Monat: Februar 2016

Die Hellerauer Zelle

Die Helle(rauer)Zelle
Die Helle(rauer)Zelle

Kolumne 09/2016: #HellerauerZelle

Lesen gefährdet die Dummheit…

Da kann ich nur zustimmen. Lesen ist nicht nur Bildung, sondern lesen ist Entspannung, lesen ist Flucht in andere Welten – lesen ist einfach schön. Was wäre die Welt nur ohne Bücher? Ich möchte auf dieser nicht leben. Nee – echt nicht. *grins*

Bücher kann man nicht genug haben, aber einige Bücher müssen auch immer mal ausziehen oder besser gesagt „umziehen“. Heute war es nach langer Zeit mal wieder soweit. Mit 5 Büchern habe ich heute die Bücherzelle in Dresden Hellerau – Die Helle(rauer) Zelle besucht. Zum einen wollte ich mal wieder schauen, welche Schätze sich darin befinden, zum anderen wollte ich fünf meiner Bücher darin unterbringen.

Die Helle(rauer)Zelle
Die Helle(rauer)Zelle

Die Regeln sind ganz einfach, wobei ich mich nicht wirklich an die Regeln gehalten habe. Wenn das jeder so machen würde – denkt ihr jetzt. Ja, so denke ich ja auch, aber ich habe mich nicht wirklich falsch verhalten. Zumindest habe ich keine Videokassetten darin ausgesetzt. Solche habe ich dort leider vorgefunden, aber denken wir mal positiv – es wird sich schon jemand dafür finden. Es darf nur nicht überhand nehmen…

Mein Regelbruch bestand heute darin, dass ich nicht nur ein Buch aus meinem Bestand mitgenommen habe, sondern gleich fünf. Ja, fünf. Es handelt sich um Bücher aus dem Genre Unterhaltung für Frauen. Vorwiegend Bücher von Marian Keyes. Ich habe die Bücher mal geliebt und viel in diese Richtung gelesen. Doch irgendwann hat sich mein Lesegeschmack dann geändert und ich möchte die Bücher auch nicht mehr behalten. Aus diesem Grund habe ich sie heute in der Helle(rauer) Zelle ausgesetzt.

Die Helle(rauer)Zelle
Die Helle(rauer)Zelle – aufgeräumt

Ich hoffe doch, dass sich ein Mädchen oder eine Frau darüber freuen wird und unterhaltsame Stunden zwischen den Zeilen verbringen kann. Ich hab viel gelacht bei den Büchern und wer Liebesgeschichten mag, wird diese auch finden und genießen können. 🙂

Passend zur Bücherzelle – ein Buch mit dem Titel „Schatzkästchen“. Die Zelle ist wirklich eine schöne Erfindung und ein echtes Schätzchen, im wahrsten Sinne des Wortes. Es ist einfach schön, ganz in Ruhe die vielen Bücher zu betrachten und hinter die erste Reihe zu lunschen. In zwei Reihen stehen die Bücher, aber es ist genug Platz vorhanden, um diese ein wenig umzustellen. Mein buchiger Ordnungssinn hat nicht zugelassen, dass die Bücher so schräg und teilweise lieblos kreuz und quer hingestellt/hingelegt wurden. Ich musste erstmal ein wenig aufräumen, wie ihr auf dem Bild oben sehen könnt. So eine Zelle muss schon ein wenig hübsch aussehen. 🙂

Die Helle(rauer)Zelle
Die Helle(rauer)Zelle – noch alles kreuz und quer

Gleich als ich die Zellentür öffnete, freute ich mich sehr, denn meine geliebten „Die kleinen Trompeterbücher“ schauten mir entgegen. Verrückt, echt verrückt. Schon lange ist mir keins mehr über den Weg gelaufen. Natürlich hatte ich die Übersichtsliste nicht mit und bei über 109 Büchern (ich habe gerade gezählt) die ich schon habe, kann mal ein Titel dem Buchgedächtnis entfallen. *lach* Also was tun? Mitnehmen…

Trompeterbücher? Nie gehört? Dann schau mal in den Artikel [LeseLustAuslöser] „Bootsmann auf der Scholle“ – Benno Pludra in diesem Stelle ich mein Lieblingstrompeterbuch vor.

Aber ich habe nicht alle mitgenommen, nur vier der sieben Stück. Und mittlerweile habe ich festgestellt, dass ich tatsächlich zwei davon noch nicht habe. Da hüpft das buchige Trompeterbuchherz richtig hoch. Genial. Ich strahle wie ein kleines Kind. Der Besuch hat sich also richtig gelohnt.

Die Helle(rauer)Zelle
Die Helle(rauer)Zelle

Bald muss ich wieder hin, denn die anderen zwei stelle ich zurück, denn es wird noch weitere Sammler in Dresden geben, die sich genaus sehr über den Buchfund freuen werden.

Und ein weiteres Buch musste ich noch entführen. „Grimms Märchen“ mussten mit. Märchenbücher kann man nicht genug haben und die Ausgabe der Manesse Bibliothek ist wirklich schön. Sehr handlich – passt gut in jede Frauenhandtasche. 🙂

So, die Ausrede steht. *grins*

Habt ihr auch eine Bücherzelle bei euch in der Stadt? Oder konntet ihr mal eine besuchen?

Die Helle(rauer) Zelle kann ich euch sehr empfehlen.

Eure

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VORSICHT: Das Labyrinth ist ohne Gnade – Rainer Wekwerth

Das Labyrinth ist ohne Gnade ~ Rainer Wekwerth
Das Labyrinth ist ohne Gnade ~ Rainer Wekwerth

Aaaaaahhhh – wir haben es geschafft, wir sind raus aus dem Labyrinth.

Auch beim letzten Artikel, zum letzten Band der Trilogie, beginne ich mit diesen Worten. Aaaaahhhh – ja, so dachte ich wieder. Nun bin ich allerdings nicht nur aus den Welten des Labyrinths heraus, sondern nun bin ich wieder in der Realität und kenne das Ende der Buchreihe.

Wieso eigentlich erst jetzt? Die Frage habe ich mir auch gestellt. Bereits zu Beginn des Jahres 2013 habe ich über Das Labyrinth erwacht geschrieben und im Oktober 2013 habt ihr Worte zum zweiten Teil Das Labyrinth jagt dich“ finden können. Was ist in den drei Jahren „Pause“ passiert? Ich kann es mir selbst kaum erklären, da ich den ersten, wie auch den zweiten Teil sehr spannend gefunden habe und große Vorfreude auf den dritten und letzten Band in mir trug. Und dann kamen immer wieder andere Bücher dazwischen, anders kann ich es mir nicht erklären.

Das Labyrinth ist ohne Gnade (Arena) von Rainer Wekwerth hat mich dann endlich so laut gerufen, dass ich nachgab. Was passierte? Ich war wieder in einer Welt und zwar nicht alleine, sondern mit drei übrigen Protagonisten. Jenna, Jeb und Mary – drei mir noch sehr vertraute Personen. Die Jagd ging nahtlos weiter und das Labyrinth ist ohne Gnade – so wie es der Titel sagt.

Zwei werden sterben. Es kann nur einen geben, der das letzte Portal erreicht. Das Portal ins reale Leben.

Mehr werde ich an dieser Stelle nicht über den Inhalt verlieren. Geht am besten gleich zurück auf Los, welches gleichzusetzen mit Teil 1 ist und lasst euch vom Labyrinth einnehmen. Seid dabei, wenn es erwacht…

Labyrinth - Trilogie ~ Rainer Wekwerth
Labyrinth – Trilogie ~ Rainer Wekwerth

„Du kannst es nicht ungeschehen machen, aber du kannst verhindern, dass es weitergeht.“ (Seite 186)

Uff. Ich habe es geschafft, ich bin dem Labyrinth lesend entkommen. Was für ein fesselnder dritter Teil. Rainer Wekwerth verlangt noch mal alles von den übrigen Charakteren und fesselt uns an die Seiten. Allerdings möchte ich nicht verheimlichen, dass es schon ein paar langatmige Stellen gab, aber ein dritter Band mag gefüllt werden. Dennoch hat das Ende dann richtig zugeschlagen und einiges enthüllt, was vielleicht noch nicht ganz klar war. Ein fulminanter Schlusstakt, so wie es sein muss. Ein unvorhersehbares Ende mit vielen vorhersehbaren Ereignissen. Eingefleischte Leser merken schon in Teil zwei, was das Labyrinth vorhat und wozu es geschaffen ist…

Wekwerth hat es wieder geschafft, mich zwischen den Seiten zu halten und einige Gefühlsbäder zu durchschwimmen. Trotz einigen Rätseln, vielen Spannungsbögen und einem recht rasanten Erzählstil, kommen die Emotionen nicht zu kurz. Die richtige Dosis ist gefunden, denn in einem Labyrinth gibt es auch Tiefe – Liebe, Schmerz, Verlust, Vertrauen, Hass und jede Menge Hoffnung.

„Nur wer sich seinen Ängsten stellt, wird heimkehren.“ (Seite 237)

Stellst du dich deiner Angst? Warst du schon im Labyrinth?

Eure

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Impressionen aus der Spiegelwelt

Reckless Spiegelwelt
Reckless Spiegelwelt

In drei Romanen der großartigen Autorin Cornelia Funke konnte man die Abenteuer der Gebrüder Reckless in der Spiegelwelt verfolgen.

Man erlebte, wie Will zu einem Goyl wurde, wie Jacob für Fuchs es sogar mit einer Baba Jaga aufnahm und überhaupt begegnete man allerlei Märchenfiguren, die jedoch irgendwie recht schonungslos und realistisch von der Autorin zum Leben erweckt worden sind.

Am Ende des dritten Bandes „Das goldene Garn“ ließ man die lieb gewonnenen Gestalten einigermaßen glücklich zurück. Einigermaßen, denn alles hat in der Spiegelwelt seinen Preis.

Und auch als Leser musste man mal wieder einen hohen Preis zahlen: man musste den erneuten Verlust der Spiegelwelt verkraften. Wie lange wird ein neuer Band auf sich warten lassen? Gibt es denn einen Nachfolger?

Reckless Spiegelwelt
Reckless Spiegelwelt

Dieses dunkle, schmerzhafte Leseloch wurde jedoch rasch von einem magischen Buch beseitigt, was eine erneute Reise in die Spiegelwelt ermöglichte: ein Kompendium der Spiegelwelt.

Allein die Aufmachung ist sagenhaft. In einem wunderschön gestalteten Schuber hat die Autorin selbst, wobei wohl auch Albert Chanute da seine Hände mit im Spiel gehabt haben muss, Wissenswertes über die Spiegelwelt gesammelt.

„Diese Schachtel macht das Reisen hinter den Spiegel hoffentlich etwas sicherer.“ So heißt es in dem Brief von Frau Funke an uns Spiegelwelt-Leser.

Und sie hält Wort, denn der Schuber ist vollgepackt bis oben hin mit liebevoll gestalteten Dingen. Ob nun Visitenkarten, gruselige Rezepte, Postkarten oder ein Lexikon. Das Spiegelwelt-Leserherz weiß vor lauter Details gar nicht, wo es anfangen zu schmökern soll.

Reckless Spiegelwelt
Reckless Spiegelwelt

„Es gibt in ihr Schätze, Kreaturen und Orte zu entdecken, von denen ich in meinen Büchern noch nicht berichten konnte.“

Oh ja, und ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, es wird wieder schauerlich.

„…und neue Geschichten über vertraute Freunde und noch unbekannte Figuren.“

Ja, ein Wiedersehen mit Jacob, Fuchs und Chanute. Neue Facetten lernen wir kennen und die lieb gewonnenen Figuren werden dadurch noch vertrauter.

An alle Spiegelwelt-Leser: taucht unbedingt ein in dieses Sammelsurium der schauerlich-schönen Spiegelwelt. Das Warten auf den nächsten Band wird dadurch erheblich verkürzt, denn immer wieder kann man darin stöbern und Neues entdecken.

Euer Lesebienchenliteratwo_banner

Schaufensterblick

Buchhandlung Findus - Schaufensterblick
Buchhandlung Findus – Schaufensterblick (Foto: Annaluise Erler)

Kolumne 08/2016: #Schaufensterblick

Es ist wieder soweit, es ist Sonntag. Heute gibt es keine Geschichte, sondern heute gibt es einen buchigen Schaufensterblick für euch. Dieses Foto erreichte mich im Laufe der Woche. Annaluisie Erler hat die buchigen Empfehlungen der letzten Tage in einem Schaufenster ausgestellt. Das Schaufenster gehört zur Buchhandlung Findus in Tharandt – eine Vorstellung findet ihr HIER.

Mir gefällt es sehr gut und ich bin total stolz auf die wundervolle Fahne, welche im Schaufenster hängt. Diese hat Annaluise extra anfertigen lassen, um ihren Kunden einen ersten Eindruck von mir zu vermitteln und um mein Logo zu präsentieren. Ihr könnt auf diesem Bild leider nicht das ganze Schaufenster inkl. Fahne sehen – die Spiegelung lässt es einfach nicht zu.

Nicht nur den Kunden der Buchhandlung in Tharandt sollen die vier Romane ans Herz gelegt werden. Auch ich möchte euch einladen, einen Sonntagsspaziergang durch die Empfehlungen zu machen. Wie wäre es, wenn ihr liebevoll zum Artikel Liebe mit zwei Unbekannten“ klickt und anschließend eure Flügel ausbreitet und H wie Habicht entdeckt? Meine Lesesseele Lesebienchen legt euch Ein Leben mehr ans Herz und ich stelle euch den kleinen Teo vor.

Taucht zwischen unseren Worten und beschenkt euch selbst mit einem neuen Buch, das euch gemütliche Lesestunden bescheren soll.

Ich schnappe mir jetzt eine Tasse Kaffee, kuschel mich in meine weiche Sternlesedecke und mache es mir mit einem neuen Buch gemütlich.

Habt einen schönen Sonntag!

Eure

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Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

Schon lange habe ich keinen Roman mehr an einem Tag gelesen. Fast komplett am Stück habe ich heute „Ein Sommer ohne uns (Loewe) von Sabine Both inhaliert. Okay – ich habe Urlaub, aber dennoch. Ein Buch muss fesseln, es muss bewegen und ja, die notwendige Lesezeit muss vorhanden sein, genau wie die Leseumgebung. Alles Lesezeichen standen auf grün und aus dem kurzen Anlesen, wurde ein Auslesen. Was für eine Wohltat.

Am Ende frage ich mich – welche Autorin hat mich denn so dermaßen an die Seiten gefesselt? Sabine Both ist Franziska Moll gemeinsam. Und wer ist Franziska Moll? Sie ist das Pseudonym von Both und im Juli 2015 habe ich über ihr Buch Egal wohin geschrieben. Damals sagte ich euch, dass ich keine richtige Empfehlung aussprechen kann, dass ich aber auch nicht richtig abraten kann.

Wenn man als Leser ein Buch komplett ausliest, dann ist es ein Zeichen, dass es grandios ist. Anderes kann ich bei diesem Roman hier nicht behaupten.

Schon die ersten Worte fesselten mich, einfach weil nicht nur Inhalt, sondern auch der Schreibstil überzeugten. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und wollte wissen, was im Teil „Fünf Jahre zuvor“ passiert ist. Die zwei Hauptprotagonisten Verena und Tom sind nicht nur Nachbarn, sondern auch enge Freunde. Zu Verenas 13. Geburtstag verändern sich allerdings die Vorzeichen und aus Freundschaft wird mehr. Tom schenkt seiner Angebeten ein Kleid und er küsst sie zum ersten Mal. Die Eltern der beiden Pubertierenden freuen sich, denn sie finden, dass die zwei einfach gut zueinander passen. Zudem kennen sich die Familien schon mehrere Jahre und treffen sich regelmäßig, denn bei Nachbarn in einer Doppelhaushälfte bleibt dies nicht aus. Die zwei nähern sich immer mehr, die Liebe zwischen den Beiden springt auf den Leser über und es fühlt sich alles so gut an.

Im zweiten Teil „Jetzt“ ist klar, dass es eine Veränderung geben wird. Verena feiert ihren 18. Geburtstag und ihre Gedanken kreisen um die vergangenen 5 Jahre. Seit dieser Zeit ist sie ein Herz und eine Seele mit Tom. Beide haben wunderschöne Momente verbracht, viel erlebt und sie hat einen Ring von ihrem Liebsten bekommen. Sie liebt Tom, sie liebt Tom wirklich, aber…

Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

„“Eines Tages willst du es wissen. Wie es mit jemand anderem ist. Und wenn du es nicht ausprobierst, wird du den Gedanken nie los. Und das macht deine Beziehung kaputt. Erst unbemerkt, dann immer deutlicher. Und am Ende hasst ihr euch.““ (Seite 98)

Will Verena wirklich lebenslang nur einen Mann „probiert“ haben? Diese Frage stellt sie sich und der Wunsch, einen anderen Mann zu berühren, wächst. Vor allem, wenn sie ihre Freundin sieht, die beschwingt durchs Leben zieht, da sich ihr Leben ändert und dreht wie ein Karussell. Bei Verena und Tom ist eine Art Alltag eingekehrt. Alltag ist nicht schlimm, denn Alltag zeigt, dass man sich blind versteht, vertraut und einfach weiß, dass der Partner da ist. Geborgenheit, ein relativ geregelter Ablauf, grobe Zukunftspläne – ein Leben in Zweisamkeit eben.

Nicht nur ihre Freundin tobt sich aus, allgemein knistert es in ihrem Umfeld überall. Ihr Zwillingsbruder Rollo hat schon wieder ein Mädchen von der Party abgeschleppt und einige Dinge sind im Haus nicht überhörbar. Isabell wirbelt aber nicht nur Rollos Leben auf, sondern auch Verenas Gedanken und Toms Blicke.

„Her mit dem wilden Leben.“ (Seite 142)

Verena will Tom nicht betrügen. Bisher hat sie alle Versuche von Jesse abgewehrt, aber ihre Abwehr wird schwächer und schwächer. Sie bittet Tom um eine Beziehungspause, um eine Art offene Beziehung in der sich niemand in jemand anderen verlieben, sich aber körperlich ausprobieren darf. Keine einfache Bitte, aber Tom willigt ein. Eine völlig neue Lebenssituation kommt auf das Langzeitpaar zu. Doch damit nicht genug, denn das Abitur steht vor der Tür und auch im Elternhaus trügt der Schein.

Ehe Verena sich versieht, sitzt auch sie im Lebenskarussell und alle vorgezeichneten Lebensspuren scheinen zu verschwimmen…

Einen richtig guten Jugendroman hat Autorin Sabine Both geschrieben. Ich bin total begeistert, denn Both thematisiert aus meiner Sicht sehr wichtige Themen – Beziehung, Treue und Auszeit von der Treue. Wie verhalten wir Menschen uns denn, wenn wir von Anfang an mit ein und demselben Partner zusammen sind? Beginnen wir nicht automatisch irgendwann nach rechts und links zu schauen? Kommen wir nicht alle im Leben, egal wie jung wir sind, mal an eine Weggabelung und stellen in Frage, ob wir noch Abwechslung haben, ob die Partnerschaft noch richtig ist oder ob es andere vielversprechendere Aussichten gibt? Dieses sensible und oft totgeschwiegene Thema wird hier in den Mittelpunkt gestellt.

Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both
Ein Sommer ohne uns ~ Sabine Both

Als Leser ist man hin- und hergerissen. Man fühlt mit Tom, fühlt mit Verena und doch schwimmt man auf Hoher See – auf der eine Seite tobt der sichere Hafen, auf der anderen Seite das wilde Abenteuermeer.

Sabine Boths lässt uns in die Liebeswelt zweier völlig authentischen Menschen blicken. Ihre Charaktere könnten nicht lebensechter sein. Als Leser ist es schwer eine Pause einzulegen, denn die Gefühle toben und eine konstante Spannung belebt die Neugierde.

Verena und Tom werden für uns regelrecht greifbar und wir wollen wissen, welche Entscheidungen die beiden treffen. Stellenweise hatte ich das Gefühl, neben den ihnen zu stehen. Ich habe versucht zu klären, zu helfen, zu schlichten und ich habe verschiedene Schritte in verschiedene Richtungen gewagt. Um den Inhalt noch mehr zu intensivieren, erzählt die Autorin abwechselnd von Verena und Tom. Dies wird anhand unterschiedlicher Schriftarten noch verdeutlicht.

Ich ordne „Ein Sommer ohne uns“ schon ganz vorn im Jugendbuchregal ein. Ein sehr starker Titel, den ich besonders jungen Heranwachsenden ans Herz lege, die sich schon länger in einer Beziehung befinden und sich stellenweise hinterfragen, ob sie den richtigen Weg gehen. Das Buch bestärkt und zeigt, was passieren kann, wenn das Abenteuer zu laut ruft.

Mit meiner Begeisterung könnte ich noch einige Seiten füllen, kein Wunder bei diesem Buch. Die Autorin findet das richtige Maß an Themen, überspitzt zu keiner Zeit, schreibt in einer jugendlich lockeren Sprache, die Situationen und Verhaltensweisen sind autenthisch, es gibt eine Vielzahl an Emotionen und vor allem ist die Ausgangssituation mal eine völlig andere. Es gibt ein festes Paar, was sich dem Leben, seinem Umfeld, aber vor allem sich selbst stellen muss.

„Ein Sommer ohne uns“ ist ein tiefgründiger und lockerleichter Jugendroman zugleich, der echter kaum sein könnte!

Eure
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Der Hut des Präsidenten ~ Antoine Laurain

Der Hut des Präsidenten ~ Antoine Laurain
Der Hut des Präsidenten ~ Antoine Laurain

Liebe mit zwei Unbekannten von Antoine Laurain habe ich euch vorgestellt, nun möchte ich euch den zweiten Roman aus seiner Feder präsentieren. Der Hut des Präsidenten“ (Atlantik)

Beide Bücher habe ich hintereinander gelesen, wie es mir Julia von Ruby´s Cinnamon Dreams empfohlen hat. Sie ist großer Antoine Laurain Fan und kennt sich mit seiner Schreibe bestens aus. Also habe ich mich von den zwei Liebenden verabschiedet, mir einen Hut aufgesetzt und mich nach Paris begeben.

Gemeinsam mit Daniel Mercier setzte ich mich in ein Restaurant und wie es der Zufall will, landen wir fast am gleichen Tisch wie der Präsident François Mitterrand. Daniel ist dem Präsidenten nahe und spitzt seine Ohren und als dieser beim Gehen dann noch seinen Hut vergisst, nimmt das Abenteuer seinen Lauf. Der Buchhalter nimmt ihn an sich und zählt sich zum glücklichsten Menschen der Welt. Am liebsten würde er später über diesen Abend sagen können:

„Im November 1986 habe ich einmal in einer Brasserie mit François Mitterrand zu Abend gegessen, er saß neben mir, ich habe ihn gesehen, wie ich dich sehe.“ (Seite 24)

Der Hut des Staatsoberhauptes scheint eine ganz bestimmte Kraft in sich zu tragen, er strahlt eine bestimmte Stärke aus und Daniel wächst über sich hinaus. Er überzeugt mit seinen Ausführungen vor dem neuen Leiter der Finanzabteilung und erntet positive Stimmen und Anerkennung von seinen Kollegen. Seit er den Hut trägt, wendet sich sein Lebensblatt.

„Ein Hut verleiht seinem Träger eine Autorität über den, der keinen trägt, dachte er.“ (Seite 39)

Und dann?

Daniel ereilt der scheinbar gleiche schwarze Tag, den auch der Präsident erleben musste. Der Hut ist weg. Er hat ihn schlicht und ergreifend im Zug vergessen. Trotz schnellem Bemerken und schnellen Nachforschungen bleibt der Hut verschollen.

Fanny Marquant ist die Liebhaberin eines verheirateten Mannes und auf dem Weg zu ihm. Im Zug findet sie den Filzhut und nimmt ihn kurzerhand an sich. Was dann passiert, erstaunt sie selbst, denn sie beendet das Verhältnis mit Édouard. Und nicht nur das, sondern der Hut animiert Fanny zu einer Kurzgeschichte, mit der sie eine Art ganz persönliche Geschichte schreibt.

Viel mehr möchte ich an dieser Stelle kaum verraten. Ich möchte euch nicht alle Charakter vorstellen, sondern hier nur sagen, dass ihr euch noch auf zwei weitere freuen dürft. Diese tragen die Namen Pierre Aslan und Bernhard Lavalliére und führen ähnliche Leben, Leben die gerade nicht im Einklang und auf einer recht schiefen Bahn sind. Der Hut sorgt auch in deren Leben für Veränderungen.

Der Hut des Präsidenten ~ Antoine Laurain
Der Hut des Präsidenten ~ Antoine Laurain

Und dann?

Der Hut wird gestohlen und zwar von einem Protagonisten, den ihr an dieser Stelle schon ganz genau kennt und mit dem ihr vielleicht überhaupt nicht rechnet. Aber auch dort findet seine Reise kein Ende. Aber keine Angst, es gibt ein Ende und zwar ein ganz besonderes. Autor Laurain setzt seinem Hutroman noch einen Überhut auf. Im Epilog zaubert er eine Art Kaninchen heraus und lässt uns Leser staunen.

Antoine Laurain präsentiert uns seine Charaktere auf keinen Fall nüchtern und plump hintereinander, nur durch den Hut verbunden. Er fädelt die Charaktere auf den ersten Blick wie Perlen auf eine Kette auf, aber das ist nur der erste Eindruck. Der Autor spannt einen roten Faden zwischen den Figuren, unterbricht das Auffädeln in dem er Verbindungen schafft und Briefe einflechtet.

Die bevorstehenden Veränderungen der Protagonisten stehen im Vordergrund und zeigen uns Lesern, dass es manchmal ganz einfach ist, an bestimmte Dinge zu glauben. Manchmal müssen wir es einfach nur zulassen, es muss nicht immer ein Hut sein, der uns bewegt. Und trotzdem: Hüte auf!

Während wir in die aufregenden Leben der Charaktere eintauchen, berühren wir tiefgründige Themen, die sich Politik, Kunst und französische Gesellschaft des Jahres 1986 nennen. Diesen Oberbegriffen haucht Autor Antoine Laurain mit viel Gefühl und bildlicher Sprache Details ein. Die vier Hutträger sind so geschnitzt, dass keiner dem anderen gleicht und jeder ein derartig anderes Leben hat, dass uns alle berühren und sich in uns eingraben. Ganz besonders sind mir Fanny und Pierre ans Herz gewachsen.

Und jetzt macht euch auf den Weg und haltet die Augen offen, denn der Hut des Präsidenten wartet auf euch.

P.S. Wer sich den Hut aufsetzt, sollte anschließend die zwei Unbekannten kennenlernen. Antoine Laurain schreibt sich ins Herz und ein „Laurain“ sollte nicht allein bleiben. *zwinker*

Eure
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Albtraum Raststätte

Albtraum Raststätte
Albtraum Raststätte

Kolumne 07/2016: #AlbtraumRaststätte

Kurz vor Oldenburg, muss es gewesen sein. Sie möchte sich nicht an den genauen Ort erinnern. Schon immer hatte sie Panik, auf Raststätten auf Toilette zu gehen. Vielleicht keine richtige Panik, aber eine Mischung aus Furcht und Ekel. Wer benutzt schon gern verdreckte Toiletten und dann auch noch in der kalten Jahreszeit und vor allem im Dunkeln? Es treiben sich merkwürdige Gestalten auf Raststätten herum und machen einen Eindruck, als ob sie jemanden mitnehmen wollen.

Selbst am hellichten Tag ist es ihr unangenehm, diese Räumlichkeiten zu betreten. Freiluftpinkeln, so wie die Jungs – das wäre es. Und doch kommt sie an dieser Raststätte nicht drumherum. Zu viel Cola, zu viel Kaffee, zu viel Energydrink. Sie muss sich ihrem Gefühl stellen. Heute ist ihre Angst noch größer, denn sie liest gerade einen Psychothriller. In ihrem Kopf toben tausende Bilder und sie möchte am liebsten einen der Jungs fragen, ob er mitkommt. Mit hinein in die Kabine. Oder ob er davor wartet. Der Rasthof ist anders. Es gibt keine normalen Toilettenräume, wie man sie kennt. Diese haben eine Tür die sich selbst verschließt. Wenn das grüne Licht leuchtet, kann man die Türe öffnen. Nie zuvor hat sie so eine einzelne Kabine betreten. In ihrem Magen zieht es sich zusammen, ihr ist nicht wohl dabei. Noch während sie durch die Tür schreitet, schießt ihr der Gedanken in den Kopf, dass sie ihr Handy im Auto liegen gelassen hat. Verdammt. Das ist ihr bisher noch nie passiert. Sie hat es immer dabei, sogar ab und an in ihrer Wohnung, wenn sie im Bad ist. Und jetzt und heute? Fehlanzeige. Es muss auch ohne Handy gehen, was soll schon passieren.

Sie schließt die Tür hinter sich und drückt umgehend den roten Knopf neben der Tür. Der Riegel schnapp vor. Tür zu. Das rote Licht leuchtet. Sie beeilt sich. Ihr ist unwohl. Sie spült. Sie geht zum Waschbecken und wäscht ihre Hände mit eiskaltem Wasser. Der Seifenspender funktioniert, der Trockener auch. Alles elektrisch. Alles per Knopfdruck. Sie ist erleichtert, dreht sich um und drückt den grünen Knopf. Nichts passiert. Sie drückt erneut. Der Türriegel bewegt sich nicht, das Licht wechselt nicht von rot in grün. Ganz ruhig, sagt sie sich. Vielleicht sind einfach die Hände zu nass. Während sie sich zu beruhigen versucht, schlägt ihr Herz schneller. Ihr Mund wird trocken. Ein leichtes Panikgefühl stellt sich ein.

Hände waschen. Einfach noch einmal Hände waschen. Vielleicht reagiert der Sensor deshalb nicht. Vielleicht sind die Hände zu trocken, zu kalt, zu nass. Unsicherheit macht sich breit. Tief einatmen und Hände waschen. Das ist doch nicht so schwer. Sie redet sich Mut ein und versucht den schnelleren Puls zu ignorieren.

Dann wieder zur Tür. Ganz von vorne jetzt. Knopf drücken. Kurz warten. Tür auf. Sie drückt und sie merkt, wie ihre Finger zittern. Angst vor einem erneuten Fehlschlag. Sie überwindet sich und drückt. Wieder passiert nichts. Sie drückt erneut und erneut, aber die Tür bleibt zu. Verdammt. Jetzt nur nicht in Panik verfallen. Was steht da geschrieben auf der Anleitung zum Tür öffnen. Nach 15 Minuten entriegelt sich die Tür von selbst, falls das normale Öffnen per Knopfdruck nicht möglich ist. 15 Minuten. Wie lange war sie schon in der Toilette eingeschlossen? Vielleicht gerade mal 7 Minuten. So sehr sie sich auch versucht zu beruhigen, es funktioniert nicht mehr. Ihr Puls steigt und steigt, ihr Herz rast, ihre Finger zittern. Sie hat eigentlich keine Platzangst, sie ist eigentlich ausgeglichen und kann die Ruhe bewahren. Aber es ein kleiner Raum, es ist nicht gerade sauber und der Geruch ist ebenso unangenehm. Sie schreit. Sie ruft. Sie tritt gegen die Tür. Sie bekommt kaum noch Luft. Ihr Körper verhält sich völlig anders, als ihr Geist. Sie versucht ruhig zu sein, aber ihr Körper dreht auf. Ihre Beine kribbeln, als wären sie eingeschlafen. Ihr Mund wird immer trockener.

Panisch schaut sie sich um. Wenn jetzt noch eine Spinne mit ihr im Raum wäre, nicht auszudenken. Ihr Kreislauf beginnt Faxen zu machen. Ihr wird schwindelig. Diese verdammte Psyche. Sie versucht sich wieder auf Level zu bringen, doch ihre Gedanken lassen sich nicht anhalten. Sie beschimpft sich innerlich, weil sie ohne Handy in dieses verdammt Kloding reingangen ist. Weil ihre Rufe nicht gehört werden, weil sie ihren Fuß an der dicken Tür eingehauen hat, als sie dagegen trat. Warum hört sie verdammt nochmal keiner? Waren da gerade nicht noch andere Menschen? Sie denkt darüber nach, was passieren würde, wenn sie umkippt. Haben die Jungs gesehen, in welche Kabine sie gegangen ist? Wie lange ist sie schon eingesperrt? Eine Uhr trägt sie schon lange nicht mehr am Handgelenk.

Kurz bevor sie in die Knie sinkt, sieht sie den roten dicken Knopf. Warum hat sie diesen nicht eher gesehen? Erleichterung macht sich breit. Sie zieht sich wieder hoch und drückt den Kopf. Die Tür springt auf. Tageslicht knallt ihr entgegen. Sie verlässt zügig die Toilette. Sie zittert und zittert.

Hätte sie mal kein Psycho gelesen und wäre sie mal ruhig geblieben, hätte sie den Notknopf eher gefunden. Aufregung und Panik wären ihr erspart geblieben. Nun will sie einfach nur schnell zu den Jungs zurück. Hinein ins warme Auto. Sie läuft los und erstarrt zugleich. Der Parkplatz ist leer…

Eure

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Infernale ~ Sophie Jordan

Infernale ~ Sophie Jordan
Infernale ~ Sophie Jordan

Och nee, bitte nicht schon wieder so ein Jugendbuchauftakt mit einer 17 jährigen Protagonistin, die in einer schlimmen, schlimmen Welt lebt, dann den Held ihrer Träume trifft, den unnahbaren, maximal attraktiven Jungen, in den sie sich prompt verliebt und darüber all ihre Probleme vergisst.

So oder so ähnlich waren meine Gedanken, als mir Binea vorschlug, das neue Buch von Sophie Jordan zu lesen. Ich musste diesmal wirklich einen großen Lesewiderstand bekämpfen, denn pubertäres Liebesgeplänkel vor einer Fantasy-Kulisse wollte ich eigentlich nicht mehr lesen.

So begann ich also zu lesen und tauchte schnell in ein dystopisches Zukunftsszenario in den USA.

„Das neue Gutachten zum Homicidal Tendency Syndome (HTS) belegt, dass das Gen gefährlicher und verbreiteter ist als bisher angenommen. Träger des HTS-Gens neigen zu extremer Gewalttätigkeit.[…] Diese Erkenntnisse […] legen die Durchführung flächendeckender Maßnahmen nahe, um unsere Bevölkerung vor Trägern des HTS-Gens zu schützen…“ (S. 9)

Mittels eines einfachen DNA-Test ist die Wissenschaft also in der Lage festzustellen, wer ein potentieller Mörder ist und wer nicht.

Wer trägt das Mördergen in sich und stellt eine Bedrohung in einer Welt dar, die an sich schon von hoher Kriminalität und Gewalt geprägt ist?

Infernale ~ Sophie Jordan
Infernale ~ Sophie Jordan

Vielleicht ist es ja Davy: 17 Jahre, musikalisches Wunderkind, Musterschülerin, Anwärterin auf einen Studienplatz an der Juliard. Bei ihr wird das Mördergen festgestellt und von jetzt auf gleich bricht ihre perfekte Welt zusammen: Ausschluss aus der Privatschule, Verlust des Freundeskreis, angespannte Familiensituation. Sie muss auf eine staatliche Schule gehen, wird dort eingepfercht mit anderen, sogenannten Trägern unter Ausschluss der Öffentlichkeit unterrichtet und ist ohne jegliche soziale Kontakte. Ein harmloser Streit zwischen ihr und ihrem Exfreund führt darüberhinaus noch zur Tätowierung des gefürchteten „H“s an ihrem Hals, das sie endgültig und für alle sichtbar als „Mörderin“ brandmarkt.

„Das tintenschwarze Band von zweieinhalb Zentimetern. Das eingekreiste H. Es erinnert mich an das Brandzeichen von Rindern. Dunkel. Tief. Dauerhaft. Wenn man es einmal gesehen hat, sieht man nichts anderes mehr. Nicht den Menschen. Und das ist genau der Zweck.

Der Mensch zählt nicht.

Es zählt kein wer mehr. Nur noch was.“ (S. 90)

Recht schnell und schmerzhaft wird Davy bewusst, dass sie keine Rechte mehr besitzt, sondern dass die Bevölkerung vor ihr und ihren möglichen Gewaltexzessen geschützt werden muss.

Als es in den USA zu einem furchtbaren und tödlichen Zwischenfall kommt, steht für die Regierung fest: die HTS-Träger müssen interniert werden zum Schutz aller.

Davy entgeht einem Internierungslager nur knapp. Da sie über spezielle Fähigkeiten verfügt, wird sie in ein Ausbildungscamp geschickt mit der Aussicht, bei guter Führung, sogar wieder das „H“ zu verlieren. Was sich nach einer echten Chance anhört, wird jedoch bald zu einem bitteren Überlebenskampf.

Und wo bleibt nun die pubertäre Liebeswolke?? Wo bleibt der strahlende Held??

Zum Glück gibt es ihn nicht, jedenfalls nicht so, wie man das Szenario aus anderen Jugendbüchern kennt.

Ja, es gibt eine ganz zarte Geschichte, die sich in all dieser Grausamkeit und Ungerechtigkeit entwickelt. Doch diese bleibt vage, denn die Probleme, mit denen sich Davy und alle übrigen Träger konfrontiert sehen, sind überwältigend und ersticken beinahe jegliche Emotion. Überhaupt stellt sich die Frage, ob sich ein Träger Emotionen leisten kann ob er überhaupt zu diesen fähig ist? Schließlich trägt er ein Mördergen in sich, sein Schicksal steht fest, da ist kein Platz für die Liebe.

Infernale ~ Sophie Jordan
Infernale ~ Sophie Jordan

Sophie Jordan ist ein großartiges Buch gelungen. Ohne Schmalz, ohne Teeniegeplänkel behandelt sie wohl eine der wichtigsten Fragen überhaupt: wie selbstbestimmt handeln wir? Wer entscheidet: wir oder unsere DNA?

Wer nach den großartigen Büchern von Suzanne Collins etwas ähnliche sucht, dem sei Infernale (Loewe) mehr als empfohlen. Wie Katniss so ist auch Davy eine Hauptfigur, mit der man mitleidet, mitkämpft und fassungslos zusieht. Mit ihr ist Sophie Jordan eine absolut glaubwürdige Protagonistin gelungen, die sich fragt, inwieweit ihr Schicksal genetisch vorherbestimmt ist. Sie reift im Verlauf des Romans immer mehr zu einer starken Persönlichkeit heran, die wieder eine Chance im Leben haben möchte, die kämpfen möchte.

Ähnlich wie Suzanne Collins gelingt es auch Sophie Jordan um die Entwicklung dieser Hauptfigur herum eine mögliche Liebesgeschichte anzudeuten, die jedoch absolut nicht im Fokus steht, gar nicht Hauptthema sein kann, da die Figuren buchstäblich um das nackte Überleben kämpfen müssen.

Ich bin mehr als froh, meinen Lesewiderstand überwunden zu haben, denn mir wäre ansonsten ein genialer Auftakt einer vielversprechenden Jugendbuchreihe entgangen, die nicht nach Schema F abläuft, sondern einen ganz eigenen Weg geht.

Euer Lesebienchenliteratwo_banner

Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain

Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain
Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain

Liebe mit zwei Unbekannten (Atlantik) von Antoine Laurain ist ein Titel, welcher bei mir lesetechnisch ja schon längst überfällig ist. Vor einem Jahr hat der Roman das Licht der deutschen Buchwelt erblickt und ich wollte es schon längst gelesen haben. Nun ist sein zweiter RomanDer Hut des Präsidenten erschienen und bevor ich mich in diesen lesend fallen lasse, wollte ich die zwei Unbekannten treffen.

Oft habe ich das Buch schon in der Hand gehalten und mich gemahnt und auf später vertröstet. Vor ein paar Tagen war es dann aber soweit, ich habe mich auf den Weg nach Frankreich gemacht, um die zwei Unbekannten endlich zu treffen, um die Liebe zu fühlen.

Würde man das Buch ganz grob beschreiben wollen, ist der Titel total ausreichend. Anhand des Titelnamens kann fast der ganze Inhalt abgeleitet werden. Es geht um zwei unbekannte Menschen, die sich logischerweise treffen werden, damit die Liebe eine Rolle spielen kann. Ein Buch zum Verlieben, zum Träumen, zum Freuen – denn das Happy End wird es geben. Einige Leser lesen nur Bücher, bei denen sie sich gewiss sein können, einen guten Ausgang auf den letzten Seiten zu finden. Hier kann ich getrost versprechen, dass es so sein wird, denn sonst würde der Titel wohl anders lauten und Autor Antoine Laurain wäre wohl nicht ebendieser Autor. Ein Buch fürs Herz erwartet uns hier.

Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain
Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain

Ohja – ein Buch fürs Herz und mir fallen so einige Menschen ein, die gut zwischen diese Seiten passen.

Zum Inhalt brauche ich wohl nicht viel zu erzählen, schaut euch das Cover an. Zwei Menschen in rot wie die Liebe und eine Tasche in weiß – die Unbekannte. Buchhändler Laurent findet auf der Straße eine Tasche und nimmt sie mit. Eine gut gefüllte Frauenhandtasche. Er macht sich auf die Suche nach seiner Eigentümerin und beginnt sich anhand der vielen Kleinigkeiten, die er darin findet, in die Frau zu verlieben.

Neugierig hangelt er sich von Gegenstand zu Gegenstand, um den Namen der Frau herauszufinden. Eine schwierige Aufgabe und in einer großen Stadt wie Paris ist diese Suche mit der Suche einer Nadel im Heuhaufen gleichzusetzen. Doch Laurent gibt nicht auf und weiht seine Tochter Chloé ein.

Was dann passiert, müsst ihr nun selbst erlesen. Und ich sage euch: Paris ist groß und es wird aufregend. Habt ihr eigentlich Übung im Suchen anderer Menschen?

„Wie mochte diese Laure wohl aussehen, die gern in Gärten zu Mittag aß, Angst vor roten Ameisen hatte, von Sex mit ihrem in einen Mann verwandelten Haustier träumte, korallenroten Lippenstift trug und sich von Patrick Modiano ein Buch signieren ließ? Laurent hatte eine Puzzlefrau vor sich.“ (Seite 60)

Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain
Liebe mit zwei Unbekannten ~ Antoine Laurain

Antoine Laurain ist ein Autor mit Herz und er weiß, wie er die Frauen schreibend berührt. Oder eher – seine Leser. Er hat einen Roman geschrieben, aus dem die Liebe blüht, ohne zu überblühen. Er schreibt von einem Mann, dem die achtlos weggeworfenen Handtasche gerade recht kommt, denn sein Leben braucht einen neuen Anstrich. Dies wird ihm allerdings erst bewusst, als er sich auf die Suche begibt und seine Beziehung von jetzt auf gleich endet, ohne Tränenvergießen, ohne Gefühl, ohne große Worte. Mir gingen einige Passagen zu schnell, aber wenn es keine Gefühle gibt, warum unnötig in die Länge ziehen.

Für uns Leser und Liebhaber von Buchhandlungen hält der Autor wundervolle Szenen bereit und lässt uns ins Literaturherz von Laurent blicken. Buchige Gedanken – einfach wunderschön.

Neben den zwei Hauptprotagonisten Laure und Laurent ist mir Laurents Tochter Chloé besonders ans Herz gewachsen. Was für eine grandiose Figur. Rebellisch, außergewöhnlich, frech, einfach anders und doch so herzlich. Ihr müsst die drei treffen. Es lohnt sich durch und durch.

Ihr sucht die Liebe? Dann schlagt dieses Buch auf. Ich freue mich, euch einen Roman empfehlen zu können, in dem ihr der Liebe begegnet, eine großartige Suche vor euch habt, einen Buchhändler mit Herz trefft und einfach mit strahlenden Augen die letzte Seite lest.

Eure
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[Wangerooge] Inselbuchhandlung H. Schröder

Inselbuchhandlung Schröder ~ Wangerooge
Inselbuchhandlung Schröder ~ Wangerooge

Kolumne 06/2016: #Inselbuchhandlung

Eine Insel ohne Buchhandlung wäre eine sehr einsame Insel. Wangerooge ist überhaupt nicht einsam, denn hier gibt es viele Bücher und LeserINNEN und eine sehr schöne Inselbuchhandlung. Gleich am ersten Urlaubstag schaute ich neugierig durch die Fenster der Buchhandlung H. Schröder und natürlich habe ich am nächsten Tag sofort die Möglichkeit genutzt, in die Buchhandlung hinein zu gehen. Schon nach wenigen Minuten war ich im Gespräch mit dem sehr aufgeschlossenen Buchhändler und kurzerhand kam mir der Gedanke, ein literatwoisches Interview-Akrostichon zu führen.

Mir brannten schon einige Fragen auf der Leseseele – allerdings nicht nur auf Bücher direkt bezogen, sondern auch ganz allgemeine. Schließlich ist eine Buchhandlung auf einer Insel schon eine größere Herausforderung als auf dem Festland. Oder?

Lest selbst:

literatwo-einzelbuchstabeniebes Team der Buchhandlung H. Schröder – H. Schröder? Wer steckt hinter diesem Namen?

Ich heiße Ralf Keulen und bin seit 2014 als Buchhändler in der Inselbuchhandlung. Die Inhaberin heißt Claudia Grunemann. Hermann Schröder hat diese Buchhandlung genau an dieser Stelle vor 110 Jahren, am 1.6.1906 als Buchhandlung mit Fotoatelier und Logierhaus gegründet.

literatwo-einzelbuchstaben n so einer 900 Einwohner Stadt, auf einer übersichtlichen Insel, wenn ich das so sagen darf, ist es sagenhaft grandios, so eine schöne Buchhandlung zu finden. Wie wählt ihr euer Sortiment aus?

Claudia holt sich für den Non-Book Bereich Inspirationen z.B. auf der Messe „Nordstil“ in Hamburg und ich wälze Dutzende Kataloge und treffe mich jedes Frühjahr mit 10-15 Verlagsvertretern um die passenden Bücher für unsere Kunden auszusuchen.

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ouristen oder Einheimische? Wen zählt ihr zu euren Kunden und habt ihr richtige Stammkunden/-leser?

Touristen UND Einheimische! In beiden Gruppen gibt es Stammkunden, wir haben zum Beispiel eine Urlauberin, die seit über 80 Jahren jedes Jahr auf die Insel kommt und immer noch fleißig liest. Aber natürlich haben wir in der Hochsaison von April bis Oktober bis zu 10000 Gäste auf der Insel im Vergleich zu knapp 1000 Insulanern, wir sind also schon auf den Tourismus angewiesen,

literatwo-einzelbuchstabenxpress auf Wangerooge? Wie lange muss ich warten, wenn ich bei euch ein Buch bestelle? Kommt das Buch dann mit dem Schiff oder mit dem Flugzeug und sind die Portokosten denn überhaupt stemmbar?

Wir können tatsächlich die meisten Bücher „über Nacht“ besorgen. Unser Großhändler liefert im Laufe der Nacht aus seinem Lager in Erfurt nach Harlesiel und von dort kommen die Bücher morgens mit dem ersten Inselflieger auf die Insel. Wir sind also eine der wenigen Buchhandlungen in Deutschland, die Bücher für Ihre Kunden „einfliegen“ lässt. Wir müssen natürlich versuchen die höheren Portokosten durch besonders kostengünstigen Einkauf und wirtschaftliche Lagerhaltung auszugleichen.

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Richtige Literatur an Bord. Welche Bücher zählen zu euren aktuellen Empfehlungen?

Ich empfehle sehr gerne die Bücher von Joachim Meyerhoff, insbesondere „Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war?“, aber auch gerne ältere Titel, wie „Salzwasser“ von Charles Simmons, „Winter in Maine“ von Gerard Donovan oder den „Distelfink“ von Donna Tartt.

literatwo-einzelbuchstabenuch der Non-Book-Bereich ist bei euch vertreten. Gibt es ein bestimmtes „Must-Have-Non-Book“?

Bei den Non-Books lieben wir besonders die Spiegelburg-Collection in Rot mit weißen Punkten. Die ist zu einer Art Markenzeichen unserer Buchhandlung geworden. Und wir freuen uns auf eine neue Wangerooge-Collection (Tasse, Frühstücksbrettchen, Lesezeichen) die wir im Sommer bekommen und die exklusiv für uns hergestellt wird.

literatwo-einzelbuchstabenhalia und Co. sind weit von euch entfernt. Habt ihr überhaupt Konkurrenz?

Thalia und Co. sind zum Glück weit weg, aber auch auf Wangerooge ist das Internet allgegenwärtig. Und wir müssen damit klarkommen, dass es von November bis April doch meistens sehr ruhig ist auf der Insel.

literatwo-einzelbuchstabenelche Veranstaltungen erwarten eure Kunden in diesem Jahr? Gibt es ein Highlight?

Wir freuen uns wieder auf vier lange Verkaufsabende bis 22.00 Uhr diesen Sommer, da backen oder kochen wir eine Kleinigkeit für unsere Kunden, es gibt Getränke und wir bieten auch immer etwas Besonderes für Kinder an. Wenn das Wetter mitspielt, sind das sehr stimmungsvolle Abende. Und für den Oktober planen wir eine Lesung mit dem Nr.1 Bestsellerautor Klaus-Peter Wolf.

literatwo-einzelbuchstabenhne Buch…

…ist das Leben wie ein Meer ohne Wellen!

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Vielen Dank, für die Beantwortung der vielen Fragen und wie bereits angedroht: ich komme wieder. 🙂

Wart ihr schon auf Wangerooge in der Inselbuchhandlung? 

Verlasst doch mal das Festland und reist auf die Insel. Habt einen schönen Sonntag mit vielen buchigen Stunden.

P.S. Ein Online-Shop lohnt sich nicht wirklich, aber auf Facebook ist die Inselbuchhandlung als Seite natürlich vertreten. Klickt mal rein. 

Eure

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