Göttin und Held ~ Gustaaf Peek
Göttin und Held ~ Gustaaf Peek

Ja, der Titel von dieser Rezension soll provozieren. Wenn nicht euch, dann eben mich selbst, denn ich frage mich immer noch, ob es hier mehr um Porno, als um Literatur geht oder ob dieser Roman einfach pornografische Literatur oder literarische Pornografie ist.

Der Roman von Gustaaf Peek (DVA) schlägt in den Niederlanden hohe Begeisterungswellen. Ich bin mir nicht sicher, ob diese auch hier nach Deutschland schwappen können. Bei mir hat der Roman Wellen erzeugt, aber keine mit Begeisterung. Schon der Einstieg war holprig und ich kam erst nach knappen 40 Seiten richtig in Fahrt. Immer mehr konnte ich mich mit dem Aufbau des Romans anfreunden. Die Schreibe Peeks hat mir keine Probleme bereitet, auch nicht, dass er die wörtliche Rede nicht kennzeichnet. Wohl aber, dass der Roman am Ende beginnt und am Anfang aufhört. Es ist nicht so, dass ich damit nicht zu Recht komme, der Einfachheit halber hätte ich auch einfach mit Seite 332 – Kapitel 0 – beginnen können. Nein – das war es eigentlich auch nicht. Mir fehlte es an Inhalt in den regelrecht kurzgeschichtenartigen Kapiteln.

Der Sex lockte mich allerdings immer tiefer und tiefer ins Geschehen. Tessa und Marius. Marius und Tessa. Sex von oben nach unten. Von rechts nach links. Von schräg über quer. Mal schnell und mal langsam. Zart und wild, heftig derb und liebevoll zärtlich. Es wird keine Lebenslage ausgelassen, nicht nur das Bett wird im Hotelzimmer getestet und auch außerhalb ist alles möglich. Beide wollen mehr, wollen alles, wollen sich durch und durch und immer wieder neu und in allen möglichen Facetten.

Pornografische Literatur? Literarisches Porno?

Okay – der Sex ist gut, der Sex ist aufregend schön und ja, wer mag keinen Sex. So – und sonst? Irgendwann kommt doch der Punkt, an dem ich mich nach Inhalt gesehnt habe. Wie Tessa und Marius aussehen, egal in welcher Stellung, habe ich voll und ganz verinnerlicht. Ob Eichel, ob Vulva, ob Anus, ob Nippel oder Lippen – ich bin umfassend über sämtliche Körperteile informiert und kann mir nach letztendlich ähnlichen Beschreibungen vorstellen, wie diese spritzen, feucht werden und schmecken können. Tessa und Marius treffen sich oft, die Szenen wiederholen sich, aber wer sind denn eigentlich Tessa und Marius?

Göttin und Held ~ Gustaaf Peek
Göttin und Held ~ Gustaaf Peek

In „Göttin und Held“ stelle ich fest, dass Sex tatsächlich langweilig werden kann. Dies ist aber nur möglich, weil wir als Leser nicht selbst beteiligt sind, sondern ständig und intensiv zu lesen müssen und mehr wollen. In dem Fall nicht mehr Sex, sondern mehr von Tessa und Marius. Gustaaf Peek geht in den 5 Teilen mit insgesamt 50 Kapiteln eher sparsam mit den Gedanken und Gefühlen der Protagonisten um, zumindest außerhalb des Geschlechtsverkehrs.

Tessa und Marius kennen sich ihr ganzes Leben lang. Tessa macht mit Marius ihre ersten Erfahrungen, sie verbringen ihre Jugend miteinander und auch im Erwachsenenleben sehen sie sich oft. Manchmal heimlich und manchmal öffentlich, mal mehr und mal weniger. Doch wieso hat Tessa einen Sohn mit Paul und wieso hat dieser sich das Leben genommen? Wieso bedarf es einer Prostituierten und wie war das mit Billy?

Tiefgang?

Die Lebensgeschichten mit Tiefgang bleiben einfach verborgen, da die Details den sexuellen Handlungen gehören. Fragen bleiben offen. Es fehlen schlicht und ergreifende die Hintergründe, die Wandlungen im Gefühlsleben, allgemein sämtliche Beziehungsverbindungen. Die Charaktere bleiben grau und der rote Faden wird ständig zerschnitten.

Natürlich spüren wir als Leser den langsamen Verlust der Lebensliebe und merken, welche verpassten Wege im Alter nachhängen. Peek verdeutlicht das ständige Hin und Her zwischen zwei Menschen, die sich lieben und begehren oder doch eher nur um den Trieb zu stillen, benutzen…?!

Mir hat schlicht und ergreifend die inhaltsreiche Literatur gefehlt. Schade. Schade. Schade, denn Peek kann schreiben. Er spielt mit der Länge der Sätze, verschachtelt und verkompliziert genauso stark, wie er vereinfacht. Er schürt die Neugierde und das spannungsgeladene Verlagen, lässt uns dann aber wie auf einer Wippe mit der Frage „Warum?“ verhungern.

Eure
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