Unbestimmte leben länger – ist das wirklich so?
Literatwo wollte es ganz genau wissen und freute sich riesig auf den zweiten Teil „Die Bestimmung – Tödliche Wahrheit„.
Bereits im Winter des letzten Jahres pirschten wir uns an die Bestimmung heran. Der Spannungsbogen wurde immer straffer und die Erwartungen stiegen. Der Roman wurde von Anfang an gehypt und es führte kein Weg daran vorbei.
Gemeinsam mit Beatrice Prior mussten wir eine lebenswichtige Entscheidung treffen.
Eine Entscheidung fürs Leben – Ken, Candor, Amite, Ferox oder doch Altruan – welcher Franktion wollen wir angehören, wo wollen wir unser neues Zuhause finden.
Wir haben uns durch die Bestimmung gekämpft, ja gekämpft. Diskussionsbedarf ohne Ende bescherte uns die Protagonistin Beatrice, Tris genannt. Letztendlich haben sich die Bestimmungsfesseln um uns gelegt und wir waren gefangen.
Mit diesen Worten endete unsere Rezension – Letztendlich hat uns die Bestimmung bestimmt und Literatwo freut sich mehr als das auf die Fortsetzung. Wir sind froh diesen Roman gemeinsam gelesen zu haben.
Und wo stehen wir heute? Unsere Sichtweise hat sich verändert und die Bestimmung hat enorm viel bewegt, sie kann ganze Trennungen, aber auch neue Verbindungen schaffen.
Endlich. Vorfreude machte sich breit, als der zweite Teil in meinen Händen lag. Endlich. Zurück zu Tris und Four, zurück in den Kampf zwischen den Fraktionen. Das packende Finale noch im Kopf, fand ich mich im Flüchtlingszug zwischen den beiden Hauptprotagonisten und ihren Anhängern wieder.
Der verbitterte Kampf ist noch nicht vorbei, denn die Ken sind agressiv und wollen die Macht an sich reißen. Die Fraktion Altruan zerstören, so lautete ihr Ziel. Mithilfe von Simulationen schafften sie es, Ferox-Soldaten zu manipulieren und diese als wirkungsvolle Waffen einzusetzen.
Tris und Four konnten sich retten, die Hebel für kurze Zeit stoppen und flüchten sich nun zu den Amite. Das Hauptquartier soll sicheren Unterschlupf für alle Flüchtlinge, egal aus welcher Franktion, bieten. Einzige Bedingung ist es, die dort vorgeschriebenen Regeln zu beachten.
Doch die Ruhe vor dem Sturm hält nicht lange, denn die Ken sind auf der Suche nach dem Paar und haben schnell Erfolg. Für Tris und Four beginnt eine Flucht und gleichzeitig ein Kampf, denn der Krieg hat gerade erst so richtig begonnen. Aber auch ein innerlicher Kampf beginnt, denn Tris muss für sich entscheiden, auf welcher Seite sie steht, wen sie liebt und für wen sie kämpfen möchte. Sich selbst darf sich dabei nicht verlieren und gerade für sie als Unbestimmte gibt es einige Hindernisse zu überwinden.
Unbestimmte sind ein Dorn im Auge der Ken, von ihnen geht die wohl größte Gefahr aus und deren Leben sollten schnell beendet werden. Unbestimmte sind besonders, unbestimmte sind geschickt, unbestimmte sind bestimmt anders, aber leben sie dadurch auch länger?
Spannung, Action und Brutalität pur. Aber, aber, aber.
Wir haben schon viele Trilogien gelesen wie ihr wisst und es ist immer entscheidend, wie eine Trilogie beginnt. Im ersten Band haben wir aufgrund einiger Plausibilitätsprobleme gekämpft und konnten nicht in den höchsten Tönen schwärmen. Teil zwei beginnt ohne Rückblende und setzt mitten im Geschehen ein. Eine Rückblende wäre sehr hilfreich gewesen, denn es war uns, als ob wir überhaupt keine Erinnerungen mehr hatten. Nach und nach erarbeiteten wir uns die groben Bestimmungszusammenhänge und stellten schnell fest, dass bei uns nur wenig haften geblieben ist.
Ein merkwürdiges Gefühl für uns, das wir so noch nicht hatten. Der Einstieg fiel also wirklich schwer und war mehr als zäh. Das plötzliche Auftauchen von Charakteren die im ersten Band nur schwach gezeichnet waren, verunsicherte uns. Ganze drei Personen haben sich in uns verankert, wobei eine davon, Four, nun ausschließlich unter seinem richtigen Namen, Tobias, auftauchte. Dies wirkte sehr befremdlich und auch die nach und nach eingeschobenen Rückblenden konnten uns keine sichere Leseatmosphäre zaubern.
Positiv ist allerdings das sofortige Anknüpfen an den Vorgängerroman, ohne dass eine Zeitspanne dazwischen liegt. Dies mag ich sehr.
Der Spannung ist es geschuldet, dass ich mich aus dem Buch nicht befreien konnte. Die Bestimmungsfesseln legten sich erneut um mich, auch wenn ich alleine in den Kampf ziehen musste. Tris beeindruckte mich mit ihren Handlungen, brachte mich aber auch zum Verweifeln mit ihrer Art und der inneren Unsicherheit. Sie war mit sich nicht mehr im Reinen, ihre feste Verankerung löste sich und ihr persönliches Ziel verlor die Konturen. Und doch spielt sie für sich und ihre Begleiter die harte Frau, kehrte ihre starke Seite nach außen. In ihr allerdings toben Trauer, Schmerz und eine große Portion an Schuldgefühlen.
Teil zwei ist, wenn es um die Vorhersehbarkeit geht, absolut nicht vorhersehbar, jede Seite öffnet neue Ausgangspunkte. Wem der erste Band zu brutal und blutig war, dem möchte ich mit auf den Weg geben, dass diese noch steigerbar ist. Kampfszenarien und gewaltsame Handlungen stehen auf der Tagesordnung. Was mit einem leichten Training begann, wandelt sich jetzt in einen erbarmungslosen Kriegsschauplatz.
Die Liebe und die Emotionenhaben in der gewaltigen Kriegslandschaft wenig Platz und durch charakterliche Veränderungen, bekommen Gefühle einen Dämpfer und kapseln sich immer mehr ab. Tobias und Tris kommen innerlich kaum dazu, Erlebtes zu verarbeiten und vor allem über ihre Gedanken miteinander zu reden. Dies reißt eine Kluft zwischen beide, die durch Lügen und Geheimnissen geprägt ist.
Andere Charaktere die sich nach und nach in Erinnerung brachten oder denen ich einfach eine neue Chance gab, überraschten mich sehr. Diese Überraschungseffekte waren grandios und gut in die Handlung eingebaut. Nachvollziehbar eben. Überhaupt gab es kaum Stellen im Roman, in denen die Spannung abflachte. Dadurch konnte ich nicht aufhören zu lesen.
Allerdings verspürte ich immer wieder eine Unsicherheiten der Autorin, welche sie durch Füllsätze und möglichst viele Handlungsplätze und Ereingnisse zu überspielen versuchte. Es fühlte sich so an, als ob das Trilogiekonzept nicht wirklich gibt. Auch der dritte Band ist noch in Planung und es liegen spürbar große Zeitabstände zwischen den Veröffentlichungen. Bei anderen Trilogien, beispielsweise Shades of Grey, merkt man von Anfang an, dass es ein umfangreiches Konzept gab und keine Ungewissheit oder lange Wartedauer herrschte.
In höchsten Tönen schwärmen kann ich dennoch wahrlich nicht, da sich mir immer wieder Fragen stellten, die ich nicht plausibel beantworten konnte. Auch das Ende des Romans ließ mich einiges erahnen, aber es riss mich völlig aus meinem Bestimmungszusammenhang. Gerade dieser Cliffhanger lässt mich zögern und löste in mir keine Vorfreude auf den dritten Teil aus.
Meinem Gedankengrundgerüst fehlen ein paar sichere Bestandsteile, um mir logisch zu erklären, was Veronica Roth damit erreichen möchte, wie sie weitermachen will. Statt mich zu freuen, suchte ich im Roman immer mehr nach plausiblen Punkten und wichtigen Antworten.
Aktives Lesen sind wir Literatwos mehr als gewöhnt und wir stellen uns weitaus breitgefächerten, vielschichtigeren Romanen. Aber hier gab es einen gewaltigen Bruch, der auch uns als Team betraf. Ich las alleine weiter und brauchte nun dringend einen Gesprächspartner der mir die Augen öffnen kann. Diskussionsbedarf machte sich erneut breit und ich konnte die Bestimmung nicht einfach auf Seite legen und in ein neues Buch tauchen.
Literatwo meets his & her books – eine bestimmende Verbindung gründete sich. Auch Steffi stellte sich dem zweiten Teil der Bestimmung und begab sich in die tödliche Wahrheit. Auch sie konnte den Roman nicht beiseite legen und beschrieb in ihrer Rezension ebenfalls kritische Punkte. Dies veranlasste mich ihr zu schreiben, mich auf die Suche nach einer Gesprächspartnerin zu machen mit der unplausible Punkte besprochen werden können.
Gesucht und gefunden haben wir uns und tauschten uns in einem großen Dialog aus. Eine Win-Win-Situation für uns beide, da sich einige unklare Fäden in Luft auflösten, genauso aber auch einige Fäden dazu kamen, die einer von uns beiden so noch nicht betrachtete.
Bei unseren Gesprächen entdeckten wir, dass wir weiblichen Leserinnen eine große Gemeinsamkeit haben. Unsere männlichen Lesepartner haben sich nicht in den Kampf begeben und die Bestimmung schlicht und ergreifend abgebrochen.
Warum das so ist?
Kay und Arndt kennen und nennen die Gründe:
Kay von his & her Books sagt: Mich konnte der Einstieg in ‚Die Bestimmung‘ nicht überzeugen. Ich habe abgebrochen, weil ich von Anfang an keine Verbindung zu Beatrice, der Hauptprotagonistin, aufbauen konnte und sie mir ganz einfach nicht sonderlich sympathisch war. Mit ihrer Naivität wurde dann der Bogen für mich überspannt und ich wurde nicht mehr wirklich warm mit ihr. Die Grundidee fand ich an sich ganz gut. Allerdings hat mich die Umsetzung nicht vollends überzeugen können und somit hat mich das Buch auch nicht gefesselt. Die Story, vor allem die übertriebene, unwirkliche Darstellung der Fraktionen waren nicht allzu anziehend. Auch was ich bisher über die Fortsetzung gehört habe, klang für mich nicht, als ob mich die Reihe noch überzeugen wird…
Arndt sagt: Die Autorin hat es in meinem Fall nicht geschafft, mich in den zweiten Teil ihrer Trilogie mitzunehmen. Ungereimtheiten im ersten Band konnten noch durch viele Gespräche zwischen Bianca und mir halbwegs beseitigt werden, als ich aber dann in der Fortsetzung realisierte, wie wenig mir die aufgeführten Protagonisten sagten und ich zusätzlich das Gefühl hatte, den ersten Teil nicht gelesen zu haben, da schwante mir Böses.
Die Fraktionen sind nur durch Schlagworte recht oberflächlich voneinander differenziert und die handelnden Personen driften ebenso naiv wie klischeehaft gezeichnet durch den Roman. Spannung baute sich für mich nicht mehr auf, da ich den Bezug zu den Personen verloren hatte, die hier plötzlich an der Seite von „Four“ und „Tris“ im Vordergrund standen.
Weder in den „Tributen von Panem“, noch bei „Die Flucht“ oder anderen Trilogien ist mir vergleichbares passiert. Ich habe eigentlich nicht abgebrochen – und schon gar nicht „schlicht und einfach“. Veronica Roth hat mich im Regen stehen lassen. Ein Cliffhanger ohne Klippe funktioniert eben nicht und wenn derjenige der hängt sich nicht im Herzen des Lesers verankert, dann lässt man es besser sein und widmet sich den ungelesenen Schätzen in unmittelbarer Nähe.
Literatur verbindet, Literatur öffnet neue Welten, Literatur schafft neue Verknüpfungen im Bücherleben.
Und nun? Durch die Bestimmung haben wir neue Buchfreundschaften geschlossen und zeigen auf, was für Wellen sich um einen Roman bilden können.
Die Männer haben uns Frauen in Sachen Bestimmung das Leseruder überlassen und begründet, warum sie uns in diesem bestimmten Fall nicht zur Seite stehen können. Uns bleibt nichts anderes übrig, als deren Entscheidungen zu akzeptieren und als Frauenteam in den dritten Band einzusteigen.
Die Blogverknüpfung mit his & her books, deren Leidenschaft im Genre Fantasy & Dystopien aus dem Jugendbereich liegt, hat uns sehr bereichert. Es hat riesigen Spaß gemacht, lange Diskussionen zu führen und nun mit einem anderen Lese- und Bloggerpärchen in Verbindung zu stehen.
Wir denken, dass wir euch mit einem breiten Meinungsband und auch kritischen Äußerungen aufzeigen konnten, wieviel Spaß es macht, sich zu verbünden und zwischen den Seiten jede Menge Bestimmungsstoff zu sammeln und in der Welt der Literatur nie alleine zu sein.
Ein ganz großes DANKE an his & her books von uns Literatwos und wir freuen uns, auf die nächsten buchigen Verbindungen.