„Ich komme am 24. Mai
Bist du da?
Hoffe, alles gut bei Dir? – Jakob“
(S. 7)
So beginnt der neue Roman „Zwölf mal Juli„ von Astrid Rosenfeld. In gewohnt kurzer, prägnanter Manier wirft sie den Leser mitten ins Geschehen. Diesmal begegnen wir Juli.
Juli, die irgendwie eine Schriftstellerin ist. Juli, die irgendwie komisch ist. Juli, die keinen richtigen Plan hat, wie es weiter gehen soll. Juli, die von Jakob verlassen wurde und den Grund nicht kennt. Juli, die nun von Jakob eine Nachricht erhält. Er will sie treffen, doch sie? Was will Juli?
Zwölf Tage hat sie Zeit, diese Frage zu beantworten. Zwölf Tage, in denen sie unterschiedlichen Menschen begegnet, die Einfluss auf ihr Leben nehmen: beispielsweise ihr Messie-Vater, ein eigenartiger Junge, eine rachsüchtige Eier-Frau, ein süchtiger Nachbar. All diese Begegnungen lösen in Juli Erinnerungen aus, Erinnerungen an ihre Kindheit, aber vor allem an ihre Zeit mit Jakob. In Rückblenden zeigt sich dem Leser eine problematische Beziehung, eine kalte Beziehung von wenig Verständnis geprägt. Und immer wieder Juli, die auf der Suche ist, auf der Suche nach sich selbst, nach ihrem Lebensplan. Sie setzt sich in den Kopf, Archäologie zu studieren, wie Jakob auch, und das mythische Atlantis zu suchen. Ein Vorhaben, das von Jakob mit Sarkasmus und Spott begleitet wird, denn er begreift nicht, was dieses Vorhaben für Juli bedeutet.
„Atlantis. Der Beginn einer Suche nach etwas, das so viel mehr war. als sie selbst. Weit und unendlich. Lass sie lachen, lass sie alle lachen, hatte Juli sich damals ermutigt.“ (S.135)
Die zwölf Tage bis zum Treffen mit Jakob, wenn sie ihm denn antworten sollte, bedeuten für Juli eine Reise. Eine Reise in die Vergangenheit, aber auch durch ihre Gegenwart. Ob sie sich findet, bleibt offen, bleibt dem Fühlen des Lesers überlassen, denn Astrid Rosenfeld ist sehr vage. Und vielleicht ist, eine genaue Antwort zu geben, auch gar nicht das Ziel dieses Romans, zeigt er doch vielmehr die Suche eines Menschen nach sich, nach seinem Platz. Juli ist nicht perfekt, sie ist stellenweise auch nicht sehr sympathisch in ihrer Naivität, ja in ihrer schieren Blödheit, einem Mann hinterherzutrauern, der sie nicht wirklich geliebt hat. Doch Julis Geschichte, so kurz sie auch ist, hallt noch lange im Leserherz nach, denn Astrid Rosenfeld hat eine wahre Geschichte verfasst, keine durch die rosarote Brille gesehene, sondern eine reale mit einer Heldin, die keine ist, die verzweifelt nach Antworten und Botschaften sucht, um einen Weg zu finden, auf dem sie gehen kann.
Je länger ich über diese schmale Büchlein nachdenke, desto mehr wächst es mir ans Herz, denn es ist präzise geschrieben und gnadenlos ehrlich.