Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

Schon lange habe ich keinen Roman mehr an einem Tag gelesen. Fast komplett am Stück habe ich heute „Ein Sommer ohne uns (Loewe) von Sabine Both inhaliert. Okay – ich habe Urlaub, aber dennoch. Ein Buch muss fesseln, es muss bewegen und ja, die notwendige Lesezeit muss vorhanden sein, genau wie die Leseumgebung. Alles Lesezeichen standen auf grün und aus dem kurzen Anlesen, wurde ein Auslesen. Was für eine Wohltat.

Am Ende frage ich mich – welche Autorin hat mich denn so dermaßen an die Seiten gefesselt? Sabine Both ist Franziska Moll gemeinsam. Und wer ist Franziska Moll? Sie ist das Pseudonym von Both und im Juli 2015 habe ich über ihr Buch Egal wohin geschrieben. Damals sagte ich euch, dass ich keine richtige Empfehlung aussprechen kann, dass ich aber auch nicht richtig abraten kann.

Wenn man als Leser ein Buch komplett ausliest, dann ist es ein Zeichen, dass es grandios ist. Anderes kann ich bei diesem Roman hier nicht behaupten.

Schon die ersten Worte fesselten mich, einfach weil nicht nur Inhalt, sondern auch der Schreibstil überzeugten. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und wollte wissen, was im Teil „Fünf Jahre zuvor“ passiert ist. Die zwei Hauptprotagonisten Verena und Tom sind nicht nur Nachbarn, sondern auch enge Freunde. Zu Verenas 13. Geburtstag verändern sich allerdings die Vorzeichen und aus Freundschaft wird mehr. Tom schenkt seiner Angebeten ein Kleid und er küsst sie zum ersten Mal. Die Eltern der beiden Pubertierenden freuen sich, denn sie finden, dass die zwei einfach gut zueinander passen. Zudem kennen sich die Familien schon mehrere Jahre und treffen sich regelmäßig, denn bei Nachbarn in einer Doppelhaushälfte bleibt dies nicht aus. Die zwei nähern sich immer mehr, die Liebe zwischen den Beiden springt auf den Leser über und es fühlt sich alles so gut an.

Im zweiten Teil „Jetzt“ ist klar, dass es eine Veränderung geben wird. Verena feiert ihren 18. Geburtstag und ihre Gedanken kreisen um die vergangenen 5 Jahre. Seit dieser Zeit ist sie ein Herz und eine Seele mit Tom. Beide haben wunderschöne Momente verbracht, viel erlebt und sie hat einen Ring von ihrem Liebsten bekommen. Sie liebt Tom, sie liebt Tom wirklich, aber…

Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

„“Eines Tages willst du es wissen. Wie es mit jemand anderem ist. Und wenn du es nicht ausprobierst, wird du den Gedanken nie los. Und das macht deine Beziehung kaputt. Erst unbemerkt, dann immer deutlicher. Und am Ende hasst ihr euch.““ (Seite 98)

Will Verena wirklich lebenslang nur einen Mann „probiert“ haben? Diese Frage stellt sie sich und der Wunsch, einen anderen Mann zu berühren, wächst. Vor allem, wenn sie ihre Freundin sieht, die beschwingt durchs Leben zieht, da sich ihr Leben ändert und dreht wie ein Karussell. Bei Verena und Tom ist eine Art Alltag eingekehrt. Alltag ist nicht schlimm, denn Alltag zeigt, dass man sich blind versteht, vertraut und einfach weiß, dass der Partner da ist. Geborgenheit, ein relativ geregelter Ablauf, grobe Zukunftspläne – ein Leben in Zweisamkeit eben.

Nicht nur ihre Freundin tobt sich aus, allgemein knistert es in ihrem Umfeld überall. Ihr Zwillingsbruder Rollo hat schon wieder ein Mädchen von der Party abgeschleppt und einige Dinge sind im Haus nicht überhörbar. Isabell wirbelt aber nicht nur Rollos Leben auf, sondern auch Verenas Gedanken und Toms Blicke.

„Her mit dem wilden Leben.“ (Seite 142)

Verena will Tom nicht betrügen. Bisher hat sie alle Versuche von Jesse abgewehrt, aber ihre Abwehr wird schwächer und schwächer. Sie bittet Tom um eine Beziehungspause, um eine Art offene Beziehung in der sich niemand in jemand anderen verlieben, sich aber körperlich ausprobieren darf. Keine einfache Bitte, aber Tom willigt ein. Eine völlig neue Lebenssituation kommt auf das Langzeitpaar zu. Doch damit nicht genug, denn das Abitur steht vor der Tür und auch im Elternhaus trügt der Schein.

Ehe Verena sich versieht, sitzt auch sie im Lebenskarussell und alle vorgezeichneten Lebensspuren scheinen zu verschwimmen…

Einen richtig guten Jugendroman hat Autorin Sabine Both geschrieben. Ich bin total begeistert, denn Both thematisiert aus meiner Sicht sehr wichtige Themen – Beziehung, Treue und Auszeit von der Treue. Wie verhalten wir Menschen uns denn, wenn wir von Anfang an mit ein und demselben Partner zusammen sind? Beginnen wir nicht automatisch irgendwann nach rechts und links zu schauen? Kommen wir nicht alle im Leben, egal wie jung wir sind, mal an eine Weggabelung und stellen in Frage, ob wir noch Abwechslung haben, ob die Partnerschaft noch richtig ist oder ob es andere vielversprechendere Aussichten gibt? Dieses sensible und oft totgeschwiegene Thema wird hier in den Mittelpunkt gestellt.

Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

Als Leser ist man hin- und hergerissen. Man fühlt mit Tom, fühlt mit Verena und doch schwimmt man auf Hoher See – auf der eine Seite tobt der sichere Hafen, auf der anderen Seite das wilde Abenteuermeer.

Sabine Boths lässt uns in die Liebeswelt zweier völlig authentischen Menschen blicken. Ihre Charaktere könnten nicht lebensechter sein. Als Leser ist es schwer eine Pause einzulegen, denn die Gefühle toben und eine konstante Spannung belebt die Neugierde.

Verena und Tom werden für uns regelrecht greifbar und wir wollen wissen, welche Entscheidungen die beiden treffen. Stellenweise hatte ich das Gefühl, neben den ihnen zu stehen. Ich habe versucht zu klären, zu helfen, zu schlichten und ich habe verschiedene Schritte in verschiedene Richtungen gewagt. Um den Inhalt noch mehr zu intensivieren, erzählt die Autorin abwechselnd von Verena und Tom. Dies wird anhand unterschiedlicher Schriftarten noch verdeutlicht.

Ich ordne „Ein Sommer ohne uns“ schon ganz vorn im Jugendbuchregal ein. Ein sehr starker Titel, den ich besonders jungen Heranwachsenden ans Herz lege, die sich schon länger in einer Beziehung befinden und sich stellenweise hinterfragen, ob sie den richtigen Weg gehen. Das Buch bestärkt und zeigt, was passieren kann, wenn das Abenteuer zu laut ruft.

Mit meiner Begeisterung könnte ich noch einige Seiten füllen, kein Wunder bei diesem Buch. Die Autorin findet das richtige Maß an Themen, überspitzt zu keiner Zeit, schreibt in einer jugendlich lockeren Sprache, die Situationen und Verhaltensweisen sind autenthisch, es gibt eine Vielzahl an Emotionen und vor allem ist die Ausgangssituation mal eine völlig andere. Es gibt ein festes Paar, was sich dem Leben, seinem Umfeld, aber vor allem sich selbst stellen muss.

„Ein Sommer ohne uns“ ist ein tiefgründiger und lockerleichter Jugendroman zugleich, der echter kaum sein könnte!

Eure
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