seinen Schreibstil und die umfassende Erzählart mit Autor Carl Ruiz Zafón in Verbindung bringt und vergleicht.

„Der Junge, der Träume schenkte“ – hat mir die Träume geschenkt und ich weiß genau, was ich als nächstes lesen werde. „Das Mädchen, das den Himmel berührte“ schreit schon förmlich danach mich zu erobern.

Lasst euch ein auf dieses grandiose Werk.

Lasst euch ein auf die Gefahr, die Gosse, die Brutalität, den Schmerz und die Protagonisten die ihr nicht vergessen werdet.

Lasst euch ein auf die Jahre von 1906 bis 1929, denn diese Jahre sind trotz all der hervorgehobenen Dunkelheit besonders und erlebenswert.

Lasst euch ein auf die Schreibe von Luca Di Fulvio und ihr werdet sehen, dass euer Leserherz erblühen wird.

Diamond Dogs – eine Geschichte von Liebe und Gangstern.

Guten Abend, New York!

11 Comments on [New York 2 von 2] Der Junge, der Träume schenkte – Luca Di Fulvio

    • Die Zeit heilt wohl alle Bücherwunden irgendwie – ich bin froh, dass ich weitergelesen habe – und wie!

      Wenn ich den Roman jetzt anschaue, bekomm ich Herzklopfen und bin glücklich – klingt komisch, ist aber echt so.

  1. Ich fand das Buch einfach total toll! Die Sprache! New York! Die Diamond Dogs! Die Brutalität hat mich anfangs abgeschreckt. Aber gut, so war das früher wohl.
    Ich liebe es! 🙂

    LG
    SaCre

  2. 🙂 nun bist du genau da, wo ich nach dem Lesen des Romans auch war. Die Derbheit und die Abgründe der Handlungen haben mich zunächst auch abgeschreckt, nein, sogar abgestoßen, aber es war letztendlich wie ein Schmetterling. Eine hässliche kleine Raupe, die erst bei der Entwicklung ihr schönes, tiefgründiges Inneres zeigt 🙂 freu mich, dass du zum Roman zurückgefunden hast!

  3. Liebe Binea,
    das ist eine tolle Rezension, die du geschrieben hast. Es spiegelt genau meine Empfindungen bzgl. des Buches wieder. Ich bekam „Der Junge der Träume schenkte“ von meiner großen Tochter (19 und selbst eine absolute Leseratte) zum Muttertag und seit dem lag es nun im Regal und lag und lag….. Nun musste ich es ja mal anfangen, ist ja schließlich dein Muttertagsgeschenk. Vom Klappentext hatte ich nur Die Straßengangs von New York in Erinnerung und das ist so garnicht meins. Und dann fing ich doch an zu lesen und konnte es bald nicht mehr aus der Hand legen. Es ist zeitweise ganz schön brutal geschrieben, aber deshalb wird auch nichts beschönigt. Die Charaktere wachsen einem schnell ans Herz, angefangen von Christmas und Ruth, Cetta und Sal, Santo usw., selbst Bill tut einem fast ein wenig leid. Also ich kann das Buch auch weiterempfehlen und es gibt ja noch zwei weitere Werke von Luca di Fulvio (und der nächste Muttertag kommt bestimmt und da wird es nicht solange verwaist im Regal liegen).

    Herzliche Grüße aus der Niederlausitz
    Bettina Hertz

    • Liebe Bettina,

      da hoffe ich doch sehr, dass der nächste Muttertag buchig wird. Ich habe bisher nur den Jungeng gelesen, aber das Werk mit dem Mädchen „Das Mädchen, das den Himmel berührte“ habe ich schon da. Sein neues habe ich mir in der Buchhandlung beguckt. Es muss aber erst wieder ein Moment eintreten, der mich zu seinem dicken Werk greifen lässt. Aber der wird kommen.

      Ich freue mich sehr, dass ich mit meinen Worten deine Empfindungen spiegeln konnte. Danke für deine Rückmeldung.

      Grüße von DD in die Niederlausitz.

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