Die Bücherdiebin ~ Markus Zusak
Die Bücherdiebin ~ Markus Zusak

Bücherdiebin

Herzensbücher sind wohl so richtige Herzensbücher, wenn sie ein zweites Mal gelesen werden.

Oftmals bleibt wenig Zeit bei der Bücherflut auf dem weiten Buchmarkt erneut zu einem Schatz zu greifen, der das Leserleben vor ein paar Jahren richtig erhellte. Manchmal muss es aber sein und seit Weihnachten 2012 ruft eines meiner absoluten Lieblingsbücher danach, wieder in die Hand genommen und vor allem gelesen zu werden. Knapp vier Jahre ist es her, dass ich Markus Zusaks Werk regelrecht verschlang.

Ein besonderes Wort hat sich bei mir eingebrannt, ein Wort welches ich nie, nie, nie vergessen werde.

Ein magisches Wort, das Liesel Memingers Pflegemutter Rosa Hubermann zuzuordnen ist. Ein Wort welches den kompletten Roman durchzieht und eine mehr als tiefe Bedeutung hat. Klingt anders? Ist es aber nicht! Erlest es und ihr werdet das Wort ebenso lieben.. Versprochen, ihr Saumenschen! 😉

Viele  von euch werden diesen wichtigen Jugendroman bereits gelesen haben und auch dieses Wort kennen und das ist auch gut so! Dennoch gibt es eine kleine Schnittmenge an Lesern, die von diesem Werk noch nichts gehört haben.

Ich selbst habe Arndt lange davon vorgeschwärmt und ihm davon erzählt, dass die Bücherdiebin nach einem 2. Mal gelesen werden ruft und ich selbst musste Liesel wieder treffen und ihr vor allem ein Artikeldenkmal setzen.

JETZT!

Unerwartet und darum umso erfreuter war ich, als Arndt sich „Die Bücherdiebin“ kaufte und mir sagte, dass es sobald ich das Zauberwort JETZT ausspreche, lesend losgeht. Also JETZT! Somit begaben wir uns beide gemeinsam lesend ins Jahr 1939, in den kalten Monat Januar, zurück und trafen den Tod.

Ihr seid noch nie dem Tod begegnet? Gut so, was das reale Leben betrifft, im fiktiven Leserleben sollte dies dringend nachgeholt werden.

Liesels Pflegevater trägt den Namen Hans Hubermann und eigentlich sollte Liesel gemeinsam mit ihrem Bruder in der Himmelsstraße in Molching, einem fiktiven Ort nähe München, ankommen. Die eisige Zugfahrt und der schlimme Hustenanfall kosteten Werner das Leben und der Tod kam Liesel zum ersten Mal ganz nah. Doch nicht nur der Tod, auch ein Buch namens „Handbuch für Totengräber“ kommt Liesel nah und zwar ganz nah, denn sie stiehlt es nach Werners Beerdigung. Die Karriere der Liesel Meminger, der sogenannten Bücherdiebin, beginnt.

Und wer begleitet die neunjährige Liesel die ganze Zeit? Kein Geringerer als der Tod selbst. Der Tod? Richtig, der Tod, denn dieser erzählt die Geschichte der Bücherdiebin mit all ihren Sonnen- und Schattenseiten, er hält das Wortzepter in der Hand und trägt die tödliche Verantwortung.

Saumensch

Liesel freundet sich von Tag zu Tag mehr mit dem gestohlenen Büchlein an, ohne es lesen, ohne Worte des Inhalts wirklich erahnen zu können. Ihr Pflegevater steht Liesel in der schweren Anfangszeit bei, hilft Liesel beim Verkraften des Bruderverlustes und er bringt ihr das Lesen bei. Die schönste Beschäftigung und der beste Fluchtpunkt aus einer kalten Welt, in der ein Mann namens Hitler an der Macht ist.

Zudem schenkt Rudi Steiner, Fan vom olympischen Läuferheld Jesse Owens, Liesel sein Herz. Er wäre gern so schnell wie Jesse, würde Liesel gern einmal richtig küssen und ist für jedes Abenteuer an Liesels Seite bereit. Ein echter, treuer und herzensguter Freund.

Und dann tritt ein Mensch in Liesels Leben, der ihr Herz von einer ganz anderen Seite berührt und in den Keller zieht. Richtig, in den Keller! Ein Mann, ein Jude, ein Freund, der den Namen Max Vandenburg trägt und sich verstecken muss, denn in dieser Zeit geht von ihm große Gefahr aus…

„Die Bücherdiebin“ ist ein Werk fürs Herz, eine regelrechte emotionale Wörterbombe die einschlägt und sich einen Weg in die Langzeiterinnerung jedes Lesers brennt. Wetten? Ich bin glücklich Liesel jetzt schon zweimal begegnet zu sein und Arndt ist glücklich, dass er sich mir angeschlossen hat und seine „Gegen das Vergessen“ – Bibliothek um einen weiteren Roman ergänzen konnte.

Wörterbomben

Auch wenn der Roman hauptsächlich an einem fiktiven Ort spielt, hat er durch und durch reale Schnittpunkte und trägt prägende Wörter in sich.

Arndt hat die Bücherdiebin sogar in den Fahrradsattel getrieben, denn wenn man in der Nähe von Dachau lebt, den Fluss Amper vor der Haustür hat und zudem in einer Stadt wohnt, in der es ein Denkmal an die Todesmärsche (April 1945) gibt, ist eine Tour auf den Spuren des Romans unausweichlich. Mir hat Arndt dadurch noch zusätzliche Bilder geschenkt, die unsere Lesereise noch mehr untermalen und das gemeinsame Band verstärken.

Nicht nur inhaltlich ist der Roman voller Tiefe, auch die Gestaltung, innen wie außen, ist ein Kunstwerk. In 10 Teile ist der Roman gegliedert und jeder dieser ist in Kapitel unterteilt, die der Tod in seiner Art gestaltet. Der Tod kann selten Dinge für sich behalten und konfrontiert den Leser gleich zu Beginn in Stichpunktform mit den wichtigsten Inhalten der folgenden Seiten.

Dieses Stilmittel ist keinesfalls störend und raubt auch keine Illusionen, denn der Tod möchte diese Illusionen auch gar nicht erst zulassen.

Der Tod ist hart, aber auch der Tod hat ein Herz.

Einen Jugendroman, der in der Zeit des Nationalsozialismus spielt und so emotional umfassend ist, wie ihn Markus Zusak schreibt, ist selten. Denn diese Art der Aufmachung ist bisher wirklich einmalig und öffnet außergewöhnlich die Leseraugen und schärft den „Gegen das Vergessen Sinn“.

Tod

Bücher spielen  für die Protagonistin eine wichtige Rolle und sind der Anker in einer Zeit, die wir selbst zum Glück nie erleben mussten. Die Beziehungen der verschiedenen Charaktere sind so sagenhaft brillant geschildert, dass sie unvergessen bleiben. Zudem gibt es zwei absolute Besonderheiten zwischen den Seiten, die sich einbrennen. Merkt euch neben dem Wort Saumensch, auch die zwei Worte Überstehmann und Worteschüttlerin.

„Die Bücherdiebin“ hat mein Leserleben nun bereits zum zweiten Mal augenöffnend erleuchtet, Arndts Herz genauso schnell erobert wie meins damals und bekommt in unserer Schatzstraße der Literatur die unvergessliche Hausnummer „45“. Liesel, die kleine Bücherdiebin, hat unsere Herzen gestohlen!

Aus dem Ich-Denkmal, wird jetzt ein Wir-Denkmal und unserem Denkmal sollten noch viele weitere folgen!