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Alessandro Baricco – Mr. Rail hat einige seiner Romane vorgestellt und sogar sein Name stammt aus einem der Bücher.

„Seide“ verbindet Literatwo ganz speziell und mit Seide feierte Baricco internationalen Erfolg. Ich habe bisher nur Seide gelesen, falsch, vorgelesen bekommen und den Film geschaut. Über seine anderen Romane wurde mir von Mr. Rail erzählt. Ich habe, wie sollte es auch anders sein, mehrere Romane von ihm im besonderen Herzensbuchregal stehen.

„Ohne Blut“ rief mich vergangene Nacht zu sich ans Regal und beschäftigte mich 102 Seiten lang am Stück, wie auch darüber hinaus.

Mein zweiter Roman von ihm hielt mich in Atem, ließ mich schwer schlucken und mir wurde kalt. Das dies kein Liebesroman sein kann, verriet mir der Titel bereits, aber das der Zusammenstoß zwischen mir als Leser und den Worten im Roman so hart wird, habe ich nicht erwartet. Ein Mädchen liegt mit dem Gesicht auf der Straße, scheinbar leblos, ohne Blut, zeigt das mehr als passende Titelbild.

Nina – ein kleines Mädchen, die Tochter von Manuel Roca liegt zusammengekrümmt, wie ein Embryo unter einer Falltür auf der Erde. Sie ist leise, sie wartet ab, sie lauscht, sie hat Angst, sie hat Hoffnung, dass gleich alles vorbei ist. Die drei Männer sind gleich wieder weg und Vater wird sie gemeinsam mit ihrem Bruder wieder nach oben holen, alles ist wieder gut. Gleich…

Schüsse fallen, sie hört den Kugelhagel und mehrere dumpfe Schläge. Dann wird es still um sie. Schritte nähern sich der Falltür unter dieser sie versteckt ist. Ein Mann blickt auf sie herunter, sie hebt ihren Kopf um ihn anzuschauen und um sich danach wieder zusammen zu rollen. Leise. Sie ist leise und schweigt. Der Mann ebenso, denn er schließt die Falltür und verrät sie nicht.

Ihr Vater, wie auch ihr Bruder sind tot – umgebracht von drei Männern, obwohl der Krieg schon längst vorbei ist. Ein Angriff aus Rache für die Taten in der Vergangenheit. Die Männer zünden das Haus an und verschwinden.

Ein Roman über die Rache und das Vergeben – ein Roman mit viel roher Gewalt, ein brutaler und kalter Roman, in dem doch fast ganz verborgen Wärme und Gefühl steckt.

Nina – ein kleines Mädchen und doch eine große Frau. Sie überlebte den Angriff, der schweigende Mann hatte sie nicht gerettet, aber verschont.

Nina – Jahre später steht sie einem Losverkäufer gegenüber. Jahre nach der verübten Rache an ihrem Vater und an dem Mord ihres Bruders. Ein Losverkäufer und eine elegante ältere Dame. Sie lädt den Mann auf einen Kaffee ein und diese Einladung bringt die Vergangenheit, wie auch das Schicksal mit an den Tisch, an dem beide sitzen und sich in die Augen schauen.

Auch ohne Waffen kann Baricco verletzen. Bereits nach gerade mal 10 Seiten gibt es den ersten Treffer. Mir wurde ins Herz geschossen, obwohl ich weder die Vergangenheit der Täter, wie auch der Opfer nicht kenne. Dennoch tut es mir weh, als Manuel Roca und sein Sohn vor meinen Augen sterben. Durch das Verschonen von Nina, wird die Wunde etwas geheilt, doch als das Haus in Flammen steht, reißt mein Herz erneut auf.

Der erste Teil des Romans endet und Teil zwei beginnt. Ohne zu erahnen, was mich erwartet, verband ich mir erst mein Herz, klebte mehrere Plaster drumherum, in der Hoffnung, die Wunde könnte jetzt heilen, denn ohne Blut liest es sich schlecht.

Jahre später – Nina lebt – soviel muss ich sagen, ja, Nina hat es geschafft. Nina das kleine Mädchen, mit der Kraft eines starken Mannes.

Nina hat mir erzählt, wo sie all die Jahre wahr, was sie erlebt hat, wie sie sich fühlte und warum sie nicht ohne Blut ist. Aber Nina hat dies nicht nur mir erzählt. Eigentlich hat sie es dem Losverkäufer erzählt und mich nur dabei sein lassen…

Alessandro Baricco – ein Autor für den man empfänglich sein muss. Er ist speziell, er ist poetisch und doch so klar und grob. Er schreibt wie er möchte und fesselt damit den Leser oder nicht. Ohne Blut – zwei Teile gliedern den Roman, mehr nicht. Keine Kapitel sind hier notwendig, einmal angefasst, muss das Buch einfach in einem Zug durchgelesen werden, maximal in zwei Zügen. Absätze trennen die Handlungen, die Gedanken, die Dialoge. Auf einen schnellen Wechsel der Perspektive, wie auch auf überschlagende Ereignisse, muss man gefasst sein.

Ein Roman der zeigt, dass auch im größten Trümmerfeld voller Steine, auf verbrannter Erde, ohne Blut, die Kraft vorhanden sein kann, um etwas neues, etwas anderes entstehen zu lassen.

Wenn man nur will…wenn man kann…wenn die Zeit dafür reif ist…wenn es noch Gefühle gibt…

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