Monat: Mai 2018

Mädchen in Scherben ~ Kathleen Glasgow

Mädchen in Scherben ~ Kathleen Glasgow ©Buchcover/S. Fischer Verlag

Mädchen in Scherben – den Jugendroman von Kathleen Glasgow habe ich nicht nur gemeinsam mit Anne gelesen, sondern wir haben auch darüber gesprochen. Ein außergewöhnliches Buch mit einem sensiblen Thema. Unsere Worte möchten wir dir nicht vorenthalten, spoilerfrei natürlich, also mache es dir hier am literatwoischen Lagerfeuer bequem.

Ganz spontan fragte ich Anne, ob das Buch nicht was für sie wäre und die liebe Sibylle vom Fischerverlag fand die Idee einer gemeinsamen Aktion großartig. Warum aber ausgerechnet Anne, wieso ich an sie denken musste – das erzählt euch Anne gleich selbst.

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Die Kostbarkeit des flüchtigen Lebens ~ Philippe Claudel

Die Kostbarkeit des flüchtigen Lebens ~ Philippe Claudel

Wenn man positive Erfahrungen gemacht hat, möchte man die natürlich gern wieder machen. Als ich also davon erfuhr, dass von Autor Philippe Claudel ein neues Buch erscheint, wusste ich, dass ich es unbedingt haben muss. Vor Jahren hat er mich mit „Monsieur Linh und die Gabe der Hoffnung“ berührt. Nun wollte ich mich erneut berühren lassen und vor allem intensiv die Kostbarkeit des Lebens spüren. Das ich noch intensiver über mich selbst nachdenken werde, meine Umwelt neu beleuchten und so einige philosophische Fragen durch mein Leserhirn kreisen werden, merkte ich während des Lesens. Ein Roman über tiefe Freundschaft der das Herz erblühen lässt. Frauen und die Krankheit namens Krebs kommen ebenso darin vor.

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Das Mädchen, das in der Metro las ~ Christine Féret-Fleury

Das Mädchen, das in der Metro las ~ Christine Féret-Fleury

Liest du gern in der Metro oder in der Bahn? Also ich fahre eher selten mit der Bahn, wenn ich allerdings mal die Möglichkeit habe, trage ich selbstverständlich ein Buch bei mir. Das ist jetzt sicher nicht verwunderlich. Was ich aber bald noch viel besser finde, ist, andere Fahrgäste zu beobachten. Ja, ich versuche recht unauffällig den Buchtitel zu erspähen oder gehe auch gern das ein oder andere Gespräch ein, wenn es sich ergibt und der Leser auch dazu Lust hat. Wenn ich selbst lese, dann bin ich eher tief versunken und schotte mich etwas ab.

Juliette kennt inzwischen die Strecke der Metro, denn sie fährt an Wochentagen zwei Mal damit, um zum Job oder eben nach Hause zu kommen. Sie liest zwar für ihr Leben gern, allerdings schaut sie lieber, was die anderen Fahrgäste lesen. Diese kennt sie inzwischen schon so gut wie die Strecke, denn nicht nur der Mann mit dem grünen Hut, auch die Frau und das Mädchen fahren regelmäßig in der Metro mit und ihre Gesichter spiegeln die Emotionen aus den Büchern. Egal ob Kochbuch oder Insektenbuch oder der ganz normale Schmöker. Bücher verändern und bringen uns in andere Welten und lesende Menschen zu sehen, tut fast so gut wie selbst zu lesen.

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DSGVO – 5 Buchstaben die den Blog bedeuten

DSGVO – Datenschutzerklärung

Am 25. Mai tritt die gefürchtete DSGVO – Datenschutz-Grundverordnung – in Kraft. Hast du Angst? Bist du auch ein kleiner privater Blogger der eigentlich nur bloggen mag und von IT nicht wirklich Ahnung hat und die 5 Buchstaben fürchtet? Ich zähle mich dazu und ich habe auch Angst, aber ich bin gekommen um weiter zu bloggen. Ob im Job oder auf sozialen Kanälen – überall blitzen die Hinweise und Meinungen und Ratschläge zur DSGVO auf. Doch noch viel mehr lese ich, dass so viele aufhören – ihren Blog abschalten, offline gehen, vorerst untertauchen. Und was willst du machen? Das habe ich mich gefragt und die Antwort hat nicht lange auf sich warten lassen. Ich sammle Mut, ich bleibe und DANKE an dieser Stelle allen Freunden und Bekannten, die mich unterstützen und sich meinen nervigen Fragen stellen.

Was habe ich getan? Ich möchte es dir hier in Stichpunkten mal verraten und freue mich, wenn du mir in den Kommentaren erzählst, was du getan hast, vielleicht wissen magst und mir noch raten würdest. Okay?

  • Ich habe mich im Netz ganz viel belesen – vor allem bei Gedankenglas – den Tipp habe ich von Janine (Frau Hemingway) bekommen
  • Cookie-Hinweis eingerichtet
  • SSL-Verbindung dazu gekauft und richtig eingebunden (Danke Thomas!)
  • Newsletter /Emailabo ausgeschaltet
  • Plugin Remove IP und Remove Comment IPs installiert – ich speichere überhaupt KEINE IP-Adressen mehr
  • Impressum erneuert
  • diverse Widgets mit Folgebuttons deaktiviert
  • Jetpack deaktiviert
  • WP GDPR Compliance eingerichtet
  • Datenschutzerklärung erstellt -> Dr. Schwenke
DSGVO – Datenschutzerklärung

Das war es auch schon und mit Recherche und dem ganzen dazugehörigen Kram habe ich bestimmt um die 5 Stunden zugebracht.

DSGVO – bereit?

Tja, keine Ahnung, ob ich an alles gedacht habe und ob der Blog jetzt so passt und ich mich wieder dem „einfach nur über Bücher & Literatur schreiben“ beruhigt widmen kann. Ich versuche es einfach mal und bleibe natürlich am Ball und halte Augen und Ohren in den sozialen Netzwerken offen.

Kannst du mir noch Tipps geben? Hast du positive/negative Kritik für mich? Bist du noch online?

Eure
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Mausmeer ~ Tamara Bach

Mausmeer ~Tamara Bach

Es gab eine Zeitlang hier auf meinem Blog fast nur Jugendbuchempfehlungen. Der Hauptgrund war schlicht und ergreifend, dass die Jugendromane oftmals viel mehr Tiefgang hatten, als Gegenwartsromane und zudem auch lockerer, realer, unverstaubter. Es war einfach so, ich surfte lesend eben auf der Jugendbuchwelle. Eine Welle ist nicht endlich und die Literatur ist wahnsinnig vielseitig und obwohl ich keine schlechten Erfahrungen machte, fand ich mich mitten im Gegenwartsliteraturdschungel wieder und fühlte mich wohl. Und jetzt?

Scheinbar bin ich gerade in einer Phase in der ich auf und ab tauche und fröhlich hin und her springe. In Leipzig auf der Buchmesse habe ich Tamara Bach auf dem Carlsen-Bloggertreff kennenlernen können. Erst wurde die Autorin ein wenig interviewt, dann hat sie gelesen, später ein Foto mit mir gemacht, kurz geplauscht und am Ende gab es noch eine schokoladige Überraschung – passend zum Buch, versteht sich.

Tamara Bach lässt gleich zu Beginn spüren, dass ihr Buch nicht zu denen gehört, die man aufschlägt, regelrecht durchfliegt und schwupps die wupps ist man fertig. Nein – sie fordert, sie provoziert uns Leser regelrecht damit, einige Sätze zweimal zu lesen. Wollen wir das? Ohja – auf jeden Fall, denn „Mausmeer“ (Carlsen Verlag) knistert gleichmäßig geheimnisvoll und spricht auch ein wenig in Rätseln, so möchte ich es nennen. Strandlektüre sieht anders aus, ich empfehle dir eher die Bank an einem Teich oder See.

Gedankenstrom statt Ich-Perspektive

Bevor ich dir mehr erzähle, bekommst du fürs Gefühl einfach mal die ersten Sätze – okay?

„Er sagt „Hey“, sagt es laut.

Ich bin wach. Ich mache die Augen auf und er fragt: Bist du wach?“ Er macht das Licht an, sitzt neben meinem Bett.

Zappelt.

Ich muss blinzeln, zu hell.

„Ich bin durchs Fenster geklettert“, sagt er.“

(Seite 5)

Mausmeer ~Tamara Bach

Und? Was sagst du? Tamara Bach bringt uns durch ihren Erzählstil wahnsinnig nah an die Geschwister Ben und Anni. Sie wählt nicht die einfache Ich-Perspektive, sondern lässt uns im Gedankenstrom treiben. Für mich eine ganz neuartige Erfahrung. Anfangs noch verwirrend, dann immer klarer werdend und letztendlich fühlt sich dieser Stil recht normal an und öffnet gleichzeitig neue Blickwinkel.

Bist du schon neugierig oder soll ich doch noch ein paar Worte über den Inhalt verlieren?

Tamara Bach schreibt nicht über eine Liebesbeziehung, sondern über die Geschwister Anni und Ben, das Erwachsenwerden und nervige Eltern und natürlich über Entscheidungen die an bestimmten Lebensabschnitten getroffen werden müssen. Der Geruch von Opas altem Haus soll die Kindheit ein wenig auferstehen lassen – es ist Ostern, die Eltern sind im Urlaub und Ben entführt seine Schwester in die Einöde, um endlich mit ihr reden zu können. Die Geschwister sind wie Tag und Nacht, wie hell und dunkel, wie warm und kalt – es gibt kaum eine Verbindung und Ben muss und will Anni so viel sagen, ihr wieder näher sein.

Mausmeer

Bist du eher der Typ der die Schule geschmissen hat, einfach raus und frei sein will oder bis du eher der Typ der studiert und auf den man sich verlassen kann? Kleiner Bruder oder große Schwester?

Mit beiden Charakteren konnte ich mich persönlich gut identifizieren, auch wenn ich sie mir vor meinem inneren Auge nicht vorstellen konnte. Aber braucht es ein Bild, wenn es Gefühle gibt und Reibungspunkte die tief wirken?

Die Autorin gibt uns Lesern sehr viel – sie präsentiert uns keine Geschichte die wir gut oder schlecht finden können, sie zieht uns eher genau dazwischen und klopft parallel unsere Gedanken ab, welche das Buch intensivieren. 140 wuchtige Seiten mit kurzen Sätzen die nicht immer leicht zu lesen und sogar manchmal verdreht sind. Doch letztendlich ergeben die Perspektivwechsel, der Stil und natürlich der Inhalt ein ganzes Puzzle.

Der Sprung ins Mausmeer braucht Mut, da er sich erst kalt anfühlt. Doch es mangelt nicht an Luft, das Wasser ist klar und das Auftauchen ist besonders. Trau dich!

Eure
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Die Herzlichkeit der Vernunft ~ Ferdinand von Schirach Alexander Kluge

Die Herzlichkeit der Vernunft ~ Ferdinand von Schirach & Alexander Kluge

„Die Herzlichkeit der Vernunft von Ferdinand von Schirach & Alexander Kluge“ (Luchterhand) habe ich zuletzt mit dem Buchclub gelesen. Ich gebe zu, dass ich über die Buchwahl nicht begeistert war und schon auf der Buchmesse in Leipzig habe ich von dieser „tollen Wahl“ begeistert erzählt. Hach – dieser Titel wird wohl mein Jahreshighlight. (Achtung Ironie)

Jetzt wirst du erstaunt sein, wenn ich dir das Sachbuch sogar ans Herz lege, stimmts? Was? Ist das dein Ernst? Ja, ist es und ich bin immer noch begeistert von den tollen Gesprächen, die ich mit anderen führen konnten. Total genial, durch und durch. Am Ende wirst du merken, dass es wirklich lohnenswert ist, ab und an außerhalb der Buch-Komfortzone zu lesen. Der Blick über den buchigen Tellerrand lohnt tatsächlich.

Kluge & von Schirach

Der Griff zum Buch ist nicht schwer, denn das kleine Format ist gut griffig und schreckt nicht ab. Keine 200 recht grob bedruckten Seiten sind zu lesen und das richtig Gute ist, dass die Gespräche zwischen Alexander Kluge & Ferdinand von Schirach nur selten trocken sind. Vielleicht ist der Teil mit Sokrates ein wenig öde, dafür reist es aber der Teil über Kleist raus. Die beiden sprechen über Voltaire und sehr aktuell über Politik und Terror. Ein recht breites Feld und immerhin habe ich 22 Klebezettel im Buch zurück gelassen, die mich an den Inhalt erinnern sollen. Welche Stellen sind das eigentlich und was ist nach dem Lesen hängen geblieben? Das Kleists „Findling“ heute als „Flüchtling“ bezeichnet werden würde. (Kluge/Seite 75)

Außerdem habe ich markiert:

„Wir können dem anderen unsere Meinung nicht aufzwingen, weil wir uns nicht sicher sind, dass sie die Richtige ist.“ (Schirach/Seite 70)

„Literatur ist kein Abbild der Wirklichkeit. Es ist eine eigene Wahrheit.“ (Schirach/Seite 78)

„Wir haben nur das Staunen verlernt. Vielleicht ist das der Preis der Aufklärung und der Vernunft.“ (Schirach/Seite 143)

„“Je pense, donc je suis“, ich denke, also bin ich. Auch das ist eine Form von Freiheit, vielleicht ist es sogar unsere einzige.Es ist die Freiheit in unserem Kopf.“ (Seite/Schirach 171)

Fällt dir auch auf, dass die Zitate alle von Schirach sind? Schirach ist poetisch, spricht viel – Kluge ist eher der Impulsgeber. Gern hätte ich über ihn mehr erfahren, aber er bleibt sachlich, unnahbar und wird keineswegs privat.

Die Herzlichkeit der Vernunft ~ Ferdinand von Schirach & Alexander Kluge

Herzlichkeit & Vernunft miteinander verschmelzen lassen, in einem Buch, im Gespräch – gesagt, getan und ein mehr als gelungenes Experiment aus dem ich für mich viel mitgenommen habe. Natürlich habe ich das enzige farbige Bild – eines der letzten Fotos der Voyager 1 von 1990 – welches im Sachbuch zu finden ist, kritisch betrachtet. Die Krönung wäre natürlich, live bei den Gesprächen zwischen Kluge und von Schirach dabei gewesen zu sein. So hätte man sich gleich einschalten, nachfragen und eigene Ansichten preisgeben können.

Vernunft & Herzlichkeit

32 Jahre trennen Kluge und von Schirach, intellektuell ist kein Unterschied spürbar – hättest du das gedacht? Vor dem Lesen habe ich nicht wirklich viel von den beiden Autoren mit anwaltlichen Interesse an rechtsstaatlicher Genauigkeit gewusst. Nun kenn ich einige Fotos und habe mir mehr Informationen zu den Lebenswegen eingeholt – das kann ich dir nur empfhlen.

Kluge gibt dem Gespräch den prägenden Rahmen und von Schirach füllt diesen mit Inhalt auf und er ist natürlich auch Rampensau. Meist erzählt doch der Ältere dem Jüngeren – hier hat der Jüngere den größeren Anteil an den Gesprächen. Interessant!

Beide Autoren sprechen sich mit „Sie“ an – eine Frage des Respekts und weil diese Form einfach besser zum Thema passt? Ist das Absicht? Der extra eingeräumte Abstand? Und wie wurden diese Gespräche eigentlich festgehalten? Oder wurden sie nachträglich konstruiert? In Interviews im Internet sollen Auszüge aus dem Buch zu finden sein – ein Zusammenschnitt? Viele Fragen habe ich mir gestellt, gemunkelt und natürlich wäre es genial, die Antworten von Kluge & von Schirach selbst zu bekommen.

Hören wir bei Entscheidungen eher auf unser Bauchgefühl, unser Herz oder eher auf den Kopf, aus dem die Vernunft spricht? Fühlen wir uns eigentlich sicher? Was bedeutet Sicherheit und was Freiheit? Was sagst du? Lass mich/uns doch gern in den Kommentaren teilhaben, gern diskutieren und philosophieren.

In recht kurzer Zeit habe ich das Buch gelesen, ich mag es und die aktuellen Themen haben dazu beigetragen, es nicht abzubrechen. Empfehlenswert – absolut! (ohne Ironie!)

Eure
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Super, und dir? ~ Kathrin Weßling

Super, und dir? ~ Kathrin Weßling

Es kommt eher selten vor, dass mir während des Lesens oder nach dem Lesen eines Buches ein Lied in den Kopf rauscht. Ich höre auch beim Lesen keine Musik, dabei mag ich Musik sehr. Und wenn ich das schon sage, gebe ich gern zu, dass ich der totale Radio/Chartshörer bin und einige Lieder x-Mal hintereinander höre, da ich nicht genug bekommen kann. Das ich dabei mein Umfeld gern vertreibe, kannst du dir sicher denken. 254 Seiten später schoss das Lied „Warum“ von Tic Tac Toe in meinen Kopf…

Und warum? – die Frage stelle ich mir, wenn ich an Marlene Beckmann denke. Marlene feiert Geburtstag, sie ist nun 31, aber auf was kann sie zurückblicken, was kann sie bald erwarten und was passiert eigentlich gerade eben? Da ist Ronny, der Gute, der liebe Apotheker, der Freund, der immer die passende Chemie dabei hat. Auf Ronny ist verlass. Da sind ihre Freunde die ebenfalls gern Party machen und gern eine volle Nase haben, um die Welt bunt zu sehen und richtig genießen zu können. Ihre Eltern sind getrennt – der Vater ist kaum noch in ihrem Leben spürbar, ihre Mutter trinkt ganz gerne und lebt in ihrer grauen Welt. Dafür hat sie aber einen wirklich lieben Freund. Er ist für sie da, er möchte mit ihr den dringend notwendigen Urlaub machen und er könnte ihr Ruhepohl nach dem stressigen Arbeitstag sein.

Aber: Marlene geht es gut – sie gibt im Job alles, sie arbeitet an sich, um weiterhin in der Firma bleiben zu können, um Karriere zu machen und um nicht austauschbar zu sein. Sie postet Bilder auf sämtlichen Sozial Media Kanälen und sammelt Herzen die ihr ein gutes Gefühl geben und immerhin kann sie auf die Frage, wie es ihr geht, immer mit „Super…“ antworten. Läuft doch! Wo liegt das Problem?

„Freundlich, professionell, klar. Das ist Marlene Beckmann. Keine Angst. Niemals Angst zeigen. Angst und Unsicherheit sind für Menschen, die nicht wissen, was sie tun. Ich aber weiß, was ich hier mache. Ich weiß es.“ (Seite 45)

Super, und dir?

Aber jetzt mal im Ernst. Wie geht es dir eigentlich? Bist du auch nur im Job und hast den typischen Erfolgsdruck in dir? Vielleicht musst du auch die Notbremse ziehen, um nicht in den fiesen Strudel zu kommen, in den Marlene gerutscht ist. Es wäre schade um dich und um mich vielleicht auch.

Super, und dir? ~ Kathrin Weßling

Als Marlene auf dem Zahnfleisch kriecht, keinen Urlaub bekommt und ihr Freund alleine nach Teneriffa reist, ist es vorbei. Marlene bleibt liegen und ich würde das ab und an gerne auch tun, dabei geht es mir nicht mal annähernd so wie ihr. Mein Umfeld besteht aus Freunden, die ich wirklich Freunde nennen kann, meine Familie ist in Takt und ich bekomme Halt, wenn ich ihn brauche.

Kathrin Weßling kommt hier mit einem Buch um die Ecke geschlendert, was schonungslos umhaut, wachrüttelt, bewegt und trifft. Ein Buch was so maßgeschneidert auf unsere Generation ist, was mich so derbe anspricht und genau in das Lebensfenster passt. Als ich in der Sonne den Roman begann, hatte ich danach den totalen Sonnenstich, denn ich konnte kaum pausieren. Die Sogkraft ist so groß, ich fühlte mich beim Lesen wie ein Junkie und hungerte danach zu wissen, wie es mit Marlene weitergeht. Und warum? Die Frage kam immer wieder in mir auf.

Klar habe ich gefühlt, dass alles auf einen richtig großen Arschtritt hinausläuft, aber ich musste den auch spüren. Zudem hatte ich keine Chance, Marlene alleine zu lassen. Trotzdem war ich machtlos und selbst im Zwiespalt, wie ich helfen kann, wie ich den Absturz verhindern kann. Ich hätte Marlene gerne geschüttelt, angeschrien, ihr diese Scheißchemie weggenommen und manchmal saß ich nur schwach da und fühlte mich von ihr genervt.

Harter, beklemmender Stoff – das möchte ich nicht weichreden und doch buchiger Stoff, der ganz dringend inhaliert werden sollte. Marlene fühlt sich so real an, dass ich fast schon bei ihr vor der Tür stand. Kathrin Weßling musste eine Protagonistin erschaffen, die authentisch ist, um ihre Leser zu treffen und das ist ihr gelungen. Sprachlich ganz genauso – locker, luftig, einfach real, so wie wir uns eben geben.

Genau nach der letzten Seite kam ich via Instagram mit Kathrin Weßling in Kontakt und fragte sie, wie es Marlene geht, was sie wohl gerade macht. „Sie schläft hoffentlich“ – antwortet Kathrin und befriedigte damit mein Inneres.

Eure
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