So nah und doch so fern von Ann Brashares

Die innere Bereitschaft des Lesers, sich einem ganz bestimmten Thema zu öffnen bestimmt die Fallhöhe aus der man sich persönlich in die Tiefen einer Geschichte fallen lässt. Sie ist verantwortlich dafür, wie intensiv man glaubt, nachempfindet und fühlt – und letztlich läuft es immer wieder darauf hinaus, dass man lachen und weinen kann, wenn man den tiefen Fall in die wogenden Fantasiewellen wagt.

Ein Roman, der sich dem Leitgedanken einer ewig währenden Seelenwanderung zweier Menschen verschreibt und uns Leser auf diese schier unendliche Reise auf der Suche nach ewiger Liebe einlädt, sollte nur gelesen werden, wenn man als Leser zumindest zu einem kleinen Funken bereit ist, an die Möglichkeit einer solchen Reise zu glauben.

So nah und doch so fern“ von Ann Brashares (carl´s books) ist in sich eine der ungewöhnlichsten Einladungen zum tiefen Eintauchen in eine unfassbar emotionale Geschichte um die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zweier Liebender, die man einfach nicht ausschlagen darf. Schenkt dem Leitgedanken eine Sekunde eurer Zeit und versucht, einen kleinen Moment nicht daran zu zweifeln, dass Liebe nicht nur ewig währt, sondern schon vor langer Zeit entstanden sein kann. In einem Leben, an das ihr euch nicht erinnern könnt… oder glaubt, euch nicht erinnern zu können

Folgt ein Mal in eurem Leben einem Roman, der uns allen zeigt, dass zwei Seelen füreinander bestimmt sein können und öffnet mit Ann Brashares gemeinsam das Tor zu vielen gemeinsamen Vergangenheiten um zu verstehen, was es bedeutet, sich im Hier und Jetzt erneut zu begegnen.

Stellt euch bitte vor, ihr verliebt euch in eine Frau, die nur durch die gesellschaftlichen Umstände in unerreichbarer Ferne ist. Ihr habt das Gefühl, ihr nicht zum ersten Mal zu begegnen und in wilden Träumen seht ihr dieses eine Gesicht, fühlt dieses eine Gefühl und empfindet diese eine Schuld, ihr irgendwann in der Vergangenheit weh getan zu haben.

Ihr erinnert euch an alles – an ihren Geruch, an ihre Augen und doch ist es euch nicht gestattet, diese Frau zu begehren. Sie ist die Ehefrau eures Bruders und im Jahre 776 nach Christus stellt Ehebruch ein unverzeihliches Verbrechen dar. Ihr lebt in dem Wissen, dieser Frau schon mehrmals begegnet zu sein und immer habt ihr euch von neuem verliebt.

Nur sie kann sich an nichts erinnern. Sie empfindet eine magische Anziehungskraft, kann sich aber den Grund dafür nicht erklären. Und doch führen alle Wege zusammen, so wie eine Liebe immer wieder zusammenführt. Mögen die Hindernisse auch noch so groß sein. Eine Liebe, die verboten ist bahnt sich zaghaft und zum Scheitern verurteilt ihre Bahn und die Ehre eines anderen wird verletzt. Nicht in diesem Leben werden sie vereint sein… das wird schnell klar… aber die Zukunft gehört zwei Seelen.

Man muss sich nur finden. Man muss sich nur erkennen und den Gefühlen vertrauen. Letztlich muss SIE ihm glauben, da nur seine Seele die kollektiven Erinnerungen zweier Leben in sich trägt. Wir begleiten zwei Menschen auf der Reise durch die Jahrhunderte. Oftmals in Leben, die recht parallel zueinander verlaufen, oftmals völlig voneinander getrennt.

Manchmal begegnen sie sich durch soziale Schichten getrennt und einige Male ist der Altersunterschied zwischen ihnen gewaltig. Die Gefühle jedoch sind immer gleich. Es ist die aufrichtigste Form der Liebe zu der Daniel seit Jahrhunderten fähig ist und es ist eine besondere Form der ewigen Faszination, die Sophia immer wieder packt. Wenn nur nicht der große Zweifel wäre, der ihre Gefühle beherrscht.

Viele Leben gehen dahin. Viele Leben werden verschenkt, viele Leben verlaufen anders, als man es sich wünscht. Zwei Leben auf See, einige auf den Feldern und den Gärten der Weltgeschichte. Kein einziges Leben ein besonderes. Und doch ist Daniel ein bewusst Reisender, der von seiner Erinnerung profitiert. Er häuft im Laufe der Jahrhunderte Wissen und die Artefakte vieler Leben an – alles nur mit dem Ziel, seiner Geliebten zu beweisen, wer er ist und was vor ihnen liegen kann, wenn sie nur einmal zur rechten Zeit aufeinandertreffen.

Der Erste Weltkrieg führt sie endlich eng zusammen. Daniel ist schwer verwundet und Sophia pflegt ihn als Krankenschwester hingebungsvoll. Seine Erzählungen über die vergangenen Leben erscheinen ihr unglaubwürdig und sie vermutet, dass er lediglich fantasiert. So schwer, wie er verwundet ist.

Erstmals sind sie sich über Tage so nah. Endlich kann er ihr erklären, wer sie sind und langsam beginnen die Zweifel zu bröckeln und die Gefühle von Jahrhunderten brechen aus Sophia heraus. Und dies in einem Moment, in dem sich Daniel trennen muss. Wieder ein Leben, das dahin geht ohne richtig gelebt zu sein.

Es ist kein einsamer Tod. Es ist jedoch der schlimmste, den er je erleiden musste, da sie sich nun gefunden hatten. Und doch ist es kein aussichtsloser Tod, denn Sophia beginnt zu glauben und hat einen Plan. Sie schreibt sich selbst einen Brief. Sie will sich erinnern, wenn sie wiederkehrt. Sie möchte Daniel beweisen, dass auch sie um ihre ewige Liebe zu kämpfen bereit ist.

„Du wirst mir doch nicht sterben, oder“… Worte, die Sophia im Jahr 1918 an ihn richtet. Ein schwerer Moment im Buch. Loslassen ist schwer, auch wenn man auf ein Leben danach hofft.

Leben kommen – Leben gehen. Bis zu einem magischen Tag im Jahre 2004 in Hopewood, Virginia, als die junge Lucy einen gewissen Daniel trifft, der ihr aus unerfindlichen Gründen sympathisch ist. Würde er sie nur nicht mit einem falschen Namen anreden. Sophia nennt er sie und aus dem Rest seiner Worte und Andeutungen wird sie auch nicht schlau.

Dieses Leben ist das Leben, in dem sich alles entscheidet. Wird es Daniel gelingen, jener Lucy die Augen zu öffnen und sie daran zu erinnern, was sie 1918 versprach? Kann es dieses Leben sein, in dem beide ihre Erfüllung finden und wie wird Lucy damit zurechtkommen, wenn sie sich an einen Brief erinnert, der ihr vor langer Zeit geschrieben wurde… von ihr selbst?

Und doch sind sie nicht zu zweit. Niemand reist allein und keine Seele vergeht, vor allem wenn vor Jahrhunderten ihre Ehre verletzt wurde. Wer ist der Dritte im Bunde und erkennen Daniel und Lucy die drohende Gefahr rechtzeitig, bevor auch dieses Leben endet?

Ann Brashares entführt uns auf eine meisterlich erzählte Reise durch die Jahrhunderte und macht uns zu Suchenden nach dem Mysterium der ewigen Liebe. Kein Satz zu viel, keiner zu wenig. Nicht verkitscht, sondern berührend schreibt sie über die sich wiederholenden Verluste, Hoffnungen und Träume. Sie macht uns zu heftig Leidenden und unglücklich Liebenden, glücklich Sterbenden und erwartungsvoll Neugeborenen ihres Romans.

So nah und doch so fern – dieses Gefühl wird zum Leitmotiv der Geschichte. So oft vergebens gelebt. So oft nur durch einen Hauch der Weltgeschichte voneinander getrennt und dann an einem magischen Tag in unserer Zeit so nah wie nie zuvor. Ich habe dieses Gefühl der ewigen Liebe so sehr nachempfinden können, als wäre meine eigene Seele Teil dieser Reise gewesen. Und diese Reise endet, genau wie im Roman, nicht mit einem Punkt, sondern mit viel Freiraum für eigene Träume… (und vielleicht schreibt Ann Brashares in ein paar hundert Jahren noch ein Sequel)

Meine persönliche Fallhöhe in die Tiefe dieses Erzählstroms war unfassbar hoch. Ich bin nie gelandet. Ich tauche noch und träume von all dem, was So nah und doch so fern zu erzählen bereit war. Das werde ich diesem Buch nie vergessen… Diesen Traum! Man muss sich nur finden. Nur erkennen. Ich sollte mir einen Brief schreiben… ich glaube ich fange gleich damit an.

Dieses Buch ist ein Geschenk, weil es dem Leser die Vision der unendlichen Hoffnung zu treuen Händen anvertraut.

So nah und doch so fern - Ann Brashares
So nah und doch so fern – Ann Brashares

7 Comments on So nah und doch so fern – Eine Liebes-Zeitreise von Ann Brashares

    • Danke für die freundlichen Worte…. ich bin leider nicht erreichbar… musste zurück ins Jahr 541…. habe da was falsch gemacht 😉

      Träum doch einfach mit 😉

  1. Die Gänsehaut ist es die meinen Körper bei diesen Worten und diesen Bildern erfasst…ein Artikel, der nicht nur ein Artikel ist…soviel Botschaft steckt zwischen den Zeilen, so viele Details lilegen in den Bildern…

    Was mir noch nie passiert ist: ich war schon bevor die Worte geschrieben und die Bilder gebastelt waren in das Gesamtkunstwerk verliebt…

    P.S. Ein Lebensmedaillon…was ich seit 2010 besitze…muss ich schon vor besagtem Jahr besessen haben…

    *mitträumend*

    • Danke für diese Worte…. Du weißt, was mich zu diesen Gedankenflügen veranlasst hat und in welcher Lesesituation ich mir meine Bilder erdenken musste.

      Vieles scheint wie aus einem anderen Leben, aber es ist das jetzige – dafür kann ich mich zu gut erinnern und es gibt Artefakte, die es früher so nicht gab…

      *mitträumenlasse*

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