Man kann sich als Zafón-Fan bezeichnen, obwohl man erst ein einziges Buch (bezogen auf seine Tetralogie) von ihm gelesen hat. Man kann sich auch als Zafón-Fan bezeichnen, wenn man dieses eine Buch, welches den Titel „Der Schatten des Windes“ trägt, noch nicht rezensiert hat. Ohja – das kann man!
Dieses eine Mal, dieses eine große Leseerlebnis hat mich zum Zafón-Fan gemacht und ich kann nur in den höchsten Tönen schwärmen. Jeder bibliophil veranlagte Mensch wird die literarische Tiefe finden, die er braucht wie die Luft zum Atmen.
Meine beste Freundin hat mich auf die Zafón-Lesespur gebracht und ebendiese Freundin schenkte mir vor kurzer Zeit die Sonderausgabe „Der Fürst des Parnass“ (Fischer Verlag). Mit diesem Werk möchte der Autor als Dank an alle deutschen Leser und Buchhändler auf sein Honorar verzichten und der Verlag lässt dieses aufgerundet dem Sozialwerk des Deutschen Buchhandels zugutekommen.
Wir vereinbarten natürlich, dieses kleine, nicht ganz 100 Seiten umfassende und recht groß bedruckte Büchlein gemeinsam zu lesen. Am 1. Mai war es soweit und wir reisten lesend in die „Zafón-Stadt“ Barcelona. Seine Tetralogie dreht sich um den „Friedhof der Vergessenen Bücher“ und spielt in der katalanischen Großstadt.
Gemeinsam mit Büchermacher Sempere sehen wir in der Ferne das Trauergefolge näher kommen. Corelli taucht neben uns gemeinsam mit einem kalten Lufthauch auf und seine Worte lassen uns einen mystischen Schauer über den Rücken laufen.
Durch die Gedanken des Büchermachers finden wir uns im Barcelona 1560 wieder und erfahren, wie es zur Begegnung zwischen Sempere und dem heute mehr als berühmten Miguel de Cervantes Saavedra kam. Doch damit nicht genug, denn in der Gedankengeschichte von Sempere beginnt die Geschichte Cervantes lebendig zu werden. Und damit nicht genug, denn Zafón wäre nicht Zafón, wenn er dazu nicht noch weitere Überraschungen bereithalten würde.
Auch in der Kürze liegt Zafóns Würze. Der Meister überzeugt auch mit seiner Erzählung, in der er sich an der Biographie von Cervantes bedient. Diese enthält soviel freies Potenzial, dass er genügend Spielraum hat, um seine eigenen Gedanken und einen Pakt des Autors Cervantes mit seinem Protagonisten Corelli, welcher aus seinen anderen Werken bekannt ist, darin zu integrieren.
Cervantes – Nationaldichter Spaniens und „Don Quijote“ Autor, kann sich mit einem Platz in einem Zafón Werk geehrt fühlen. Gerade in diesem kleinen Band wird ihm eine große Ehre zuteil, in diesem Band, der weitere Geheimnisse um den Friedhof der Vergessenen Bücher preisgibt.
Cervantes schrieb nicht nur „Die Reise zum Parnass“, sondern ist nun auch „Der Fürst des Parnass“.
Mit dieser Vorgeschichte zur Tetralogie erobert er die Fan-Herzen ein weiteres Mal, wenn auch nicht so grandios, wie er von seinen Lesern gekannt wird. Allerdings finde ich selbst, dass die vielen negativen Meinungen, die in der Buchwelt über diese Erzählung kursieren, nicht gerechtfertigt sind. Zafón reicht hier bewusst und sogar in der kurzen Nachbemerkung nochmals erklärt einen kleinen Finger des Vorgeschmacks und dieser kann nun einmal keine volle Hand sein.
Ein Vorgeschmack ist dazu da, um die Leselust zu erwecken, und dies hat Zafón, denn er lebt sich dennoch mit seinen Sätzen aus, die typischer für den Autor nicht sein könnten. Die Sätze perlen auf der Leserzunge und viele Zitate laden zum Verweilen und Weiterdenken ein.
Die Charaktere könnten für diesen schmalen Band nicht ausgeschmückter sein. Logisch möchte man als Leser mehr, viel mehr. Aber genau dieses Mehr erfüllt Zafón in seiner Tetralogie.
Ich für mich finde es gut, diese Sondererzählung nach seinem Werk „Der Schatten des Windes“ gelesen zu haben. Etwas besser wäre es vielleicht noch gewesen, vorher „Das Spiel des Engels“ zu lesen, denn dann ist der Name Corelli geläufig und die Erzählung gewinnt dadurch an weiterer Tiefe.
Und doch kann dieses Werk ebenso gut genutzt werden, um einen leichten Eindruck des Schreibstils des Autors zu bekommen. Eines allerdings ist hundertprozentig klar – im Regal sollte dieser Band ganz vorne stehen, da hier die Grundsteine des Friedhofes zu finden sind.
Carlos Ruis Zafóns Werke sind fürstlich durch und durch – dies möchte ich nach einem Roman und einer Erzählung so festsetzen, da ich mir nichts anderes vorstellen kann.
Meisterhaft ist, wenn in einem kleinen Band Elemente miteinander vereint werden, die eigentlich Raum für einen dicken Wälzer benötigen!
Wer einen Einstieg mit einem Einzelband möchte, ist auf jeden Fall mit „Marina“ sehr gut beraten!
Alles klar. Habe deine ersten Sätze gelesen und da war der Kauf des Buches schon beschlossene Sache. Und waaaaas, du hast ” Der Schatten des Windes” noch nicht gelesen?! Also Bini, das ist ja quasi ne Bildungslücke 😉
Liebe Grüße von Christin
Du wirst es mögen.
Es wäre eine Bildungslücke, wenn ich es nicht gelesen hätte, wohl wahr…
Ich habe es gelesen, nur nicht rezensiert. Es ist einfach zu gewaltig.