Königskinder ~ Alex Capus

Eins steht fest: Königskinder ist ein Lesehighlight vom aktuellen Jahr 2019. Aber ist Königskinder denn nicht ein Liebesroman und meide ich die nicht eigentlich? Meiden ist das falsche Wort – ich mag nur keine schnulzige, verkitschte, total rosarot durchzogene Bücher lesen. Diesen Roman hat allerdings Alex Capus geschrieben, da gibt es Liebe, aber eben die besondere Liebe. Bisher kenne ich seinen Roman „Léon und Louise“ und der hat mir sehr gefallen. 6 Jahre später greife ich nun zu „Königskinder“ (Hanser Verlag) und bin begeistert!

Seit diesem Roman muss ich sehr grinsen, wenn ich einen roten Toyota Corolla sehe. In so einem habe ich nämlich gefühlt alle 176 Seiten verbracht und zwar unsichtbar auf der Rückbank. Vor mir – Tina und Max. Zu dritt sind wir von der verschneiten Fahrbahn abgekommen und befinden uns jetzt im Graben und zwar auf dem gesperrten Jaunpass in der Schweiz. Auch im gesetzteren Alter ist der jugendliche Leichtsinn bei dem Ehepaar noch vorhanden und sie haben schlicht und ergreifend die Sperrschilder missachtet. Ach, und über kleine lapidare Dinge streiten – das können die zwei sehr gut, ich sag nur „Scheibenwischer“.

Schneesturm in den Alpen

Gefangen im Toyota – mindestens noch die ganze Nacht. Beide sind nun wenigstens so schlau, keinesfalls den Marsch zu Fuß ins Tal anzutreten. Es schneit, es ist kalt und Max beginnt Tina eine Geschichte zu erzählen. Die Geschichte beginnt nur wenige Meter vom aktuellen Standort entfernt, in einer Melkhütte, Ende des 18. Jahrhunderts, zur Zeit der Französischen Revolution.

Max erzählt Tina von Jakob, dem armen Kuhhirten, der vor Jahren in die  Melkhütte geflüchtet ist und sich von Gemsen ernährt. Als er ins Tal hinab steigt, verliebt er sich in Marie, die Tochter eines reichen Bauern im freiburgischen Greyerzerland. Er kann nicht von ihr lassen, doch der Bauer duldet die Beziehung nicht. Jakob kehrt nicht in seine Hütte zurück, sondern er zieht in den Krieg. Acht Jahre ist er von Marie getrennt. Er bleibt unversehrt und kehrt zu ihr zurück, denn er kann sie nicht vergessen.

Marie ist ihm treu geblieben, doch das Glück hält nur kurz an. Als der Bauer Jakob, jetzt ein ansehnlicher Soldat, wieder sieht, traut er seinen Augen kaum. Doch er ist froh, denn Marie muss erneut loslassen, denn Jakob muss nach Versaille, genau nach Montreuil, auf den Landsitz von Prinzessin Elisabeth. Kann es ein gemeinsames Leben für Jakob und Marie geben?

Königskinder ~ Alex Capus

Klingt das nicht alles herrlich dramatisch? Jakob und Marie werden schon wieder auseinander gerissen, nur weil die Tochter von König Ludwig XVI für ihre Schweizer Milchkühe einen fähigen Kuhhirten braucht, der im Stande ist, diese zu melken.

Königskinder

Glaubt mir, die Geschichte die Max erzählt ist einfach wundervoll und obendrauf sind die meisten Begebenheiten wahr. Ich habe nicht nur viel über die Liebe, sondern auch über die Französische Revolution gelernt und das ganz unverstaubt und herzerfrischend.

Alex Capus setzt den Königskindern Jakob und Marie mit seinen Protagonisten Max und Tina allerdings die Krone auf. Max erzählt mit voller Hingabe eine bewegende Geschichte und Tina? Sie freut sich über diese Ablenkung und ist dankbar, dass ihr Mann diese brenzlige Situation überbrücken will, aber stellenweise wird es ihr zu bunt. Sie unterbricht Max und stellt ihm Fragen, zweifelt und macht sich an einigen Stellen lustig. Ebendiese Dialoge geben dem Roman den letzten Schliff und haben mich schmunzeln lassen.

„Königskinder“ ist literarischer Balsam. Alex Capus beweist, dass er unglaubliches Erzähltalent hat. Mich hat er durch und durch sehr gut unterhalten und mit der Scheibenwischerszene ganz zu Beginn, hat er sich direkt in mein Leben geschrieben. Bedeutet: sobald die Scheibenwischer im Auto wischen, denke ich an Königskinder. 😉

Eure
literatwo_banner

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert