https://i0.wp.com/www.jpc.de/image/w600/front/0/9783401067247.jpg?w=640&ssl=1Was wäre wenn ihr ab heute offline sein müsstet? Würdet ihr das aushalten? Oder könnt ihr an euch doch schon die ein oder anderen Suchtzeichen feststellen? Ihr habt Angst was zu verpassen? Ihr müsst zwingend der virtuellen Welt mitteilen, was ihr gerade erlebt habt oder wo ihr euch befindet?

Dann geht es euch teilweise wohl wie Julia Kristin.

Julia ist süchtig und weiß das auch. In der Onlinewelt fühlt sie sich frei und nimmt sich die Freiheit die sie in der realen Welt nicht hat. Seit der Pubertät ist sie süchtig, sie meldet sich in mehreren sozialen Netzwerken an. Immer mehr Freunde kommen dazu, ihre Posts werden massig kommentiert und sie kann ihre Meinungen frei äußern.

In ihrem Elternhaus gibt es immer mehr Zoff. Sie ist Adoptivkind und möchte im Alter der Pubertät wissen, wer ihre wirklichen Eltern sind. Ihre Adoptiveltern finden das nicht wirklich gut und versuchen sie davon abzubringen. Doch ihr Adoptivvater besitzt einen Computer und Julia schafft es, ihre Mutter ausfindig zu machen. Doch die Begegnung mit ihr verläuft anders, als erhofft, ein kleiner Rückschlag, doch genau diese Realität kann ausgeblendet werden.

Der PC ist eine gute Fluchtmöglichkeit für sie, denn sie merkt, wie bequem es doch ist, sich mit seinen Freunden virtuell zu treffen. Kontakt ist rund um die Uhr möglich, ohne das Haus zu verlassen und vor allem es ist immer jemand da, der zuhören kann, mit dem man kommunizieren kann. Wie jeder Teenager spielt sie anfangs erst Computerspiele. „Die Sommerolympiade“, ein einfaches PC-Spiel hat es ihr angetan, denn sie kann sich dort im Reiten beweisen und ist nie schlecht. Eine Bestätigung die ihr mehr als gut tut.

Nach und nach meldet sie sich in sämtlichen sozialen Netzwerken an. In einem trifft sie Freunde, in einem anderen kann man immer wieder Jungs kennenlernen und gemütlich chatten. Unterwegs ist sie nur sehr selten. Der PC nimmt sie immer mehr in Anspruch, sogar nachts wacht sie auf und schaut nach, wenn der Ton erklingt, der eine neue Nachticht verkündet. 24 Stunden am Tag läuft ihr PC. Zu ihren Adoptiveltern verliert sie immer mehr den Kontakt, mit ihnen kann man nicht so reden wie im Netz. Außerdem wollen sie von Julia, dass sie die Schule mit guten Noten beendet und anschließend eine Lehre macht.

Julia muss sich losreißen und schafft es zunächst auch. Bedingt verbringt sie wenige Minuten ohne PC. Sie möchte gern Personen schützen und versucht sich ihren Traum zu verwirklichen. Kampfsport gehört ab sofort zu ihren Beschäfitungen, neben dem Internet. Abends ist sie Türsteherin in einer Disco und fühlt sich mit ihrer Aufgabe wohl. In ihrem Zuhause herrscht genau deswegen keine gute Stimmung und letztendlich muss Julia eine Lehre in einer Sparkasse beginnen. Doch auch dort kann sie nicht aufhören, nebenbei die neusten Meldungen aus den Netzwerken abzurufen.

Der Sport lässt sie aber nicht los, denn die Onlinespiele animieren sie, auch in der Realität so gut zu werden. Sie schafft es einen Job in einen Sicherheitsunternehmen in Stuttgart zu bekommen. Dieser Job begeistert Julia immer mehr und der PC rückt in den Hintergrund. Auch eine Zufallsbegegnung mit einem Jungen, öffnet ihr die Augen. Diese allerdings vertieft sich erst über das Netz, denn dort finden sich die beiden glücklicherweise wieder.

Als Julia zudem bald stolze Smartphonebesitzerin ist, gibt es kaum noch Momente in denen sie nicht online ist. Ein schwerer Schicksalsschlag öffnet ihr letztendlich für einige Zeit die Augen und ob sie will oder nicht, dass Leben muss auch offline funktionieren und Julia bleibt keine Wahl.

Online fühle ich mich frei“ – aus der Reihe „Mein Leben“ vom Arena Verlag stammt diese Biografie. Sobald man das Buch aufschlägt, hat man das Gefühl sich bei Facebook mit Julia zu treffen, denn ihr Facebook-Profil ist auf den ersten Seiten abgedruckt. Und mit einem Umblätter-Klick ist eine Facebookmeldung von ihr zu finden.

Die Onlinesucht nimmt immer mehr zu und anhand von Julia Kristin kann sicherlich jeder Leser einige Parallelen zu sich selbst ziehen. In der Onlinewelt werden keine Vorschriften gemacht, in der Onlinewelt kann man posten was man möchte, wie man möchte und selbst Auseinandersetzungen kann man schnell abwenden bzw. aus dem Weg gehen. Schlechte Laune wird einem nicht übel genommen und nach fünf Minuten sind manche Statusmeldungen einfach vergessen. Der scheinbare Freundeskreis wächst ins unermessliche höhe und wenn es einem schlecht geht, dauert es meist nicht lange, bis tröstende Worte in Kommentaren abgegeben werden.

Kein dickes Büchlein, aber eins mit Tiefe, denn es geht nicht nur um das Verhalten im Internet, sondern allgemein um Julia Kristins Leben. Es befinden sich vor jedem Kapitel Facebook-Einträge von ihr und auch einige Fotos sind zu finden.

Keine Stelle im Buch ist fiktiv, jede Stelle ist authentisch, ungefiltert und direkt, was man auch spürt, denn sonst würde der Schreibfluss womöglich stocken.

Ich habe das Buch an einem Abend gelesen und bin froh es zu kennen. Julias Leben ist auf keinen Fall einfach und es ist nachvollziehbar, dass sie lieber in Chatrooms, Spiele, wie auch soziale Netzwerke flüchtet. Der Schicksalsschlag, der sie in jungen Jahren ereilt, ist nicht leicht, ob Julia allerdings dadurch ein anderer Mensch wird und was sie in der scheinbar Offline-Zeit erlebt, ist bedeutsam.

Passt auf euch auf und findet einen Weg – die Realität sollte nicht aus den Augen verloren werden…

P.S: Könnt ihr in Facebook leben? Teilt diesen Beitrag auf eurer Facebookseite und kommentiert warum ausgerechnet ihr euch für dieses Thema interessiert! Wir geben zwei Bücher an euch weiter. Bis zum 03.06.2012 habt ihr Zeit 😉

Nachtrag: Wir danken den Teilnehmern und haben die Gewinner, wie auch das Interview im Bericht  – Julia Kristin steht Rede und Antwort – veröffentlicht.

0 comments on Online fühle ich mich frei – Mein Leben im Netz

  1. Facebook ist sicherlich ein kleiner Teil meines Lebens geworden, aber viel mehr will ich gar nicht.
    Natürlich ist das hier alles sehr nett und auch angenehm, aber mir wird es manchmal einfach zuviel.
    Es gibt ja noch das reale Leben (ja, wirklich, das gibt es!)…
    Manchmal gibt’s aber auch Suchtgefühle, klar. Und wenn man dann mal 2 Tage nicht online war, und ein wenig darüber nachdenkt, dann merkt man, dass man das Internet gar nicht unbedingt braucht.
    Man kann auch ohne leben.
    Aus Suchtpräventionsgründen interessiert mich das Thema sehr! Und beim Buch-Lesen ist man ja nicht online… kurios! 😉

  2. Ich kenne inzwischen viel zu viele Menschen, die jeden ihrer Schritte im Internet bekannt geben, während ich lieber nur der stille Beobachter bin und das nicht verstehen kann.
    Oft frage ich mich, wo das gute alte Telefonat und der handgeschriebene Brief geblieben sind…und die Treffen, bei denen nicht ständig jemand auf dem Smartphone tippt. Ist das alles schon Sucht oder noch normal? Ich mag mehr darüber erfahren, aus diesem Buch, ohne Tastatur

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