Ein Buch was sich um Sümpfe dreht? Vielleicht sogar ein trockenes Sachbuch?
Nein, falsch, ganz falsch. Marc Drobot ist ein Autor aus Dresden und sein Roman spielt in der sächsischen Hauptstadt Dresden. Aber warum Sumpf? Ganz einfach, denn der Name Dresden bedeutet Sumpf, abgeleitet aus dem altsorbischen Drežďany, steht Dresden für Sumpfbewohner.
Etwas weiter weg, um genau zu sein an der Ostsee, treffe ich Sebastian zum ersten Mal. Er ist mit seinen Freunden zelten und gerade mal 15 Jahre jung. Sein erstes großes Lebenshighlight, denn ohne Eltern verreisen und das in einem so jungen Alter, ist nicht selbstverständlich. Am Lagerfeuer sitzend, ein besonderes Mädchen ganz in der Nähe und auf entspannte Tage zurückblickend, kann es nichts schöneres für Sebastian geben. Doch dann kamen die dunklen Gestalten, scheinbar Neo-Nazis wie aus dem Nichts und zerstörten gewaltsam das Beisammensein auf brutalste Weise.
Jahre später– Sebastian beim Kaffee trinken bei seinen Großeltern. Gespannte Stimmung wie immer, denn sein Großvater kann seine Mutter nicht wirklich leiden. Sie ist jüdischer Abstammung und er kann bis heute nicht begreifen, warum sein Sohn diese Frau geheiratet und auch noch zwei Kinder mit ihr gezeugt hat.
Eine WG in der Dresdner Neustadt teilt sich Sebastian heute, gemeinsam mit Claudia. Vor ein paar Stunden wurde sein Großvater auf dem Flohmarkt in der Nähe der Albertbrücke erschossen. Tot. Der Täter gefasst, später vor Gericht aussagend, nach einigen wenigen Jahren entlassen.
Aber warum hat er das getan?
Der Täter musste nie den Grund äußern, das Schuldbekenntnis war ausreichend, aber nicht für Sebastians Vater. Er sucht gemeinsam mit Sebastian dessen Haus auf und beide wollen von ihm den wahren Grund wissen. Fehlanzeige. Doch einige Tage später drückt Claudia ihrem Mitbewohner einen Brief in die Hand, abgegeben von einem älteren Herrn. Der Mörder seines Großvaters möchte sich mit ihm im Botanischen Garten treffen. Kein Wort zu niemanden, erst recht nicht, zu seinem Vater, so lautet die Bedingung.
Sebastian – er geht zu diesem Treffen, denn er interessiert sich immer mehr für das Leben seines Großvaters und vor allem möchte er eine Antwort auf das WARUM?
Marc Drobot entführt nach und in Dresden. Fast vor meiner Haustür findet das Treffen zwischen Sebastian und dem Mörder seines Großvaters statt. Doch nicht nur diese Szene wird für den Dresdner selbst, wie auch für den Nicht-Dresdner aufregend sein.
Der ganze Roman steigert sich immer mehr in seiner Handlung, in der Spannung und vor allem im Gefühl. Der Autor begeistert mit seiner Art zu schreiben. Er hat keinen eingegrenzten Blickwinkel, er schaut auf Sebastians jetziges Leben, blickt zurück, verknotet sorgfältig wichtige Ereignisse in den Erzählstrang und beleuchtet die Geschichten hinter den Geschichten.
Die Vergangenheit des Großvaters bekommt immer mehr Farbe und Konturen, wobei Sebastians Leben in der Gegenwart keinesfalls farb- und konturenloser wird. Der Autor schafft es meisterhaft immer mehr Informationen einfließen zu lassen, über drei Generationen gleichzeitig zu schreiben und in jeder Generation Wegmarken zu setzen. Geschickt und ohne ins Stocken zu geraten, lässt Drobot seinen Protagonisten, trotz Alltag und dem Auf und Ab in der Liebe, in die schwarz-weiße Vergangenheit tauchen.
Dabei kommen Wahrheiten ans Tageslicht, Erinnerungen flackern auf, abgrundtiefer Hass schlägt Flammen, Rassismus beginnt zu lodern und dies passiert alles in der Stadt der Sumpfbewohner – Dresden.
„Sumpfland“ (Sumpfland) reiht sich in unserem Literatwo – Gegen das Vergessen – Regal ein und hat dort seine Platz mehr als sicher.
Wo nehmt ihr eigentlich immer diese spannenden Bücher her? Ihr gehört bestraft dafür dass ihr arme Studenten dazu nötigt sich auf solch geniale Bücher zu stürzen anstatt in der Fachliteratur zu versinken 😉 Nein Scherz! Zwar wieder ein Buch mehr auf meiner laaangen Wunschliste aber das ist es mir wert 🙂
Ganz liebe Grüße aus der Studentenhöhle (Achtung betreten auf eigene Gefahr)
Uiuiui… bibber… wir machen es nie wieder 😉