Zac und Mia haben Krebs.
Na, was denkt ihr? Ihr lest, dass zwei jugendliche Menschen Krebs haben und schon wandern eure Gedanken zum Roman von John Green „Das Schicksal ist ein mieser Verräter„? Ich kann es euch nicht verübeln, da ich selbst so dachte, aber ich kann euer vielleicht soeben gefälltes Vorurteil ausräumen. Ha! Diese Gedanken sind Holzweggedanken.
Zac und Mia sind nicht Hazel und Gus.
Autorin A.J. Betts ist sich bewusst, das ihr Roman womöglich nicht gelesen wird, da viele denken könnten, dass sie als Frau in die Green-Fußspuren tritt und einen ähnlichen Roman veröffentlicht hat. Unsicherheit die völlig unangebracht ist, da beide Werke völlig andere Geschichten erzählen, aber auch verständliche Unsicherheit, da Greens Werk Millionen von Leserherzen berührt hat.
Green LeserInnen = A. J. Betts LeserInnen
Klopfzeichen können Leben verändern. Das glaubt ihr nicht? Da kennt ihr Mia und Zac nicht. Fangen wir mal mit Zac an. Er hat Krebs, liegt isoliert in einem Krankenzimmer und träumt sich der Zukunft in seinem Zuhause entgegen. Nicht mehr lange, dann ist das neue Knochenmark in seinem Körper heimisch und er ist auf dem Weg zur Gesundheit. Seine Mutter leistet ihm Beistand, was nicht immer von Vorteil ist. Gerade dann nicht, wenn im Nachbarzimmer, genau in Höhe seines Kopfes, der Kopf einer neuen Patientin liegt und diese Zacs Interesse geweckt hat. Erst hat er sie mit ihrer Musik genervt und er hat sich mit Klopfzeichen Ruhe beschaffen wollen, aber aus Klopfzeichen können nach und nach Chatgespräche via Facebook entstehen. Facebook ist die einzigste Verbindung nach draußen, zu seinen Freunden und von hoher Wichtigkeit.
„Ich bin nicht freiwillig in diesen Krieg gezogen. Die Leukämie, diese blöde Sau, hat mich zwangsrekrutiert.“ (Seite 62)
Mia ist mindestens genau so genervt von ihrem Dasein im Krankenhaus wie Zac. Aber sie kann bald wieder raus, die Chemobehandlung ist bald vorüber, die Freiheit greifbar. Endlich. Mia hat nämlich viel besseres vor, als mit Schläuchen in der Nase abzuhängen und dieses Geschwächtsein geht ihr an die Substanz. Sie will raus, sie will tanzen, sie will zu ihrem Freund und sie will sich hübsch machen und weiterhin die coole Mia sein, die alle kennen. Wäre dieser verdammte Krebs im Unterschenkel nicht, diese miese Beule, die nach und nach gewachsen ist und ihr diese Schmerzen bereitet.
Aber Ablenkung tut ganz gut und der Chat mit Zac hilft ihr. Sie nennt ihn Helga, er muntert sie auf und beruhigt sie wegen der Nachwirkungen, erzählt ihr von Glück und verrät ihr, welches Essenskombination gegen den Ekelgeschmack in ihrem Mund Abhilfe bringt. Sie versteht unter Glück einen Lottogewinn und nicht die hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Überlebenschance, von welcher ihr Zac ständig erzählt.
Optimist Zac trifft auf Pessimistin Mia
Schimpftiraden, böse Worte, Genervtheit, aber auch Neugier auf das Gegenüber prägen ihre Wortwechsel, die beide immer wieder von neuem eröffnen. Eine Freundschaft ohne sich zu sehen, stellt sich ein, ein Miteinander, da kein gesunder Mensch nachvollziehen kann, was beide in ihrem Inneren erleben. Gedanken, Gefühle und Hoffnungen, aber auch jede Menge Ängste.
Mias OP steht bevor, die OP die sie vom Krebs befreien und wieder zu der Mia machen soll, die sie vor ihrer Erkrankung war.
Zac und Mia überwinden die Krankenhauszeit
Und dann? Zac ist wieder in seiner gewohnten Umgebung und er findet nach und nach in sein Leben zurück. Mia ist in ihrer gewohnten Umgebung und findet den Streit mit ihrer Mutter, die Trennung von ihrem Freund und die zu ihr gedrehten Rücken ihrer Freundinnen vor…
Dann geht es erst richtig los…
„Mut heißt stehen zu bleiben, obwohl man weglaufen will. Mut heißt, sich zu stellen und der Sache ins Auge zu sehen, die einem Angst macht, egal,ob es dein Bein oder deine Freundinnen sind oder der Typ, der dir erneut das Herz brechen könnte. Es heißt, die Augen zu öffnen und diese Angst mit festem blick zu bezwingen.“ (Seite 321)
Zac und Mia – zwei gegensätzliche Welten
329 Seiten geballte Wortladung haben sich mir entgegen gestreckt und ich glaube mit diesem Roman habe ich eine persönliche Lese-Rekordzeit geschafft. Wer diesen Roman an einem Tag beginnt, an dem er nicht wirklich viel Lesezeit hat, wird mit ganz schlimmen Entzug gestraft. Dieser Roman wird sich seine Zeit verschaffen, raubt die Müdigkeit und lässt das Leserherz nicht los, bevor sich der ganze Inhalt ausgebreitet hat.
A. J. Betts ist nicht John Green und das ist gut so! Sie hat eine neue Messlatte gesetzt und diese lässt keinen Vergleich zu.
Betts hat nicht nur eine außergewöhnliche Geschichte über zwei Jugendliche geschrieben, die an sich bewundernswerter kaum sein könnten. Nein – sie hat zwei Persönlichkeiten erschaffen, die man im Leben einfach treffen muss. Zac ist mir sofort ans Herz gewachsen, der typische normale Junge von nebenan, der voller Optimismus steckt, kämpft und eine Vorliebe für Statistiken hat. Ihn muss man einfach mögen. Mia ist mir nicht sofort ans Herz gewachsen, dafür aber ganz plötzlich, mit einem regelrechten Knall. Peng – auf einmal war sie neben Zac.
Wahrscheinliche Unwahrscheinlichkeit
Mia ist ein Charakter über den ich stundenlang erzählen kann, weil mich rebellische Menschen in Romanen faszinieren. Sie ist dickköpfig und uneinsichtig und möchte Dinge jetzt und sofort, was aber durch den Krebs so nicht mehr umzusetzen ist. Was sie sich vorher genommen hat, muss sie sich nun geben lassen. Aber Mia ist eine regelrechte Kampfsau, sie hat eine große Mauer um sich errichtet, um nicht erdrückt zu werden. Sie ist unsympathisch, aber nach und nach gibt es den Knall der Sympathie, gemischt mit Sorge und Mitleid.
Mia und Zac sind beide starke Persönlichkeiten und obwohl äußerlich völlig verschieden, ticken ihre inneren Uhren gleich. Das Thema Krebs wird von beiden in den Mund genommen, sie reden offen darüber und kennen kein Mitleid. Es wird schonungslos in jugendlicher Art und Weise über den Tod gesprochen und beide können mit heftigen Sprüchen und Aussagen umgehen, teilweise machen sie sich gegenseitig durch ihre Krankheit zur Zielscheibe.
Der schwarze Humor ist der roten Faden im Roman, an welchem sich die Liebe, die Zuneigung entlang hangelt. Die zwei Protagonisten sind schonungslos offen und realistisch.
Mut und Stärke sind Programm in Betts Werk. Zac und Mias Worten kann kein Leser widerstehen. Diese Tatsache ist genauso wahrscheinlich, wie die Unwahrscheinlichkeit von Liebe.
„Die Unwahrscheinlichkeit von Liebe„ (FISCHER KJB) wird euch berühren, zum Schmunzeln bringen, einen Kloß in euren Hals einquartieren, aber auch genauso sehr erfreuen und vor allem erstaunen.
Vielen Dank, du hast mich eines besseren belehrt was dieses Buch angeht…ich werde es wohl jetzt doch auf meinen SuB packen müssen^^
Liebe Grüße
Du wirst es sicher nicht bereuen – definitiv nicht.
Du solltest nur darauf achten, dass du genügend Lesezeit im Gepäck hast – es „sogt“ so sehr.