Ada ~ Christian Berkel
Ada ~ Christian Berkel

Es war meine Lieblingsärztin aus der Uniklinik, die mir von „Ada“ erzählte. Sie schwärmte von diesem Roman und warnte mich gleichzeitig davor. Berkels Roman sei auf keinen Fall leicht, keine Unterhaltung und doch so richtig gut. Sie wusste damals, warum sie mich warnte, kannte meine Situation. Und heute weiß ich, dass sie genau das Richtige tat und heute sag ich: „Ada“ ist beeindruckend schmerzhaft und schwärme.

Ada

Wir lesen, weil die Bücher etwas mit uns machen sollen. Wir lesen, weil wir uns erhoffen, dass die Bücher Spuren hinterlassen, uns irgendwie leiten, etwas prägen, verändern oder bestätigen. Vielleicht auch nur unterhalten. Berkels „Ada“ (Ullstein) hat richtig viel mit mir gemacht und ich bin froh, das alte Jahr mit diesem Roman ausklingen gelassen zu haben und das neue Jahr mit diesem Roman begonnen zu haben. Ein schöner literarischer Start und ich merke, wie Ada mir fehlt. Und dieses Fehlen bestätigt doch alleine schon, dass ich Lesespuren davon getragen haben.

„Meine alten Notizen las ich nie. Ich wollte nicht wissen, wer ich eben noch gewesen war. Ich wollte weiter. Mein Traumbuch war ein Ort, an dem ich alles ablegen konnte, wie eine Truhe voller alter Kleider, aus denen man herausgewachsen war, die man aber aufbewahrte, ohne recht zu wissen warum.

Seite 108

Über 20 Post-its zieren die 400 Seiten, die mich wirklich in einen Sog versetzt haben. Es ist die Aufgabe ihres Lebens – die Suche nach ihrem Vater, die Suche nach sich, die Suche nach Antworten in der Vergangenheit. Es ist ihre beste Freundin Uschka, die ihr erzählt, dass sie Jüdin ist und die später nicht mehr an ihrer Seite ist. Es sind die zwei Männer ihrer Mutter, zwischen denen sie ihren Vater auswählen soll.

Ada ~ Christian Berkel
Ada ~ Christian Berkel

Ausbruch aus dem Leben

Deutschland ist im Umbruch, genau wie die in Leipzig geborene Ada, die mit ihrer Mutter aus Argentinien zurückgekehrt ist. Ada, die spürt, dass ihre Mutter sie nicht wollte. Die anfängt sich in ihr eigenes Leben zu stürzten und erste sexuelle Erfahrungen macht. Irgendwie ausbrechen will, um der Wahrheit näher zu kommen und in einen Freundeskreis rutscht, der keiner ist und immer schiefer wird. Und dann und dann – ein weiterer Ausbruch, ein Strudel und der Schrei nach Hilfe und einem eigenen Leben.

„Ich wusste nicht, wer ich war, noch wer ich sein wollte.“

Seite 164

Vermutlich habe ich einige Seiten mit offenem Mund gelesen. Berkel schreibt gnadenlos über ein Leben, welches sich erschreckend schnell dreht. Ada ist mir so stark ans Herz gewachsen, obwohl sie mir mit ihrem Handeln auch einige Schmerzen zugefügt hat. Ich kann kaum beschreiben, wie nah ich mich an ihrer Seite fühlte und gern das Lebensrad für sie angehalten und in anderer Position wieder angeschoben hätte. Sagenhaft, was sie durchleben musste, wie sie sich selbst ins Erwachsensein helfen musste und wie viele furchtbare Erlebnisse ihre Leben zieren.

Vergessen ist etwas Natürliches, Amnesie eine Krankheit. Beim Vergessen schaffen wir Platz. Nichts verschwindet, wir schichten um, so etwas kann interessant sein. Wer alles sieht, kann nichts mehr finden.

Seite 347

Ada hat mich persönlich in alte Ichs tauchen lassen, mich emotional heftig provoziert und viele Gedanken denken lassen.

Falls du ins neue Jahr mit dem Vorsatz gestartet bist, keine Bücher von Männern zu lesen, kann ich das verstehen. Ich wollte es tatsächlich so in 2023 handhaben und vielleicht mache ich es noch. ABER – falls du ein Buch von einem Mann lesen möchtest, lies bitte „Ada“ von Christian Berkel.

Du bist begeistert von meiner Buchempfehlung? Dann dank mir mit einem virtuellen Kaffee

literatwo_banner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert