Monat: Mai 2016

Ein besonderer Junge ~ Philippe Grimbert

Ein besonderer Junge ~ Philippe Grimbert
Ein besonderer Junge ~ Philippe Grimbert

Ohne zu wissen, um was es ganz genau in dem Roman geht, musste ich ihn einfach haben. Ja, dass passiert auch. Der Junge am Wasser auf dem Cover und der Titel „Ein besonderer Junge“ haben mich einfach magisch angezogen.

Und so bin ich ins Paris Anfang der siebziger Jahre zurück gereist, um Louis zu treffen. Louis ist kein junger Mann, wie man ihn sich vielleicht vorstellen würde. Er bezeichnet sich selbst als etwas anders, ist eher verschlossen als aufgeschlossen und geht seinen eigenen, ziemlich ruhigen Weg. Er hatte noch keine Freundin, ist schüchtern und mag keinen großen Trubel um sicher herum, zudem hat er sowieso keine Freunde, mit denen er etwas unternehmen könnte.

Der große Schweiger wird Louis von seinen Eltern genannt. Ob er sein Jurastudium schaffen wird, weiß er nicht, allerdings weiß er genau, dass er dringend Geld braucht, um es zu finanzieren. Ein Stellenangebot spricht ihn sofort an, viel mehr die darin enthaltenen Wörter „besonderen Jugendlichen“, da er sich selbst so fühlt.

„Suche motivierten jungen Mann für die Betreuung eines besonderen Jugendlichen während eines Aufenthalts mit seiner Mutter in Horville (Calvados).“

Louis greift kurz entschlossen zum Telefon und erreicht den Vater des besonderen Jungen namens Iannis. Die Familie hatte wohl schon einige Betreuer eingestellt, doch alle haben nach kurzer Zeit die Flucht ergriffen. Aus diesem Grund zögern die Eltern nicht und Louis macht sich auf die Reise nach Horville.

Horville, der kleine Ort am Strand in der Normandie war ein zusätzlicher Grund den Job anzunehmen, da Louis viel Zeit dort verbrachte. Erinnerungen werden in ihm wach, wenn er an die vergangene Zeit, die vergangenen Urlaubsausflüge denkt.

Die erste Begegnung mit Iannis ist nicht einfach und auch die weiteren gemeinsamen Tage werden zur speziellen Herausforderung. Iannis Mutter Helena zieht sich ziemlich schnell in ihre eigene Welt zurück. Sie ist froh endlich wieder jemanden zu haben, der ihr die „Last“ Iannis abnimmt. Sie möchte schreiben, sich ihren erotischen Romanen hingeben und mit einem gutaussehenden jungen Mann im Haus, gelingt ihr das umso besser.

Louis hingegen ist schnell auf sich allein gestellt und versucht sich auf Iannis und seine unterschiedlichen Verhaltensmuster einzustellen. Iannis redet nicht, obwohl er bereits 16 Jahre ist. Er kann nicht schreiben, er ist immer noch ein Bettnässer, er ist verschlossen und in sich gekehrt. Niemanden lässt Iannis an sich heran. Trotz seiner Art ist er nicht dumm, er nimmt alles in sich auf und verarbeitet diese Dinge auf seine Weise.

Ein besonderer Junge ~ Philippe Grimbert
Ein besonderer Junge ~ Philippe Grimbert

Louis erkennt in Iannis, dass er genauso besonders ist wie er. Er unterhält sich mit ihm, erzählt ihm von seiner Vergangenheit und unternimmt viel mit ihm, um Helena viel Ruhe zu ermöglichen.

Seinen Job hat sich Louis anfangs nicht so anstrengend vorgestellt und auch hätte er es sich nicht träumen lassen, dass Iannis Mutter Helena mit ihm flirtet, ihn verführen will.

Verlief Louis sein Leben wie ein ruhiger See auf dem kein Lüftchen wehte, kommt nun auf ihn eine hohe Welle zu, die ihn verändert. Aus schwarz-weiß, wird farbig, aus farbig wird schwarz-weiß.

Der Griff zum Roman von Philippe Grimbert, war der richtige, da ich genau diese Stimmung suchte, jemand anderen treffen wollte, eine tiefe Geschichte mit vielen Besonderheiten brauchte. Louis wie auch Iannis sind besonders, völlig anders und genau die Tatsache, macht das Buch und die Zeit in der Normandie so außergewöhnlich.

Iannis hat autistische Züge und Louis hat es nicht leicht, mit ihm klar zukommen. In seiner zweisamen Einsamkeit blickt Louis auf sich selbst zurück, auf seine damalige Zeit mit seinem damaligen besten Freund. Diese Erinnerungen ziehen an seinem inneren Auge vorbei, aber unterbewusst, beginnt er darüber zu reden, Iannis zu erzählen.

Iannis ist in seiner Welt eingeschlossen, ohne spürbar aus seiner Welt heraus zu kommen. Und doch bekommt Iannis mehr mit, als Louis oder seine Eltern zu ahnen scheinen. Die Zeit rückt näher, Louis seine Zeit endet bald, da ein Heimplatz für Iannis frei wird. Beide Jungen haben ein festes, transparentes Band untereinander geknüpft, ein besonderes Band des Zusammenhaltes und fällen eine besondere Entscheidung.

Mehr als bildlich schreibt Grimbert und lässt seine zwei Hauptprotagonisten schnell ans Herz wachsen. Sie sind so besonders, dass sie sich im Leserkopf fest verankern. Grimbert lässt tief in die Seelen der beiden blicken und macht unsichtbare Dinge sichtbar für den Leser, die er vielleicht so nie wahrgenommen hätte.

Ein berührendes, besonderes Buch voller bildlicher, teils poetischer Klarsicht.

Eure
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Sky – was geht?

Sky - was guckst du?
Sky – was guckst du?

Kolumne 22/2016: #Sky

Zum Sonntag gibt es heute mal wieder einen Sonntagsbericht. Sky und Binea? Das passt ja genauso zusammen, wie Sommer und Skianzug. Wer mich kennt, der weiß, dass ich kein Mensch bin, der unbedingt einen Fernseher braucht und Sky ist ja dann wohl total überflüssig. Nunja, Dynamo Dresden spielt in der neuen Saison nun in der 2. Bundesliga und wenn ich mal den Fernseher anschalte, dann wegen Fußball. Aber ich bin ja nicht alleine und mich stört es wenig, wenn beim Lesen im Hintergrund die Flimmerkiste flimmert. „Also, Hallo Sky! Ich brauche dich nicht, aber von mir aus kannst du bleiben.“

Der Receiver hat mich gleich gestört, ich mag keine zusätzlichen Staubfänger, aber gut, wenn er dazu gehört und sein muss – dann aber dynamisch – dafür gibt es das Ding ja in der Optik. Von mir aus – besser als langweilig schwarz oder silber.

Ich gucke selten Filme, wenn dann Buchverfilmungen und ich gucke überhaupt keine Serien, Staffeln und so einen Sch…wie ich immer gern sage. Aber so richtig stimmt das nicht, wie ich recht schnell selbst feststellte. Da war doch was und es nennt sich: Game of Thrones.

Waaaassss? Wir können das jetzt gucken? Echt? Wie genial ist das denn. Da gab es neben dem fußballerischen Guckeffekt gleich den ersten Pluspunkt, aber das war es dann auch schon. Das andere Seriengedönse und sowas grauenvolles wie Akte X – fragt mich mal, woher ich die Abneigung habe, aber ich finde die Darsteller schon irgendwie keine Ahnung – muss ich mir nicht geben. Ich ergucke mir einfach nichts an den Serien. Ich bin eben ein Buchkind.

Aber das Sky-Menü – die große Auswahl an Filmen habe ich mir mal mit angeguckt, ich muss ja auch etwas informiert sein und dann kam der Aufschrei „Waaassss? The Returned?“ Ist ja irre – das gibt es nicht nur als Buch? Ach stimmt, da war ja was im Gespräch auf der Buchmesse in Leipzig zwischen Arndt und Carina vom Loewe Verlag/Script 5. Ich habe gleich abgeblockt, als ich über den Inhalt erfuhr. Schon das Cover schreckte mich im Vorfeld ab.

Sky - The Returned
Sky – The Returned

Schon wenn ich den Jungen auf dem Cover sehe – ist der nicht irgendwie gruselig? Ich bekomm schon beim Anblick Gänsehaut und wenn ich dann schon höre, dass er irgendwie immer da ist und nicht redet und das in den Handlungsort verstorbene Personen zurückkehren und ihr altes Leben einfach wieder aufnehmen, aufnehmen wollen, dann schüttelt es mich. Urgs…

Aber die Serie – hm…wäre mal eine Überlegung wert. Lesen werde ich das Buch auf keinen Fall. Ich mag schon alleine das Buch wegen des Covers nicht hier stehen haben wollen. Außerdem bin ich mit dem Inhalt, dank Arndts Worten recht vertraut und auch seinen Artikel zum Buch habe ich gelesen. Ihr nicht? Dann lest mal hier, was er schreibt, wenn er sagt: Idylle war gestern.

Gruselig oder? Zumindestens für mich dann doch nicht gruselig genug, denn meine Neugierde wuchs und wuchs und ihr könnt euch sicher denken, was passierte. Richtig, die Buchtante Binea, die das Cover grausig findet und nicht wirklich gern mysteriöse Horrorgeschichten schaut, hat es getan. Und ist nun infiziert und süchtig und kann es kaum erwarten, die zweite Folge der ersten Staffel zu sehen. Es wird wohl direkt heute Abend weiter gehen.

Wenn ihr im Laufe der Woche nichts von mir hört und lest und überhaupt, dann wisst ihr, dass ich eingeschlossen in der Wohnung und eingemummelt in der Decke auf dem Sofa sitze und mit stierendem Blick und an den Fingern nagend dort bin, wo die Vergangenheit zurück kehrt…

Kennt ihr „The Returned„? Wohnt Sky auch bei euch? Welche Serien guckt ihr?

Eure

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Literatwo im Helikopter

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter

Kolumne 21/2016: #Helikopter

Ja, am Sonntag war es endlich soweit. Literatwo im Helikopter. Wobei – „endlich“?

Alle die mich kennen, wissen auch, dass ich nicht unbedingt fliegen muss. Wenn die USA ruft, dann bekomme ich das mit dem Fliegen schon irgendwie hin, denn das Ziel ist ausschlaggebend und dafür überwinde ich meine Flugangst, aber sonst…

Doch – bestimmte Geschenke erfordern Einsatz und wer einen Helikopterrundflug für 2 verschenkt, muss auch selbst mit. Also ab dafür! Ich möchte euch jetzt aber keine Einzelheiten erzählen, sondern die Bilder mehr oder weniger für sich sprechen lassen.

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Flugplatz Kamenz

Wie es sich für mich Literaturbloggerin gehört, hatte ich natürlich ein Buch dabei. Am Sonntag hätte ich dann aber fast vergessen, das Buch mit in den Helikopter zu nehmen. Gut das ich daran erinnert bzw. es mir halb hinterher gebracht wurde. Aber ich war eben etwas aufgeregt. Natürlich nur minimal – muhaaaahhaaa.

Wir ihr seht, hatte ich also ein Buch dabei. Ich habe mich für „84, Charing Cross Road“ von Helene Hanff entschieden, weil ich es bald gemeinsam mit Lesebienchen lesen werde und weil es recht schmal und leicht ist. Wir waren nicht mit dem Auto, sondern mit dem anderen motorisierten Fahrzeug auf dem Flugplatz in Kamenz und da konnte ich kein Monsterwerk einpacken und den Murakami wollte ich nicht mitnehmen, der hat schon genug von der Welt gesehen. 🙂 Helene Hanff war noch nicht so oft draußen und durfte mal mit über die Wolken.

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Kamenz

Aber wie ihr seht, waren wir überhaupt nicht über den Wolken, denn es war super herrliches Wetter am Sonntag und wir konnten bis zum Ende der Welt gucken. Weitsicht ohne Ende und wir haben wohl ununterbrochen Bilder gemacht. Ab und an hat es mal gut gewackelt, aber es war nicht so schlimm, wie ich dachte. Als ich 12 Jahre war, also vor gefühlt fünf Jahren *g*, bin ich schon einmal mit einem Helikopter geflogen und fand es genial, aber mir ging auch ein wenig die Pumpe.

Nach wenigen Minuten hat mich Pilot Pohl gefragt, warum ich ein Buch mit habe und ob ich eine Buchbloggerin bin. Ertappt! Das war die volle Punktzahl.

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Pilot auf Bild entdeckt

Wie ihr seht, hat sich der Pilot auch gleich mit aufs Foto geschmuggelt. Ganz unbemerkt! Darf ich jetzt mal umsonst mitfliegen? 😉 Ich habe ihm versprochen, den Link zum Artikel zu senden, denn er bekundete literarisches Interesse. Das freut mich natürlich! Danke an der Stelle für den sicheren Flug und die gute Unterhaltung.

Wer mich kennt, weiß, dass ich immer und immer wieder geredet habe. Ich kann eben nicht so gut still sein und so macht doch alles gleich viel mehr Spaß. Außerdem musste ich doch auch Fragen beantworten und ein paar selbst stellen. 🙂

Einen Fallschirm hatten wir nicht mit – falls ihr das wissen möchtet *g*.

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Fernsehturm voraus

Achtung – Fernsehturm. Rechts oder links vorbei? Drauf landen wäre gut…

Was für ein herrlicher Blick, oder? Könnt ihr den Rand der Erde sehen? 🙂 Ich habe mich keine Sekunde unwohl gefühlt. Ab und an hat es mal durch die aufströmende Luft gewackelt, aber ansonsten blieb mein Puls recht ruhig. Am Ende kam ein kleines lustiges Flugmanöver, da hat sich mein Herz ein wenig beschleunigt, aber sonst – herrlich. Fluggenuss pur – ich könnte mich tatsächlich dran gewöhnen und wenn ich genau Landschaft geguckt hätte, würde ich sicher lesen.

Das wäre bestimmt richtig entspannend. Aber ich würde vielleicht auch mal selbst fliegen, sah ja recht einfach aus. Der Funk war mir dann doch zu verwirrend, aber den kann man ja abstellen – lach.

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – lesen

Wenn du oben liest, sieht es unten dann so aus. Das Blaue Wunder von Dresden erstreckt sich elegant über die Elbe. Sieht das nicht gut aus?

Praktisch, dass man mit dem Hubschrauber auch mal anhalten und Fotos machen kann.

Das ich im Helikopter gelesen habe, würde mir sowieso keiner glauben, sagte ein Kollege scherzhaft. Ha – glaub das mal nicht. Ich lese überall, der Platz kann noch so wackelig sein. Wer mich kennt, kann das bezeugen. Natürlich ging am Sonntag aber die Landschaft vor. Das Buch, ähm, der Wille zählt. Aber den ersten Satz hab ich gelesen, bleibt irgendwie nicht aus, wenn man ein Buch aufgeschlagen fotografiert.

Mit welchem Buch fliegt ihr eigentlich so durch die Gegend? 😉

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Blaues Wunder

Auf der Elbe ist immer ganz schön was los. Das herrliche Wetter musste aber auch genutzt werden. Das sah von oben alles so schön aus. Wenn ich jetzt so die Bilder sehe, bekomme ich ein leichtes Kribbeln im Bauch.

So „hoch“ waren wir…

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Konzentration!

…und guckst du mal kurz nicht hin, wirst du lesend fotografiert. Ja, so schnell gehts…

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Golfplatz

Ist das nicht herrlich grün? Hier hat sich kein Bauer beim Beackern des Feldes oder besser gesagt, beim Rasenmähen Mühe gegeben – nein, dass ist der Golfplatz 😉

Sieht schon gut aus, aber mal ehrlich – ich lese da lieber und lasse den anderen den Golfschläger.

Gibt es eigentlich schon eine Helikopter-Bibliothek? Das wäre doch mal was, oder?

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – liest du noch?

Richtig genial ist das Kurvenfliegen. So ganz nach rechts oder ganz nach links auf die „Seite“ gelegt – wahnsinn – wie tief man da gerade runter gucken kann und allgemein dieses Gefühl – huuuuiiiiii

Da blättert es die Seiten gleich von ganz alleine um. Super praktisch. 😉

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – Schwebebahn

Und noch einmal auf Dresden herunter geschaut. Wer dort wohnt, hat es „geschafft“ und ist wohl vom eigenen Helikopter nicht weit entfernt. Dresden – du bist schon eine schöne Perle. Was genieße ich es, hier leben zu dürfen.

Könnt ihr die Schwebebahn erkennen?

Literatwo im Helikopter
Literatwo im Helikopter – auftanken bitte

Und was passiert am Ende des Fluges?

Richtig – einmal auftanken bitte! Ich kann euch das Erlebnis Helikopterflug nur empfehlen und würde jederzeit wieder fliegen. Leider ist es recht teuer und so schnell wird es nicht wieder klappen, aber besser einmal als keinmal!

Guten Flug durch die Seiten und habt immer ein Buch dabei!

Eure

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Matt Haig hat ziemlich gute Lebensgründe

Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig
Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig

für euch, denn ihr solltet, genau wie er, am Leben bleiben! Abhauen ist feige – okay?!

Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben (dtv) von Matt Haig wollte ich eigentlich überhaupt nicht lesen. Ehrlich gesagt, ist meine Mama dran schuld, dass ich das Buch gelesen habe. Dabei hat sie es noch nicht einmal selbst gelesen. Warum nicht? Na, weil ich es habe. Und nun? Bekommt sie es demnächst und bei aller Euphorie muss ich euch ein wenig bremsen, denn ich bin nicht so begeistert, wie ich anfangs dachte. Die ersten Seiten haben sich wie Nichts weggelesen und dann?

Genauso habe ich es auch meiner Mama gesagt, obwohl ich mit diesen Worten nicht negativ beeinflussen will. Absolut nicht, denn ich glaube, dass der Roman einfach zur falschen Zeit in mein Lesen gekommen ist. Das passiert mir zum Glück nur sehr sehr selten, aber in dem Fall ist es mir einfach passiert. Keine Ahnung warum und ehrlich gesagt, keine Ahnung wann der richtige Moment im Leben für Matt Haigs Buch ist, aber es wird ihn bestimmt geben.

„Der Unterschied zwischen Depression und Trauigkeit ist ungefähr so groß wie der zwischen wirklichem Verhungern und leichtem Appetit.“ (Seite 109)

Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig
Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig

Das Leben ist schön und Matt Haig erzählt euch in seinem Werk davon. Zumindest am Ende, denn zuerst nimmt er euch mit durch seine tiefen Phasen der Depression. Ja, wer noch keine Depressionen hatte und sich mit der Krankheit noch nicht auseinander setzten musste, wird das Wort belächeln. Keine anderen Krankheit wird wohl so oft belächelt wie die Depression. Warum eigentlich? Weil Despression so harmlos klingt? Weil es von vielen unserer Mitmenschen einfach abgetan wird? Es ist das große Loch der Unwissenheit, welches uns wahrscheinlich abwinken lässt.

Als mich meine Mama nach dem Buch fragte, wurde ich hellhörig. Natürlich ist es mir schon über den buchigen Weg gelaufen. Auf der Messe, auf anderen Blogs, in Buchhandlungen und immer dachte ich: nein, das musst du nicht lesen. Neugierig war ich allerdings, dass möchte ich nicht leugnen. In der Tageszeitung hat meine Mama dann die kleine Werbeanzeige gefunden und genau diese hat sie mir unter die Nase gehalten und gefragt, ob ich dieses Buch kenne und mir gesagt, dass sie es gerne lesen möchte, egal ob ich es empfehle oder nicht.

Nun denn – jetzt bekommt sie es und ich habe es anfangs verschlungen und zum Ende hin mehr oder weniger durchgeblättert.

In fünf Kapitel mir Vor- und Nachworten hat Matt Haig sein Buch geteilt.

  1. Fallen
  2. Landen
  3. Aufstehen
  4. Leben
  5. Sein

Haig berührt fast durchweg mit seinen Worten. Auf 300 Seiten erzählt er vom Fallen, wie er gelandet ist und wie er es geschafft hat, wieder aufzustehen. Dabei zeigt er, wie wichtig es ist, dass anderen Menschen gerade dann im Leben bleiben, wenn eine Krankheit um sich schlägt. Hut ab vor seiner Freundin und allen Menschen die immer bei ihm waren. So muss es sein. Keine Selbstverständlichkeit – bewundernswert!

Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig
Ziemliche gute Gründe, am Leben zu bleiben ~ Matt Haig

In meinem Umfeld leidet zum Glück keiner an Depressionen. Was diese anrichten können, habe ich nun gelernt. Die Krankheit gilt es ernst zu nehmen. Matt Haig kann inzwischen leben und sein. Ein gutes Gefühl.

Auch wenn Haig mich nicht immer im Buch halten konnte, hat er mich berührt. Vor allem wie der Roman, das Sachbuch, seine Biografie, wie auch immer man es nennen mag, aufgebaut ist, ist genial. Sein Schreibstil ist schon unwahrscheinlich nah und dazu die lockeren Passagen mit trockenem Humor und die schmal bedruckten Seiten, mit Auszügen aus Gesprächen mit seinem damaligen und heutigen ICH – einfach anders und anders gut, um an den Leser heranzudringen. Oftmals sind die kurzen Kapitel mit einem Wort überschrieben und dieses wird dann tiefgründig anhand einer Lebenssituationen beleuchtet. Haig zählt Symptome auf, er erstellt Listen, er gibt Ratschläge und er hat andere Menschen gefragt, warum man am Leben bleiben sollte. Lebensgründe mit Tiefgang.

Die Seiten haben mich wohl mit am meisten berührt – uff…

Das Leben ist bunt und wir müssen es genießen und es wird immer und immer wieder Hochs und Tiefs geben – dazu sind Freunde und Familie da – zusammen halten, egal ob das Leben hell oder dunkelbunt ist. Uns gibt es alle nur einmal – dies hat mir Haig erneut bewusst gemacht. Danke dafür!

Eure
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Bad hair day – good book day!

Crazy day...
Crazy day…

Kolumne 19 & 20/2016: #bookday

Huch – was ist denn hier los? Gibt es nicht immer sonntags einen außergewöhnlichen Beitrag in der Kategorie – Buchwoche – ? Und zwar wöchentlich?

Ja, eigentlich – das kann ich so sagen, aber nun ist es eben mal anders. Anders ist immer gut und verrückt erst Recht. Aber mal im Ernst – was geht denn bei Literatwo? Ist es wahr, dass hier seit einigen Tagen überhaupt nicht mehr gelesen wird? Scheinbar ja, aber das ist nicht schlimm, denn schlimm ist, wenn das Leben hintenan steht und man bei schönem Wetter drinnen sitzt und liest und schreibt, obwohl man nur einmal lebt. Und genauso habe ich es gehalten. Bloggen soll Spaß machen und bloggen macht verdammt viel Spaß, aber wenn die Sonne draußen lacht und das Leben so schön bunt und verrückt ist, dann geht doch das Leben irgendwie doch ein Stück vor, oder? Wie sagte die liebe Julia gestern so schön: wir haben eben auch eine Welt außerhalb der Buchwelt. Andere haben nur ihre Buchwelt.

Ich bin extrem dankbar dafür – Freunde, Familie und Co. was wäre ich ohne euch – und ich habe ja die letzten Tage nicht wirklich ohne Buch verbracht, aber nicht mit dem Buch, mit dem ich die letzten Tage eigentlich verbringen wollte und eben auch nicht am PC. War es schlimm? Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe jede freie Minute genossen und festgestellt, dass es nicht weh tut, wenn ich mich nicht an meine festen inneren Blogzeiten halte, wenn ich nicht sofort PNs beantworte oder auf Facebook poste. Eigentlich gibt es immer dienstags und donnerstags einen umfangreichen Buchartikel, auch Rezension genannt und sonntags buchige Worte über ein Thema, was mir spontan in den Kopf kommt. Es tut nicht weh, wenn man spontan nicht bloggt, so mein Fazit und es fühlt sich gut an. Richtig gut sogar.

Dennoch wollte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich im Schiff weiterlesen wollte. Im Schiff? Guckt mal hier: Strakanische Theseus Lesegefühle Ich habe noch ca. 150 Seiten vor mir und ich werde diese auch ganz sicher lesen und gedanklich kann ich schnell wieder auf dem Schiff Platz nehmen – keine Frage. Aber dieses Buch ist speziell und kann nicht herumgetragen werden, es braucht Ruhe und es will die pure Tiefe und ich glaube, dass dieses Buch genau dann ruft, wenn die richtige Zeit ist. Momentan wäre es falsch darin zu lesen – so meine innere Stimme und auch die sollte man doch ab und an hören.

Sei spontan und scheiß auf den bad hair day, wenn du die liebe Julia (Ruby´s Cinnamon Dreams) treffen kannst. Eigentlich wollte ich schon die Freundschaft kündigen, denn Jule ist überall, aber immer nur kurz in Dresden. Absicht? Grins. Ich muss schon wieder lachen, wenn ich an das gestrige Treffen denke. Es war so typisch wir und so genial und natürlich buchig. Spontan sein – bekommen wir hin, auch wenn alles verdammt knapp war – aber hey – thats life oder? Also fix zum Hauptbahnhof, fix zum Starbucks und fix in den Buchladen und dann fix in den Zug – wir können das, als ob wir das ständig machen. Dabei unterhalten wir uns zum Großteil in Englisch und nehmen uns ohne Punkt und Komma hoch. Es ist grandios. Es ist laut. Es ist lustig. Alle Blicke auf uns – haha. Wir fallen auf. Und ja, die Sache mit dem Buch – wir mussten mal fix zum Pfingstsonntag ein Buch kaufen, denn die Jule reist ohne Buch. Das geht ja mal überhaupt nicht und ein Buchkauf fetzt nur gemeinsam und mit Postkarte, die als Lesezeichen dienen soll. So! Ihr seht, dass wir uns für den Haruki Murakami entschieden haben. Wir tauchen also bald in Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki ein. Yeah!

Bad hair day – good book day – yes, baby!

Der Wahnsinn den man Liebe nennt
Der Wahnsinn den man Liebe nennt

Und nie ohne Buch – klar! – und darum hab ich Julia gleich noch ein Buch mitgebracht. Der Wahnsinn den man Liebe nennt von Clara Römer – Julia kennt das Buch – und wie! Lest mal hier: Achtung Buch.

Warum hab ich ihr dann dieses Buch mitgebracht? Hintergründe sind an dieser Stelle völlig nebensächlich, denn ich habe Geburtstag und zwar heute und genau deshalb könnt ihr heute den Wahnsinn gewinnen. Julia und ich verlosen jeweils ein Buch von Clara Römers Werk. Was ihr tun müsst? Ihr schreibt einfach genau hier unter dem Artikel in den Kommentar, was für euch der Wahnsinn in der Liebe ist. Gibt es für euch überhaupt den Wahnsinn den man Liebe nennt? Wie sieht er aus?

Bis zum 17.05. gegen 20 Uhr habt ihr Zeit, eure Worte hier nieder zu schreiben und parallel eine Mail an literatwo@aol.de mit eurer Adress zu schreiben.

Wir sind gespannt und freuen uns auf eure Worte und nicht nur wir – auch die liebe Clara Römer!

Und jetzt raus mit euch – geht mal was erleben und rockt den Tag! Wie wärs mit einem fixen Fliederklau? 😉 Seid verrückt und vergesst das Buch dabei nicht.

Update – 19.05.2016: Über den Wahnsinn der Liebe darf sich Franzi aka RoseF freuen. Herzlichen Glückwunsch und Danke an alle die mitgemacht haben.

Eure

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So bin ich nicht

So bin ich nicht ~ Anneliese Mackintosh
So bin ich nicht ~ Anneliese Mackintosh

So bin ich wirklich nicht.

„1. 68% sind wirklich passiert.

2. 32% sind es nicht.

3. Ich werde es nie verraten.“

(Seite 5)

Aber hey, bevor du hier weiter liest, möchte ich sagen, dass dieses Buch wohl so ziemlich speziell ist. Ich mag nicht, dass du hier deine kostbare Lesezeit verschwendest, denn du solltest dich schon auf ein paar abgedrehtere Zeilen gefasst machen. Außerdem wird die Ausdrucksweise etwas vulgär und extrem. Gretas Storys sind nicht für jedes Gemüt, wenn ich das mal sachte ausdrücken darf. Ich stehe ja auf Romane, die nicht von dieser Literatur Welt sind. Und das ist gut so. Zumindest für mich. Ich mag das so. Wie? Ja, genauso, wie Anneliese Mackintosh schreibt.

So bin ich nicht (Aufbau Verlag) von Anneliese Mackintosh ist verdammt ehrlich, verdammt offen und verdammt anders. Ich liebe ANDERS!

Bevor ich euch sage, wie sie schreibt, schicke ich euch mal schnell in ein Video von ihr. Video? Geht es hier nicht um Buch? Ja, klar, aber guckt mal:

Unglaublich sympathisch oder?

Kann man bei ihrem Buch lachen? Ohja, auf jeden Fall, denn die Protagonistin Greta (Anneliese Mackintosh?) lebt (überlebt?) mehr oder weniger nur durch ihren Humor. Kann man bei ihrem Buch heulen? Wenn man den Humor überliest, auf jeden Fall. Aber man muss ihn nicht zwangsläufig überlesen, denn geschockt ist man phasenweise so oder so.

Greta will einfach nur ein lebbares Leben. Ja, so kann man das sagen. Sie will Liebe erfahren, das Glück berühren und ein Stück Familie. Achja, und sich selbst natürlich auch. Greta trinkt zu viel, sie will ihre Schwester nicht an den Tod verlieren und sie hätte gern ein normales Verhältnis zu ihrer Mutter. Was gibt es noch zu sagen? Greta ist auf eine gewisse Art und Weise verdammt einsam und sie vermisst ihren Vater. Und dann ist da noch ihre Doktorarbeit.

Die Themen sind tief und oberflächlich, stark und schwach und wild durcheinander. Die Erzählperspektive wechselt, es gibt Briefe, Anleitungen und kurze Lebensausschnitte die für Leser nicht gleich zu verarbeiten sind.

Und was passiert davor und danach und mittendrin? Ist das nicht genug?

So bin ich nicht ~ Anneliese Mackintosh
So bin ich nicht ~ Anneliese Mackintosh

Mackintosh schreibt vielleicht nicht ganz so extrem wie Ilaria Palomba – Tu dir weh – aber mindestens so frisch wie Lena Dunham – Not that kind of girl – und so in der Art wie Jenny Lawson – Das ist nicht wahr, oder? – und irgendwie auch wie Ronja von Rönne – Wir kommen

Eine Mischung die es sich zu lesen lohnt. Aber es ist eben speziell und ich mag es speziell. Ich kann mit Worten wie ficken umgehen, ich kann mich mit extremen Situationen gekoppelt mit Alkohol, Drogen und Sex auseinander setzen. Aber wie sieht das mit euch aus? Wenn nicht, dann lasst die Finger davon. Wer allerdings kein Problem damit hat, aber vor dem Wort „Storys“ zurück schreckt, den kann ich ruhig stellen. Die „Geschichten“ sind alle miteinander verbunden, sie sind ja auch aus einem Leben, also im Grunde ist es ein Roman mit Kapiteln in denen immer mal hin und her gesprungen wird.

Kostprobe gefällig?

„Ich beschloss, ihr nicht zu erzählen, dass ich bei sieben verschiedenen Dating-Websites angemeldet war, dass ich nachts im Wald Lachgas ausprobiert und eine 60 Pfund teure Ladung Koks weggeputzt hatte, dass ich mit zwei Lesben und mit einem Schwulen im Bett gewesen war und mich jede Nacht in den Schlaf weinte.“ (Seite 8)

So in dem Stil füllt Mackintosh die Seiten über Greta. Ein labiler Charakter wird uns präsentiert, der noch keinen Ruhepol gefunden hat und wie ein kleines Boot auf offenem Meer im Sturm hin und her treibt. Sie ist extrem, sie ist mutig, sie ist schwach und ihr Verhalten ist mehr Trug als Schein. Sie versteckt sich hinter einer gut ausgebauten Fassade und lebt den Galgenhumor aus. Mir ist sie ans Herz gewachsen, da sie mich mit ihrer Art berührt hat.

Sie ist sensibel und stark und schwach und hart zu gleich. Sie lässt sich vom Leben ficken und wurde vom Leben gefickt. Und doch – Greta lebt und liebt und probiert sich aus. Ein mehr als ehrliches Buch, ihr werdet es merken. Mein Lesen haben die Worte der Autorin noch mehr verstärkt und vielleicht kann nicht jeder von uns jede Stelle im Buch nachvollziehen, weil er von der Materie zu weit weg ist. Aber andere Stellen können umso mehr verstanden und verinnerlicht werden.

Denn…sind wir nicht alle ein bisschen Greta?

„Jede Begegnung ist eine Gelengeheit, sich selbst neu zu erfinden.“ (Seite 205)

Eure
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180° Meer ~ Sarah Kuttner

180° Meer ~ Sarah Kuttner
180° Meer ~ Sarah Kuttner

180° Meer (S. Fischer Verlag) von Sarah Kuttner wurde mir von meiner lieben Buchhändler-Moni schmackhaft gemacht. Irgendwann konnte ich nicht mehr widerstehen und habe es letztendlich gelesen. Begeisterung soll man teilen und es gibt doch nichts Schöneres, als sich intensiv über ein gelesenes gutes Buch auszutauschen – richtig?

Leider konnte sich Moni aus zeitlichen Gründen nicht mit mir ans literatwoische Lagerfeuer setzen. Dafür hat sich die liebe Mareike vom Blog Herzpotenzial dazu gesellt und sich mit mir über die „Kuttner“ ausgetauscht. Wir wollen euch kein Wort vorenthalten, also nehmt Platz. Keine Angst – wir spoilern nicht, also macht es euch richtig bequem und dreht euch 180° zu uns. 😉

180° Grad Meer – mein erstes Buch von Sarah Kuttner. Meine Freundin Moni hat mich mit ihren Worten angesteckt und auch du, liebe Mareike, hast dazu beigetragen, dass ich auf der Buchmesse in Leipzig letztendlich schwach geworden bin. Ich habe mich um 180° gedreht und das Buch recht schnell gelesen und freue mich nun, auf regen Austausch mit dir. Die erste Fragen, die mir gleich nach der letzten Seite durchs Leserhirn getrieben ist – Was sagst du zum Ende?

Für mich war es ebenfalls das erste Buch von Sarah Kuttner. Die anderen Bücher hatten mich allein optisch schon nicht angesprochen. Dieses hier wirkt schon vom Cover her ruhiger, reifer und irgendwie tiefer. Das ist wohl das Meer auf dem Cover, das schon Vieles vorausdeutet.

Das Ende finde ich unheimlich konsequent, die Wut, die Jule im ganzen Buch in sich trägt, ist auch hier da. Sie wird nicht urplötzlich – wie durch ein Wunder – ein anderer Mensch. Sie ist nicht der Typ, der vergibt und verzeiht und allen ein zart-verzeihendes Lächeln schenkt. Sie ist wütend bis in die letzte Faser, auch am Schluss, als man eigentlich andere Reaktionen erwartet. Ich finde es gut, dass Sie sich nicht hinter Konventionen versteckt. Und dann kommt ganz am Schluss doch eine kleine, zarte Wende, die nicht alles in ein anderes Licht stellt, aber eine kleine Brücke baut. Dinge etwas begreiflicher macht. Alle Figuren haben weiterhin ihre Fehler und doch spürt man plötzlich die Verbindung. Das ist schön und hat mich sehr berührt.

180° Meer ~ Sarah Kuttner
180° Meer ~ Sarah Kuttner

Ich habe „Mängelexemplar“ hier liegen. Es sieht auf jeden Fall noch nicht so reif aus. Dennoch – der Film erscheint bald. Wirst du es bis dahin lesen, wirst du ins Kino gehen?

Maike war sehr begeistert von „Mängelexemplar“ und deshalb werde ich es sicherlich irgendwann lesen – oder den Film gucken, wenn es im Fernsehen läuft. Ich denke nicht, dass ich dafür ins Kino gehe und direkt vor einem Kinofilm lese ich nie das Buch. Ich denke, wenn Buch und Film zeitlich zu nah beieinander liegen, dann kann der Film gar nicht gut abschneiden. Es kommt viel häufiger vor, dass ich erst den Film schaue und wenn er mir gefallen hat, dann greife ich zum Buch. 😉

Wie ist das bei dir? Erst Film oder erst Buch? Willst du in den Film gehen?

Das kommt irgendwie immer drauf an. Eigentlich immer zuerst Buch. Mir fehlt dann wohl auch die Zeit dafür, nach einem Film in ein Buch zu tauchen. Zudem sind dann die Bilder vom Film übermächtig und die eigenen Kopfbilder können sich nicht zeigen. Mängelexemplar reizt mich schon lange – aber der Film wird wohl die Überhand haben, aus heutiger Sicht. Das Buch behalte ich dann trotzdem, als Erinnerung an den Kinoabend. 😉

Zurück zu „180° Meer“.  Den Titel mag ich sehr.  Mir gefällt auch das Cover – aber das liegt wohl auch an dem Grün. Ich liebe dieses grün. Hast du mal den Umschlag abgemacht? Wie das darunter strahlt – so frisch, so frühlingshaft, so gefühlig. Aus meiner Sicht passt das grün zu Protagonistin Jule. Findest du auch?

Das Grün ist wirklich frisch und ungewöhnlich. Ich muss dir aber jetzt ein Geständnis machen: Ich hasse Grün 😉 Tatsächlich meine persönliche Hassfarbe. Irgendwie finde ich sie unangenehm und auch hier auf dem Buch drückt sie für mich eher all das aus, was nicht gut in Jules Leben läuft – und dann kommt das Meer. Der Titel ist toll und mich hat es gefreut, dass er tatsächlich immer wieder im Buch aufgegriffen wurde. Ein Titel, der sich nicht nur gut anhört, sondern auch wirklich eine Funktion im Buch hat. Das gibt es viel zu selten.

Es ist ja Jules absolute Liebe, das Meer 180° ungebremst durch Häuser oder Menschen vor sich zu sehen. Nur das reine, weite Meer – am liebsten ein wenig düster und rau, kühl und nicht zu gefällig.

Das passt auch zur Sprache des Buchs, oder?

Auf jeden Fall. Das sich der Titel durchs Buch zieht, mag ich ebenfalls.

Ja, und nicht nur die Sprache – der ganze Inhalt ist rein und weit und rau und kühl – wie das Meer. Die Worte sind wie das Meerwasser – sie kommen langsam, sie kommen schnell und dann kommen sie so heftig und stark, wie eine hohe Welle und schon findest du dich darunter begraben wieder. Auch die Worte von Autorin Sarah Kuttner sind stellenweise sehr salzig und schmecken nach wildem Strudelwasser. Ihre bildhafte Sprache zeigt uns Lesern Ebbe und Flut. Das du kein Grün magst, ist ja „witzig“– wir sind hier völlig verschiedener Meinung – in Sachen Literatur sprechen wir aber eine Sprache, wie es scheint.

180° Meer ~ Sarah Kuttner
180° Meer ~ Sarah Kuttner

Das Meer – hach, ich liebe es und freue mich auf den diesjährigen Ostseeurlaub. Das Buch hätte ich eigentlich erst dort lesen sollen. Ich habe es drinnen gelesen – und du? Wie sah deine Umgebung – 180° aus?

Ich lebe ja in Hamburg, Wasser ist also allgegenwärtig. Wusstest du, dass Hamburg mehr Brücken als Venedig und Amsterdam zusammen hat? Nun, ich las das Buch oft im Zug auf dem Weg zur Arbeit und habe dabei viel aufs Wasser geschaut, wenn ich am Hafen vorbeikam oder über eine Brücke fuhr. Der Drang, in diesen Momenten aufzuschauen, war wohl noch nie so stark, wie bei diesem Buch. Du hast vermutlich recht, dass man das Buch vielleicht am Meer lesen sollte – aber nicht im Sommer! Es ist kein Buch für Sonnenschein und Hitze. 

Welche Stelle im Buch hat dir besonders gefallen? Hast du ein für dich besonderes Zitat markiert?

Ich mochte ihre Annäherung an den vernachlässigten Hund besonders. Die beiden eher beziehungsgestörten Wesen, die auf ihre sehr eigenartige Weise langsam und mit kleinen Rückschlägen zueinanderfinden fand ich besonders eindrücklich. Keine andere Beziehung im Buch zeigt so sehr ihre stetige, wenn auch langsame Weiterentwicklung, ihr Reifen. Der Hund ist abhängig von ihr und doch kann er ihr jederzeit in die Hand beißen – das ist wohl die harte, nackte Wahrheit über die Liebe: Vertraust du ihr zu sehr, beißt sie zu.

Ich muss gestehen, dass ich eigentlich kein Zitatmarkierer bin. Mich interessieren „herausgerissene“ Sätze nicht so sehr wie die Geschichte an sich. Ich mag den Fluss der Sätze, den Rhythmus, der eine Geschichte treibt. Wenn ich alles um mich herum vergesse und voll im Kopfkino bin, nehme ich einzelne Sätze gar nicht als solche wahr. Wie ist es bei dir? Welches Zitat hast du dir markiert?

„Herausgerissen“ – irgendwie hast du da Recht. So habe ich Zitate noch nie betrachtet. Danke für den Denkanstoß. Ich markiere immer und immer wieder. Dabei sind es nicht nur Sätze, die mich besonders beeindrucken und mit dem Buch in Verbindung stehen, sondern auch Sätze, die ich mit mir und meinem Leben verbinde. Die Markierungen kommen ganz spontan und manchmal, wenn ich Jahre später in bestimmten Büchern blättere, erinnere ich mich dadurch an damalige Situationen, Begegnungen etc. Wenn du dir meine Ausgabe von 180° anguckst, findest du, wenn ich mich auf die Schnelle nicht verzählt habe, 20 knallgrüne Postits. (siehe Foto) Wenn du diese Stellen nachliest, wirst du nicht immer verstehen, warum mich gerade die Sätze bewegt haben. Es sind sozusagen meine Lebensweggedanken, Lebenswegempfindungen, die ich während des Lesens hatte.

180° Meer ~ Sarah Kuttner

Um ein Zitat zu nennen, gleich von der ersten Seite, von Seite 11:

„Meine Präsenz fühlt sich an wie ein Kuss von jemandem mit schlechtem Atem, der sich aber gerade eben die Zähne geputzt hat: eine irritierende Nuance unter neutral.“ (Seite 11)

Wie findest du dieses Zitat? Mich haben die Worte beeindruckt. Dieses spielen mit Bildern im Kopf des Lesers. Ich habe innegehalten, mir das Gelesene bildlich vorgestellt und gedacht, dass ich gern ab und an genau solche Sätze schreiben würde. Hattest du auch solche Momente in denen du so dachtest?

Ja, tatsächlich hab ich mich auch recht häufig dabei erwischt, dass ich dachte: Wow, Sarah Kuttner findet Worte für Gefühle, die ich ziemlich gut kenne. Die Sätze könnten von mir stammen. Ich fand sie bisher eher mäßig sympathisch, doch dieses Buch und seine  Bilder haben mich ihr doch näher gebracht. Wer solch kraftvolle und stimmige Bilder in sich hat, beeindruckt mehr sehr.

Lass uns über ihre Familie sprechen: Wie sieht du ihre Beziehung zum Vater. Dieser hat ja früh die Familie verlassen und die depressive Mutter mit den beiden kleinen Kindern allein gelassen. Ist er für dich der Böse in der Geschichte oder wird er für dich mit der Zeit greifbarer?

Eine Frage, die man wohl nicht so einfach beantworten kann. Zuviel verraten mag ich auch nicht, aber ich muss sagen, dass er mir natürlich am Anfang total unsympathisch war. Aber so sind wir Menschen – wir bekommen eine Information, die nicht der „Norm“ entspricht und schon fällen wir ein kleines Urteil. Richtig? Ich bin zum Glück kein Trennungskind und kann die Situation nur von außen bewerten. Ob er der Böse ist – er hatte seine Gründe und im Laufe der Geschichte werden diese sichtbar – ich mag es nicht sagen. Greifbarer wird er auf jeden Fall. Auch er ist kein einfacher Charaktertyp, aber ein interessanter, der mich neugierig machte.

Ja, das finde ich auch. Er wird greifbarer und etwas verständlicher. Doch insgesamt finde ich, dass Sarah Kuttner ihre Figuren nicht „erklärt“, alle vielleicht in ihrer Komplexität gar nicht vollends begreifbar machen möchte. Sie gibt Einblicke in deren Seelenleben, doch so wie im richtigen Leben wird man das Gegenüber nie vollkommen verstehen können. Literarisch gesehen finde ich es sehr mutig, die Figuren dem Leser nicht komplett zu offenbaren, sondern ihren ihre eigenen Geheimnisse zu lassen. Vielleicht gibt es auch nicht für jedes Verhalten, für jeden Fehler eine genaue Erklärung. Das gefällt mir unheimlich gut. 

180° Meer ~ Sarah Kuttner
180° Meer ~ Sarah Kuttner

Um bei Familie zu bleiben – Jule flieht zu ihrem Bruder Jakob nach England. Ein Ausbruch aus dem Leben – ein Schnitt quer durch den Alltag. In England hat Jule keine Pflichten, sie kifft, sie raucht, sie ist frei und muss sich keinen unangenehmen Worten stellen. Findest du die Flucht feige? Ist kiffen und rauchen die neue Freiheit? Waren dir bestimmte Situationen zu viel oder einfach passend?

An dem vielen Kiffen habe ich mich persönlich etwas gestört – bin ich spießig? Sie entzieht sich eh schon vielen Verantwortlichkeiten, lebt in den Tag hinein. Zu ihrem eher ziellosen Treiben passt kiffen vermutlich ziemlich gut. Es soll wohl eine gewisse Lockerheit und Lässigkeit ausdrücken. Vielleicht eine Form von trotziger, jugendlicher Rebellion, die übrig geblieben ist? Ich persönlich könnte mich nie aus aller Verantwortung so herausstehlen, einfach fliehen und Probleme aussitzen, doch Jule ist authentisch. Ihr Fluchtmechanismus ist tief mit ihrer Kindheit verbunden, sie muss so reagieren, kann gar nicht konkret werden – bei ihrer Familiengeschichte kein Wunder. Ich fand es logisch, wenn auch nicht immer sympathisch, wie sie sich verhalten hat. Doch muss eine Protagonistin immer genauso handeln, wie man es mag oder erwartet?

Nein – eben nicht. Es ist doch gerade für uns Leser schön, wenn eine Protagonistin anders handelt, als erwartet. Das Kiffen gehört zu Jule dazu, das Abhängen auf dem Balkon, das Herumschlendern mit dem Hund – aber alles das ist auch ein Stück große Freiheit – zumindest ab und an und in meiner Gedankenwelt. Einfach mal raus – aber zurückkehren sollte man schon und das in absehbarer Zeit.

Gab es eine Stelle, in der dir ihr Verhalten zu viel wurde?

Vor allem zum Ende des Buches. Da brodelte ihr verdammter Hass immer und immer mehr hoch. Ich hätte sie gern mal angebrüllt und ihr gesagt, dass sie mal die Augen aufmachen soll. Und doch kann ich Jule verstehen…

Vielen Dank für das literatwoische Lagerfeuergespräch, liebe Mareike und Danke fürs Lesen an dich!

Eure
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Literalinks

Literalinks
Literalinks

Kolumne 18/2016: #Literalinks

Es ist Sonntag und die Sonne lacht. Also raus mit dir und mir und überhaupt. Schnappt euch das Buch, was gerade neben euch liegt und macht es euch auf der grünen Wiese bequem. Welches Buch liegt da eigentlich gerade neben euch?

Die Sonne lacht bei euch nicht so schön, wie in Dresden? Ihr habt einen wolkigen Himmel aus dem es immer mal wieder nass tropft? Oder müsst ihr drinnen bleiben, weil es gerade nicht anders geht? Dann macht es euch auch gemütlich und genießt den Tag durch und durch und klickt euch ab und an ein wenig durch die Literaturseiten im Netz.

Mir kam gerade die Idee, euch mal mit durch meine persönlichen Literalinks zu nehmen und heute am Sonntag mal zu gucken, was auf anderen literarischen Blogs passiert. Ich habe mich lange nicht mehr intensiv mit meinen Literalinks auseinander gesetzt und die Liste könnte mal wieder eine Aktualisierung brauchen. Was meint ihr? Bevor es aber kritisch wird, lasst uns mal gemeinsam schauen.

Den Anfang macht die liebe Sandra vom Blog Büchernische. Schon zu Beginn fällt auf, wie herrlich bunt, freundlich und harmonisch es bei ihr ist. Die Farben verlocken und laden zum Lesen und Stöbern ein. Ihr verspieltes Logo ist ebenso detailreich, wie die Fotos, die ihr in den Artikeln findet. Bei ihr gibt es auch eine Kindernische und eine Kreativnische zu finden – also klickt euch hin und verweilt zwischen ihren Worten und Bildern. Ein Besuch lohnt sich immer. Ich fühle mich bei ihr auf dem Blog sehr wohl.

Jetzt wird es blubbrig, denn die nächste Bloggerin, die wir heute besuchen, ist die liebe Blubber-Anka mit ihrem Blog Ankas Geblubber. Anka nimmt euch nicht nur mit nach Afrika, sie zeigt euch auch gern ihre buchigen Wände und sie springt auch gern von Buchblog zu Buchblog, wie ihr in ihrem letzten Artikel sehen könnt. Anka ist bekannt dafür, dass sie gern mal ein verrücktes Video, abseits vom Buch, dreht. Guckt mal bei ihr vorbei – zuletzt war sie im Kaufrausch.

Jetzt wird es flatterig. Lasst uns mal einen Besuch bei der lieben Karin abstatten. Sie schwärmt auf Buchgefieder gerade vom Vorlesen und zeigt uns weitere ehemaligen Flugbegleiter. Bei Karin findet ihr wöchentlich ein Foto und ein Motto und sie schreibt ihre Gedanken dazu nieder und lädt euch zum Innehalten und Nachdenken ein. Karin ist aber nicht nur buchig unterwegs. Das wusstet ihr nicht? Dann guckt euch mal die Kleckerbissen an.

Buzzaldrins heißt Maras Buchblog – ich denke ihr wart bestimmt schon mal bei ihr. Nicht? Dann lasst euch mal von ihr bebüchern. Springt am besten direkt in ihren Artikel über Bücher, denn Mara zeigt euch eine schöne literarische Sammlung.

Ihr sucht Lesetipps zum Sonntag? Dann seid ihr im Bücherkaffee genau richtig. Ich schaue gerade gern dort vorbei, denn die Mischung der Bücher machts. 4 Rezensenten – 4 Bücher – 4 Meinungen – kurz und gut -.

Weil die Realität stört – geht mal zur lieben Lotta. Auf ihrem Blog Lottas Bücher findet ihr gegliederte Besprechungen. Bitte was? Lotta hebt ihre Meinungen ganz speziell hervor und geht systematisch auf verschiedene Kriterien ein. Schreibstil, Charaktere, Verlauf und Ende werden beleuchtet – natürlich ohne zu spoilern. Geht mal gucken!

Ruhig, gediegen und sehr ausgewählt – das findet ihr bei der lieben Klappentexterin. Bei ihr findet ihr immer ein gutes Buch, was gerade nicht in aller Lesermunde ist, aber unbedingt gelesen werden sollte. Wie wäre es mit „Gewinnende Verlierer“? Nie gehört? Dann schaut euch schnell um und versinkt zwischen den Worten.

Simone findet ihr schreibend auf Papiergeflüster. Sie selbst greift gern zum ungedruckten Buch und liest elektronisch. Ihr wollt was auf die Ohren? Dann hört in den Podcast rein. Papiergeflüster findet ihr auch als Buch. Lasst euch was von der Buchhändlerin flüstern!

Ihr könnt die Kekse rausholen, denn es darf gebröselt werden. Daniela ist mit ihrem Blog Brösels Bücherregal zurück und lässt euch an ihren Buchentdeckungen teilhaben. Bei ihr schaue ich gern vorbei, denn die Buchkekse dürfen nicht verpasst werden.

Auf in den Tintenhain zur lieben Mona. Warum gerade dahin? Weil Mona gern mal thrillert, fantastische Seiten vorstellt oder sich dem Kinderbuch widmet. Sie wendet sich einfach liebevoll der Literatur zu und zeigt uns, was sie neues im Regal hat. Immer wieder anders gut. Passt auf die Tinte auf.

Jetzt wird es chaotisch. Chaotisch fetzt aber, darum guckt mal zum Literaturchaos rüber. Kerstin zeigt euch, was hinter ihrem Chaos steckt und ihr werdet auf jeden Fall bei den Neuigkeiten fündig – glaubt mir.

Ab auf die „Geschichtenwolke„! Kinderbücher und Bilderbücher könnt ihr bei der lieben Miri finden. Bei ihr gibt es den Lesestoff für die Kleinen und Miri steht beratend zur Seite, falls ihr ein ganz spezielles Buch aus dem Genre sucht. Mein absoluter Lieblings-Kinderbuch-Blog.

Habt ihr euch durch meine Literalinks geklickt? Konntet ihr für euch neue Blogs entdecken? Welche Blog sollte ich noch in meine Liste aufnehmen? Her mit euren Worten – ich bin gespannt.

Eure

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