Schlagwort: Buchblick

[Altlasten] kurz & knapp

In letzter Minute – meine Altlasten

Man soll keine Altlasten mit ins neue Jahr nehmen – oder wie war das? Im Flur gibt es ein Regal mit besonderen Ausgaben, kleine Schätze die in den Blickfang sollen. Aber es gibt dort auch ein paar Bücher, die ich gelesen, aber nie besprochen habe. Ich wollte immer und habe es dann doch nicht getan. Das Regal als kleines Mahnmal und doch hat es bis zum heutigen Tag nichts gebracht. Zeitmangel war größtenteils der Grund. Lieber lesen als besprechen, vor allem im Urlaub und schon entsteht er, der Bücherstapel, der rezensiert werden will.

Meine Freundin hat mir oft dazu geraten, einen Artikel zu machen, in dem ich die Bücher kurz und knapp bespreche. Bisher habe ich den Gedanken oft verworfen, da ich doch unbedingt für jedes Buch einen Artikel haben möchte. Nun beuge ich mich und zeige euch die Bücher aus den letzten zwei Jahren, die ich super gern gelesen, sehr gemocht und doch nie besprochen habe.

Das Wesen der Dinge und der Liebe von Elizabeth Gilbert

Am Ende ihres Lebens wird Alma auf ein großes Jahrhundert zurückblicken. Sie wird in die Aufbruchsphase Amerikas geboren, die Welt wird erforscht und erobert, Altes durch Neues abgelöst. Ihr umtriebiger Vater ist mit Pflanzenhandel reich geworden und der jungen Alma wird es an nichts fehlen, auch nicht an Bildung. Und so wächst sie zwischen den Pflanzen der prächtigen Gewächshäuser heran. Ihre ganze Leidenschaft gilt der Natur, und während ihrer Studien, die sie ihr ganzes Leben begleiten, gelingen ihr ähnlich revolutionäre Einsichten, wie sie dann Charles Darwin der Welt vorführen wird. Doch Alma selbst zweifelt an ihren Erkenntnissen. Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung, warum sich der Mensch nach Liebe sehnt? Was ist Liebe überhaupt? Warum sind wir selbstlos und uneigennützig, wie ihre Adoptivschwester Prudence, die schon früh sich für die Befreiung der Sklaven einsetzt? Alma wird Antworten finden, ebenso wie die Liebe. [© Text/Inhaltsangabe Bloomsbury Berlin]

Was für ein Werk. Ich hätte wohl alleine nie zu diesem Buch gegriffen, da es ein echter Wälzer ist. Aber ein Wälzer der sich so schnell wegliest und dank Hochzeit zu mir gefunden hat. Tief habe ich mich zu Alma gelesen und mit ihr gelitten und geliebt und gezweifelt und gestaunt und ja, wir konnten uns auch freuen. Sagenhaft. Eine lange Zeit konnte ich mit Alma verbringen. Es ist tief angelegt und man lernt die Protagonisten gut kennen, ähnlich wie bei den Buchschätzen Der Distelfink und Brilka. Für mich ein Highlight aus dem Jahre 2015.

Die Frau mit dem roten Schal von Michel Bussi

Jamal sieht zuerst nur den roten Schal. Dann die verzweifelte Frau, die am Rand der Klippen steht. Er will sie retten, wirft ihr den Schal zu, aber im selben Moment springt die Frau in die Tiefe. Und niemand glaubt ihm seine Geschichte, denn es sind bereits zwei Frauen zu Tode gekommen – nach exakt dem gleichen Muster. Verzweifelt versucht Jamal zu beweisen, dass er nichts mit dem Tod der Frau zu tun hat, aber alles spricht gegen ihn. Und schon bald weiß er selbst nicht mehr, was wahr ist und wem er noch trauen kann … [© Text/Inhaltsangabe Aufbau Verlag]

Obwohl ich schon seit längerer Zeit kaum zu Spannung greife, war der neue von Bussi dennoch Pflicht. Das Mädchen mit den blauen Augen hat mich 2014 schon sehr begeistert und ich bin nur so durch die Seiten gerast. Auch die Frau mit dem roten Schal bringt jede Menge Spannung mit, lässt uns den wahren Grund suchen und hält einige Wendungen und auch Irrungen bereit. Ich bin wieder durch die Seiten gerast und empfehle das Buch allen Lesern die Spannung mit Tiefgang und einigen Kniffen lieben.

Mitternachtsweg von Benjamin Lebert

Johannes Kielland ist ein junger Historiker, der seit seiner Kindheit ein leidenschaftlicher Sammler von Berichten über mystische Begebenheiten ist. Nun wird eine der Geschichten, die er ausgegraben hat, plötzlich lebendig. Die Frau eines in Sylt gestrandeten Toten wendet sich an ihn und erzählt ihm die Geschichte einer mysteriösen Beziehung und eines geheimnisvollen Handschuhs. Immer tiefer verstrickt sich Kielland in das fremde Schicksal, und die Wahrheit, nach der er sucht, erscheint unergründlich und trügerisch. [© Text/Inhaltsangabe Hoffmann und Campe]

Crazy habe ich vor vielen Jahren gelesen und geliebt und natürlich den Film geschaut. Du hast ihn auch gesehen, oder? Ich denke, dass den Film so einige von uns kennen. Nun habe ich mich auf den Mitternachtsweg entführen lassen. Düstere Geschichten haben mich umhüllt, ich habe vor Wellentürmen gestanden, die zusammengebrochen und zur ruhigen See geworden sind und ich habe Strandleichen gesehen. Die Vergangenheit wird in Leberts Roman wach und Wellen der Realität, der Fantasie und Wellen voller Glaube und Unglaube umspülen uns Leser. Unbedingt abends am Meer lesen…

„Das Leben ist eine Insel. Der Tod ist die See.“ (Seite 184)

Die Widerspenstigkeit des Glücks Gabrielle Zevin

A.J. Fikry lebt auf einer malerischen Insel, ist umgeben von seinen wertvollsten Besitztümern – Tausenden von Büchern – und ist trotzdem ein unglücklicher Mensch. Bis er eines Morgens einen ungebetenen Gast entdeckt: In seiner Buchhandlung sitzt die zweijährige Waise Maya. Gegen seinen Willen nimmt er sich des kleinen Mädchens an, und es stellt sein Leben völlig auf den Kopf. Und dann ist da noch die Verlagsvertreterin Amelia, die A.J. nicht so schnell vergessen kann … [© Text/Inhaltsangabe Diana Verlag]

Zum 30. Geburtstag hat mir die liebe Heike von Irve liest diesen buchigen Schatz geschenkt, den ich tatsächlich erst mit verkniffenen Augen begutachtete. Cover und Verlag schreckten mich tatsächlich ab, denn ich vermutete, dass es sich um eine kitschige Liebesgeschichte handelte. Ich hätte es mir nie gekauft. Weit gefehlt, wie sich schnell herausstellte. Ganz ehrlich? Ich liebe es und ihr müsst es dringend lesen. Ich hoffe doch, dass das Buch mal irgendwann verfilmt wird. In Amsterdam habe ich es gelesen – nein, ich habe es laut vorgelesen. Auf der Hinfahrt und im Urlaub, denn der Mann hat an der wundervollen Geschichte ebenfalls großen Gefallen gefunden. Es steckt voller Überraschungen, voller unvorhersehbaren Wendungen und bringt wahnsinnig viel Humor mit. Es ist ernst und lustig zugleich, macht Spaß und hat einen hohen Unterhaltungswert. Zudem ist es für uns BuchliebhaberINNEN unverzichtbar, denn es geht unter anderem um eine Buchhandlung und um jede Menge Bücher.

Ein Buch über Bücher mit Buchempfehlungen im Buch.

Sternschnuppenträume von Julie Leuze

Als Svea den Kopf in den Nacken legt und in den sternenklaren Nachthimmel schaut, geschehen zwei Dinge, mit denen sie absolut nicht gerechnet hat. Erstens: Sie sieht eine Sternschnuppe, eine lange, strahlende, wunderschöne – eine, die Wünsche in Erfüllung gehen lässt. Zweitens: Im nächsten Moment taucht Nick neben ihr auf. Nick sieht gut aus, ist charmant und wird ihr ganz bestimmt schon morgen das Herz brechen. Doch heute Nacht will Svea nicht an morgen denken. Sie will mit Nick Sternschnuppen zählen, eng umschlungen hier am Strand, bis es nichts mehr gibt außer ihnen beiden. Und vor allem will Svea nicht daran denken, dass es für sie und Nick keine Zukunft geben kann. Morgen wird die Welt wieder so sein wie vorher. Eine Welt ohne Nick. Oder etwa nicht? [© Text/Inhaltsangabe Luebbe/INK]

Hier treffen genau drei Worte zu: ICH LIEBE ES! Was für ein wundervolles Jugendbuch. Es sprüht vor Liebe und das ganz ohne Kitsch. Es bringt Tiefe mit, denn vor Protagonistin Svea liegt ein steiniger Weg und doch gibt es ein Happy End, was verdammt nachhaltig ist. Eine Art neumodisches Märchen erwartet euch, was kaum in Worte zu bringen ist. Ich schwärme einfach und kann den Roman für den nächsten Sommer wärmstens empfehlen. Julie Leuze entdeckt zu haben, ist wundervoll. Sie kann nicht nur Jugendbuch und ist wahnsinnig sympathisch, wie ihr auch im Interview erlesen könnt. Zudem solltet ihr die zwei Artikel „Der Geschmack von Sommerregen“ und auch „Der Duft von Hibiskus“ lesen. Ein echter Tipp!

Und nun? Nun sehe ich, dass ich noch zwei Bücher vergessen habe, aber hey – 2017 ist doch lang. 😉 Passt gut auf euch auf, kommt gut ins neue Jahr 2017 und lasst mir gern eure Kommentare da, denn die freuen mich besonders und machen es mir möglich, euch stille Leser lebendig und laut zu machen.

Prost auf euch!

Eure
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Mit Buchblick durch Dresden

Brunch mit den Hollunderschwestern
Brunch mit den Holunderschwestern

Kolumne 25/2016: #Buchblick

Eigentlich sollte es einfach ein ausgiebiger Spaziergang werden, natürlich mit Buch in der Tasche, aber grundsätzlich ohne buchige Hintergedanken. Ja, solche Tage gibt es auch. Also auf in die Neustadt, zur Bunten Republik. Sonntags im Sonnenschein brunchen, umgeben vom bunten, gut gelaunten Menschenvolk. So unser kleiner Plan. Gesagt getan und der Brunch im Max war gut sehr lecker. An meiner Seite weilten „Die Holunderschwestern“ von Teresa Simon. Gelesen habe ich natürlich nicht, aber die Brunchluft durften die Seiten schnuppern.

Beim Schlendern durch die Straßen der Dresdner Neustadt blieb mein Blick dann an einer Hauswand heften. Ich dachte erst, dass ich nicht richtig sehe. Aber ich sah richtig, denn guckt euch selbst das nächste Bild an, an der Hauswand kleben lauter Seiten aus Heften, Büchern, Zeitschriften…

Ihr seid gerade beim Hausbau? Ihr wisst noch nicht, welche Farbe eurer Haus zieren soll? Gestaltet es einfach buchige und beklebt es wild mit Seiten. 😉 Ein Hingucker ist es dann auf jeden Fall.  Wie lange die Seiten dort noch so kleben, ist nicht abzusehen. Allerdings sah es so aus, dass diese bald gelb überstrichen werden – links auf dem Bild seht ihr schon ein wenig Farbe. Dennoch Daumen hoch – fetzt total!

Hauswand voller Seiten
Hauswand voller Seiten

Schon auf dem Weg zum Brunch, habe ich den Wohnwagen erspäht. Ich konnte nur nicht richtig erkennen, was es mit diesem auf sich hat. Zum Glück führte der Spaziergang später direkt an dem Wohnwagen vorbei und ich konnte ihn bildlich für euch festhalten. Die Tür war noch zu und ich konnte auch niemanden sehen, der zum Wagen gehört. Aber ich habe das Internet befragt und erlesen, was es mit www.einbuchgratis.de auf sich hat.

Die Betreiber werden oft gefragt: Warum verschenkt ihr Bücher?

Diese Frage hätte ich wohl auch gestellt. Seid ihr neugierig und wollt ihr ein Buch? Ich verweise euch einfach mal auf die Homepage. Dort könnt ihr „Darwins Rätsel, Schöpfung ohne Schöpfer? “ gratis bekommen – eine Organisation vom Christlichen Informationsdienst e.V. macht es möglich. Schaut selbst, ob es was für euch ist.

Wer sich den Wohnwagen genau angesehen hat, hat den „Fisch“ – das christliche Symbol – sicher schon erspäht.

Ein Buch gratis
Ein Buch gratis

Lesen war auf dem Weg nicht geplant. Aber ich habe nichts gegen spontane Lesepausen im Grünen.

Plötzlich und unerwartet taucht mitten in der Dresdner Johannstadt ein grünes Gärtchen auf. Also scharf gebremst und geschaut, wem der Garten gehört und ob man da durchlaufen kann. Ein Schild gab uns Auskunft darüber, dass drum gebeten wird, sich kulturvoll zu verhalten, denn der Garten wird von der vietnamesischen Familie Minh betrieben und leider wurden Pflanzen aus der Grünen Oase gestohlen.

Eine grüne Oase im wahrsten Sinne des Wortes. Blumen über Blumen, verschiedene Pflanzen und Sträucher und Bäume voller Früchte. Wahnsinnig schön angelegt und liebevoll gestaltet. Es gibt sogar kleine Teiche mit Goldfischen darin. Blühende Seerosen natürlich auch.

Ein richtig schönes ruhiges Plätzchen. Ich habe auch hier recherchiert und herausgefunden, dass es das Gartenprojekt schon seit 2002 gibt und die Betreiberin Thi Minh Tran den Blumengarten auf eigene Kosten betreibt. Sie wird sogar die Prinzessin von Johannstadt genannt. Wahnsinnig klasse – respekt und großen DANK. Lest selbst!

Grüne Oase Johannstadt
Grüne Oase Johannstadt

Obwohl ich schon sehr lange in der Johannstadt wohne, war ich noch nie auf dem Trinitatisfriedhof. Dies wollte ich nun ändern. Das klingt jetzt vielleicht makaber, aber einige werden verstehen, das Friedhöfe auch magisch sein können und vor allem die alten Gräber viele Emotionen auslösen. Ich sehe mir diese alten Grabstätten und Gruften und Grabsteine gerne mal an und lasse meine Gedanken einfach schweifen.

Und dann kam der totale Gänsehautmoment. Ein Weg führt vom Hauptteil des Friedhofs in den älteren Teil. Gleich links erstrahlte wie aus dem Nichts – so fühlte es sich an – der Grabstein von Lili Elbe. Die Sonne leuchtete ihn an, als ob es der einzigste weit und breit wäre. Mein Körper wurde von einer extremen Gänsehaut erfasst. Lili Elbe ist mir nicht seit dem Kinofilm ein Begriff, sondern durch viele Erzählungen von Arndt. Er schrieb zudem über Lili Elbe und das Buch „The Danis Girl“ im Artikel The Danish Girl – Das dänische Mädchen von David Ebershoff. Diesen lege ich euch wärmstens ans Herz.

Ich musste erstmal tief ein und aus atmen. Das Grab kam so unerwartet. Auf Wikipedia konnte ich dann erlesen, dass der Grabstein seit April 2016 ein neuer ist – die Produktionsfirma des Films „The Danish Girl“ hat diesen finanziert.

Arndt habe ich noch vor Ort ein Bild vom Grab schicken müssen – ein magischer Moment.

Lili Elbe
Lili Elbe

Kennt ihr den Film/das Buch schon? Hattet ihr am Wochenende ähnliche Buchmomente mit denen ihr nicht gerechnet habt?

Eure

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