Nachdem wir gestern einen kleinen Exkurs in die Welt der Wegweiser und Symbole des Jakobsweges unternommen haben, möchte ich heute ein neues Kapitel aufschlagen. Unter der Überschrift „Oasen für die Sinne“ existiert ein kleines, aber außerordentlich feines Büchlein von Susanne Schaber, hinter dessen pittoresk gestaltetem Schuber sich eine ganz eigene Welt der kulturellen Genüsse für alle Ebenen unseres Geistes entfaltet.
Dies ist somit das erste Buch, das uns auf den „Sternenweg“ (so wird der Jakobsweg auch genannt, weil die Sterne der Milchstraße nach überlieferten Vorstellungen den Weg der Seelen darstellen. Ihr Licht ist dabei der Kompass, der den Weg zum Paradies zeigt, das man früher am Ende der Erde vermutete) einstimmen soll, bevor wir auch nur den ersten Gedanken daran verschwenden, intensiver in die Tiefen des Pilgerlesens einzutauchen.
Susanne Schaber lädt uns in ihrem Buch „Der Jakobsweg – Nordwestpassage zur Welt des Geistes“ ein, sie auf den Camino Francés zu begleiten. Sie führt uns über die Pyrenäen, durch Navarra, die Rioja und Kastilien-León bis nach Santiago de Compostela und weiter nach Finisterre, dem früheren Ende der Welt. Sie erzählt vom Alltag auf der „ersten Kulturstraße Europas“ und seiner vielfältigen Geschichte, von Melodien und Baustilen, von Rebsorten und Gerichten, die sich über die alten Pilgerwege in ganz Europa verbreiteten. Die Kulturjournalistin bewegt sich hierbei jenseits der ausgetretenen Pfade und erzählt eine eigene Geschichte.
Sie begegnet Menschen auf der Suche nach Gott, sammelt Mythen und Legenden vom Wegesrand und würzt diese Erfahrungen mit den typischen Rezepten der Menschen, die dort leben, wo die Pilger oft nur übermüdet ihres inneren Weges ziehen. Da ist die Rede von migas, von olla podrida und cocidos, den berühmten Eintöpfen und von „verbotenen Früchten“. Sie beschreibt den Zauber, der den Wanderer in eine zeitlose Geisteswelt entführt.
Vielleicht lasst Ihr Euch hier kulinarisch nach Spanien entführen.
Was kann es also Schöneres geben, als dieses Büchlein aufzuschlagen, sich gedanklich lesepilgernd auf den Weg zu begeben und gleichzeitig den Duft aus der Küche wahzunehmen, in der man gerade selbst ein Rezept aus dem Buch ausprobiert, um sich mit allen verfügbaren Sinnen in die von Hirten durch-streiften Pyrenäen zu begeben?
Heute gibt es Migas de pastor (Migas nach Hirtenart)
Dieses ins Deutsche als „Krümelchen“ zu übersetzende einfache und kräftige Essen entspricht ganz genau den Bedürfnissen der Menschen, die in den Bergen der unnachgiebigen Natur trotzen. Man hat dieses Gericht wiederentdeckt und findet es bisweilen in den Lokalen der Gegend, wo oft auch eines der berühmten Gerichte Navarras angeboten wird: frische Forellen aus den eisigen Gebirgsbächen, schon von Hemingway geschätzt und beschrieben.
Das Rezept: (ausgelegt für 4 Personen)
500 g altes Weißbrot
Salz
100 g Schmalz, ersatzweise Olivenöl
150 g geräucherter Speck, in Würfel geschnitten
4 Knoblauchzehen, in Scheiben geschnitten
Das Brot am Vortag in Würfel schneiden, in eine Schüssel geben und mit leicht gesalzenem Wasser beträufeln, es soll nicht zu feucht werden. Gut durchmischen und über Nacht ziehen lassen. Schmalz in einer Eisenpfanne (sorry, das erinnert mich an was…) erhitzen und Speck darin auslassen. Knoblauch zugeben, hellgelb anrösten. Brotstücke in die Pfanne geben und unter Wenden mit einem Holzlöffel goldbraun ausbraten. Hirten-Migas werden gerne mit weißen Trauben, Paprikawurst und Spiegelei serviert.
Vielleicht ist dieser Artikel eine kleine Anregung für ein gemütliches Jakobsweg-Abendessen mit einer guten Flasche Wein auf dem Tisch und einem lesenswerten Buch auf dem Schoß. Ich vertiefe mich in meine aktuelle Lektüre und habe die nächsten Berichte für diese Serie über den „Jakobsweg in Büchern“ schon im Kopf.
Danke du hast so eben mein wichtigstes Jakobswegkapitel fürs erste abgearbeitet. Ich koche gern und liebe gutes Essen mit einer Flasche Wein.