Außen pfui, innen hui, denn mal ehrlich, dass Cover ist nicht wirklich prickelnd. Mich hat es nicht zum Zugreifen eingeladen, aber dafür die Tatsache, dass der Roman neben Martin Büttner von Nino Haratischwili übersetzt wurde und aus der Feder von Lasha Bugadze (Frankfurter Verlagsanstalt) stammt. Ihr erinnert euch an den Literaturexpress?
Nun bin ich begeistert, denn der Autor erreichte mich mit diesem Roman und ich möchte ihn euch ans Herz legen.
Sandro ist ein richtiger Lebemann – jedenfalls in Sachen Frauen. Er ist verheiratet mit Keti, hat einen gesunden Sohn und einen sicheren Job, als Mitbesitzer einer großen Fabrik. Ihm fehlt es nur an Sex, an Sex mit mehreren Frauen. Schon vor Keti hatte er diverse Bettbekanntschaften, Liebeleien, schnelle Vergnügen und geheimnisvolle Treffen. Er sucht die Befriedigung, er möchte immer neue Abenteuer, er hat eine ausgesprochene Neigung zur Polygamie. Oft beginnen diese mit einer SMS: Wollen wir zusammen Tee trinken? … Mit etwas musste man ja anfangen. (Seite 5)
Ana.
Ana hatte sich schon früher dabei ertappt, eine fast schon sexuelle Befriedigung bei der verbalen Schmähung von Männern zu verspüren – umso stärker war dieses Gefühl im Fall eines Koteletten tragenden, eitlen Alphatiers wie Sandro. Und dennoch war es unübersehbar, dass sie sich bereits in ihn verguckt hatte (sie hatte ja schon immer gesagt, dass es unmöglich war, mit einem Mann zu schlafen, ohne sich auch nur ein klitzekleines bisschen in ihn zu verlieben), aber bisher gestand sie das nicht einmal sich selbst ein: Denn es war ratsamer, sich mit verantwortungslosem Sex und einem streng reglementierten Bündnis zufrieden zu geben – denn auf die Verliebtheit würden unweigerlich Probleme und Tränen folgen, der Versuch, den Kontext zu verändern, und sie würde in einen ermüdenden Krieg hineingezogen werden. (Seite 83)
Lucrecia515
Dieses Zitat soll euch ein wenig den Klang des Romans spüren lassen, die Tiefe fühlen und Ana und Sandro vorstellen, wenn auch nur ganz grob. Sandro beginnt sich in Ana zu verlieben und widmet sich ihr intensiver, ungefähr so intensiv wie damals seiner Ehefrau Keti. Im Vergleich zu Keti hat Ana 12 Vorteile, aber auch 14 Nachteile – aber egal wie, er findet Befriedigung.
Keti ist zwar naiv, aber nicht komplett blöd. Sie merkt, dass Sandro mal wieder anders ist und scheinbar mal wieder eine andere Frau trifft. Diesmal möchte sie nicht nur ausblenden, sondern auch wissen und lässt das Passwort herausfinden, um selbst lesen zu können, welche Worte ihr Mann verschickt.
Ihr könnte euch vorstellen, dass die Seiten beim Lesen nur so vorbeiziehen, wenn zwei Frauen miteinander in Kontakt treten und sich über den gleichen Herzmann austauschen. Es wird böse, es wird gut gemeint, es wird lustig und es tut natürlich auch weh. Lasha Bugadze unterhält uns auf über 300 Seiten vorzüglich. Sein Roman gleicht einer Komödie und die Tatsache, dass er als männlicher Autor seinen männlichen Charakter ganz schön aufs Korn nimmt, ist schon grandios. Als Leser dürfen wir oftmals schmunzeln, doch auch tiefgründig fühlen. Wir stehen allerdings wohl mehr auf der Seite von Keti, auf der Seite von Ana, weniger wohl aber auf Sandros Seite. Was für ein egoistischer Gockel – er kennt keine Grenzen und ist sich für keine Handlung zu schade. Für uns umso besser!
Mich hat der Autor Lasha Bugadze wirklich begeistert. Die Charaktere sind so ausgezeichnet – ihr werdet euren Spaß haben und auch wild den Kopf schütteln. Doch nicht nur die drei Hauptprotagonisten bleiben in Erinnerung, auch die besten Freunde, die 24-Stunden Nanny, wie auch die Mutter von Keti. Gute Unterhaltung durch und durch. Neben dem Inhalt ist der Aufbau ebenfalls gut gemacht. Die Kapitelüberschriften sind der rote Faden, wir lesen SMS und Chatverläufe und haben in Gedankenwelten Einblick. Das Schriftbild ist einladend und geht Hand in Hand mit dem Inhalt – mal locker und luftig, dann wieder kompakt.
Ihr werdet eure Freude haben und nun noch eine Frage an euch: Wollen wir zusammen einen Tee trinken? 🙂