Es war eine tiefe Zeit, es war eine merkwürdige Zeit und es war eine schmerzhafte Zeit, als ich „Einfach unvergesslich„ las. Den Roman von Rowan Coleman hatte ich mit im Krankenhaus und ich habe jede Zeile inhaliert. Der Inhalt geht tief und gleich vorab möchte ich euch dieses Buch ans Herz legen, bevor ich euch das zweite Buch von ihr empfehle.
„Zwanzig Zeilen Liebe„ (Piper) von Rowan Coleman musste ich natürlich unbedingt lesen. Schon als ich hörte, dass ein neues Buch von ihr erscheinen wird, war ich Feuer und Flamme. Ich brannte regelrecht auf ihre Worte und konnte mir schon vor dem ersten Wort ausmalen, dass ich wieder in einem Emotionssee schwimmen werde. Coleman ist einfach eine Meisterin auf ihrem Gebiet – Menschen emotional machen, ohne dabei kitschige Themen zu benötigen, ohne aufdringlich zu sein, ohne extrem verstrickte Begebenheiten.
„Und wenn der Mensch, den man liebt, einen nicht mehr liebt, einen nicht mal mehr sieht, dann kann man auch genauso gut ein Geist sein.“ (Seite 109)
Werden wir irgendwann Geister? Wie ihr schon merkt, sind Colemans Worte gut für unser Gedankenkarussell. Das ihre Worte nahe gehen, muss ich erneut betonen. Worte können nur dann richtig treffen, wenn auch der Inhalt so gestrickt ist, dass er uns innelassen hält, dass er spannend und gleichzeitig entspannend ist. Das perfekte Mischverhältnis hat die Autorin wahnsinnig gut umgesetzt – sie kennt eben das richtige Wortmaß.
„Man bereut immer nur die Dinge, die man nicht getan hat.“ (Seite 117)
Täglich wird Stella mit Lebenssituationen konfrontiert, die nicht die ihren sind. Täglich erfährt sie Dinge, die sie nicht selbst erlebt hat, Dinge zu denen sie nichts sagen kann. Stella muss nichts sagen. Sie muss sich nicht rechtfertigen, sie muss keine Stellung nehmen. Stella schreibt. Sie schreibt und schreibt und das unermüdlich. Jedes Wort was ihr diktiert wird, bringt sie zu Papier, um dieses Papier letztendlich den Menschen zu geben, die einen Menschen zurücklassen, gehen lassen mussten.
Die Hospizschwester hat sich keiner einfachen Aufgabe angenommen. Dies wird ihr bei einem Brief ganz besonders bewusst. Ein Brief ist besonders dringlich…
Doch nicht nur Stellas Leben formuliert Rowan Coleman tiefgründig aus. Sie gibt auch Hope, einer Patientin mit Mukoviszidose und Hugh, einem einsam lebenden Historiker einen wichtigen Platz in ihrem Werk. Und nicht zu vergessen – Briefe, Briefe als Verbindungen…
„Das Leben ist nicht leicht. Ständig muss man sich wieder aufrappeln, sich zusammenreißen, immer wieder, und nur, damit irgendein Arschloch einen wieder runterzieht. Aber was bleibt einem denn anderes übrig? Wenn man immer wieder aufsteht, wird man eines Tages dem Grund dafür begegnen, weshalb es wert ist, es immer wieder zu versuchen.“ (Seite 334)
7 Nächte dürfen wir Leser auf den knapp 410 Seiten mit Colemans Charakteren verbringen. Eine endliche Zeit, die gern hätte unendlich sein dürfen.
Wer sich als Autorin selbst die Messelatte sehr hoch vor steckt, muss sich nicht wundern, wenn die Leser Angst haben, dass diese nicht übertroffen werden kann. Wer hier Angst hat, muss sich nicht fürchten, denn was Rowan Coleman hier präsentiert, kann mehr als gut mit „Einfach unvergesslich“ mithalten. Es ist sagenhaft, aber hier stimmen nicht nur die Optik – ist es nicht wundervoll, zwei im Stil ähnliche Cover zu kreieren – sondern auch der Inhalt so überein, dass man hier über Volltreffer sprechen kann.
„Liebe heißt, auszuhalten, zum anderen zu halten, nicht aufzugeben – auch wenn es wehtut, auch wenn es hart ist, auch wenn Menschen sich verändern, wenn das Leben sie verändert. Wenn man jemanden liebt, dann muss man ihn lieben wollen, ganz gleich, wer er ist …Und wenn man das nicht kann, dann ist das keine Liebe.“ (Seite 405)
Es ist kaum zu beschreiben, mit welcher Leichtigkeit uns die Autorin um die Finger wickelt. Ist vielleicht der erste Brief etwas holprig, lesen sich alle weiteren aalglatt und die Holprigkeit ergibt ihren Sinn und musste einfach so sein. Es handelt sich nicht um einen Roman aus Briefen, sondern eher um Briefe, die ab und an drei Leben verbinden, Leben erzeugen, lebenswert lesenswert sind oder einfach ein vergangenes Leben erlesen lassen.
Doch bei allem hat die Autorin das absolute Tiefengespühr, wie weit sie gehen darf, um ihre Leser nicht zum Weglegen des Buches zu animieren, weil durch den Tränenvorhang nichts mehr gesehen werden kann. Rowan Coleman schreibt über schwere Themen – sie schreibt über Krankheit, sie schreibt über den Tod, über Behinderungen und andere negative Lebensbegleiterscheinungen – doch sie schreibt so, dass es trotz aller Dunkelheit Lichtblicke gibt oder die Dunkelheit positive Flecken zurücklässt, um diese besser zu akzeptieren. Sie transportiert Mut, Liebe, Hoffnung und Humor – eine Mischung die uns dazu bringt, beim Weinen zu lachen und beim Lachen zu weinen…
Bei aller Themensensibilität schreibt Coleman klar und direkt, bedient sich keinen Klischees, sondern bleibt glaubhaft und mit ebendieser Glaubhaftigkeit, dieser Eindringlichkeit der Charaktere, dieser offenen Wahrheit, trifft sie mitten ins Herz. Ihre Wortladung lässt uns ab und an weinen, aber trotzdem wird am Ende ein gutes Gefühl übrig bleiben. Ihr dürft euch Rowan Coleman anvertrauen, denn ihre Art zu schreiben ist wahnsinnig beeindruckend.
Bahnbrechend!
Mein Jahreshighlight 2015! So bewegend, so tiefgehend und einfach unvergesslich. Schön, dass es dich auch so gepackt hat. Dieses Buch ist etwas ganz besonderes. ❤️
Huhu Bini,
ich bin wohl einige der wenigen, die das Buch nicht komplett überzeugt hat. Die Briefe waren ganz toll….aber das Drumherum war mir über Gebühr konstuiert und hat mich zu sehr vom Wesentlichen abgelenkt….und das ist – na klar – Geschmackssache. Die Grundidee war aber super und hat mir schon einige viele Gedanken entlockt!
Liebe Grüße Heike