„Liebe mit zwei Unbekannten„ von Antoine Laurain habe ich euch vorgestellt, nun möchte ich euch den zweiten Roman aus seiner Feder präsentieren. „Der Hut des Präsidenten“ (Atlantik)
Beide Bücher habe ich hintereinander gelesen, wie es mir Julia von Ruby´s Cinnamon Dreams empfohlen hat. Sie ist großer Antoine Laurain Fan und kennt sich mit seiner Schreibe bestens aus. Also habe ich mich von den zwei Liebenden verabschiedet, mir einen Hut aufgesetzt und mich nach Paris begeben.
Gemeinsam mit Daniel Mercier setzte ich mich in ein Restaurant und wie es der Zufall will, landen wir fast am gleichen Tisch wie der Präsident François Mitterrand. Daniel ist dem Präsidenten nahe und spitzt seine Ohren und als dieser beim Gehen dann noch seinen Hut vergisst, nimmt das Abenteuer seinen Lauf. Der Buchhalter nimmt ihn an sich und zählt sich zum glücklichsten Menschen der Welt. Am liebsten würde er später über diesen Abend sagen können:
„Im November 1986 habe ich einmal in einer Brasserie mit François Mitterrand zu Abend gegessen, er saß neben mir, ich habe ihn gesehen, wie ich dich sehe.“ (Seite 24)
Der Hut des Staatsoberhauptes scheint eine ganz bestimmte Kraft in sich zu tragen, er strahlt eine bestimmte Stärke aus und Daniel wächst über sich hinaus. Er überzeugt mit seinen Ausführungen vor dem neuen Leiter der Finanzabteilung und erntet positive Stimmen und Anerkennung von seinen Kollegen. Seit er den Hut trägt, wendet sich sein Lebensblatt.
„Ein Hut verleiht seinem Träger eine Autorität über den, der keinen trägt, dachte er.“ (Seite 39)
Und dann?
Daniel ereilt der scheinbar gleiche schwarze Tag, den auch der Präsident erleben musste. Der Hut ist weg. Er hat ihn schlicht und ergreifend im Zug vergessen. Trotz schnellem Bemerken und schnellen Nachforschungen bleibt der Hut verschollen.
Fanny Marquant ist die Liebhaberin eines verheirateten Mannes und auf dem Weg zu ihm. Im Zug findet sie den Filzhut und nimmt ihn kurzerhand an sich. Was dann passiert, erstaunt sie selbst, denn sie beendet das Verhältnis mit Édouard. Und nicht nur das, sondern der Hut animiert Fanny zu einer Kurzgeschichte, mit der sie eine Art ganz persönliche Geschichte schreibt.
Viel mehr möchte ich an dieser Stelle kaum verraten. Ich möchte euch nicht alle Charakter vorstellen, sondern hier nur sagen, dass ihr euch noch auf zwei weitere freuen dürft. Diese tragen die Namen Pierre Aslan und Bernhard Lavalliére und führen ähnliche Leben, Leben die gerade nicht im Einklang und auf einer recht schiefen Bahn sind. Der Hut sorgt auch in deren Leben für Veränderungen.
Und dann?
Der Hut wird gestohlen und zwar von einem Protagonisten, den ihr an dieser Stelle schon ganz genau kennt und mit dem ihr vielleicht überhaupt nicht rechnet. Aber auch dort findet seine Reise kein Ende. Aber keine Angst, es gibt ein Ende und zwar ein ganz besonderes. Autor Laurain setzt seinem Hutroman noch einen Überhut auf. Im Epilog zaubert er eine Art Kaninchen heraus und lässt uns Leser staunen.
Antoine Laurain präsentiert uns seine Charaktere auf keinen Fall nüchtern und plump hintereinander, nur durch den Hut verbunden. Er fädelt die Charaktere auf den ersten Blick wie Perlen auf eine Kette auf, aber das ist nur der erste Eindruck. Der Autor spannt einen roten Faden zwischen den Figuren, unterbricht das Auffädeln in dem er Verbindungen schafft und Briefe einflechtet.
Die bevorstehenden Veränderungen der Protagonisten stehen im Vordergrund und zeigen uns Lesern, dass es manchmal ganz einfach ist, an bestimmte Dinge zu glauben. Manchmal müssen wir es einfach nur zulassen, es muss nicht immer ein Hut sein, der uns bewegt. Und trotzdem: Hüte auf!
Während wir in die aufregenden Leben der Charaktere eintauchen, berühren wir tiefgründige Themen, die sich Politik, Kunst und französische Gesellschaft des Jahres 1986 nennen. Diesen Oberbegriffen haucht Autor Antoine Laurain mit viel Gefühl und bildlicher Sprache Details ein. Die vier Hutträger sind so geschnitzt, dass keiner dem anderen gleicht und jeder ein derartig anderes Leben hat, dass uns alle berühren und sich in uns eingraben. Ganz besonders sind mir Fanny und Pierre ans Herz gewachsen.
Und jetzt macht euch auf den Weg und haltet die Augen offen, denn der Hut des Präsidenten wartet auf euch.
P.S. Wer sich den Hut aufsetzt, sollte anschließend die zwei Unbekannten kennenlernen. Antoine Laurain schreibt sich ins Herz und ein „Laurain“ sollte nicht allein bleiben. *zwinker*