So bin ich wirklich nicht.
„1. 68% sind wirklich passiert.
2. 32% sind es nicht.
3. Ich werde es nie verraten.“
(Seite 5)
Aber hey, bevor du hier weiter liest, möchte ich sagen, dass dieses Buch wohl so ziemlich speziell ist. Ich mag nicht, dass du hier deine kostbare Lesezeit verschwendest, denn du solltest dich schon auf ein paar abgedrehtere Zeilen gefasst machen. Außerdem wird die Ausdrucksweise etwas vulgär und extrem. Gretas Storys sind nicht für jedes Gemüt, wenn ich das mal sachte ausdrücken darf. Ich stehe ja auf Romane, die nicht von dieser Literatur Welt sind. Und das ist gut so. Zumindest für mich. Ich mag das so. Wie? Ja, genauso, wie Anneliese Mackintosh schreibt.
„So bin ich nicht„ (Aufbau Verlag) von Anneliese Mackintosh ist verdammt ehrlich, verdammt offen und verdammt anders. Ich liebe ANDERS!
Bevor ich euch sage, wie sie schreibt, schicke ich euch mal schnell in ein Video von ihr. Video? Geht es hier nicht um Buch? Ja, klar, aber guckt mal:
Unglaublich sympathisch oder?
Kann man bei ihrem Buch lachen? Ohja, auf jeden Fall, denn die Protagonistin Greta (Anneliese Mackintosh?) lebt (überlebt?) mehr oder weniger nur durch ihren Humor. Kann man bei ihrem Buch heulen? Wenn man den Humor überliest, auf jeden Fall. Aber man muss ihn nicht zwangsläufig überlesen, denn geschockt ist man phasenweise so oder so.
Greta will einfach nur ein lebbares Leben. Ja, so kann man das sagen. Sie will Liebe erfahren, das Glück berühren und ein Stück Familie. Achja, und sich selbst natürlich auch. Greta trinkt zu viel, sie will ihre Schwester nicht an den Tod verlieren und sie hätte gern ein normales Verhältnis zu ihrer Mutter. Was gibt es noch zu sagen? Greta ist auf eine gewisse Art und Weise verdammt einsam und sie vermisst ihren Vater. Und dann ist da noch ihre Doktorarbeit.
Die Themen sind tief und oberflächlich, stark und schwach und wild durcheinander. Die Erzählperspektive wechselt, es gibt Briefe, Anleitungen und kurze Lebensausschnitte die für Leser nicht gleich zu verarbeiten sind.
Und was passiert davor und danach und mittendrin? Ist das nicht genug?
Mackintosh schreibt vielleicht nicht ganz so extrem wie Ilaria Palomba – „Tu dir weh„ – aber mindestens so frisch wie Lena Dunham – „Not that kind of girl„ – und so in der Art wie Jenny Lawson – „Das ist nicht wahr, oder?„ – und irgendwie auch wie Ronja von Rönne – „Wir kommen„
Eine Mischung die es sich zu lesen lohnt. Aber es ist eben speziell und ich mag es speziell. Ich kann mit Worten wie ficken umgehen, ich kann mich mit extremen Situationen gekoppelt mit Alkohol, Drogen und Sex auseinander setzen. Aber wie sieht das mit euch aus? Wenn nicht, dann lasst die Finger davon. Wer allerdings kein Problem damit hat, aber vor dem Wort „Storys“ zurück schreckt, den kann ich ruhig stellen. Die „Geschichten“ sind alle miteinander verbunden, sie sind ja auch aus einem Leben, also im Grunde ist es ein Roman mit Kapiteln in denen immer mal hin und her gesprungen wird.
Kostprobe gefällig?
„Ich beschloss, ihr nicht zu erzählen, dass ich bei sieben verschiedenen Dating-Websites angemeldet war, dass ich nachts im Wald Lachgas ausprobiert und eine 60 Pfund teure Ladung Koks weggeputzt hatte, dass ich mit zwei Lesben und mit einem Schwulen im Bett gewesen war und mich jede Nacht in den Schlaf weinte.“ (Seite 8)
So in dem Stil füllt Mackintosh die Seiten über Greta. Ein labiler Charakter wird uns präsentiert, der noch keinen Ruhepol gefunden hat und wie ein kleines Boot auf offenem Meer im Sturm hin und her treibt. Sie ist extrem, sie ist mutig, sie ist schwach und ihr Verhalten ist mehr Trug als Schein. Sie versteckt sich hinter einer gut ausgebauten Fassade und lebt den Galgenhumor aus. Mir ist sie ans Herz gewachsen, da sie mich mit ihrer Art berührt hat.
Sie ist sensibel und stark und schwach und hart zu gleich. Sie lässt sich vom Leben ficken und wurde vom Leben gefickt. Und doch – Greta lebt und liebt und probiert sich aus. Ein mehr als ehrliches Buch, ihr werdet es merken. Mein Lesen haben die Worte der Autorin noch mehr verstärkt und vielleicht kann nicht jeder von uns jede Stelle im Buch nachvollziehen, weil er von der Materie zu weit weg ist. Aber andere Stellen können umso mehr verstanden und verinnerlicht werden.
Denn…sind wir nicht alle ein bisschen Greta?
„Jede Begegnung ist eine Gelengeheit, sich selbst neu zu erfinden.“ (Seite 205)