Monat: September 2015

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Wir sitzen am Lagerfeuer und um uns herum sterben die Bienen – besser: wir sprechen über „Bienensterben“ von Lisa O´Donnell. Pamela und ich freuen uns, dass ihr euch heute zu uns setzt. Schweigt nicht – redet mit uns, stellt Fragen, bringt euch einfach mit ein.

Woher wir uns kennen? Pamela hat mich bei Lovelybooks Midsommar-Wichteln bewichtelt und ich konnte mich nicht nur über dieses Werk hier freuen, wie ihr im Artikel sehen könnt. Pamela kam dann die Idee, gemeinsam ins Werk zu tauchen. Dies freute mich natürlich sehr und so verabredeten wir uns schon im Juli für ein literarisches Lagerfeuer. Wir haben beide das Werk gelesen und nun erzählen wir euch darüber. Viel Freude!

Binea fragt ~  Pamela antwortet

Bist du eine Leserin die lieber lange Kapitel mag? Oder gefallen dir die teilweise schon recht kurzen Kapitel im Werk?

Also ich bevorzuge schon längere Kapitel und hatte, bevor ich das Buch angefangen habe zu lesen, etwas bedenken, dass mir wegen den kurzen Kapiteln das Buch weniger gefallen wird. Jedoch war das Gegenteil der Fall. Ich fand es super, dass man als Leser die Geschehnisse aus den Blickwinkeln von Marnie, Nelly und Lennie sehen konnte. Jeder Mensch denkt anders über Dinge und Situationen und nimmt diese anders wahr.

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Marnie und Nelly – zwei Schwestern – sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Wem hast du im Werk näher gestanden und warum?

Ganz klar Marnie. Auch wenn ich mit ihrem Lebenswandel nichts anfangen kann, hat sie immer versucht das Richtige für ihre Schwester und sich zu machen. Sie hat die Führung übernommen und einiges getan um für sie beide eine Sicherheit zu schaffen. Ich als grosse Schwester kann sie daher sehr gut verstehen.

Nelly hingegen mochte ich zum Schluss hin auch wirklich gerne, aber ich fand sie leicht verwirrend.

Eine meiner Fragen an dich ist, ob du Nelly auf 12 geschätzt hättest, wenn es nicht im Buch erwähnt worden wäre?

Zwischenantwort Binea:

Die Sache mit dem Alter. Altersfragen sind immer sehr schwer zu beantworten. Nelly ist naiv und erwachsen gleichzeitig, wie ich finde und sie ist manchmal sehr weit und könnte als fast 16 durchgehen. Ab und an kam sie mir älter als Marnie vor, aber das liegt auch an Marnies Charakter. Ich hätte sie wohl auf 14 geschätzt, um mal eine Zahl zu nennen.

ich nämlich nicht. Ich hätte sie auf 15/16geschätzt und Marnie auf etwa 18.

Ihre etwas exzentrische Art ist bestimmt etwas Schuld, dass sie für mich älter wirkt und vielleicht auch das Umfeld und die Umstände, wie sie aufgewachsen ist, aber ich fand es etwas schade wie wenig Kind sie noch war.

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

War das bei dir genauso?

Zwischenantwort Binea:

Das stimmt. Für ihre 12 Jahre muss sie schon ganz schön in die Rolle des vernünftigen heranwachsenden Mädchens übernehmen. Auf jeden Fall. Sie wächst an ihren Aufgaben und kann sich auf Dinge die Mädchen in ihrem Alter sonst machen, überhaupt nicht konzentrieren. Aber beide Mädchen stehen eher am Rand der Gesellschaft, als in der Mitte und schon alleine diese Tatsache, nimmt ihnen ihr altersgerechtes Leben. Leider…

Wem würdest du den Roman empfehlen?

Lesern, die gerne YA (Young Adult) lesen und vor allem Mädels oder jungen Frauen.

Auch wenn das Buch etwas düster ist, stehen die Schwestern und ihre Beziehung für mich im Vordergrund und darum ist es ganz klar ein Mädels -Buch.

Bilden Titel, Cover und Inhalt für dich eine Einheit? Wenn ja, warum und wenn nicht, was würdest du ändern?

Ja, sie bilden eine Einheit.

Zuerst ist mir das gar nicht aufgefallen. Normalerweise kaufe ich Bücher nach Cover, aber bei diesem Buch habe ich gar nicht auf das Cover geachtet und auf einmal schau ich drauf und sehe, dass dort mehr als Silhouetten von Köpfen zu sehen sind. Alles ist verbunden und geht ineinander über. Die Drogen, Gewalt, Musik, der Tod, aber alles steht im Hintergrund während die Schwestern im Vordergrund und Mittelpunkt stehen.

Hast du eine Lieblingsstelle im Werk?

Meine Lieblingsstelle ist Seite 249, als Marnie in den Schuppen geht und ihre Mutter um Antworten fragt. Und natürlich das Ende. 🙂

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Pamela fragt ~ Binea antwortet

Als du den Titel gelesen hast was hast du gedacht könnte er bedeuten?

Ehrlich gesagt, habe ich mir sehr wenig über die Bedeutung des Titels Gedanken gemacht. Ich bin überhaupt eine Leserin, die nicht nach dem Titel entscheidet und auch nicht während des Lesens an den Titel denkt. Überhaupt bin ich ein Mensch, der wohl schnell nach der ersten Seite giert, egal was Titel und Klappentext sagen, denn wenn es empfohlen wird, muss es gut sein und es wurde mir sehr empfohlen.

Wenn ich im Nachhinein über den Titel nachdenke – er passt sehr, denn Bienen sterben nicht einfach so, meist werden sie krank und infizieren sich untereinander und im Werk geht es ähnlich zu…

Zum Cover wollte ich noch sagen, dass es damals knallig orange und pink war (siehe oben) – jetzt ist es dezent gehalten, was zwar auch schön ist, aber so knallig hat es mir besser gefallen. Ein Werk was regelrecht in die Augen „stechen“ muss.

Ich habe mir gedacht, dass die Bienen Teil unserer Umwelt sind und ihren Teil zur Welt beitragen. Wenn die Bienen sterben und nicht mehr ihre Aufgaben in der Natur übernehmen, dann gerät einiges aus den Fugen.

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Was bedeutet für dich Familie? Wer gehört für dich zur Famile?

Familie bedeutet für mich alles, auch wenn das vielleicht übertrieben ist. Ich liebe meine Familie und ich komme aus einem wahrlich liebevollen Elternhaus, auch wenn es ab und an ein wenig streng war, aber es war gut so und wichtig, für mein Leben als Erwachsene. Familie bedeutet nach Hause kommen, Geborgenheit, Offenheit und viel Schutz. MIr blutet regelmäßig das Herz, wenn ich höre, wie es einigen Freunden mit ihrer Familie geht und mir blutet das Herz, wenn ich an die zwei Protagonistinnen Nelly und Marnie denke.

Zu meiner Familie gehören in erster Linie natürlich meine Eltern, Großeltern, mein Bruder, mein Mann, Haustiere (ja!) und auch viele enge Freunde. Alle Herzmenschen die mir sehr, sehr nahe stehen, sind für mich Familie.

Die Mädels verlieren zwar ihre Eltern und im konventionellen Sinne einen Teil ihrer Familie, aber ich habe das nicht so empfunden. Für mich sind die Mädels eine Familie. Die Mädels und Lennie sind eine Familie. Die Mädels und Vlado sind eine Familie.

Ich finde das Buch zeigt sehr gut, dass Familie mehr bedeutet als DNA. Familie ist Liebe, Zuneigung, Strenge in bestimmten Situationen und vor allem bedingungslose Unterstützung in schwierigen Zeiten.

Bienensterben ~ Lisa O´Donnell
Bienensterben ~ Lisa O´Donnell

Nun zu meiner letzten Frage: Wie ist das Buch auf deiner Wunschliste gelandet?

Die Frage ist recht einfach zu beantworten. Als das Werk erschienen ist, gab es einen regelrechten Ansturm auf das Werk. So fühlte ich jedenfalls und überall habe ich nur positive Meinungen gelesen und es wurde mir oft empfohlen. Da ich aber nie an Büchermangel leide, habe ich es mir verkniffen, es sofort zu kaufen. Es ist mir nicht leicht gefallen und nun, nachdem ich es gelesen habe, ist mir klar, dass ich es viel eher hätte lesen sollen. Aber so ist es eben – es gibt so viel gute Bücher. Kurzerhand habe ich es auf meine Wunschliste gesetzt, da ich es nie aus den Augen verlieren wollte und nun habe ich es und ich habe es zeitnah gelesen. Ich kann es nur empfehlen und verstehe, dass alle davon geschwärmt haben.

Großen Dank an dich, liebe Pamela, dass du mir den Wunschlisten-Wunsch erfüllt und zudem mit mir gemeinsam das Werk gelesen und darüber gesprochen hast.

Literatur verbindet – grandios!

Eure
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Literarische Sprichwörter

Literarische Sprichwörter
Literarische Sprichwörter

Kolumne 25: #Literarische Sprichwörter

Es ist wieder Sonntag und es macht mir großen Spaß, über irgendein Thema für euch zu schreiben. Diese Woche habe ich eine ganze Weile überlegt und euch sogar gefragt, über was ich denn mal schreiben soll. Was interessiert euch?

Bücher – natürlich. Ihr wollt wissen, was ich im Herbst lese. So spontan wie ich sein wollte, konnte ich nicht sein, aber für nächsten Sonntag bereite ich mal meine Herbstbücher vor und zeige euch diese. Also könnt ihr euch schon freuen. Allerdings weiß ich aus heutiger Sicht selber noch nicht genau, was ich lesen werde. Meist springen mich die Bücher an, aber es wird einen buchigen Blick in den Herbst geben. Auf jeden Fall.

Zur Buchmesse fahre ich leider nicht, aus diesem Grund kann ich euch da nix erzählen. Hätte ich aber gerne gemacht. Allerdings sind meine Hoffnungen groß, dass ich gedanklich von euch Fahrenden mit auf die Messe genommen werde. Irgendwie…ich würde mich sehr freuen. Auf jeden Fall.

Heut früh kam mir dann der Gedanke mit den literarischen Sprichwörtern in den Sinn. Der ausschlaggebende Punkt ist, dass heutige Tagesthema bei Evas Mafflumomenten auf Instagram. (Wer jetzt nur Bahnhof versteht – ich habe hier ausführlich drüber geschrieben).

Tagesthema: #Sprichwörter – da dachte ich, ich krame mal in der Sprichwörterkiste und male die schlauen Worte einfach mal literarisch an.

Welches Sprichwort mögt ihr am liebsten?

„Lesen am Morgen vertreibt Kummer und Sorgen.“

„Lesestund hat Gold im Mund.“

„Alte Buchliebe rostet nicht.“

„Andere Regale haben auch schöne Bücher.“

„In guten Büchern lernt man lesen.“

„Der frühe Leser fängt den Buchwurm.“

„Die Lesezeit heilt alle Wunden.“

„Ein Buch kommt selten allein.“

„Harter Umschlag – weiche Seiten.“

„Ist der Titel erst ruiniert, liest es sich recht ungeniert.“

„Bücher machen Leute.“

„Lesen ist die beste Medizin.“

„Passt wie das Lesezeichen ins Buch.“

„Wer anderen ein Buch empfiehlt, bekommt einen Buchtipp zurück.“

„Zwei Leser, ein Buch“

So, genug rumsponnen. Ich hoffe ihr konntet ein wenig schmunzeln. Nun tauche ich ab ins Buch. Brilka habe ich heute beendet und nun ist Zeit für buchiges Neuland. Ich glaube ich weiß schon, welches ich lese…

Eure

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Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott

Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott
Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott

Vor kurzer Zeit wurde ich gefragt, ob es auch vorkommt, dass ich Bücher kritisch bewerte oder sogar sehr negativ bespreche. Ich konnte verneinen, da ich meist zu Werken greife, die mich bereits vom Klappentext her ansprechen und ich mir ziemlicher sicher bin, dass ich meine Lesezeit mit einem guten Buch verbringen werde. Enttäuschungen mag keiner und gezielt zu Werken greifen, die vielleicht nicht so gut sein könnten, möchte kein leidenschaftlicher Leser. Auch durch Empfehlungen vom Verlag selbst oder von anderen Leserinnen und Lesern lasse ich mich gern leiten und kann mir zu 99% sicher sein, dass keine Enttäuschung hinter den Seiten lauert. Aber es kommt doch vor – so ist lesen eben…

Manche Werke werden nicht zur richtigen Zeit gelesen, aber dann liegt es nicht am Werk. Doch wie verhält es sich bei Selbst wenn du mich belügst von Jessica Alcott, wenn ich gleich zu Beginn von Enttäuschung schreibe?

Als ich Protagonistin Charlie zum ersten Mal traf, war sie 17 Jahre jung. Der Sommer neigte sich dem Ende zu und der erste Schultag nahte. Charlie ist eine Aussenseiterin und hat bis auf ihre beste Freundin Lila nicht wirklich viele Freunde. Männliche erst recht nicht, außer ihrem Vater, denn Charlie ist nicht besonders hübsch. Zumindest empfindet das Charlie selbst. Sie steht sich und ihrem Körper sehr kritisch gegenüber und distanziert sich gern von ihrem Umfeld. Sie hat keine große Lust auf Schwimmbad und Co., denn vor allem in Lilas Gesellschaft geht sie mit ihren charakterlichen Zügen unter. So sieht sich Charlie jedenfalls. Warum in einen Jungen verlieben, wenn ihn Lila sowieso bekommen wird? Charlie zieht sich lieber zurück, als erste Schritte zu unternehmen.

Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott
Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott

Bei Mr. Drummond ändert Charlie allerdings zum ersten Mal in ihrem Leben ihr Verhalten. Der neue Lehrer an ihrer Schule hat wahnsinnig viel Ausstrahlung und obendrauf ist er ebenso begeistert von der Literatur wie sie und seine inneren Werte entsprechen ihr total. Täglich wird er ihr mit seiner humorvollen Art sympathischer und schließlich beginnen in Charlies Bauch die Schmetterlinge zu toben…

Eigentlich klingt dieser kurze Einblick nach einem absolut romantischem Jugendbuchleseerlebnis. Auf jeden Fall und bis dahin steigerte sich das gute Lesegefühl immer weiter. Es hat sogar selbst in meinem Bauch gekribbelt, als sich Charlie, liebevoll von ihm Chuck genannt, mit ihrem Lehrer trifft. Doch dann stellte sich der Bruch ein, denn Charlie wurde immer anstrengender. Allgemein ist sie schon eine schwierige Persönlichkeit, die nicht jeder Leser ins Herz schließen wird. Ich mag schwierige Protagonisten und ich mag es, wenn es kribbelige unalltägliche Situationen in Büchern gibt. Die Liebe zwischen einer Schülerin und einem Lehrer ist ungewöhnlich und kommt doch sehr oft vor. Aber…da ist es wieder, dieses verflixte „ABER“.

Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott
Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott

Charlie steigert sich immer mehr in ihre Unzufriedenheit. Sie findet sich hässlich und hat immer mehr Probleme sich im sozialen Umfeld zu integrieren. Dabei legt sie sich stellenweise bewusst Steine in den Weg und badet ausgiebig in ihren problematischen Gedankenwelten. Natürlich geht dass einigen Mädchen so, vor allem in der Jugendzeit, in der Zeit vor dem richtigen Erwachsenwerden. Und natürlich trägt auch das Umfeld dazu bei, welches bei Charlie sogar ihre eigene Mutter ist, denn ihr entspricht sie nicht wirklich. Sie zieht sich nicht so an, wie die Mutter es gerne hätte, sie schminkt sich nicht und sie könnte an ihrer Figur diverse Dinge ändern. Das ist harter Tobak, wenn solche Worte von der eigenen Mutter kommen.

Auch Lila ist keine beste Freundin im Sinne von bester Freundin, aber zumindest besitzt sie stellenweise mehr Feingefühl. Doch Charlie ist vor allem taub, wenn es um Komplimente geht. Sie hat sich so sehr in ihre Rolle hinein gebohrt, dass wahre und ehrlich nette Worte an ihr vorbeiziehen, ohne den Gehörgang zu streifen. Irgendwann erhofft man sich als Leser eine Wendung, ein kleines bisschen Einsicht, eine Stufe der Weiterentwicklung. Fehlanzeige.

Einzig Mr. Drummond kann in Charlie etwas bewegen. Er löst regelrechte Besessenheit in ihr aus und lässt sie schließlich aus sich ausbrechen. Doch dieses Ausbrechen ist nicht das Ausbrechen, was ihrer aufkeimenden Beziehung gut getan hätte…

Die Person des Mr. Drummond ist im Gegensatz zu Charlie einfach genial. Er ist witzig und gleichzeitig tiefgründig und jede Schülerin würde sich so einen Lehrer wünschen. Seine Kreativität ist grenzenlos und mit seiner Art hat er sogar mich um den Finger gewickelt. Ich bin ihm sehr gern über den Weg gelaufen und Mitglied in der Literatur-AG wäre ich ebenso gern geworden. Logisch.

Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott
Selbst wenn du mich belügst ~ Jessica Alcott

Allerdings habe ich mich am Ende des Buches gefragt, worauf die Autorin hinaus wollte. Das Werk hatte aus meiner Sicht das Zeug dazu, richtig brilliant zu werden. Der Beginn war stark, die Steigerung ebenso und eine Szene war sogar gewaltig. Allerdings hat diese Szene auch den Unmut auf die Protagonistin Charlie in die Höhe getrieben. Der bittere Beigeschmack hat allerdings am Ende überhand genommen und schließlich ist der reißende Fluss zu einem dahinplätscherndem Rinnsal ohne Aussage, ohne ein zufriedenstellendes Ende, geworden.

Doch nichts desto trotz regt der Roman zum Diskutieren an und vielleicht begegne ich einem Leser oder einer Leserin, die das Diskussionsfeuer entfacht und mir eine Sichtweise aufzeigt, die das Ende mildern und so abwandeln kann, dass ich den Roman doch noch ins Herz schließen kann…

Eure
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Literatur JETZT! Nino Haratischwili

Nino Haratischwili in Dresden
Nino Haratischwili in Dresden

Kolumne 24: #NinoHaratischwili

Es ist wieder Sonntag und ich möchte euch heute vom wohl schönsten literarischen Erlebnis der vergangenen Woche erzählen. Lange haben wir uns auf diesen Tag gefreut. Letzten Dienstag war es dann endlich soweit, der Lesungsabend stand an. Nino Haratischwili in Dresden – endlich! Sie war zwar schon einmal da und zwar in meiner Lieblingsbuchhandlung Findus in Tharandt, aber da war ich nicht da.

19 Uhr holte ich meine beste Freundin, hier als Lesebienchen bekannt, ich sage nur Klassiker-Ecke, vom Zug ab und wir schlenderten gemeinsam in Richtung Neumarkt. Natürlich mussten wir vorher noch in den Starbucks und natürlich mussten wir vorher noch in den Thalia. Ganz klarer Fall – wenn schon, denn schon. Ich bin staatlich anerkannte Orientierungslose und das Lesebienchen auch – aber wir wollen das Ganze mal abkürzen: wir haben uns auf Anhieb gefunden und sind keine Minute zu spät am Lesungsort erschienen. Vor dem Lipsiusbau stand zudem ein Aufsteller und die liebe Nino saß ganz entspannt auf den Stufen vor dem Gebäude. Wir musste noch schnell die neusten Neuigkeiten austauschen und dann haben wir uns schnell eine Eintrittskarte kaufen müssen.

Ja, ihr lest richtig, wir sind da ganz blauäugig ohne Eintrittskarte hin, da wir irgendwie wohl dachten, dass ganz Dresden nur auf uns wartet. Wir haben echt falsch gedacht und konnte noch zwei der letzten 10 Karten ergattern. Wir waren wirklich froh, denn wir wollten unbedingt die total entspannte Nino sehen und lesen hören. Ob wir auch so entspannt wie sie wären, vor so einer Lesung? Diese Fragen stellten wir uns, als wir sie total entspannt mit Handy, Zigarette und Getränk sitzen sahen, nur wenige Minuten vor ihrem Auftritt. Beeindruckend.

Lesebienchen – die Literaturfüchsin, hatte natürlich die Idee, noch vor der Lesung ihren zweiten Roman namens Mein sanfter Zwillingkäuflich zu erwerben. Im Thalia hatten wir kein Glück, da gab es ihn nicht (mehr?), aber dafür vor Ort. Gut so. Vor allem war natürlich die Idee gut, das Werk nicht erst im Anschluss zu kaufen, denn da wollten wir schließlich gleich zu Nino, um unsere Werke signieren zu lassen.

20 Uhr hieß es dann – Literatur Jetzt! Gleichzeitig mit dem Beginn der Lesung wurde die literarische Woche in Dresden eingeläutet. Wir schafften es zwar nur zu Nino, aber wir merken uns schon gleich fürs nächste Jahr vor, dass es Veranstaltungen geben wird – hoffen wir doch.

Nach einer kurzen Vorstellung des „Literatur Jetzt!“ – Programms und einigen Worte der Moderatorin zu und über Nino Haratischwili ging es endlich los. Wir hörten die georgische Autorin aus ihrem Werk, welches wir sehr lieben, lesen. Es gibt Autoren die einfach nicht lesen können, sondern nur schreiben. Es gibt Autoren die (vor)lesen und schreiben können. Nino Harartischwili kann beides und wir hätten ihr wohl noch viel länger lauschen können.

Wir haben uns teilweise in die Lage versetzt, die Textstellen noch nicht zu kennen, um festzustellen, ob sie uns um den literarischen Finger wickeln würde. Das hat Nino auf jeden Fall gemacht, ihr Werk ist einfach grandios und sie hat Stellen vorgetragen, die lockender nicht hätten sein können. Uns ist stellenweise das Wasser im Munde zusammen gelaufen, als sie von der Schokolade gelesen hat. Zum Inhalt möchte ich an dieser Stelle die Einladung aussprechen, die Seite unserer Lesereise zu besuchen. Brilka – unsere Lesereise heißt unser gemeinsames Leseprojekt, welches wir so führen, dass es keine wirklichen Spoiler enthält. Wir wollen euch Lust auf Ninos Werk machen und gleichzeitig unsere Reisegedanken und Reiseerlebnisse festhalten. Aber ihr könnt selbst lesen, was uns zu diesem Projekt bewegte.

Die Lesung ging ca. 2 Stunden und es war beeindruckend, wie durchmischt das Publikum war. Junge und ältere Leser – vor allem aber war die Lesung total ausverkauft und dadurch, dass einige Zuhörer auf der Treppe saßen, denken wir, dass sogar noch ein zwei Karten mehr verkauft wurden. Gut so – denn diesen Abend hätten wir wohl alle nicht verpassen wollen. Ca. 70 Fans von Nino Haratischwili füllten die Gewölbehalle im Lipsiusbau. Das Ambiente war einfach sagenhaft genial und gemütlich. Der Abend war rundum gelungen.

Als Nino sich den Fragen des Publikums gestellt hatte, gingen wir zu ihr. Es war einfach sagenhaft genial, dass sie erkannte, wer wir sind. Dieses Gefühl ist wohl für Leser- und Blogger, allgemein für Fans, unbeschreiblich. Sie findet unser Projekt klasse und ist gespannt, wie es weiter geht. Auch wir sind gespannt, wir ihr Werk enden wird und wissen nun genau, warum es am Ende eine weiße leere Seite gibt. Seit letzter Woche lesen wir nun weiter. Wir haben beide Angst vor dem Ende und würden es am liebsten nie beenden, aber dann würden wir auch nie erfahren, wie Ninos letzter Satz in ihrem wahnsinnig beeidnruckendem Werk lautet.

Und nun? Lesen wir weiter und empfehlen euch dringend, ebenso zu lesen und eine ihrer Lesungen zu besuchen. Ihre Lesereise endet erst im nächsten Jahr und hier findet ihr alle Lesungen auf einen Blickklick.

Lest Brilka – wir können euch nur immer und immer wieder dazu auffordern, denn ihr werdet es nicht bereuen. Mehr als versprochen!

Verratet uns doch im Kommentar, ob ihr das Werk schon gelesen habt, es noch lesen wollt oder stellt uns einfach eure Fragen. Wir freuen uns!

P.S. Lustige Randbermerkung zum Abend: (die können wir uns hier mal an dieser Stelle nicht verkneifen und ihr wollt schließlich auch lachen 🙂 ) Die Moderatorin konnte einfach nicht anders und sprach den Namen der Protagonistin „Stasia“ nicht so aus, wie es da steht, sondern sie sagte immer „Schtasia“. Wir konnten uns das Lachen nicht verkneifen, es war einfach so herrlich, so typisch sächsisch. Als Schokolade, Schicksal und Schtasia in einem Satz vorkamen, wären wir fast von unseren Stühlen gefallen. Herrlich. Der Abend wird uns nicht nur wegen der Moderation (es gab noch eine herrliche Stelle, die müssten wir euch aber live nachahmen) lange in Erinnerung bleiben.

Eure

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Aprikosensommer ~ Deniz Selek

Aprikosensommer ~ Deniz Selek
Aprikosensommer ~ Deniz Selek

Nicht nur Romane enthalten Geschichten, sondern es gibt auch die Geschichten der Leser. Meine ist in diesem Fall recht lustig gewesen. Wie komme ich denn eigentlich ins Genre, sagen wir mal: „Mädchenroman“?

Ab und an passiert mir das schon, aber dann greife ich meist selbst zu diesen Werken. Die Autorin ist mir namentlich schon oft über den Weg gelaufen. Deniz Selek – ich höre immer die Worte meiner lieben Sibylle im Ohr: „Bini du musst unbedingt mal Selek lesen.“ Lange habe ich mich gesträubt. Keine Ahnung warum, es gab keinen Grund, außer das die Bücher die eben für Mädchen sind, mir einfach zu pink und rosa waren und irgendwie haben mich die Themen nicht wirklich angesprochen.

Auf der letzten Buchmesse in Leipzig kam dann der Tag der Tage, als mir die liebe Sibylle wieder von Deniz erzählte und auf einmal steht die liebe Autorin höchstpersönlich vor mir. Sibylle erzählte ihr, das ich noch nie eines ihrer Werke gelesen habe und ich sagte Deniz, dass es keinen Grund gibt. Was machte Sie? Seht selbst auf dem folgenden Bild und wie ihr hier schon merkt, ich habe gelesen…

Aprikosensommer ~ Deniz Selek
Aprikosensommer ~ Deniz Selek

Was habe ich gemacht? Ich habe das Werk kurzerhand in den Koffer gepackt, denn Aprikosensommer(FISCHER KJB) sollte mit in den Sommerurlaub. Am Strand wollte ich herausfinden, ob Deniz Selek mich entspannen und dennoch erfrischen kann. Der Härtetest sozusagen.

Am Strand von Rügen liegend, träumte ich mich also ins ferne Istanbul. Eve möchte endlich wissen, wer ihr Vater ist. Der Wunsch ihn kennenzulernen schlummert schon lange in ihr, aber ihre Mutter ist wie ein Fels in der Brandung – sie gibt kaum Dinge über ihn preis, verschweigt ihn so oft es nur geht und widersetzt sich ihrem Willen und sie beantwortet kaum eine ihrer Fragen.

Überhaupt ist Eve in einem Tal des Pech angelangt. Ihr Freund Matteo hat sie verlassen, sie hat sich heftig in den Finger geschnitten und sie streitet ständig mit ihrer Mutter. Ein Berg voller Adressen liegt vor ihr und wenn es richtig mies kommt, gehört keine dieser ihrem Vater.

Doch der große Tag kommt – Eve steht ihrem Vater gegenüber, allerdings lüften sich bei ihrem Aufeinandertreffen Geheimnisse, von denen Eve nicht wusste. Ihre Mutter allerdings schon…

Und dann ist da noch Dolmetscher Sinan…

Aprikosensommer ~ Deniz Selek
Aprikosensommer ~ Deniz Selek

Ob mich Deniz Selek mit ihrem Werk begeistert hat?

Die knapp 300 Seiten des Taschenbuches habe ich binnen weniger Stunden gelesen. Die Autorin schreibt in einer herrlich frischen Sprache und es fällt wirklich sehr leicht, sich in die 15-jährige Protagonistin hinein zu versetzten. Eve ist eine tolle Person, es macht viel Spaß an ihrer Seite zu sein. Ab und an musste ich wirklich heftig lachen, da ihre leicht tapsige Ader einfach köstlich ist. Sie hat mir sehr viel Spaß bereitet.

Doch nicht nur die humorvolle Leichtigkeit des Werks besticht, sondern auch die Spannung, die vor allem auf den letzten Seiten sehr hoch getrieben wird, fesselt. Bis der Punkt der Spannung erreicht ist, plätschert die Geschichte vor sich hin, wie ein kleiner Wasserfall in den Bergen, aber sie plätschert und das nicht zu langsam.

Selek zaubert uns Lesern wunderschöne Bilder vor die Augen und untermalt diese gefühlvoll. Auch die Liebe lässt sie dabei nicht zu kurz kommen und dieses Liebesprickeln spürt man durch ihre Worte besonders gut. Kennt ihr das Gefühl des ersten Verliebtseins noch? Tragt ihr es auch noch in euch?

Aprikosensommer ~ Deniz Selek
Aprikosensommer ~ Deniz Selek

Kurze Kapitelüberschriften lassen uns Leser wissen, was uns grob auf den nächsten Seiten erwarten wird.

Mir hat der Ausflug nach Istanbul gut gefallen und ich habe den Aprikosensommer sehr genossen. Vor allem für heiße Strandtage ist der Roman zu empfehlen, da die Autorin viele einfache Worte benutzt und diese Leichtigkeit schnelles Lesen ermöglicht. Zudem gibt es viele Unterhaltungen im Werk, die zusätzlich belebend und witzig zugleich sind.

Wer demnächst wieder die Türkei besucht, sollte dieses Werk in seine Tasche packen. Vor Ort wird das Leseerlebnis noch viel intensiver sein.

Deniz Selek schreibt genauso, wie es sich Mädchen wünschen – locker, luftig, leicht mit Spannung und voller wahrer Liebe. Ein Buch zum Träumen – mit Herzklopfgarantie!

Eure
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Findus & der Buchhandlungspreis

Findus & der Buchhandlungspreis
Findus & der Buchhandlungspreis

Kolumne 23: #Buchhandlungspreis

Die Liste von Literaturpreisen ist lang. Es gibt so viele Auszeichnungen in der Welt der Literatur für Autoren und ihre Werke, dass es richtig klasse ist, dass es nun den Buchhandlungspreis gibt.

Der Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, ist es zu verdanken, dass dieser Preis in diesem Jahr das erst Mal verliehen wird. Im Herbst ist es soweit und auf der Nominierungsliste finden sich so einige „bekannte“ Buchhandlungen wieder, die es sehr verdient haben, genannten zu werden. Davon habe ich drei hier aus der Region schon selbst besuchen können.

Insgesamt sind 108 Buchhandlungen für die erste Preisverleihung nominiert – 614! haben sich beworben. Sagenhaft genial ist es, dass neun sächsische Buchhandlungen auf der Liste stehen. Das ist für unser Bundesland eine sehr gute Quote, wie ich finde. Schon die Erwähnung auf dieser Liste, ist doch schon eine Auszeichnung für alle Buchhandlungen und jede Buchhändlerin und jeder Buchhändler + Team kann wahnsinnig stolz darauf sein. Endlich werden die buchhandligen Lebenswerke nicht nur mit der Leselampe, sondern mit der großen Flutlichtanlage beleuchtet. Weiter so!

Alle Fakten und Fragen um den Preis, findet ihr auf der Homepage Deutscher Buchhandlungspreis.

In den BuchhandlungenBüchers Best“  (Louisenstraße 37, 01099 Dresden), „BuchHaus Loschwitz“ (Friedrich-Wieck-Straße 6, 01326 Dresden) und in der „Buchhandlung Findus“ (Schillerstraße 1, 01737 Tharandt) habe ich mich schon ausgiebig umgesehen und neue literarische Schätze entdeckt.

Einen großen Luftsprung habe ich gemacht, als ich gesehen habe, dass meine Partner- und Lieblingsbuchhandlung Findus nominiert ist. Die Buchhandlung ist einfach ein Schmuckstück und Inhaberin Annaluise Erler eine Buchfrau mit literarischem Herzblut. Es ist immer wieder schön, die heiligen Hallen der Buchhandlung zu betreten und ausgiebig zu stöbern.

Am 10.09.2015 hat die Sächsische Zeitung über die Buchhandlung Findus berichtet und den Artikel möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.Die Buchhandlung zum Wohlfühlen – den Titel kann ich nur unterschreiben. Von Ahnungslosigkeit geprägt, habe ich die Worte von Reporterin Dorit Oehme inhaliert und mich durch und durch über diesen Artikel gefreut. Und dann las ich:

„Sogar einen Junggesellinnenabschied hat „Findus“ schon miterlebt. Die Gäste buchten das Angebot der „Buchnacht“ und stöberten hinter verschlossenen Türen. Mit der Braut, der Literaturbloggerin Bianca Raum, arbeitet Annaluise Erler auch zusammen. Die Bloggerin wird künftig ein Ladenfenster gestalten.

Die dialogfreudige Buchhändlerin hat im Gegenzug auf der Webseite der Bloggerin ein Extraplätzchen bekommen.“

Uff…ich war überhaupt nicht darauf vorbereitet, Worte über den Junggesellinnenabschied und über mich, als Literaturbloggerin, zu finden. Literarische Schmetterlinge hüpften durch meinen Bauch. Sehr genial und ich bin sehr stolz, zum buchigen Findus-Team zu gehören.

Wenn ihr wissen wollt, wie mein buchiger Junggesellenabschied war, dürft ihr gern im Artikel Junggesellenabschied stöbern. Und wenn ihr Lust habt, jetzt gleich die Buchhandlung Findus zu erkunden, möchte ich euch nicht aufhalten, sondern den buchigen Weg zur VorstellungBuchhandlung Findus & Literatwo ebnen. Im Artikel findet ihr viele Bilder vom buchigen Schmuckstück – viel Freude beim Umgucken.

Der 17. September, der Tag der Preisverleihung, naht und meine Daumen sind gedrückt. Um die Aufregung ein wenig in den Griff zu bekommen, setze ich mich an die Liste der Bücher, die bald das Licht der Schaufensterwelt in Tharandt erblicken dürfen. 10 Werke möchte ich auswählen und den Lesern- und Leserinnen ans Herz legen. Ich bin schon sehr gespannt darauf, welches Feedback die Leserschaft abgeben wird und vor allem darauf, wie es aussehen wird. Ich bin voller Vorfreude und ich werde euch natürlich nicht nur davon erzählen, es wird auch Bilder geben. Versprochen!

Und nun – Daumen drücken!

Eure

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Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

[Junges Deutschland] Zwischen Anpassung und Auflehnung – eine zerrissene Epoche

Er ist’s[1]

Frühling lässt sein blaues Band
Wieder flattern durch die Lüfte;
Süße, wohl bekannte Düfte
Streifen ahnungsvoll das Land.
Veilchen träumen schon,
Wollen balde kommen.
Horch, von fern ein leiser Harfenton!
Frühling, ja du bist’s!
Dich hab‘ ich vernommen!

Eduard Mörike  (1804 – 1875)

Jeder von uns kennt sicherlich dieses traumhaft – leichte Frühlingsgedicht Mörikes, eines Dichters, der vor allem wegen seiner Naturlyrik einen hohen Bekanntheitsgrad erlangte. Auch wenn Mörike kein klarer Vertreter des sogenannten Biedermeier ist, zeigen sich doch gerade in diesem Gedicht Merkmale eben jener Strömung. „Die meist allein und zurückgezogen lebenden Vertreter dieser Orientierung hatten kein einheitliches Programm[…]. Ihre Kultur baute auf Heimatverbundenheit und Religion auf. Sie wollen das Althergebrachte pflegen[…].“[2]

[Junges Deutschland] Eine zerrissene Epoche
Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

Religion und Natur waren auch wichtige Themen für die Schriftstellerin Annette von Droste-Hülshoff. Ihre Novelle „Die Judenbuche“ gehört meines Erachtens zu einer der besten literarisch-psychologischen Texte überhaupt, beschreibt sie doch die Entwicklung eines jungen Mannes bis hin zum Mörder. Dabei ist sie jedoch nie eindeutig oder erhebt anklagend den Finger. Ihre Darstellungsmittel sind vielmehr diffuser, vielschichtiger genauso wie die Psyche eines Menschen. Die Natur erscheint „[…] in der Novelle stets als Richter und Zeuge; sie ist nicht Stimmung oder Kulisse, [sondern] wird zu einem magischen Raum, die [Juden]buche wird zum Dingsymbol für ein Geschehen des Unheils“.[3]

Zugegeben, das erfordert ein hohes Maß an Aufmerksamkeit während des Lesens, doch gerade das genaue und präzise Verfolgen der Worte Hülshoffs ermöglicht dem Leser ein tiefes Eindringen in die Psyche eines Menschen.

Präzise und genau muss man auch bei einem anderen Dichter lesen, da man ansonsten wohl die ein oder andere Anspielung bzw. Pointe überliest. Gemeint ist „Deutschland. Ein Wintermärchen“, ein satirisches Versepos von Heinrich Heine. Konträr steht dieses Werk und auch der Dichter den beiden vorher Genannten gegenüber, bildet er doch die zweite Seite der Medaille dieser Epoche: Auflehnung, Politik, Revolution.

[Junges Deutschland] Eine zerrissene Epoche
Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

In der Zeit des Vormärz, beginnend ab der Julirevolution 1830 in Frankreich und endend mit der Märzrevolution in Deutschland verkörpert er mit seinen Texten zwar nicht ausschließlich das sogenannte „Junge Deutschland“, eine literarische Strömung dieser Zeit, die stark politisch motivierte Schriften verfasste, jedoch kann er guten Gewissens zu diesen gezählt werden.

Sein „Wintermärchen“ ist vieles, bloß kein Märchen. Es ist vielmehr die Auseinandersetzung eines Schriftstellers, der ins Exil nach Paris ging, dessen Schriften verboten wurden und dem der Vorwurf, ein Vaterlandsverräter zu sein, gemacht wurde. Dementsprechend fallen die einzelnen „Berichte“ über seine Reise durch Deutschland kritisch bis zynisch aus.

Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche
Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

So beschreibt er die Menschen in Aachen folgendermaßen:

„Sie stelzen noch immer so steif herum,

so kerzengerade geschniegelt,

als hätten sie verschluckt den Stock,

womit man sie einst geprügelt.“[4]

Schonungslos und politisch hochbrisant rechnet er auch mit Barbarossa ab:

„Das beste wäre, du bliebest zu Haus,

hier in dem alten Kyffhäuser –

bedenk ich die Sache ganz genau,

so brauchen wir gar keinen Kaiser.“[5]

Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche
Junges Deutschland – Eine zerrissene Epoche

„Deutschland. Ein Wintermärchen“ ist ein hoher Lesegenuss, auch wenn man vorher das ein oder andere Geschichtsbuch wälzen muss, um das Wissen über diese Zeit zu reaktivieren. Doch hat man sich das nötige Hintergrundwissen verschafft, so kann man eintauchen in eine kolossal böse Abrechnung mit aktuellen Zeitumständen, wie der Zensur, oder in die karikierenden Beschreibungen und Bloßstellungen preußischer Herrschaftssymbole, wie dem Reichsadler. Nicht zu vergessen der Blick in die Zukunft Deutschlands, der Heine von der Göttin Hammonia gewährt wird. Doch nein, er schaut nicht wie Frodo in eine silberne Wasserschale, sondern leider, leider in den stinkenden Nachttopf der Göttin. Was er da sieht….nun ja….

Euer jung-deutsches Lesebienchen

[1] aus: Deutsche Literaturgeschichte. hrsg. von Haerkötter/Trautmann. Winklers 2008, S. 89

[2] ebd.

[3] aus: Kindler Literaturlexikon Band 5, S. 613

[4] aus: Heine, Heinrich: Deutschland. Ein Wintermärchen. Reclam 2006, S. 20

[5] ebd., S. 76

Romantik – Auf der Suche nach der blauen Blume

[Romantik] Auf der Suche nach der blauen Blume
Romantik – Auf der Suche nach der blauen Blume

[Romantik] Auf der Suche nach der blauen Blume

Denkt man heutzutage an Romantik, versteht man darunter sanften Kerzenschein, leise rieselnde Hintergrundmusik, Rosen, eine sinnlich-verträumte Atmosphäre und vor allem ganz viel Gefühl.

Der Ursprung unserer Vorstellung vom Romantik liegt, wie sollte es auch anders sein, in der Epoche der Romantik. „Überall nahmen [die Dichter] Geheimnisvolles, Schauriges, Unbegreifliches und Unendliches wahr. Die gefühlsbetonten Romantiker richteten sich gegen die „nüchterne“ Klassik. […] Eine geheimnisvolle Sehnsucht nach der Ferne und der Vergangenheit war der stärkste Antrieb der Dichter.“[1]

Joseph Freiherr von Eichendorff ist der wohl bekannteste Dichter dieser Epoche. Seine Naturverbundenheit, die Faszination an geheimnisvollen, mystischen Plätzen zeigt sich deutlich in seinem lyrischen Werk. Und ja, seine Gedichte sind einfach nur romantisch, sehnsuchtsvoll, gefühlsbetont, wie gemacht für einen Abend im Kerzenschein.

[Romantik] Auf der Suche nach der blauen Blume
Romantik – Auf der Suche nach der blauen Blume

Mondnacht[2]

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküsst,
Dass sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müsst‘.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis’ die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Weniger romantisch liest sich allerdings „Heinrich von Ofterdingen“, der unvollendete Roman des Dichters Novalis. Schließlich handelt es sich hierbei um ein Romanbattle zwischen Novalis und dem ehemals so hochgelobten Vorbild „Wilhelm Meisters Lehrjahre“ von Goethe. Novalis war zu Beginn von Goethes Entwicklungsromans fasziniert, wandte sich jedoch im Laufe der Zeit von diesem ab, da er ihn „als undichterisch im höchsten Grade und als ein Kunstprodukt, ein Werk des Verstandes und der Ökonomie, die über die Poesie siege,“ [3] empfand.

[Romantik] Auf der Suche nach der blauen Blume
Romantik – Auf der Suche nach der blauen Blume

„Mit seinem eigenen Roman wollte Novalis den Goethes übertreffen. Gegenüber dem Wilhelm Meister wollte er alles in Poesie auflösen und der Roman sollte allmählich ins Märchen übergehen.“[4]

So sind in diesem Fragment gebliebenen Roman Elemente des Entwicklungs- und Bildungsroman mit denen des Märchens und wundersamen Begebenheiten. Gerade mit einer solchen beginnt der erste Teil, die Erwartung, welcher beschreibt, wie Heinrich, ein mittelalterlicher Sänger, zum Dichter heranreift. „Heinrich träumt in der Nacht der Sommersonnenwende, in der nach dem Volksaberglauben ein Blick in die Zukunft möglich ist. Der Traum besteht aus verschiedenen Phasen und spiegelt schon das Geschehen des Romans wider. In diesem Traum sieht Heinrich die „blaue Blume“, ein Symbol der Sehnsucht und des Erkennens. Die Blume verwandelt sich zu einem Mädchengesicht, das, wie sich in den folgenden Kapiteln herausstellt, Mathilde, seine spätere Geliebte und Ehefrau, ist.“[5]

[Romantik] Auf der Suche nach der blauen Blume
Romantik – Auf der Suche nach der blauen Blume

Der Stil des Romans ist sehr melodisch und gleicht dem Lesen eines Gedicht, Handlung und traumhafte Sequenzen wechseln sich ab. Das macht das Lesen dieses eigenwilligen Romans nicht immer leicht, doch folgt man wie Heinrich der blauen Blume und lässt sich ein auf diese Darstellung einer Welt in Poesie, so gelangt man zu einem einmaligen Leseerlebnis, was in seiner Intensität vielleicht nur die Romantik bieten kann.

Also Kerzen an und Buch aufschlagen.

Euer romantisches Lesebienchen

[1] aus: Deutsche Literaturgeschichte. hrsg. von Haerkötter/Trautmann. Winklers 2008, S. 81

[2] ebd.

[3] aus: https://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_von_Ofterdingen, Stand 06.08.2015

[4] ebd.

[5] ebd.

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Willst du wirklich ganz alleine springen? Diese Frage stellten wir uns und wir wussten gleich, dass wir gemeinsam springen werden. Klaro!

Springt ihr mit Lesebienchen und mir mit?

Auf geht´s…

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Lesebienchen fragt ~ Binea antwortet

Amy, die Hauptfigur, verfügt über die Gabe, in Bücher zu springen und die Handlung live mitzuverfolgen. Im Laufe des Romans springt sie in verschiedene Bücher. Um welchen Sprung hast du sie beneidet und warum?

Ohja – wir Leser konnten uns über so einige Sprünge freuen. Ich fand es sehr spannend mit Amy unterwegs zu sein. Ob bei „Alice im Wunderland“, im „Dschungelbuch“ oder beim „Zauberer von Oz“. Richtig beneidet habe ich Amy nie. Ich habe es allerdings genossen, so viele Werke mit ihr zu bereisen. Dies war wirklich grandios, zumal mir einige davon, wie z.B. „Sturmhöhe“ oder „Der Seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ noch völlig unbekannt, waren.

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Jedes neue Kapitel im Roman beginnt mit Fragmenten aus einem Märchen. Was hast du beim Lesen dieser kleinen Textstücke gedacht? Welche Vermutungen hattest du?

Keine einfache Frage, da ich auf der einen Seite nicht zu viel verraten mag und auf der anderen Seite muss ich mal etwas kritischer sein. Die Idee der Textfragmente ist eigentlich schön, ich mag es zumindest, wenn Kapitel kleine Überschriften haben. Aber in dem Fall war ich nicht wirklich angetan, da mich diese Stellen immer aus dem Roman gerissen haben. Keine Ahnung wieso. Dies ist bei mir sonst nie der Fall, aber irgendwie habe ich keinen Gefallen daran gefunden und mich sogar dabei erwischt, wie ich die diese Ausschnitte überlesen habe. Sie haben mich ein wenig genervt und dadurch hatte ich auch wenig Vermutung.

Welcher Altersgruppe würdest du „Die Buchspringer“ empfehlen?

Bücher und Altersgruppen – es ist meist sehr schwer, genaue Angaben zu machen, da die Leser von heute oft schon anspruchsvollere Literatur lesen wollen, welche wir ihnen aber noch nicht recht zutrauen. Ich denke schon, dass sich ein 12-jähriges Mädchen (Junge natürlich auch) darin wohl fühlen würde, wenn es nicht gerade zum ersten Mal liest. Es ist eine große buchige Abenteuergeschichte, in der es natürlich nicht immer nur friedlich zu geht. Seid mutig und springt! Zu alt ist übrigens kein Leser für dieses Werk. Du magst Zahlen? Dann von 12 bis unendlich. 🙂

Amy kann in Bücher hineinspringen, Meggie, die Heldin aus Cornelia Funkes „Tintenherz“ kann Figuren aus Büchern herauslesen, Furias aus Kai Meyers „Die Seiten der Welt“ besitzt ein Seelenbuch, zu dem sie eine tiefe Verbindung hat und mit dessen Hilfe sie Magie entfesseln kann. Welche bibliophile Fähigkeit hättest du gern? Eine von den dreien, keine oder eine ganz andere?

Die drei Fähigkeiten sind absolut grandios und zauberhaft einzigartig. Eigentlich möchte ich keine dieser Fähigkeiten. Allerdings wünsche ich mir ab und an die jeweiligen Protagonisten etwas fragen zu können. In Echtzeit – z.B. Warum tust du das? Natürlich funktioniert das nicht, aber ab und an wäre es grandios. Ich würde gern mit einigen Figuren telefonieren können und ab und an vielleicht mal eine Tasse Kaffee mit ihnen trinken gehen. Aber nicht hier, auch nicht dort, sondern wo ganz anders – vielleicht in einer Zwischenwelt.

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Binea fragt ~ Lesebienchen antwortet

Auf Seite 43 wird Amy vom Dschungelbuch gerufen. Es schimmert ihr verheißungsvoll entgegen und ruft. „Lies mich!“ Welches Buch hätte dich wohl gerufen und warum?

Also „Das Dschungelbuch“ wäre es nicht gewesen, das habe ich zwar gelesen, aber es hat bei mir jetzt nicht den allertiefsten Eindruck hinterlassen. Wenn ich in Amys Alter sein würde, also ungefähr vor zwei Jahren, dann würden mich „Die Nebel von Avalon“ lautstark rufen. Dieser wunderbare Roman der genialen Autorin Marion Zimmer Bradley verwebt auf Elemente der Artussage mit fantastischen Momenten und schafft so ein einmaliges, mystisches Leseerlebnis. „Die Nebel von Avalon“ haben mit einen Grundstein für meine Begeisterung für Fantasyliteratur gelegt, gleich danach habe ich den „Herr der Ringe“ verschlungen.

Vielleicht macht es Mechthild Gläser wie Kai Meyer. Sie schreibt noch einen zweiten und vielleicht sogar einen dritten Teil? Wie würdest du das finden und mal ganz ehrlich, würdest du erneut springen wollen?

Schwierige Frage, da Fortsetzungen ja immer so eine Sache sind. Ich hoffe, sie schreibt keine, denn das Buch hat ein rundes, offenes Ende. Kein Kitsch, kein Cliffhangerdrama, sondern ein Ende, mit dem man als Leser absolut leben kann. Ich weiß nicht, ob ich bei einer Fortsetzung noch einmal springen würde. Nicht dass ich das Buch nicht gut finde, ganz im Gegenteil, die Idee des Romans und dessen Umsetzung ist mehr als lesenswert, doch ich möchte dann nicht von der üblichen Dreiecksgeschichte lesen, die gerne in den Folgebänden hochdramatisch aufgebauscht wird. Also von mir aus kann hier Schluss sein. Ein tolles Buch, das einmalig bleiben sollte.

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

Gibt es im Werk einen ganz bestimmten Satz bei dem du innehalten musstest und wenn ja, warum?

Einen Satz habe ich mir markiert, der die Bibliothek von Amys Großmutter beschreibt.

„Sie wurde erfüllt vom Wispern der Worte, dem Locken all der Geschichten, die darauf warten, gelesen zu werden, einem raschelnden Versprechen, das in der Luft hing. Wie viele Abenteuer verbargen sich hier zwischen Papier und Tinte, wie viele große Liebesgeschichten, wie viele epische Schlachten? Schon jetzt liebte ich diesen Ort.“ (S. 40)

Ich liebe diese Sätze, da sie genau das beschreiben, was ich an Literatur so mag. Jedes Buch, jedes Wort ist ein Versprechen, eine neue Möglichkeit, etwas zu entdecken. Wenn ich solche Sätze lese, frage ich mich immer, wie es Menschen geben kann, die nicht lesen, die nicht auf Entdeckungsreise gehen, keine Abenteuer erleben, nichts Unbeschreibliches erfahren.

Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser
Die Buchspringer ~ Mechthild Gläser

In Gläsers Jugendbuch werden diverse Dinge entwendet, bzw. nicht in Gläsers Werk, sondern eher aus den Werken, in denen die Buchspringer unterwegs sind. Aus welchem Buch würdest du gern einen bestimmten Gegenstand entwenden und welcher wäre es?

Einen bestimmten Gegenstand bräuchte ich gar nicht, viel liebe würde ich auch in die Bücher springen können. Avalon sehen, Mittelerde bereisen, nach Hogwarts mit der Eisenbahn fahren, Lizzy und Mr. Darcy kennenlernen, Peter Pan in seinem Nimmerland besuchen und gemeinsam mit Bastian Fantasien besuchen. Die Liste könnte ich endlos weiterführen, denn es gäbe so viele Bücher, in die ich auch gerne einmal springen würde. Amys Talent ist schon mehr als beneidenswert.

Eure zwei Buchspringerinnen – Lesebienchen & Binea

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