Schlagwort: Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki

Pilgerjahre des Herrn Tazaki ~ Haruki Murakami

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Wir lesen Murakami

Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki (btb) von Haruki Murakami

Seit unserem gemeinsamen Spontanbuchkauf steckten Jule und ich nun zwischen den Murakami-Seiten. Eigentlich wollten wir irgendwann mal beginnen, doch dann ging alles schneller als gedacht. Jule ist gleich beim ersten Reinlesen im Roman hängen geblieben. Murakami hat sie sofort gefesselt und ich bin gefolgt. Wir haben eine aufregende Lesezeit hinter uns und so einiges so erzählen…

Wie ist das passiert? Welchen Trick hat Murakami benutzt, um dich im Buch zu halten?

Haha und direkt muss ich schmunzeln, wenn ich an unseren Sonntag zurückdenke. So wenig Zeit und so vieles gemacht. Und am Ende Murakami… ja Murakami, viel gelesen darüber, viel gehört, immer selber lesen wollen und es dann doch nicht gemacht. Warum jetzt? Keine Ahnung, vielleicht weil meine Reise farblos war ohne Buch und doch so farbenfroh durch die vielen Erlebnisse? Vielleicht sollte es so sein, dass genau dieses Buch, in dem es um das Zerbrechen einer wunderbaren Freundschaft geht, unsere Freundschaft wieder mit vollem Leben erfüllt?

Wie konnte Murakami mich im Buch halten? Eine weitere gute Frage, weißt du ja, dass ich in rastlosen Phasen oft durch die Bücher switche, ohne mich festlegen zu können, welches ich nun lesen will. Das war diesmal anders. Murakami hatte mich sofort. Vielleicht ist es der asiatische Stil, die Ruhe und Besonnenheit und dennoch bildhafte Vielseitigkeit des Schreibens. Eine Ruhe, teils melancholisch, die mich irgendwie aufgeräumt hat und die ich momentan auch brauche.

Farbloses Bunt

Als ich das Buch daheim in Ruhe betrachtete, fiel mir sofort ein großer Widerspruch auf. Ein bunter Schmetterling ziert das Cover und im Titel steckt das Wort „farblos“. Was sagst du zu diesem farblosen Bunt?

Farbloses Bunt – ein wahnsinnig tolles Gleichnis, finde ich. Denn sind wir mal ehrlich: Geht es uns nicht auch manchmal so, dass wir uns viel unspektakulärer sehen, als das andere tun? Denken, dass wir doch gar nix besonderes können, den anderen manchmal ihre Fähigkeiten neiden, versuchen, spezieller zu sein, irgendwie zu glänzen, irgendetwas zu finden, das uns einzigartig macht. Und über all den Gedanken vergisst man, dass man schon etwas ganz besonderes ist. Die anderen Menschen, Familie und Freunde sehen dieses oft und man selbst mag es gar nicht glauben. Und dazu kommt noch der Schmetterling: Er beginnt sein Leben als Raupe, dann eine nahezu blassgrau-braune, ja fast schon hässliche Puppe, bevor er in schillerndsten Farben aus dem Kokon bricht und sein Leben lebt. Vielleicht ist das alles ein Symbol für die Pilgerfahrt, die Tsukuru durchmachen muss, um sich selbst zu finden? Oder was waren deine Gedanken dazu?

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Murakami-Spontankauf

Murakami-Leserinnen

Bei mir gehen bei solchen Bildern auch Gedanken über das Leben durch den Kopf. Das Leben bunt malen zum Beispiel. Ich mag bunt und ich glaube, dass ich selbst und auch niemand in meiner Umgebung farblos ist. Oder farblos bunt. Lach. Viele Gedanken habe ich mir nicht gemacht, nur den Widerspruch überdacht und schon wenig Seiten weiter, habe ich erfahren, warum farblos und bunt so vereint sind. Die 5-er Clique ist nicht nur durch die Charaktere besonders, sondern auch was die Nachnamen betrifft. In allen vier Nachnamen kommt eine Farbe vor, außer in Tsukurus. Das nenne ich mal Zufall und auch wenn Namen nur Schall und Rauch sind, wie man so schön sagt, fühlt es sich doch ein wenig nach Außenseiter an. Oder?

Da hast du total recht, gerade in so einer eingeschworenen Gemeinschaft ist es fast schon ein Makel, wenn man der einzige farblose Freund ist. Auch wenn die anderen das nie zeigen, bleibt in einem doch immer das Gefühl, nicht komplett dazuzugehören, das Gefühl, dass die Farbigen doch noch einen Tick eingeschworener sind. Eigentlich dumm, so zu denken, aber der Mensch ist ein seltsames Wesen, das gern mal zu viel um die Ecke denkt und so in solche Gedanken abdriftet. Schaut man sich den weiteren Verlauf der Geschichte an, ist es doch auch definitiv ein weiteres Indiz, dass Tsukuru doch eine andere Rolle zugedacht ist, als nur „einer von 5“ zu sein. Denn er bleibt ja doch irgendwie übrig..

Gleich auf der ersten Seite erfahren wir, das Protagonist Tsukuru Tazaki Sehnsucht nach dem Tod hatte – erschrecken dich solche Sehnsüchte oder erging es dir schon ähnlich?

Todessehnsucht?

Ja, durchaus erschrecken mich solche Sehnsüchte immer irgendwie, wenngleich man sie auch in manchen Fällen nachvollziehen kann. Denn ich muss sagen, dass ich – egal in welcher wirklich schlimmen Situation ich mich wiedergefunden habe, und du weisst, davon gab es einige – immer kleine Momente des Glücks gefunden habe, die mir gezeigt haben, dass das Leben weitergeht und auch schön sein kann. Die immense Leere kann ich sehr gut nachfühlen, wenn einem ein so wichtiger Stützpfeiler aus dem eigenen Leben gerissen wird. Das ist, als würde man ein Bein amputiert bekommen und nicht wissen, wie man nun weiterleben soll.

Es schmerzt, es tut weh, es ist dumpf… Aber man muss dagegen ankämpfen, genauso wie Tsukuru es tut. Und in diesem Zusammenhang ist Sara ein wirklich wichtiger Faktor. Man verliert schnell den Blick nach außen, wenn man in solch einer Situation ist. Da braucht man so manchen Stups von Freunden, die einen wieder auf die Spur bringen, und das braucht Zeit. Jeder braucht in so einer Situation eine Sara, die rational denkt… Ging es dir schon mal so??

Ich glaube, dass ich alles schon mal erlebt habe. Gerade in dunklen Lebensstunden ist man dem Tod nahe. Zumindest bewegen sich gerade dann die Gedanken an den Lebensrand und schauen, was es da unten alles gibt. Um Sehnsucht nach dem Tod zu haben, ist mir das Leben zu bunt und zu wild. Dazu lebe ich wohl viel zu gerne und ich versuche nur noch das beste aus jedem Tag zu machen. Einfach drauf los und nicht so viel denken, auch wenn denken manchmal vernünftiger wäre. Hey – wir leben nur einmal und das eine mal muss doch richtig krachen. Deine Situation kenne ich, du kennst meine und wir haben wohl beide schon Brüche in einer Freundschaft erlebt. Wir müssen kämpfen und uns bewegen, um nicht von Sorgen und Ängsten gefressen zu werden. Tschakka!

Facetten

Genauso sehe ich das auch! Tausend bunte Facetten gibt es und die müssen und sollen jeden Tag aufs Neue genutzt werden! Da sind wir uns glaube sehr einig. Wir leben unser Leben und genießen es trotz aller harten Phasen in vollen Zügen – und so gehört sich das.

Murakami
Zwei Bücher – ein Lesen

Murakamis Zitate

Das erste Zitat, das ich mir im Text markiert habe, ist: 

„Es ist eine beachtliche Leistung, im Leben einen Gegenstand zu finden, für den man sich besonders interessiert.“ (S. 51)

Hast du einen solchen Gegenstand? Und was bedeutet er dir?

Das ist ein sehr schöner Satz, auf jeden Fall und ich glaube, dass wir alle im Leben einen Gegenstand finden, den wir besonders lieben. Interessant – ist ein Wort, was ich nicht so mag. Bei Gegenstand toben mir viele Dinge durch den Kopf. Ein Satz der viel auslöst. Jeder Herzmensch in meinem Leben ist wohl auch durch einen Gegenstand mit mir verbunden, Details mag ich an der Stelle nicht nennen, da müsste ich zu weit ausholen. Jeder weiß, wer gemeint ist und um was es geht. Um ein Stück zurück zum Buch zu kommen – das Buch ist ein besonderer Gegenstand für mich, verbunden mit vielen gemeinsamen Erinnerungen und es bedeutet mir allerhand, denn die Erinnerungen sind in mir und immer wenn ich es sehe, werden diese vor meinem Auge wieder lebendig.

Wie sieht es bei dir aus?

Gegenstand finde ich eine etwas doofe Umschreibung, denn genau wie bei dir sind es bei mir Momente, Erinnerungen und insbesondere Menschen, für die ich mich interessiere, die mein Leben bereichern und es mit besonderen Werten füllen. Natürlich ist dies an Gegenstände gebunden. Bei mir sind das insbesondere Fotos. ich bin ja ein Foto-Junkie, Instagrammer,… aber auch Lieder sind es, die mich an besondere Dinge erinnern. Einen Gegenstand gibt es da nicht. Mich interessieren viele Dinge sehr. Denn wenn man keinerlei Interessen hat, ist das Leben doch sehr traurig. Ich bin neugierig, lerne gern dazu, lerne neue Dinge und Menschen kennen, lasse mich von Erfahrungen bereichern, auch wenn diese nicht immer toll sind, oder auch manchmal schmerzhaft. Aber diese sind auch wichtig, um das Leben in allen Farben zu gestalten.

Murakami fordert

„Dein Vater fragt sich, ob er dir mit dem komplizierteren Zeichen die Last des Lebens nicht noch schwerer machen würde. Er fand, mit dem einfacheren Zeichen würdest du vielleicht ein sorgloseres Leben führen. Er hat sich wirklich ernsthafte Gedanken gemacht.“ (S. 56-57)

Diese Textstelle knabbert in Anbetracht von Tsukurus Leben sehr an mir. Wie empfindest du, wenn du das liest?

Bei der Textstelle geht es um seinen Namen. Weißt du, was mir da gerade auffällt? Mein Vorname beinhaltet auch eine Farbe. Ich passe regelrecht in Tsukurus Clique rein. Verrückt. Wenn man nur über komplizierte Zeichen und die Last des Lebens nachdenkt, kann man richtig tief zwischen Gedankenwelten versinken, auf jeden Fall. Wenn ich die Stelle nüchtern betrachte, also wirklich nur die Entscheidung zwischen einem einfachen Namen mit einfachem Zeichen und einem schweren Namen mit kompliziertem Zeichen, dann ziehe ich das einfachere Zeichen wohl vor. Das Leben ist so schon kompliziert, warum einen Namen tragen den man ständig erklären muss, erst mit 6 Jahren richtig aussprechen kann und ein extra großes Türschild braucht? Ich empfinde die Entscheidung des Vaters richtig. Du nicht?

Namen – Schall und Rauch?

Unterschreibe ich. Namen sind das erste, das man meist von anderen Menschen erfährt. Man trägt seinen Namen wie ein Aushängeschild vor sich her und gerade in unserer Zeit wird man so sehr über seinen Namen definiert. Man denke an die ganzen Exoten, die da jetzt auftauchen und sofort mit Klischees verbunden werden. Eine Chantal kann noch so viele Einser schreiben und wird es dennoch immer schwerer haben als eine Marie. Ungerecht, aber leider Realität. Deshalb verstehe ich den Vater auch sehr gut. Einfach und schlicht, das Leben verleiht dem Ganzen dann sowieso noch den Schliff, den es für einen vorgesehen hat.

Wie findest du die Geschichte, die Haida erzählt? Wie fügt sie sich für dich in das gesamte Buch ein?

Eigentlich wollte ich dich fragen, was du von Haida hältst. Wir können schlecht auf Details eingehen, aber so im Großen und Ganzen? Diese eine Schlüsselstelle beschäftigt mich wahnsinnig stark. War es ein Traum? War es echt?

Ich kann es dir nicht beantworten, genauso fühlte ich auch. Es war schräg, berührend, krass, verrückt. Ein Wechselbad der Gefühle… Knabbert an mir, genau wie das Ende des Buches.

Haidas Geschichte gehört für mich zu einer Lebensstation die wir alle kennen. Begegnungen mit Menschen sind Stationen auf unseren Lebenspilgerjahren. Wir erleben sie immer und immer wieder und bestimmte Menschen müssen wir im langen Leben nur knappe 10 Minuten treffen. Diese 10 Minuten beeinflussen uns, geben Kraft und verändern bestimmte Blickrichtungen und Emotionen. Doch nicht nur die Begegnungen, sondern auch die Geschichten über Begegnungen können bewegen und Haidas Geschichte fügt sich nahtlos in Tsukurus Lebensgeschichte ein. Magst du mir deine Gedanken verraten?

Begegnungen

Begegnungen mit Menschen sind Stationen – das hast du sehr schön gesagt, denn es trifft die Sache auf den Punkt. Manche Menschen kommen, hinterlassen Schmerz und verschwinden wieder – Spuren bleiben dennoch. Andere kommen, bleiben und bereichern in allen Zeiten, andere wiederum kommen wie eine Sternschnuppe für einen kurzen Zeitraum durch dein Leben gerauscht und hinterlassen einen strahlenden Schweif von Glück, Freude und guten Erinnerungen, bevor sie weiterziehen. Wieder andere lässt man tief in sein Herz, um dann den Veränderungen der Zeit und des Charakters zu erliegen. Veränderungen, die aus Freundschaft Schmerz machen – aus Gründen des Neids, der Ungerechtigkeit,… Manche Wege bleiben gemeinsam, manche trennen sich irgendwann (im Guten oder Schlechten).

Manche Wege verlaufen im Sand, manche gehen ein Stück miteinander, verlieren sich und finden wieder zusammen. Ein komisches Spiel des Lebens, das am Ende irgendwie aber meist Sinn ergibt. Alle diese „Optionen“ habe ich erlebt, einige davon waren und sind sehr schmerzhaft und der Umgang damit, bzw. die Akzeptanz dessen fällt phasenweise sehr schwer, gerade wenn man ein starker Gefühlsmensch ist. Wie geht es dir dabei? An einer späteren Stelle steht: „Wahrscheinlich war es sein Schicksal, allein zu sein.“ Denkst du, dass es ein solches Schicksal gibt? Dass Menschen wirklich zur Einsamkeit verdammt sein können, die innerlich doch so gute Menschen sind?

Murakami
Murakami – farblos?

Einsamkeit

Oh nein, wenn sind das nur Phasen im Leben. Richtig verdammt zur Einsamkeit – das ist ein grausamer Gedanke und nein, sowas gibt es nicht. Irgendwie finden wir Menschen immer ein Gegenstück, was uns begleitet.Deine geschilderten Situationen kenne ich wohl ebenso – ich glaube sogar, dass jeder Mensch alle Situationen erleben wird, einmal so erleben muss.

Die große Frage im Buch ist, warum die Clique damals auseinander brach, warum von jetzt auf gleich der Kontakt zu Tsukuru abgebrochen wurde. Ich bin ein emotionaler Mensch und ich verkrafte es nicht, wenn ich nicht weiß, warum sich Menschen abwenden und nicht mehr melden. Furchtbar. Mir hat es stellenweise das Herz zerrissen und ich glaube ich hätte immer und immer wieder Kontakt gesucht, bis ich einen Grund erfahre. Brauchst du auch einen Grund oder kannst du bestimmte Verhaltensweisen einfach akzeptieren und damit weiterleben?

Kurioserweise stecke ich gerade mitten in einer solchen Situation. Ein Freund hat sich komplett von uns allen abgewendet. Er war ein Vertrauter, ein wichtiger Mensch in meinem Leben. Er ist aber gefangen in seiner eigenen kleinen Welt, neidzerfressen, selbstgerecht, verletzt nach außen hin und spinnt sich einen Kokon. Mehrmals hat er mich schwer verletzt, ich habe immer verziehen und Kontakt gesucht. Aber mittlerweile muss ich das ignorieren, ihn höflich aber bestimmt aus meiner Nähe verbannen. Denn ich will mich von ihm nicht zerstören lassen. Und das würde über Kurz oder Lang passieren, wenn ich ihn in meinem Herzen behalten würde. Nachdem ich diesen Punkt erreicht hatte, fiel es mir leichter, damit klarzukommen, auch wenn es immer wieder Situationen gibt, in denen ich ihn schütteln will und anschreien mag, warum er so geworden ist und wann das passierte.

Freundschaft?

Ein anderer Freund hat eine neue Freundin bekommen, die mich nicht mochte und mag und so gegen die Freundschaft intrigiert, dass er seit knapp 2 Jahren kein Wort mit mir spricht und mich schneidet. Das war ein sehr schmerzhaftes Erlebnis, da wir sehr viel durch haben gemeinsam und es hat sehr lang gedauert, bis ich damit klar kam, dass es da wohl nie eine Absprache geben wird, warum das geschah. Aber je länger ich reflektiert habe, desto mehr ist mir bewusst geworden, dass man daran nichts ändern kann, da die ganze Freundschaft schon in eine Einseitigkeit abgedriftet war, die einem in dem Moment aber gar nicht bewusst war.

Insgesamt suche ich auch sehr lange nach Antworten, nach Gründen, da es einen innerlich zerreißt. Nun, manchmal gibt es keine Antworten oder kein Interesse nach Klärung von der anderen Seite. Da muss man dann einfach lernen, die Dinge zu akzeptieren, so schmerzhaft das auch ist. Am Ende geht man gestärkt daraus hervor.

Lebensantwort

Ohje. Das klingt nicht gut. Zerstören lassen dürfen wir uns auf keinen Fall. Ab und an scheint es doch besser zu sein, einen Schritt zurück zu akzeptieren, so weh es auch tut.

Haida sagte:

„Ich bin nicht gern an einen Ort gebunden. Ich will gehen, wohin es mir gefällt und wann es mir gefällt. Leben, wie ich will, und denken, was ich will.“ (S. 62)

Murakami
Haruki Murakami – eine Lesereise

Haruki Murakami – eine Lesereise

Was sagst du dazu? Hat er recht? geht es dir genauso? Bist du heimatverbunden oder doch eher auf der Reise und rastlos auf der Suche nach Neuem??

Das ist eine sehr schöne Frage. Ich bin nie auf der Suche nach Neuem, ich glaube, das Neue sucht und findet mich. Gehen wohin und wann es mir gefällt – klingt gut, ist aber nicht immer umsetzbar, gerade dann, wenn der Job dran hängt. Das kennen wir wohl alle. Aber ich versuche alle Pläne auszublenden und leben im Jetzt und im Hier und mache was mir gefällt und gut tut und genau dort halte ich mich dann auch örtlich auf. Meine Wurzeln allerdings sind unversetzbar und das ist auch gut so. Ich bin hier und ich bleibe hier und ich mag nicht weg. Haida muss ich nicht Recht geben, er handelt nach seinem Gefühl und ich denke, so handelt er richtig. Das Herz bestimmt unsere Lebensreise – oder?

Und wie stehst du zur Aussage:

„Alles hat seine Grenzen. Auch das Denken. Man sollte diese Grenzen respektieren, aber sich auch nicht fürchten, sie zu durchbrechen. Das ist das Wichtigste, um frei zu werden. Respekt und Abneigung gegenüber den Grenzen. Die wichtigsten Dinge im Leben haben immer zwei Seiten.“ (S. 63)

Grenzen

Ich finde, diese Aussage hat so viel Wahres in sich. Wie oft denkt man nach, traut sich nicht, darüber zu reden oder sich auszutauschen. Wie oft wird man von anderen ausgebremst. Kann man in unserer Gesellschaft überhaupt noch frei denken?

Das ist so eine schöne Stelle. Und ich mag deine Frage sehr. Frei denken – ich denke schon und ich denke, dass es auch sehr wichtig ist. Ob man es kann, liegt an uns selbst. Ich kann es und ich will es und ich lasse mich nicht bremsen. Das Thema hatte ich erst mit einem Herzmenschen. Grenzen respektieren, auf jeden Fall, aber nicht fürchten. Und durchbrechen ist gut, denn durchbrechen befreit. So sehe ich das. Ich lege viel Wert darauf, über Gedanken zu sprechen. Gedanken gehören uns, aber es gibt viele Gedanken die geteilt werden sollten, denn mit geteilten Gedanken und Gefühlen wird vieles viel leichter, auch wenn es erst schwerer erscheint. Aber Gespräche können so viel ändern und bewegen. Lasst die Gedanken frei!

„Obwohl wir eigentlich in einer Zeit zunehmender Beziehungslosigkeit leben sind wir von so vielen Informationen über andere Menschen umgeben. Wen man will, kann man sich ganz leicht Zugang zu diesen Informationen verschaffen. Und doch wissen wir fast nichts über andere Menschen.“  (S. 123)

Ich finde, das ist die „Krankheit“ unserer Zeit. Man hat hunderte virtueller Freunde mit denen man sich über Interessen austauscht. Will man etwas wissen: „Ach, ich google mal, ich facebooke den mal,…“ Doch wissen wir wirklich, wie es den Menschen geht? Sie malen lustige Smileys, sitzen dabei aber vielleicht weinend am PC. Sie schreiben: „Mir geht es gut.“ Doch tut es das wirklich? Ich nehme mir ja bewusste Auszeiten von Facebook und anderen sozialen Medien. Ich will leben, Freunden beim Kaffee trinken in die Augen schauen und mit ihnen lachen, weinen, reden,… wie siehst du das?

Achtsam sein

Das kann ich nur unterschreiben. Ich glaube wer Achtsamkeit ab und an übt und weiß, was das ist, der muss sich nicht ständig mitteilen. Ich habe mich privat von FB zum Beispiel sehr zurück gezogen. Warum muss jeder wissen, was ich mache und was mich bewegt? Es reicht doch, wenn ich es weiß und wenn die Menschen mit denen ich zusammen bin, die Bilder gleichzeitig mit mir sehen und die Erlebnisse teilen. Warum noch andere dazu holen und teilhaben lassen?

Das Herz zählt und ja, genau, das in die Augen schauen. Miteinander lachen und erleben und nicht genau in dem Moment zeigen. Es gibt Situationen über die man dann erzählen kann, aber der Moment ist es doch, der uns erfüllt. Das sich einige Mitmenschen hinter positiven Worten verstecken und eine Fassade aufgebaut haben, glaube ich sehr. Leider. Ich lasse die vielen Informationen nicht mehr an mich heran und ich wirke gern der zunehmenden Beziehungslosigkeit entgegen.

Murakami Leseglück
Murakami Leseglück

Offenes Ende?

Da hast du recht und so versuche ich es auch mehr und mehr zu handhaben. Ich will keine Marionette meines Lebens sein, sondern dieses Leben und genießen, ich will spontan sein, jeden Tag aufs Neue. 🙂

Das Ende hat mich sehr verstört zurück gelassen. Ich mag nicht spoilern, aber vielleicht können wir verraten, das Murakami ein offenes Ende gewählt hat, welches aber durchaus nach Tagen verkraftbar ist? Mit welchen Gefühl hast du den Roman verlassen?

Auch hier stimme ich dir zu. Das Ende lässt wichtige Fragen offen, die mich in einer Zwickmühle zurückgelassen haben. Unbedingt will man doch wissen, wie sich das eine oder andere nun letztendlich entwickelt hat oder was es mit dem oder der Person auf sich hat. Aber erfüllt hat mich das Buch trotzdem komplett. Erfüllt und auch beruhigt bin ich aus den Seiten getaucht… Beruhigt, da aus dem Kern der Geschichte nun doch die Wahrheit entsprungen ist. Ich denke, das kann man so sagen, ohne dass zu viel verraten wird.

Tsukuru besucht drei seiner alten Freunde. Welcher Freund ist dir ans Herz gewachsen? Oder haben sich alle drei Persönlichkeiten fremd für dich angefühlt?

Ans Herz gewachsen ist mir eigentlich so direkt nur Erik am Ende des Buches. Denn zwischen ihr und Tsukuru gab es diese besondere Verbindung, die es bei den anderen Freunden nicht gab. Man merkt deutlich, dass sich jeder irgendwie weiterentwickelt hat und dass das Leben weiterging. Aber Eri ist hinter der Fassade noch genau dieselbe, die sie früher war. Ich finde diese letzten Kapitel so wahnsinnig emotional und tief. Wahrscheinlich hat das dafür gesorgt, dass ich sie so fest an mich gebunden habe. Hast du auch einen Favoriten für dich entdecken können.

Murakami – Fan?

Wirst du nun zum Murakami-Fan? Wirst du ein weiteres Buch von ihm lesen?

Haha, der nächste Murakami liegt schon bereit: „Kafka am Strand“ – brauche nur noch die Zeit dafür. Du hast mir ja ein Bild von deinem Regal geschickt, in dem sich schon einiges von Murakami tummelt. Welches ist dein Favorit?

Nun sind wir ziemlich am Ende des Buches angekommen, denke ich! Gibt es noch etwas, was dir besonders auf der Seele brennt? Ich möchte gern noch ein letztes Zitat erwähnen, das mich tief berührt hat, da es einfach so wahr ist. Nichts funktioniert, wenn es nicht im Gleichgewicht ist:

„In diesem Moment erkannte Tsukuru Tazaki es. Er begriff endlich in den Tiefen seiner Seele, dass es nicht nur die Harmonie war, die die Herzen der Menschen verband . Viel tiefer war die Verbindung von Wunder zu Wunde. Von Schmerz zu Schmerz. Von Schwäche zu Schwäche. Es gab keine Stille ohne den Schrei des Leides, keine Vergebung, ohne das Blut floss, und keine Überwindung ohne schmerzhaften Verlust. Sie bilden das Fundament der wahren Harmonie.“ S. 266

Das Zitat habe ich mir auch markiert. Wohl wahre Worte. Einen Murakami Favorit habe ich noch nicht. Bisher habe ich nur „Wilde Schafsjagd“ gelesen und der war schon ziemlich abgedreht, wenn ich mich richtig erinnere. Fantasy eben – eine ungewöhnliche Mischung.

Liebe Leser? Habt ihr uns bis zum Schluss gelauscht? Das freut uns und noch mehr freut es uns, wenn ihr uns im Kommentar über eure Murakami – Leseerfahrung erzählt.

„Nicht alles verschwindet i Fluss der Zeit.“ (Seite 318)

Eure
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Bad hair day – good book day!

Crazy day...
Crazy day…

Kolumne 19 & 20/2016: #bookday

Huch – was ist denn hier los? Gibt es nicht immer sonntags einen außergewöhnlichen Beitrag in der Kategorie – Buchwoche – ? Und zwar wöchentlich?

Ja, eigentlich – das kann ich so sagen, aber nun ist es eben mal anders. Anders ist immer gut und verrückt erst Recht. Aber mal im Ernst – was geht denn bei Literatwo? Ist es wahr, dass hier seit einigen Tagen überhaupt nicht mehr gelesen wird? Scheinbar ja, aber das ist nicht schlimm, denn schlimm ist, wenn das Leben hintenan steht und man bei schönem Wetter drinnen sitzt und liest und schreibt, obwohl man nur einmal lebt. Und genauso habe ich es gehalten. Bloggen soll Spaß machen und bloggen macht verdammt viel Spaß, aber wenn die Sonne draußen lacht und das Leben so schön bunt und verrückt ist, dann geht doch das Leben irgendwie doch ein Stück vor, oder? Wie sagte die liebe Julia gestern so schön: wir haben eben auch eine Welt außerhalb der Buchwelt. Andere haben nur ihre Buchwelt.

Ich bin extrem dankbar dafür – Freunde, Familie und Co. was wäre ich ohne euch – und ich habe ja die letzten Tage nicht wirklich ohne Buch verbracht, aber nicht mit dem Buch, mit dem ich die letzten Tage eigentlich verbringen wollte und eben auch nicht am PC. War es schlimm? Nein, ganz im Gegenteil. Ich habe jede freie Minute genossen und festgestellt, dass es nicht weh tut, wenn ich mich nicht an meine festen inneren Blogzeiten halte, wenn ich nicht sofort PNs beantworte oder auf Facebook poste. Eigentlich gibt es immer dienstags und donnerstags einen umfangreichen Buchartikel, auch Rezension genannt und sonntags buchige Worte über ein Thema, was mir spontan in den Kopf kommt. Es tut nicht weh, wenn man spontan nicht bloggt, so mein Fazit und es fühlt sich gut an. Richtig gut sogar.

Dennoch wollte ich nicht unerwähnt lassen, dass ich im Schiff weiterlesen wollte. Im Schiff? Guckt mal hier: Strakanische Theseus Lesegefühle Ich habe noch ca. 150 Seiten vor mir und ich werde diese auch ganz sicher lesen und gedanklich kann ich schnell wieder auf dem Schiff Platz nehmen – keine Frage. Aber dieses Buch ist speziell und kann nicht herumgetragen werden, es braucht Ruhe und es will die pure Tiefe und ich glaube, dass dieses Buch genau dann ruft, wenn die richtige Zeit ist. Momentan wäre es falsch darin zu lesen – so meine innere Stimme und auch die sollte man doch ab und an hören.

Sei spontan und scheiß auf den bad hair day, wenn du die liebe Julia (Ruby´s Cinnamon Dreams) treffen kannst. Eigentlich wollte ich schon die Freundschaft kündigen, denn Jule ist überall, aber immer nur kurz in Dresden. Absicht? Grins. Ich muss schon wieder lachen, wenn ich an das gestrige Treffen denke. Es war so typisch wir und so genial und natürlich buchig. Spontan sein – bekommen wir hin, auch wenn alles verdammt knapp war – aber hey – thats life oder? Also fix zum Hauptbahnhof, fix zum Starbucks und fix in den Buchladen und dann fix in den Zug – wir können das, als ob wir das ständig machen. Dabei unterhalten wir uns zum Großteil in Englisch und nehmen uns ohne Punkt und Komma hoch. Es ist grandios. Es ist laut. Es ist lustig. Alle Blicke auf uns – haha. Wir fallen auf. Und ja, die Sache mit dem Buch – wir mussten mal fix zum Pfingstsonntag ein Buch kaufen, denn die Jule reist ohne Buch. Das geht ja mal überhaupt nicht und ein Buchkauf fetzt nur gemeinsam und mit Postkarte, die als Lesezeichen dienen soll. So! Ihr seht, dass wir uns für den Haruki Murakami entschieden haben. Wir tauchen also bald in Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki ein. Yeah!

Bad hair day – good book day – yes, baby!

Der Wahnsinn den man Liebe nennt
Der Wahnsinn den man Liebe nennt

Und nie ohne Buch – klar! – und darum hab ich Julia gleich noch ein Buch mitgebracht. Der Wahnsinn den man Liebe nennt von Clara Römer – Julia kennt das Buch – und wie! Lest mal hier: Achtung Buch.

Warum hab ich ihr dann dieses Buch mitgebracht? Hintergründe sind an dieser Stelle völlig nebensächlich, denn ich habe Geburtstag und zwar heute und genau deshalb könnt ihr heute den Wahnsinn gewinnen. Julia und ich verlosen jeweils ein Buch von Clara Römers Werk. Was ihr tun müsst? Ihr schreibt einfach genau hier unter dem Artikel in den Kommentar, was für euch der Wahnsinn in der Liebe ist. Gibt es für euch überhaupt den Wahnsinn den man Liebe nennt? Wie sieht er aus?

Bis zum 17.05. gegen 20 Uhr habt ihr Zeit, eure Worte hier nieder zu schreiben und parallel eine Mail an literatwo@aol.de mit eurer Adress zu schreiben.

Wir sind gespannt und freuen uns auf eure Worte und nicht nur wir – auch die liebe Clara Römer!

Und jetzt raus mit euch – geht mal was erleben und rockt den Tag! Wie wärs mit einem fixen Fliederklau? 😉 Seid verrückt und vergesst das Buch dabei nicht.

Update – 19.05.2016: Über den Wahnsinn der Liebe darf sich Franzi aka RoseF freuen. Herzlichen Glückwunsch und Danke an alle die mitgemacht haben.

Eure

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