Der Klavierspieler vom Gare du Nord ~ Gabriel Katz

Einem Klavierspieler höre ich schon gern hin und wieder mal zu. Ein Konzert muss nicht unbedingt sein, aber Klaviermusik an der Frauenkirche in Dresden an einem lauen Sommerabend, dazu sag ich nicht nein. Als die Empfehlung namens „Der Klavierspieler vom Gare du Nord“ von Lektorin Isabel Kupski bei mir eintraf, musst ich recht schnell prüfen, ob auch ich mich in die Geschichte verlieben würde.

Bereits auf den ersten Seiten ertönt Klaviermusik und Pierre Geithner erlebt sein Wunder, denn der Direktor des Konservatoriums hat nie zuvor solche stimmigen Töne gehört, die von einem einfachen Bahnhofsklavier stammen. Als er den Jungen sieht, flüchtet dieser und Pierre schafft es erst beim zweiten Mal ihm zu folgen und ihm seine Visitenkarte zuzustecken. Der Junge hat wahnsinniges Talent, Pierre möchte ihn gern an seiner Hochschule ausbilden, unterrichten, an professionellen Klavieren spielen hören.

„Was die Musik in uns anspricht, ist schwer zu sagen; sie berührt jedenfalls eine so tiefe Zone, daß selbst der Wahnsinn nicht dorthin dringen könnte.“ (Seite 129)

Mathieus Welt ist die dunkle Seite von Paris. Er lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder in einer kleinen Wohnung, seine Freunde sind kriminell und Mathieu findet heimlich wertvolle Zeit am Klavier. Er liebt Klaviermusik und würden seine Freunde davon erfahren, würden sie ihn auslachen. Der Einbruch ging schief und hätte Mathieu nicht die Visitenkarte in seiner Hose gehabt, wäre er direkt in den Knast gewandert. Sechs Monate gemeinnützige Arbeit im Konservatorim stehen ihm nun bevor. Das er allerdings nicht nur putzen soll, sondern auch Klavierunterricht nehmen muss, hat er nicht erwartet.

Klavierspieler

Pierre ist von Mathieus Talent begeistert und meldet ihn beim Grand Prix d’excellence an…

Der Klavierspieler vom Gare du Nord ~ Gabriel Katz

Falls du jetzt abwinkst, weil dir der angeschnittene Plott zu einfach oder zu kitschig klingt, befindest du dich auf dem Holzweg. Autor Gabriel Katz hält für seine Leser eine tief angelegte Geschichte bereit, die kraftvolle Töne abgibt. Bereits auf den ersten Seiten wird klar, dass die beiden Charaktere zwar für Klaviermusik brennen, deren einzelne Leben aber von Paukenschlägen geprägt sind und in kein Raster passen.

Mathieu findet sich innerhalb weniger Tage im noblen Paris wieder, bekommt Unterricht von den besten Lehrern und verliebt sich in die dunkelhäutige Anna. Er hat die schiefe Bahn verlassen und steht jetzt auf der hellen Seite des Lebens, doch keinesfalls lässt er sich den Stempel des Ghettokinds aufdrücken und handelt so, wie er es für richtig hält…

Unvorhersebare Ereignisse

Das ich den Roman verschlungen habe, möchte ich hier definitiv klarstellen. Jedes Kapitel hat seinen eigenen Takt, ich habe beim Lesen mit dem Fuß gewippt und habe mich gern von den unvorhersehbaren Ereignissen aus der Bahn bringen lassen. Gabriel Katz wechselt genau dann das Notenblatt, wenn man sich sicher fühlt. Er ändert den Rhythmus wenn man denkt, ihn verinnerlicht zu haben. Grandios!

Mich hat Gabriel Katz überzeugt, ja, auch ich habe mich in die Geschichte verliebt. Beim Lesen musste ich an „Save the last dance“ denken, ein Film der zwar völlig anders ist, vom Rhythmus her aber ähnelt.

Besonders ist zudem, dass der gleichnamige Film seinen Kinostart am 20. Juni 2019 gefeiert hat. Den Trailer habe ich mir mit Vergnügen angeschaut, denn er hat die Bilder, die ich beim Lesen in meinem Kopf vor mir hatte, absolut gespiegelt. Ob der Film zu 100% mit dem Buch mithalten kann, werde ich demnächst prüfen.

Mich hat Autor Gabriel Katz überzeugt, berührt, mit seinen zwei männlichen Charakteren fasziniert, nur das Cover ist aus meiner Sicht durch die kitschige Note irreführend.

Im Regal steht der Roman zukünftig neben „Die Nacht ist ein Klavier“ von Patricia Koelle und „Hellwach“ von Hilary T. Smith.

Eure
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