Eigentlich sehen wir uns in der Rolle der Verfolger.
Wir verfolgen Autoren von deren Werken wir begeistert sind, da wir darauf brennen, möglichst bald wieder einen neuen Roman aus deren Schreibfeder zu lesen. Wir verfolgen Bücher auf die wir aufmerksam geworden sind und schaffen es sehr schnell, diese unser Eigen zu nennen und zu lesen.
Jetzt allerdings ist uns etwas Neuartiges passiert, denn Asche und Phönix hat uns verfolgt. Überall schossen Bilder des sagenhaft schön gestalteten Covers aus dem Boden wie Pilze im Herbst. Auf Facebook wurden wir geradezu umringt.
Die Asche und Phönix Welle schlug zu. Auch im Buchgeschäft machte dieser Roman vor uns nicht Halt und zeigte sich in seiner Gestalt in sämtlichen Regalen.
Wie soll man sich als Vielleser dagegen wehren, wenn sogar die Buchhändlerin zum Mitnehmen zwingt?
Widerstand zwecklos. Mir waren die Hände gebunden und ich hörte auf mich zu wehren. Asche und Phönix besticht eben wirklich mit dem Cover. Entfernt man den Buchumschlag in der Hoffnung, dass die Anziehungskraft nachlässt, irrt man gewaltig, da sich darunter noch ein anderes Gewand verbirgt, welches inhaltlich zudem auch im Roman eine Rolle spielt.
Ein knapper Vorspann lässt auf ein fulminantes Finale schließen und weckt die Neugier. Drei Akte hält das Werk von Kai Meyer bereit. GLAMOUR heißt der erste Akt, in welchem der Grundstein um die beiden Hauptprotagonisten gelegt wird.
Parker hat die Nase gestrichen voll. Er hat ein absolutes Luxusproblem, was einige von uns vielleicht gern hätten. Doch ihm reicht es jetzt, er möchte nicht mehr der bejubelte, von mehreren tausend weiblichen Fans vergötterte Schauspieler sein. Die Filmpremiere zu GLAMOUR soll seiner Karriere ein Ende setzen. Er möchte seine Rolle als „Phoenix Hawthorne“ nicht mehr, da sein ganzer Ruhm nur seinem Vater zu verdanken ist.
Diesen falschen Erfolg, die schlechte Filmstory, er will und kann dieses falsche und verlogene Gesamtpaket nicht mehr ertragen. Vor den Medien hängt er seine Rolle an den Nagel, sagt sich von seinem Vater los und flüchtet ins Hotel.
Genauso wenig wie Parker gedacht hätte, eine Diebin in seinem Hotelzimmer vorzufinden, hätte auch Ash nicht gedacht, dass es für sie so glimpflich ausgehen würde, wenn man sie auf ihrem Beutezug erwischt. Parker ist über Ash zwar mehr als überrascht, aber innerlich auch dankbar jemandem zu begegnen, der nicht sofort beginnt zu kreischen oder in Ohnmacht fällt. Ash gibt sich kühl, versucht sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien und muss dafür nicht wirklich viel tun. Sie kann alles Geld behalten, wenn er ihn als Gegenleistung unbemerkt aus dem Hotel schleusen könnte.
Gesagt getan. Dem Pärchen, welches so unterschiedlich wie Tag und Nacht ist, gelingt die unbemerkte Flucht und Ash möchte so schnell es geht alleine in ihre Unsichtbarkeit abtauchen. Sie finanziert sich durch Diebstähle und kommt in verlassenen Wohnungen unter. Doch Parker hat nicht die Absicht von ihrer Seite zu weichen und bevor Ash großartig dagegen ankämpfen kann, müssen beide flüchten. Parker ist bekannt wie ein bunter Hund und nicht nur seine Assistentin Chimena verfolgt ihn. Durch das Lossagen von seinem Vater hat Parker einen ihm noch unbekannten gefährlichen Stein ins Rollen gebracht.
Ein alter Pakt ist gebrochen und Parker schwebt in großer Gefahr.
Ash und Parker sind mir sofort ans Herz gewachsen. Ash die starke Einzelkämpferin, die auf niemanden im Leben angewiesen ist und angewiesen sein möchte und dadurch ihre Emotionen absolut unter Kontrolle hat. Sie trägt pausenlos eine Polaroid Kamera mit sich und liebt es damit detailreiche und besondere Aufnahmen zu machen. Parker der erfolgreiche Star, der abseits aller Bühnen total bodenständig und weltoffen ist und dennoch ein für ihn lästiges Problem namens Aufmerksamkeit hat.
Der „Kai Meyer Schreibstil“ ist einfach genial. Er schreibt mit wenigen Worten tausende Bilder vor das Leserauge. Einfach sagenhaft, wie er die Leinwand aufstellt und seine Handlung darauf bildlich präsentiert.
Der Plot selbst hat mir an sich gut gefallen, jedoch kann ich nicht bestätigen, dass ich den Roman aufgrund seiner Spannung nicht auf Seite legen konnte. Ich habe sogar mehrere Tage pausiert, da ich zwischendrin ein kleines Lesetief hatte.
Doch woran lag es? Am Schreibstil auf keinen Fall, an den Protagonisten eigentlich auch nicht, oder doch?
Vielleicht ging mir die Vermischung aus Realität und Fantastik einfach zu schnell. Auf den ersten Seiten fühlte ich mich sehr wohl, zwischen den beiden Normalen. Einzig negativ war es, dass ich immer wieder an Twilight denken musste, was vielleicht auch ein wenig beabsichtig ist. Parker und Ash unterscheiden sich zwar komplett von Edward und Bella, dennoch ertappte ich mich dabei, wie ich an sie dachte.
Auf den ersten Seiten ist alles noch sehr normal, ein stark geschriebener Jugendroman. Nach und nach tauchen dann recht schnell paranormale Gestalten auf. Für Parker ist dies nicht ungewöhnlich, da er diese Gestalten kennt, aber was ist mit Ash? Ich an ihrer Stelle hätte mich erschrocken, gewundert und eine Erklärung benötigt. Dass vieles als normal angesehen wurde, hat mich wahrscheinlich etwas abgeschreckt und innehalten lassen.
Dieser Punkt hat die Leseunterbrechung ausgelöst. Da ich allerdings gern wissen wollte, wie es mit den beiden Hauptprotagonisten weitergeht, habe ich versucht die Weiche in meinem Kopf umzulegen und darüber hinweg geblickt.
Ich schloss mich den Flüchtenden an, reiste von England nach Frankreich und tauchte zwischen den immer höher werdenden Wellen der Fantasie und der Paranormalität.
Gruseleffekte bleiben hier nicht aus, da die Wesen die Kai Meyer zum Leben erweckt nicht gerade ansehnlich sind und auch merkwürdig riechen. Zudem sind sie mehr als heimtückisch und brutal. Aber zwischen den Dunklen Seiten gibt es auch ein paar Helle. Ein zartes Liebesband knüpft sich nach und nach zwischen Ash und Parker. Zart im wahrsten Sinne des Wortes, denn beide sind sich ebenbürtig, tragen ihre Emotionen nicht pausenlos offen vor sich her und stellenweise steht der Dickkopf im Vordergrund, der einiges schwieriger macht als es manchmal sein müsste.
Kein Kitsch, keine Liebesschmonzette und dennoch Gefühl und Sätze voller Poesie.
Die Erzählperspektive ist im auktorialen Stil und kapitelweise gibt es einen Hauptrollenwechsel zwischen Ash und Parker, welcher die Spannung oben hält. Zudem sind einige Kapitel in kursiver Schrift verfasst, in denen die dunkle Macht namens Libatique, zu Wort kommt.
Fantasyfans – ihr werdet den neuen Kai Meyer lieben, euch wohl bei Ash und Parker fühlen, eine aufregende Roadmovie-Fluchtzeit verbringen und auch wenn das Ende teilweise vorhersehbar ist, ist es schlüssig und hält noch einige Überraschungseffekte bereit.
Für Kai Meyer Neulinge ist der Roman eine gute Einstiegsdroge, da es ein Einzelband ist und man sich jetzt in eine seiner Trilogien fallen lassen und der Kai Meyer Sucht hingeben kann.