Ihr Haar hat die Farbe von Milch, sie kann nicht schreiben und nicht lesen, aber sie hat ein Mundwerk, mit dem sie sich nicht zurückhält. M.A.R.Y – ich kenne nun deine Geschichte. Ich habe sie unter innerlichen Schmerzen in einem Atemzug gelesen, so wie du sie unter Schmerzen aufgeschrieben hast. Ich muss mich sammeln, nachdenken, tief fühlen, weinen und einfach Pause machen.
Ein verstörend bewegender Roman, an den ich seit gestern immer denken muss, wenn ich mir Milch in den Kaffe gieße.
Die Begegnung mit Marz ist nun ein paar Tage her, ich habe ein wenig Abstand zum Roman und kann immer noch behaupten, dass er zu den besten Roman zählt, die ich je gelesen habe. Es ist die Wucht vom Ende die Augen öffnet und gleichzeitig erschlägt. Es sind nicht nur die großen Geschehnisse, es sind die vielen kleinen Momente im Buch die während des Lesens zwicken, am Ende dann aber richtig kneifen und kratzen. Mary hat mir ihre Geschichte nun erzählt und nun erzähle ich euch ganz kurz, warum ihr diese Geschichte kennen solltet.
M.A.R.Y.
Dies ist mein Buch und ich schreibe es eigenhändig. Es ist das Jahr des Herrn achtzehnhundertundeinunddreißig… (Seite 7)
Mit diesen Worten beginnt jeder der vier Teile – Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Diese Worte sind wichtig und werden bis zum Ende des Romans immer schwerer und um sich an das Buch später zurück zu erinnern, braucht es wohl nur diese Worte.
Als Mary uns ihre Geschichte erzählt, ist sie junge 15 Jahre, sitzt am Fenster und kann viele Dinge sehen. Sie erzählt von Anfang bis Ende. Wir erfahren, dass ihr Elternhaus nicht gerade voller Wärme ist, dass sie hart arbeitet und das sie keinesfalls mit Worten zurück halten kann. Sie sagt was sie denkt, ohne zu überlegen, was ihr Gegenüber davon halten könnte. Das macht Mary so unglaublich sympathisch und liebenswert. Sie ist trotz aller Widrigkeiten ein junges Mädchen, hat ein kleines Handicap und sucht ein wenig Unbeschwertheit..
Sie kann nicht lesen, nicht schreiben, aber sie ist tüchtig und stellt dies bald im Haushalt des Dorfpfarrers unter Beweis. Sie kann erzählen und auch zuhören und sie kann Geheimnisse für sich behalten. Und dann dreht sich ihr Leben..
Mary erzählt und erzählt und wir Leser ahnen und ahnen und dann begreifen wir und der offene Kreis schließt sich. Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an ihre Schwestern denke, an ihre Mutter, an ihren Vater und natürlich an ihren Großvater. Nell Leyshon bewegt dadurch, dass sie uns am Ende die Augen so richtig weit geöffnet hat.
Milch
Anfang – Es wird rau, ihr werdet fassungslos sein, ihr ahnt und hofft und bangt und kämpft und bewundert und glaubt und haltet euch die Hände vor die Augen, reibt darin und möchtet nicht lesen, was ihr lesen werdet. Und es wird weh tun und wenn ihr denkt, dass es schon genug weh tut, wird es noch ein wenig mehr weh tun. Der Kreis schließt sich, ihr begreift, ihr verknüpft, ihr müsst akzeptieren… – Ende.
Wundert euch nicht über die merkwürdige Sprache – ihr lest euch schnell ein, wundert euch nicht über das Jahr, sondern merkt es euch und jetzt zögert nicht, denn Mary hat euch ihre Geschichte zu erzählen und ich schwöre euch, dass ihr diese nie vergessen werdet.
„Die Farbe von Milch“ von Nelly Leyshon (Eisele Verlag) solltet ihr alle kennen. Und seid gewiss, jede noch so große Vorahnung wird übertroffen!
Ihr kennt die Redewendung mit der Nachtigall? Ich hatte keine Vorahnung, als ich mich in den Roman von Kristin Hannah begeben habe. Aber ihr habt eine Vorahnung, was ich gleich tun werde, richtig? Ich bin meiner inneren Lesestimme und dem Gesang der Nachtigall gefolgt und kann euch nur empfehlen, es ebenfalls so zu machen. Ihr werdet es nicht bereuen. Wer an der Nachtigall vorbei liest, dem ist nichts mehr zu empfehlen. Ja, so ist es!
Und ja, es geht um Krieg in diesem Roman. Aber ihr müsst keine Angst haben, dass ihr eine Geschichte erzählt bekommt, die euch langweilen oder ohne Emotionen zurück lassen wird. Garantiert nicht!
Lustig ist, dass ich diese ersten Sätze hier schrieb, als ich noch um die 170 Seiten vor mir hatte. Genau gestern Abend um die Zeit, ahnte ich noch nicht wirklich, was mir passieren wird. Obwohl der September schon fast um ist, habe ich nur in der Nachtigall lesend getaucht. Die mehr als 600 Seiten haben mich keinesfalls gelangweilt und ich habe sofort mit den Protagonisten sympathisiert und vor allem mitgefiebert, es lag schlicht und ergreifend an meiner persönlich nicht vorhandenen Lesezeit. Wenn ich aber die Nachtigall geöffnet habe, habe ich sie kaum zum Schweigen bringen können.
Die Nachtigall singt
Alles begann so harmlos, so ruhig und dennoch mit dieser Unterspannung, die wir als Leser immer wieder gern fühlen. Das mich gleich die ersten Worte von Kristin Hannah so umhüllen, habe ich nicht erwartet. Klar, der Roman wurde schon vor der Veröffentlichung in Deutschland hoch angestimmt und der Buchwerbung konnte man im sozialen Netzwerk kaum aus dem Weg gehen. Doch das hat nichts zu bedeuten, wie wir Leser auch immer wieder erfahren. Man ist sogar ab und an versucht, an hochgelobten Bestsellern vorbei zu lesen. Zumindest geht es mir so. Die Nachtigall allerdings hat laut gezwitschert.
Wir befinden uns in Amerika, genau Oregon und schreiben das Jahr 1995. Wir treffen auf eine Mutter und ihren Sohn. Sie ist alt, krank und ein letzter Umzug steht an. Sie hat nur einen Wunsch – die alte Schachtel mit Erinnerungen, die sie über dreißig Jahre nicht geöffnet hat, muss mit. Auf diesen knappen sechs Seiten wird uns Lesern nur ansatzweise klar, was uns erwartet. Das ganze Ausmaß können wir nur erahnen, denn Worte wie „In der Liebe finden wir heraus, wer wir sein wollen; im Krieg finden wir heraus, wer wir sind.“ (Seite 7)sind nur der kleine Anfang einer großen fast unbeschreiblichen Tiefe, die zwischen dem ganzen Schmerz, dem ganze Leid, trotzdem möglich ist.
Wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören? Geht dieser Spruch nicht so? Die Sonne lacht, die Blumen blühen, Vianne liebt Antoine, Antoine liebt Vianne und ihre achtjährige Tochter Sophie ist glücklich. Ein Lebenshöhepunkt der kleinen Familie findet ein Ende, denn dieser Lebenshöhepunkt findet im Jahr 1939 statt, in Frankreich. Der Krieg ist unabwendbar. Die Deutschen rücken ein.
Die Deutschen kommen nach Frankreich
Will ich euch noch mehr erzählen? Soll ich euch noch mehr erzählen? Mir fallen die Worte schwer, denn ich habe einen Tränenschleier vor den Augen. Gestern Abend habe ich über 20 Minuten am Stück geweint. Alles begann so harmlos, ja, das betone ich noch einmal, zumindest habe ich immer noch das Gefühl, dass es sich so angefühlt hat. Aber dann kam der Hammer, der Hammer namens Emotionen. Er hat zugeschlagen, immer und immer wieder, mitten auf mein Herz. In mir hat sich ein Film abgespult, die Gewalt des Krieges hat sich mit seinem Schmerz entladen. Gleichzeitig wurden mir die Augen geöffnet, denn wir haben es gut, wir haben keinen Krieg, zumindest nicht vor der Haustür.
1939/1995
Isabell ist Viannes Schwester. Ihr Leben ist noch nie so am Blühen gewesen, wie das von Vianne. Ein richtiges Zuhause hatte sie nie, sie ist nie angekommen und konnte nie ankommen. Sie ist ein Rebell durch und durch und ist schon in jungen Jahren der Meinung, dass sie eine Kriegsheldin werden könnte. Isabelle wird zu Juliette Gervaise und sie hat ein Ziel vor Augen. Der Krieg kommt, die Nachtigall beginnt zu singen und ein kurzer intensiver Hauch Liebe fliegt durch die Luft, als sie flüchten muss.
„Liebe Leser, manchmal kommt eine Geschichte einem nahe und überwältigt einen geradezu,…“ (Seite 603) – Kristin Hannahs Worten tauchen zwischen meinen Tränen auf. Mich hat ihr Roman überwältigt und durch und durch gerührt. Mag man noch so viel über den Krieg gelesen haben, mag man noch so angeödet sein, vom immer wiederkehrenden Thema Krieg und mag man noch so sehr das historische Genre meiden, sollte man hier einfach nicht weglesen. So nah, so intensiv, so historisch tief, so realistisch – so verdammt nah dran und zwar an unzähligen Schicksalen. Die Nachtigall singt nicht nur hoch, sondern auch tief, sie ist voller Hoffnung, aber auch Schmerz, Leid und unbeschreiblicher Trauer. Ihr Schnabel ist spitz, ihre Federn sind mit dem Schicksal in Berührung gekommen, aber trotz allem Negativen, gibt es die Liebe.
Eigentlich möchte ich nichts weiter sagen, nur dieses eine Wort: LESEN. Ihr trefft auf zwei Schwestern, die völlig unterschiedlich sind, auf Juden, auf Besatzer, ihr erlebt den Krieg so nah es literarisch möglich ist und erlebt zu keiner Zeit unrealistische Oberfläche. Die Leben dieser Charaktere werdet ihr nie vergessen, denn diese Leben hat es tatsächlich, leider, gegeben.
Nachtigall
Und mag es noch so lächerlich klingen, aber der Roman hat mir wieder das Gefühl gegeben, damals gelebt zu haben, dabei gewesen zu sein. Das musste ich Arndt schreiben und gleichzeitig habe ich ihn gebeten, nicht zu lachen. Er antwortete mir: „Empathie nennt man das. Und wir haben damals gelebt, da die Erinnerungen unserer Vorfahren in uns ruhen. Davon bin ich zutiefst überzeugt.“
Nachtigall, ick hörte dir trapsen. Das ich dich so sehr höre, habe ich einfach nicht erwartet. Kristin Hannah – ich verneige mich tief vor dieser Erzählkunst über ein Thema, was so sensibel ist und genauso beschrieben werden muss, damit es einschlägt, wie eine der verdammten Bomben…
„Es ist nicht das Vergessen, das wir nötig haben, Vianne…Es ist die Erinnerung.“ (Seite 545)
Wer das Cover sieht, denkt an Sommer, zwei Freundinnen und an lockerleichtem Inhalt, der sich wegliest, wie ein Tag am Strand. Oder irre ich mich? Sollte ich sagen: Vorsicht Coverfalle?
Das Buch trägt den Titel „Wir Glücklichen„ und ist aus der Schreibfeder von Amy Bloom. Immer wenn ich in der Buchhandlung um das Buch herumgeschlichen bin, habe ich mir gedacht, dass es für den Strand gut geeignet ist. Oder noch besser – fürs Lesen auf der grünen Wiese, gemeinsam mit einer Freundin. Sommer – Sonne – relativ leichter und schnell konsumierbarer Stoff. So jedenfalls meine Gedanken.
Zum Glück habe ich den Bloom-Roman nicht draußen begonnen, sondern an einem recht verregneten Sommertag, gemütlich auf dem Sofa. Das Buch benötigt eine ruhige Umgebung, in der man sich tief ins Thema fallen lassen kann. Ja, auch wenn es nach Hollywood geht
Hollywood und Tarotkarten
Aber auch in Hollywood gibt es nicht nur Stars und Sternchen und es nicht alles aus Gold, was glänzt. Das spürt Iris am eigenen Leib und ehe sie sich versieht, steht sie nicht auf der großen Bühne und feiert Karriere, sondern macht mit der anderen Seite des Vorhangs Bekanntschaft. Eva kann die Träume der Schwester nicht nachvollziehen, aber sie steht an ihrer Seite.
Nur weil man vom gleichen Stamm ist, heißt es nicht, dass man alles mögen muss, was der andere mag. Die zwei Schwestern kennen sich noch nicht lange, aber schon nach wenigen Minuten ist ersichtlich, dass sie sich ähneln wie Tag und Nacht. Iris ist die Sonne, Eva ist der Schatten und ihre Eltern – über die brauchen wir hier nicht wirklich reden. Die Mutter hat Eva vor der Tür des Vaters und Halbschwester Iris abgesetzt. Der Vater allerdings hat mit seinem eigenen Leben zu tun und Iris und Eva bleibt nur die eine Möglichkeit namens Zusammenhalt.
Während Eva die Rolle des Schattens hinnimmt, versucht sich Iris in der Sonne zu aalen. Ihre Halbschwester unterstützt, wo sie nur kann. Sie organisiert, sie hilft aus, sie achtet auf das Umfeld und schmeißt förmlich den Haushalt. Sie sucht weder sich selbst, noch lebt sie Hobbys aus.
Iris allerdings liebt und lebt ihre Neigungen aus, auch die lesbische, auch mit Ehemann. Der Ehemann legt seine Leidenschaften in Briefe, allerdings nicht an Iris.
Waage
Amy Bloom vereint in ihrem Werk überwiegende die pure und relativ normale Realität, so will ich es nennen. Es gibt einen Anfang und ein Ende. Es gibt die Vergangenheit und die Zukunft und jede Menge Protagonisten, die mit ihren schrägen Adern und außergewöhnlichen Charakteren ständig für neue Aufgaben im Leben von Eva und Iris sorgen. Das fängt schon bei der Mutter an und hört nicht beim Vater aus. Es gibt Krieg und Frieden und es gibt Briefe und vor allem Emotionen durch und durch. Aber auch die Langatmigkeit und die Spannung sind vertreten.
Wäre das Buch kein Buch, dann wäre es wohl eine Waage. Jeder Leser findet sich darin, denn im Roman tobt das Leben mit allen schönen und traurigen Seiten. Mit den miesen trüben und auch den glänzend sonnigen.
Auch wenn ich nicht auf dem Lausitzring gelesen habe, war es die richtige Entscheidung es mit dahin zu nehmen. Wie der Ring, so der Inhalt – mal ganz gerade, dann kommen Kurven und sehr enge Stellen. Es wird laut und leise und es gibt Seiten auf denen ein Boxenstopp nötig ist. Das Leben ist kein Kreis, sondern eine ständige Herausforderung und Amy Bloom lässt uns dies anhand der Lebensgeschichten aus den 30-er und 40-er Jahren spüren.
Und die Besonderheit am Roman dürft ihr nicht übersehen: eine Playlist passend zu den Kapitelüberschriften.
Eigentlich sollte es einfach ein ausgiebiger Spaziergang werden, natürlich mit Buch in der Tasche, aber grundsätzlich ohne buchige Hintergedanken. Ja, solche Tage gibt es auch. Also auf in die Neustadt, zur Bunten Republik. Sonntags im Sonnenschein brunchen, umgeben vom bunten, gut gelaunten Menschenvolk. So unser kleiner Plan. Gesagt getan und der Brunch im Max war gut sehr lecker. An meiner Seite weilten „Die Holunderschwestern“ von Teresa Simon. Gelesen habe ich natürlich nicht, aber die Brunchluft durften die Seiten schnuppern.
Beim Schlendern durch die Straßen der Dresdner Neustadt blieb mein Blick dann an einer Hauswand heften. Ich dachte erst, dass ich nicht richtig sehe. Aber ich sah richtig, denn guckt euch selbst das nächste Bild an, an der Hauswand kleben lauter Seiten aus Heften, Büchern, Zeitschriften…
Ihr seid gerade beim Hausbau? Ihr wisst noch nicht, welche Farbe eurer Haus zieren soll? Gestaltet es einfach buchige und beklebt es wild mit Seiten. 😉 Ein Hingucker ist es dann auf jeden Fall. Wie lange die Seiten dort noch so kleben, ist nicht abzusehen. Allerdings sah es so aus, dass diese bald gelb überstrichen werden – links auf dem Bild seht ihr schon ein wenig Farbe. Dennoch Daumen hoch – fetzt total!
Schon auf dem Weg zum Brunch, habe ich den Wohnwagen erspäht. Ich konnte nur nicht richtig erkennen, was es mit diesem auf sich hat. Zum Glück führte der Spaziergang später direkt an dem Wohnwagen vorbei und ich konnte ihn bildlich für euch festhalten. Die Tür war noch zu und ich konnte auch niemanden sehen, der zum Wagen gehört. Aber ich habe das Internet befragt und erlesen, was es mit www.einbuchgratis.de auf sich hat.
Die Betreiber werden oft gefragt:Warum verschenkt ihr Bücher?
Diese Frage hätte ich wohl auch gestellt. Seid ihr neugierig und wollt ihr ein Buch? Ich verweise euch einfach mal auf die Homepage. Dort könnt ihr „Darwins Rätsel, Schöpfung ohne Schöpfer? “ gratis bekommen – eine Organisation vom Christlichen Informationsdienst e.V. macht es möglich. Schaut selbst, ob es was für euch ist.
Wer sich den Wohnwagen genau angesehen hat, hat den „Fisch“ – das christliche Symbol – sicher schon erspäht.
Lesen war auf dem Weg nicht geplant. Aber ich habe nichts gegen spontane Lesepausen im Grünen.
Plötzlich und unerwartet taucht mitten in der Dresdner Johannstadt ein grünes Gärtchen auf. Also scharf gebremst und geschaut, wem der Garten gehört und ob man da durchlaufen kann. Ein Schild gab uns Auskunft darüber, dass drum gebeten wird, sich kulturvoll zu verhalten, denn der Garten wird von der vietnamesischen Familie Minh betrieben und leider wurden Pflanzen aus der Grünen Oase gestohlen.
Eine grüne Oase im wahrsten Sinne des Wortes. Blumen über Blumen, verschiedene Pflanzen und Sträucher und Bäume voller Früchte. Wahnsinnig schön angelegt und liebevoll gestaltet. Es gibt sogar kleine Teiche mit Goldfischen darin. Blühende Seerosen natürlich auch.
Ein richtig schönes ruhiges Plätzchen. Ich habe auch hier recherchiert und herausgefunden, dass es das Gartenprojekt schon seit 2002 gibt und die Betreiberin Thi Minh Tran den Blumengarten auf eigene Kosten betreibt. Sie wird sogar die Prinzessin von Johannstadt genannt. Wahnsinnig klasse – respekt und großen DANK. Lest selbst!
Obwohl ich schon sehr lange in der Johannstadt wohne, war ich noch nie auf dem Trinitatisfriedhof. Dies wollte ich nun ändern. Das klingt jetzt vielleicht makaber, aber einige werden verstehen, das Friedhöfe auch magisch sein können und vor allem die alten Gräber viele Emotionen auslösen. Ich sehe mir diese alten Grabstätten und Gruften und Grabsteine gerne mal an und lasse meine Gedanken einfach schweifen.
Und dann kam der totale Gänsehautmoment. Ein Weg führt vom Hauptteil des Friedhofs in den älteren Teil. Gleich links erstrahlte wie aus dem Nichts – so fühlte es sich an – der Grabstein von Lili Elbe. Die Sonne leuchtete ihn an, als ob es der einzigste weit und breit wäre. Mein Körper wurde von einer extremen Gänsehaut erfasst. Lili Elbe ist mir nicht seit dem Kinofilm ein Begriff, sondern durch viele Erzählungen von Arndt. Er schrieb zudem über Lili Elbe und das Buch „The Danis Girl“ im Artikel „The Danish Girl – Das dänische Mädchen von David Ebershoff„. Diesen lege ich euch wärmstens ans Herz.
Ich musste erstmal tief ein und aus atmen. Das Grab kam so unerwartet. Auf Wikipedia konnte ich dann erlesen, dass der Grabstein seit April 2016 ein neuer ist – die Produktionsfirma des Films „The Danish Girl“ hat diesen finanziert.
Arndt habe ich noch vor Ort ein Bild vom Grab schicken müssen – ein magischer Moment.
Kennt ihr den Film/das Buch schon? Hattet ihr am Wochenende ähnliche Buchmomente mit denen ihr nicht gerechnet habt?
„Gegen das Glück hat das Schicksal keine Chance„(FISCHER KJB) von Estelle Laure stahlt optisch und inhaltlich wahnsinnig bunte Facetten aus. Auch wenn der Titel im Grunde das ganze Cover für sich beansprucht, gibt es neben den Farben des Regenbogens einige kleine Symbole zu entdecken. Guckt ihr?
Marienkäfer – Schwalbe – Luftballons – Hufeisen – Regenschirm – Mond und Sterne – erzählen eine eigene kleine Geschichte. Ihr wisst genau, welche Gefühle mit den Bildern verknüpft sind und könnt euch denken, dass es im Jugendbuch nicht nur Hochs, sondern auch Tiefs gibt. Das ist nun mal im Leben so – ob bei uns oder ob bei Estelle Laures Protagonisten. Das Glück und das Schicksal – beides gehört doch irgendwie zusammen, oder?
Lucille und ihre Schwester Wrenny sind allein. Nein, sie haben Freunde und Nachbarn und Klassenkameraden, aber keine Eltern um sich. Die Mutter ist verreist und kommt erst nach ihrer Auszeit wieder. Der Vater – er ist zwar da, kann aber nicht einfach vorbei kommen. Lucille und Wrenny sind allein.
„Vertrauen. Was heißt das überhaupt? Wenn du einem Menschen vertraust, drückst du ihm ein Messer in die Hand, das er dir in den Bauch rammen kann.“ (Seite 30)
Die Tage ohne Mutter vergehen, die zwei Schwestern kommen zurecht, aber dann kommt, was irgendwie kommen musste – die Mutter kommt nicht zurück. Lucille ist zwar schon länger selbstständig und fast volljährig, dennoch ist sie in der Blüte ihrer Jugend und möchte und sollte die Zeit eigentlich genießen und nicht in eine Mutterrolle schlüpfen. Warum nur…
Lucille bekommt Panik, das Geld geht den Geschwistern aus und keine Spur von der Mutter. Der Vorfall mit ihrem Vater hat ein großes Loch in die Familie gerissen und nun sitzen beide im Lebensschlamm fest, obwohl sie eigentlich mit dem Reiten von positiven Lebenswellen beschäftigt sein sollten. Es gibt keine andere Möglichkeit – Lucille braucht einen Job, ihre beste Freundin Eden muss dicht halten und sich in der Zeit um ihre Schwestern kümmern und Wrenny muss so tapfer wie möglich sein und trotz dem kurzfristigen Verlust beider Eltern ihre Hausaufgaben machen und sich in der Schule konzentrieren.
Das Leben beginnt sich wild zu drehen und wird immer schneller und bald drohen die Hände an der Stange des Lebens abzurutschen…
„Ich bilde mir ein, die Dinge, über die wir hier reden, sind sicher, die Worte tropfen aus unserem Mund in die Erde und wachsen in die Bäume, deren Laub unsere Geheimnisse behütet.“ (Seite 39)
„Leugnen ist für Versager. Stell dich deinen Dämonen und mach weiter. Sonst wirst du alt und depressiv und verwandelst dich in einen fremdgesteuerten Spießer und deine einzige Sorge im Leben ist, wann du deine Dose Limo gegen eine Dose Bier eintauschen kannst.“ (Seite 179)
Als ich in die Geschichte eintauchte, bin ich fast genauso schnell, wie ich drin war, wieder hinausgelaufen. Warum? Weil die ersten Zeilen, der Plott mich so sehr an „Bienensterben„ von Lisa O´Donnell erinnerten. Zwei Mädchen, keine Eltern, alles muss geheim bleiben. Niemand darf merken, dass die Eltern weg sind. Aber in diesem Buch leben die Eltern, bei Bienensterben ist es anders. Ich blieb in der Geschichte. Ich nahm das Schicksal der zwei Mädchen an und wollte sie begleiten.
Die Hoffnung stirbt zuletzt, so heißt es doch so schön und der Titel beinhaltet nicht nur das Wort Schicksal, sondern auch das Glück. Gegen das Glück hat das Schicksal keine Chance – das ist so und das ist gut so.
In Estelle Laures Jugendbuch sind allerhand wunderschöne Zitate zu finden, wie ihr lesen könnt. Drei habe ich ausgewählt, um sie hier zu verankern. Worte die Kraft und Halt geben und Worte die einfach treffen, unbeschönigend offen und hart sind. Sprachlich frisch und jugendlich schreibt die Autorin und trifft damit auf jeden Fall den Nerv der Zeit.
Es gibt keine Kapitel, es gibt Tage. Es gibt keine Kapitel, es gibt Zeitpunkte. Es gibt keine Kapitel, es gibt Lebensmomente.
Taucht ein in das nicht wirklich bunte Leben von Lucille und Wrenny. Nehmt beide in den Arm und begleitet sie einen schweren Weg. Kein Weg ist nur dunkel – das Licht wartet immer irgendwo und erst Recht das Licht der Liebe. Klischee? Kitsch? Weit gefehlt – nicht in diesem Buch. Hier geht es um das Schicksal zweier Mädchen, die einen großen Rucksack tragen müssen und das Glück treffen. Meisterhaft erzählt und so lebensecht…
Happy End? Heile Welt? Lebensliebe? Tiefe Freundschaft?
Lest selbst – ihr werdet nicht enttäuscht sein. Ich habe lange über das Gelesene nachgedacht, mich in vielen Situationen wiederfühlen können und am Ende einfach gelächelt.
Das Leben ist bunt – lasst es uns leben, denn wir werden niemals allein sein. Klingt kitschig? Ist es aber nicht. So!
Beim Lesen im Flow-Magazin wurde mir bereits nach kurzem Überlegen klar, dass ich ein Projekt starten möchte, über das ich täglich im Netz berichte.
Ich möchte täglich ein Foto vom aktuellen Roman, in dem ich lese, posten. Ab und an werde ich auch darauf zu finden sein, je nach Leselage. *lach* Den ersten Satz des Tages, den ich im jeweiligen Roman lese, werde ich inkl. Seitenzahl festhalten und natürlich auch den Namen und den Autor des Werkes vermerken.
Mein buchiges Tagwerk, welches gleichzeitig für mich auch ein ganz persönliches Lese-Foto-Tagebuch ist, hat am 03.08.2014 begonnen.
Ihr dürft gern darin blättern. Hier findet ihr das 1. HJ 2016 und hier das 2. HJ 2016.
„Wie war das noch gleich? Jedem Ende wohnt ein neuer Anfang inne?“ (Seite 5)
25. – 27.06.2016
„Sie kämpfen weiter.“ (Seite 305)
22. – 24.06.2016
„Dann mussten sie sich plötzlich beeilen, wenn sie den Zug nach Regensburg nicht verpassen wollten.“ (Seite 285)
19. – 21.06.2016
„Das Läuten des Telefons unterbrach Katharinas Lesefluss.“ (Seite 216)
16. – 18.06.2016
„Zurück in der Lilienstraße, entdeckte Katharina Alex Bluebird vor der geschlossenen Werkstatt, den Rücken gegen die Tür gelehnt, eine brennende Zigarette in der linken Hand.“ (Seite 117)
15.06.2016
„Wenn du entdeckst, was ich dir angetan habe, wirst du mich hassen bis in alle Ewigkeit.“ (Seite 7)
14.06.2016
„Ruthie Post pflegte Danny zu erzählen, dass es im Haus des Herrn goldene Teller und funkelnde Fontänen und bergeweise herrliches Obst auf silbernen Platten gab.“ (Seite 259)
13.06.2016
„Ruthie Post war unsere Rettung.“ (Seite 234)
12.06.2016
„Wir zogen ins Kutscherhaus, auch Über-der-Garage genannt.“ (Seite 82)
10. – 11.06.2016
„Die Frau meines Vaters war gestorben.“ (Seite9)
09.06.2016
„Eine Hand mit einem Ring am vierten Finger winkt mir, als ich die Einfahrt hinunterrenne.“ (Seite 337)
07. – 08.06.2016
„“Pass auf, wo du hinläufst!““ (Seite 274)
05. – 06.06.2016
„“Das war brilliant! Opteration Brillant!““ (Seite 237)
02. – 04.06.2016
„Ein mächtiger Lichtstrahl scheint aus seinem Mund in meinen und und taucht meine bewegungslosen Lippen in einen warmen goldenen Schimmer.“ (Seite 121)
30.05. – 01.06.2016
„Bestimmt gibt es im Internet eine Einkaufsliste für Ausreißer, aber natürlich streikt mein Handy, wie jedes Mal, wenn es stressig wird.“ (Seite 9)
29.05.2016
„Sehr geehrte Herren! Ihrer Anzeige in der Saturday Review of Literature entnehme ich, dass Sie auf Bücher spezialisiert sind, die nicht mehr lieferbar sind.“ (Seite 5)
25. – 28.05.2016
„Die beiden setzten sich wieder an den Tisch und erzählten einander, was sie auf dem Herzen hatten.“ (Seite 269)
23.- 24.05.2016
„Nach seiner Ankunft auf dem Flughafen von Helsinki tauschte er zuerst in einer Wechselstube Yen in Euro um, suchte dann einen Laden für Mobiltelefone und kaufte ein möglichst einfach zu bedienendes Prepaid-Handy.“ (Seite 216)
21.- 22.05.2016
„Am Wochenende fuhr Tsukuru mit dem Fahrrad ins nahe gelegene Schwimmbad.“ (Seite 201)
19. – 20.05.2016
„Am folgenden Tag, es war ein Montag, machte Tsukuru sich gegen halb elf auf den Weg zu Akas Büro.“ (Seite 156)
17. – 18.05.2016
„Wie Tsukuru kam der Mann jeden Morgen allein ins Schwimmbad, um zu schwimmen.“ (Seite 50)
16.05.2016
„Vom Juli seines zweiten Jahres an der Universität bis zum Januar des folgenden Jahres dachte Tsukuru Tazaki an nichts anderes als den Tod.“ (Seite 7)
05. bis 15.05.2016 – mal hier mal da, aber in keinem Roman abgetaucht
04.05.2016
„Von dem Moment an, wo du auf die Welt kamst, wusste ich, dass du das Perfekteste warst, das ich je gesehen hatte.“ (Seite 244)
02. – 03.05.2016
„Die Fau auf der CD sagte, dass wir am Ende Verlangen empfinden würden.“ (Seite 242)
29.-01.05.2016
„Neulich in der Tram nach Manchester saß so ein kleiner Junge nicht weit von mir.“ (Seite 182)
28.04.2016
„Da du also mein imaginärer Geliebter bist, will ich dir sagen, wie es laufen würde.“ (Seite 140)
27.04.2016
„Wie die Geschichte des Lebens selbst, so beginnt auch diese mit einem kleinen blassen Kreis.“ (Seite 112)
26.04.2016
„Mit acht schrieb ich Nachrichten an mein zukünftiges Ich.“ (Seite 7)
25.04.2016
„Das Leben ist schwer.“ (Seite 116)
24.04.2016
„Ich möchte darüber reden, was es heißt, ein Mann zu sein.“ (Seite 82)
23.04.2016
„Mit über einem Prozent ist Selbstmord unter anderem in Großbritannien, den USA und auch in Deutschland eine der häufgisten Todesursachen.“ (Seite 32)
22.04.2016
„Vor dreizehn Jahren wusste ich, dass dieses Buch gar nicht möglich war.“ (Seite 5)
21.04.2016
„Eine Woche war seit meinem letzten Treffen mit Papó vergangen.“ (Seite 241)
20.04.2016
„Durchs Fenster blickte ich auf die nassen Rücken der Pferde, die sich dicht an dicht vor meinem Wagen drängten.“ (Seite 201)
19.04.2016
„Ich fuhr an überfluteten Weideflächen vorbei, blumengesprenkelten Wiesen, an Seen, an Höfen, zu denen kleine Brücken führten, die Wassergräben und Priele überquerten.“ (Seite169)
18.04.2016
„Madame Raphael legte das Foto aus der Hand, schaute mich an, machte eine hilflose Handbewegung und blickte wieder auf das Bild.“ (Seite 135)
14. – 17.04.2016
„Sein Name war Mister Kismet.“ (Seite 5)
13.04.2016
„Ich bekam es einfach nicht aus dem Kopf, das Bild des kleinen Albino-Jungen, der so schüchtern über den Tisch im Kunstraum spähte.“ (Seite 222)
12.04.2016
„Duncan wusste, was Tim in Gang gesetzt hatte.“ (Seite 153)
11.04.2016
„Ob du´s glaubst oder nicht, Mr. Bowersox hat mich tatsächlich am Flughafen abgeholt.“ (Seite 89)
10.04.2016
„Ordnung – Chaos – Ordnung.“ (Seite 55)
07. -09.04.2016
„Duncan sah sich in seinem Zimmer um und stellte erschrocken fest, dass es draußen dunkel wurde.“ (Seite 47)
04. – 06.04.2016
„Als Duncan unter dem steinernen Torbogen hindurchging, der zu den Zimmern der ältesten Schüler führte, beschäftigten ihn zwei Dinge: welcher „Schatz“ wohl für ihn hinterlegt worden war und sein Aufsatz zum Thema Tragödie.“ (Seite 7)
03.04.2016
„Sie hat mich gestreift.“ (Seite 105)
01.- 02.04.2016
„Ganz einfach.“ (Seite 28)
31.03.2016
„Ich hätte den Zug um 7 Uhr 50 nehmen können – oder sogar den um 8 Uhr 53.“ (Seite 7)
30.03.2016
„Die Neonröhre des Spiegelschränkchens im Badezimmer hüllt mich in ein geheimnisvolles, aber auch kränkliches Licht.“ (Seite 231)
29.03.2016
„Es ist wie in einem Film“ (Seite 194)
28.03.2016
„Ich dachte, in einem dieser von Touristen überfluteten Second-Hand-Läden im hippen Camden Stables Market zu arbeiten, wäre perfekt.“ (Seite 108)
27.03.2016
„Ich bin kein schöner Mensch.“ (Seite 11)
26.03.2016
„Die beiden, ey. Nicht zu fassen, wie lieb die sich haben.“ (Seite 104)
25.03.2016
„Nina anrufen. Nicht in dieses Auto steigen.“ (Seite 9)
24.03.2016
„Lisa. Sie war verschwunden.“ (Seite 138)
23.03.2016
„Lela. Eine Goaparty im Wald.“ (Seite 105)
22.03.2016
„…seine warme, schminkeschmierige Wange an meiner.“ (Seite 54)
20. -21.03.2016
„Lisa. Groß. Definitiv groß. Zu groß. Und überhaupt…“ (Seite 5)
18. – 19.03.2016
„“An meinem Geburtstag will ich als Regenbogen gehen!“ Damit begrüßte mich Wren, als ich mit tütenweise Geburtstagszubehör von der Arbeit komme.“ (Seite133)
17.03.2016
„Als ich am Donnerstag von der Arbeit komme, wartet Eden auf der Veranda.“ (Seite 71)
16.03.2016
„Wrenny hat tiefe Kissenfalten im Gesicht, als ich ihr das Buch von der Brust nehme, und ihre Wangen sind vom Schlaf gerötet.“ (Seite 65)
14. – 15.03.2016
„Mom sollte gestern wiederkommen.“ (Seite 7)
13.03.2016
„Am Abend traf der Literaturexpress in Warschau ein.“ (Seite 269)
11. – 12.03.2016
„Sie fuhren um zehn Uhr abends aus Malbork ab, im Morgengrauen solten sie in Russland ankommen.“ (Seite 215)
08. – 10.03.2016
„In Malbork waren plötzlich alle horny.“ (Seite 177)
07.03.2016
Wildes Lesen und Blättern. 🙂
06.03.2016
„Von Maja kommt nach wie vor keine Nachricht.“ (Seite 93)
04.03. – 05.03.2016
„Maja ist nicht tot.“ (Seite 9)
03.03.2016
„Am Morgen brachen wir nach Brüssel auf.“ (Seite 137)
02.03.2016
„Was mich in diesem Moment rettete, war wieder einmal mein hysterischer Optimismus.“ (Seite 124)
01.03.2016
„Am nächsten Morgen sollte man einige von uns zum alten Pariser Friedhof Pére Lachaise bringen.“ (Seite 119)
29.02.2016
„Am nächsten Tag brachen wir nach Paris auf.“ (Seite 69)
24. – 28.02.2016
„Madrid ist eine Stadt der runden Plätze und der küssenden Paare.“ (Seite 55)
23.02.2016
„Helena. Ich mag es, ihren Namen in lateinischen Buchstaben zu schreiben.“ (Seite 39)
22.02.2016
„Der Lyriker Z. Meipariani und ich standen am Flughafenausgang und hielten Ausschau nach einem Mensch mit einem Schild mit unseren Namen in den Händen.“ (Seite 25)
21.02.2016
„Im August warfen die Russen Bomben auf uns.“ (Seite7)
19. – 20.02.2016
„Mary erwachte und verfluvhte sich dafür, dass sie eingeschlafen war.“ (Seite 169)
17. – 18.02.2016
„Eine Zeitlang dachte ich, ich wäre in Kalkitos verliebt.“ (Seite 11)
16.02.2016
„Sie kämpften sich Meter für Meter voran.“ (Seite 121)
15.02.2016
„Der Wind wehte ihr Haar über das Gesicht, aber sie stand noch immer ganz starr.“ (Seite 99)
14.02.2016
„Mary war in einer anderen Welt, die nur in ihrem Kopf existierte.“ (Seite 19)
13.02.2016
„Jenna schrie.“ (Seite 5)
11. – 12.02.2016
„Es gab eine Menge Wald in dieser Gegend.“ (Seite 349)
10.02.2016
„Er befand sich noch im Halbschlaf, trotzdem spürte er genau, dass der Hauch, der sein Gesicht streifte, kein Win war.“ (Seite 5)
09.02.2016
„Ein Portrait zeigt einen verträumt wirkenden Mann an einem Schreibtisch, der glückseliig aufblickt, mit einer Schreibfeder in der Hand und Tintenflecken an den Händen; seltsamerweise hat jedoch der Hund zu seinen Füßen, der auf den ersten Blick zu schlafen scheint, die Augen zu Schlitzen geöffnet und zieht eine Lefze hoch, sodass ein Reißzahn zu sehen ist.“ (Seite 274)
08.02.2016
„Verena schaut gegen die Sonne zur Terrassentür, legt die Hand schützend über die Augen.“ (Seite 7)
07.02.2016
„Die Wintersonne drang durch die Gardinen ins Zimmer und bildete Lichtflecken auf Fannys Brüsten, als sie die Augen aufschlug.“ (Seite 68)
06.02.2016
„Daniel Mercier ging in der Gare Saint-Lazare gegen den Menschenstrom die Treppe hinauf.“ (Seite 7)
05.02.2016
„Nach einer Frau zu suchen, um ihr ihre Handtasche zurückzugeben, war eine Sache, sich in ihrer Abwesenheit mit ihrer Katze auf dem Schoß in ihrer Wohnung niederzulassen war eine andere.“ (Seite 145)
03. – 04.02.2016
„Er hatte es geschafft.“ (Seite 97)
02.02.2016
„Unter der heißen Dusche lief ihm das Shampoo über das Gesicht.“ (Seite 35)
01.02.2016
„Das Taxi hatte sie an der Ecke des Boulevards abgesetzt.“ (Seite 7)
31.01.2016
„Für die Fahrt nach Italien hatten wir ein Auto gemietet.“ (Seite 249)
30.01.2016
„Von meinem Motorradunfall erhole ich mich erstaunlich schnell.“ (Seite 141)
27.01. – 29.01.2016
„Ich wartete auf dem Parkplatz des Internats und betrachtete die leuchtenden Flugzeugspuren am rötlichen Horizont.“ (Seite 77)
26.01.2016
„Ich kenne den Tod schon lange, doch jetzt kennt der Tod auch mich.“ (Seite 9)
25.01.2016
„Als ich aufwachte, lag nur mein Matheheft aufgeschlagen auf dem Schreibtisch.“ (Seite 151)
24.01.2016
„Beim Läuten der Schulglocke liefen wir alle so eilig nach draußen, dass wir uns schubsten und gegenseitig auf die Füße traten.“ (Seite 99)
21. – 23.01.2016
„Ich heiße Teo, ich bin acht Jahre alt, und ich will mit Napoleon reden.“ (Seite 11)
20.01.2016
„An einem Stand steht im Licht einer flackernden Glühbirne ein kummer alter Wicht mit einem trüben Auge hinter einer Reihe geflochtener Körbe, einige klein, andere groß und breit genug, dass sich ein Mann darin verstecken könnte.“ (Seite 267)
19.01.2016
„Osfour packte ihn am Ellebogen und zerrt ihn weiter.“ (Seite265)
18.01.2016
„“Natürlich“, sagt sie. „Meine Loyalität, mein Herz – und ja, mein Körper – gehören Stenfalk.““ (Seite150)
„Die anderen im Haus sehen fast genauso erschöpft aus.“ (Seite 126)
13.01.2016
„Als die drei Männer weitergehen, erzählen Ostrero und Pfeifer von Corbeau, voller Begeisterung und in einem Tonfall, der an Verehrung grenzt.“ (Seite 101)
12.01.2016
„Nein, sagt er sich.“ (Seite 94)
11.01.2016
„Scharfkantige Steine graben sich S. in die Haut, während er sich auf allen vieren hockend unter einem Ladungssteg ausruht und Salzwasser spuckt.“ (Seite 77)
09.-10.01.2016
„Zwei Tage und zwei Nächte vergehen an Bord des Schiffes.“ (Seite 41)
07.-08.01.2016
„Dann, langsam aus der Stille erwachsend: ein Schaukeln und Wiegen wie im Mutterleib.“ (Seite 29)
05.- 06.01.2016
„Der Mann im Mantel findet einen freien Platz auf einer Bank, die sich durch den gesamten Raum erstreckt, und setzt sich mit dem erschöpften Seufzen eines Mannes, der sich am Ende einer langen Reise wähnt.“ (Seite 17)
04.01.2016
„Abenddämmerung. Das alte Viertel einer Stadt, dort, wo der Fluss ins Meer mündet.“ (Seite 3)
03.01.2016
„WER WAR V.M. STRAKA?“ (Vorwort)
02.01.2016
„Gütiger Gott. Was um Himmels willen mache ich hier?“ (Seite 281)
01.01.2016
„Immer wenn ich neben Mabel und ihrer Beute kniete, kamen diese Gedanken; dann fragte ich mich, wie ich so etwas tun konnte, wie ich überhaupt jagen konnte.“ (Seite 268)
Wichtiger Hinweis: Dieses Schreiben ist völlig fiktiv. Ähnlichkeiten mit Personen, Orten oder Begebenheiten sind rein zufällig und nicht vorsätzlich vom Autor gewollt. Viel Spaß beim Lesen und danke an Literatwo.
Euer Kerodis
DHass Pamphlet
…aber letztendlich lies Stefan sich doch von seinen „Freunden“ überzeugen.
Da er selten etwas trank, bedurfte es nur weniger „Bierchen“, um ihn zu überreden mit zu gehen. Eigentlich sollte es nur ein gemütlicher Geburtstag in kleiner Runde werden, doch Renê machte daraus lieber eine politische Veranstaltung und fand mit seinen Äußerungen begeisterten Anklang.
Nur ein Widerspruch von Stefan reichte aus, um alle gegen sich aufzubringen, und so redeten sie nun auf ihn ein. Renê hob die Hand, während er die kleine Gesellschaft zur Ruhe aufforderte, bestimmt aber ruhig. „Komm doch einfach mal mit.“, sagte er dann mit einem Lächeln, denn schließlich kannst Du nicht verurteilen, was Du nicht kennst, oder?
Aber ist es nicht genau das, was ihr die ganze Zeit macht? Menschen verurteilen, die ihr nicht kennt?,war Stefans Gegenfrage, worauf wieder eine laute Diskussion entbrannte, aber letztendlich….
Nun stand er mit seinem Kumpel Renê und noch zwei anderen Freunden, Gerd und Volker auf dem mit Menschen überfüllten Platz und lauschte den Gesprächen, der um ihn herumstehenden Leute mit einem flauen Gefühl in der Magengrube.
Sicher war auch er überzeugter Nationalist, allerdings mochte er weder Menschenmassen noch Fanatiker und von beiden schien es hier reichlich zu geben. Stefans Gedanken entfernten sich von dem Platz, weit weg, an einen Ort, an dem es warm war, wo Kerzen die Stube erhellten, der Duft von Plätzchen und frisch gebrüten Kaffee durch sein Heim zog. Schließlich ist doch bald das Fest der Liebe. Doch davon ist hier nicht viel zu merken.
Volker riss ihn aus seinen Gedanken, in zehn Minuten ist es 17 Uhr, dann gehts los, sagte er begeistert. Stefan sah sich wieder um. Hier waren wirklich alle Altersklassen vertreten, von siebzehn bis siebzig tummelten sich die Menschen auf dem historischen Platz. Ein Jugendlicher zog seine Jacke aus, auf dem Rücken seines Pullovers stand gut erkennbar geschrieben: Todesstrafe für Kinderschänder.
Ist es denn Recht, wenn man Unrecht mit Unrecht bekämpft?
Diese Frage rumorte in Stefans Kopf, als ihn abermals eine Stimme aus seinen Gedanken riss. Diese kam jetzt aus den großen Boxen, wohl von dem Mann, der sich auf der Bühne, hinter dem Mikro positioniert hatte. Einige Warnhinweise und Verhaltensregeln wurden bekannt gegeben.
Zum Beispiel, dass kein Alkohol und oder Glasflaschen mitzuführen seien, oder dass diese Veranstaltung eine friedliche Demonstration ist und sich alle Beteiligten dementsprechend zu verhalten haben. Stefan erblickte in jenem Moment ein Plakat, auf dem ein bekannter Politiker und sogenannter „Gutmensch“ an einem Galgen vor sich hinbaumelt. Ein ironisches Lächeln durchzuckte kurz seine Gesichtsmuskeln, jedoch nahm er sich gleich wieder zusammen und verfolgte nun aufmerksam die nächste Rede.
Eine Frau wurde auf die Bühne gebeten und sogleich von dem ersten Redner vorgestellt. Sie kommt aus einem Land, in dem vor zwei Tagen mehrere Sprengsätze gezündet wurden. Es gab viele, zum Teil, schwer Verletzte und mehrere Tode. Die mutmaßlichen Täter seien wohl Mitglieder einer islamistisch-fanatischen Terrorzelle. So hatte Stefan den Bericht in den Medien, an jenem Tag, in Erinnerung.
Die Frau berichtete ausführlich über die Ereignisse in Ihrem Land und alle Versammelten hielten eine Gedenkminute, für die Opfer jener Anschläge, ab.
Es war schrecklich, und ebenso fühlte sich Stefan. Wut flammte kurz in ihm auf, als die Frau genauere Details von jenem Tag berichtete. Doch am Ende besann er sich wieder. Wie viele Menschen mit Migrationshintergrund kamen wohl in seinem Land durch Anschläge ums Leben?
Er grübelte weiter: und waren denn wirklich alle Opfer des Terroranschlags, Mitglieder der so genannten „westlichen Zivilisation“? Sicher wird wohl die Mehrheit, der Geschädigten, schon länger als drei oder vier Generationen in diesem Land gelebt haben, aber es gibt bestimmt auch verletzte und/oder getötete „Ausländer“ bei diesem Anschlag. Doch das interessiert hier niemanden. Alle klatschen begeistert und jubeln, als der Mann und die Rednerin, gemeinsam eine Verschärfung der Asylpolitik auf diesem Kontinent fordern. Schließlich geht jene Frau wieder von der Bühne, während der Applaus langsam abebbt und der unscheinbare Mann, vom Anfang, nun ebenfalls eine kurze Rede hält.
Er spricht von Überfremdung, davon dass unsere Frauen, Schwestern, Mütter und Töchter zukünftig nur noch mit Kopftuch auf die Strasse gehen dürfen, daß ihre Rechte, ihre Freiheit in Gefahr sei. Außerdem müssten sie mit Übergriffen rechnen, wenn sie allein und ohne Kopftuch abends durch die Strassen laufen.
Auch in Stefan breitete sich nun das Gefühl der Angst aus. Er dachte an seine Freundin, die er nachher noch in der Stadt treffen wollte. Sie muss auch ein ganzes Stück bis zur Haltestelle laufen, um dann mit dem Bus in die Stadt zu fahren.
Was wäre wenn….. Stefan wagte nicht diesen Gedanken zu Ende zu führen.
Schließlich musste er sich an eine Begebenheit erinnern, die wohl schon eine Ewigkeit her zu sein schien. Sie waren zu zweit und gut angetrunken in der Stadt unterwegs, als sein Freund ihn in eine kleine Kneipe einlud. Nach einer herzlichen Begrüßung outeten sich der Barbesitzer und seine beiden Angestellten als Muslime. Sie unterhielten sich und Stefan hatte viele Fragen zum Thema Frauenrechte, Alkohol und allgemeinen Verhaltensregeln, welche im Koran niedergeschrieben sind.
Es ist alles Auslegungssache, ähnlich wie bei den Christen die Bibel so ist auch der Koran ein Buch, das sehr viele Interpretationen zuläßt, sagte der Barbesitzer freundlich, während er an seinem null dreiunddreißiger Bierglas nippte. Sie unterhielten sich noch die halbe Nacht und Stefan musste einsehen, dass auch noch andere ,tolerante und liberale, Moslems existierten.
Der starke Beifall holte ihn in die Realität zurück, in eine beängstigende Realität. Renê, Volker und Gerd redeten nun aufgeregt durcheinander. Volker wußte von einem Vorfall zu berichten, bei dem ein Supermarkt am hellichten Tage von fünf „Kuruzzen“, wie er meinte, überfallen wurde.
Das hatte er in der heutigen Tagesausgabe gelesen. In der „Lügenpresse“? fragte Stefan etwas spöttisch nach. Volker ballte die Fäuste, besann sich aber gleich wieder seiner rhetorischen Fähigkeiten und erwiderte: So ausländerfeindlich wie die Medien heutzutage sind, glaub ich nicht, dass dieser Artikel erlogen ist. Wahrscheinlich gab es noch Verletzte und der Redakteur kriegt sicher auch noch sein Fett weg, weil er diesen Artikel überhaupt zugelassen oder verfasst hat.
„Ja“ – drängt sich jetzt eine älter Dame dazwischen, mich hat heut auch so ein Scheiß Ausländer im Supermarkt angepöbelt. Die sind ja alle kriminell, die müsste man erst mal in Lager stecken. So lange, bis man ihre wahre Identität und Vergangenheit ermittelt hat und sie erst dann….. Stefan unterbrach freundlich, aber bestimmt die Dame: Ich hätte da nur mal zwei Fragen.
Erstens, wenn sie kein Ausländer angepöbelt hätte, wie würden sie die Person dann betiteln und zweitens, wie sollen sich die Menschen in unser Land integrieren, wenn wir ihnen nur die negativen Seiten unserer Gesellschaft aufzeigen. Hat es damals nicht auch so angefangen? Mit Lagern und „Schutzhaft“? Die Frau stutzte kurz und meinte leise: Ich hätte ihn als Idiot bezeichnet. Danach verschwand sie genauso plötzlich in der Masse, wie sie aufgetaucht war.
Stefan hatte genug, er wollte nur noch nach Hause. Bilder von zerstörten Häusern und zerfetzten Gesichtern schwirrten nun durch seinen Kopf.
Wo ist nur die Menschlichkeit geblieben? Was ist mit der Hilfsbereitschaft und Offenheit der Leute hier passiert. Sie reden vom Erhalt der Kultur, von christlichen Bräuchen, die abgeschafft werden sollen, dabei waren die meisten Teilnehmer dieser Kundgebung wahrscheinlich noch nie in einer Kirche und an einen Gott glaubten sie bestimmt auch nicht. Aber sie reden von einer christlichen Kultur. Und wo ist sie denn, die „christliche Nächstenliebe“?
Stefan dachte an einen sehr guten Freund, der einmal sagte: Kultur ist kein feststehendes Konstrukt. Sie entwickelt sich weiter mit und durch die Menschen. Am Ende sind wir doch alle „Einwanderer“ und haben diese Kultur geprägt ebenso wie unsere „ausländischen“ Vorfahren.
Stefan war so in Gedanken, dass er gar nicht bemerkte, wie er zu dem vereinbarten Cafe kam. Das einzig gute an diesem Abend würde hier in einer halben Stunde eintreffen. Er sah vor dem kleinen italienischem Restaurant um. Die Fassade des gegenüberliegenden Hauses sah ziemlich zerfressen aus. Auch die Straße hatte ihre besten Jahre bereits hinter sich.
Es war gut so, denn dadurch bekam die kleine Gasse ihren ganz eigenen Scharm und der eben einsetzende Nieselregen tat sein übriges dazu. Hier war es ruhig, so ruhig das man sogar dem Regen lauschen konnte.
Na, wie wars? Stefan drehte sich entzückt herum und blickte in zwei strahlende, lachende Augen. Nach einer liebevollen Umarmung und den dazu gehörenden Küssen meinte er etwas bedrückt: Mein Sozialkundelehrer hat im letzten Schuljahr einmal gesagt: Terror kann man nicht mit Hass bekämpfen, denn dann hätten die Terroristen ihr Ziel erreicht.
Anscheinend wissen die Menschen auf der Demo das noch nicht. Sanft streichelte sie ihm über die Wange: Mach Dir nix draus, Du hast es wenigstens versucht. Es braucht eben seine Zeit, viel Geduld und Überzeugungsarbeit, dann wird das schon.
Beide gingen eng umarmt in das Restaurant, in dem es stark nach Espresso roch. Ein übereifriger Kellner, welcher kaum der hiesigen Landessprache mächtig war, stürmte auf das Pärchen zu und bot ihnen sofort seine Dienste an.
Obwohl seine Freundin und er den Kellner kaum verstanden, fühlten sie sich hier geborgen. Die Bedienung war sehr charmant und freundlich und am Ende bekam Stefan, das was er sich schon den ganzen „schrecklichen“ Nachmittag gewünscht hatte: ein gutes Essen, Espresso und das Gefühl willkommen zu sein.
Ja, Stefan liebt sein Land, aber das heißt nicht, daß er alles andere und jeden Fremden hassen muß…
Nachwort: Es gäbe bestimmt noch viel mehr Argumente und Gegenargumente, die man in diesem „Pamphlet“ unterbringen könnte, allerdings hätte das wohl den Rahmen gesprengt und der moralische Zeigefinger ist jetzt schon deutlich genug, wie ich persönlich finde.
Hoffentlich hat es Euch dennoch gefallen. Danke fürs Reinschauen…
Wir sitzen am Lagerfeuer und um uns herum sterben die Bienen – besser: wir sprechen über „Bienensterben“ von Lisa O´Donnell. Pamela und ich freuen uns, dass ihr euch heute zu uns setzt. Schweigt nicht – redet mit uns, stellt Fragen, bringt euch einfach mit ein.
Woher wir uns kennen? Pamela hat mich bei Lovelybooks Midsommar-Wichteln bewichtelt und ich konnte mich nicht nur über dieses Werk hier freuen, wie ihr im Artikel sehen könnt. Pamela kam dann die Idee, gemeinsam ins Werk zu tauchen. Dies freute mich natürlich sehr und so verabredeten wir uns schon im Juli für ein literarisches Lagerfeuer. Wir haben beide das Werk gelesen und nun erzählen wir euch darüber. Viel Freude!
Binea fragt ~ Pamela antwortet
Bist du eine Leserin die lieber lange Kapitel mag? Oder gefallen dir die teilweise schon recht kurzen Kapitel im Werk?
Also ich bevorzuge schon längere Kapitel und hatte, bevor ich das Buch angefangen habe zu lesen, etwas bedenken, dass mir wegen den kurzen Kapiteln das Buch weniger gefallen wird. Jedoch war das Gegenteil der Fall. Ich fand es super, dass man als Leser die Geschehnisse aus den Blickwinkeln von Marnie, Nelly und Lennie sehen konnte. Jeder Mensch denkt anders über Dinge und Situationen und nimmt diese anders wahr.
Marnie und Nelly – zwei Schwestern – sie könnten unterschiedlicher nicht sein. Wem hast du im Werk näher gestanden und warum?
Ganz klar Marnie. Auch wenn ich mit ihrem Lebenswandel nichts anfangen kann, hat sie immer versucht das Richtige für ihre Schwester und sich zu machen. Sie hat die Führung übernommen und einiges getan um für sie beide eine Sicherheit zu schaffen. Ich als grosse Schwester kann sie daher sehr gut verstehen.
Nelly hingegen mochte ich zum Schluss hin auch wirklich gerne, aber ich fand sie leicht verwirrend.
Eine meiner Fragen an dich ist, ob du Nelly auf 12 geschätzt hättest, wenn es nicht im Buch erwähnt worden wäre?
Zwischenantwort Binea:
Die Sache mit dem Alter. Altersfragen sind immer sehr schwer zu beantworten. Nelly ist naiv und erwachsen gleichzeitig, wie ich finde und sie ist manchmal sehr weit und könnte als fast 16 durchgehen. Ab und an kam sie mir älter als Marnie vor, aber das liegt auch an Marnies Charakter. Ich hätte sie wohl auf 14 geschätzt, um mal eine Zahl zu nennen.
ich nämlich nicht. Ich hätte sie auf 15/16geschätzt und Marnie auf etwa 18.
Ihre etwas exzentrische Art ist bestimmt etwas Schuld, dass sie für mich älter wirkt und vielleicht auch das Umfeld und die Umstände, wie sie aufgewachsen ist, aber ich fand es etwas schade wie wenig Kind sie noch war.
War das bei dir genauso?
Zwischenantwort Binea:
Das stimmt. Für ihre 12 Jahre muss sie schon ganz schön in die Rolle des vernünftigen heranwachsenden Mädchens übernehmen. Auf jeden Fall. Sie wächst an ihren Aufgaben und kann sich auf Dinge die Mädchen in ihrem Alter sonst machen, überhaupt nicht konzentrieren. Aber beide Mädchen stehen eher am Rand der Gesellschaft, als in der Mitte und schon alleine diese Tatsache, nimmt ihnen ihr altersgerechtes Leben. Leider…
Wem würdest du den Roman empfehlen?
Lesern, die gerne YA (Young Adult) lesen und vor allem Mädels oder jungen Frauen.
Auch wenn das Buch etwas düster ist, stehen die Schwestern und ihre Beziehung für mich im Vordergrund und darum ist es ganz klar ein Mädels -Buch.
Bilden Titel, Cover und Inhalt für dich eine Einheit? Wenn ja, warum und wenn nicht, was würdest du ändern?
Ja, sie bilden eine Einheit.
Zuerst ist mir das gar nicht aufgefallen. Normalerweise kaufe ich Bücher nach Cover, aber bei diesem Buch habe ich gar nicht auf das Cover geachtet und auf einmal schau ich drauf und sehe, dass dort mehr als Silhouetten von Köpfen zu sehen sind. Alles ist verbunden und geht ineinander über. Die Drogen, Gewalt, Musik, der Tod, aber alles steht im Hintergrund während die Schwestern im Vordergrund und Mittelpunkt stehen.
Hast du eine Lieblingsstelle im Werk?
Meine Lieblingsstelle ist Seite 249, als Marnie in den Schuppen geht und ihre Mutter um Antworten fragt. Und natürlich das Ende. 🙂
Pamela fragt ~ Binea antwortet
Als du den Titel gelesen hast was hast du gedacht könnte er bedeuten?
Ehrlich gesagt, habe ich mir sehr wenig über die Bedeutung des Titels Gedanken gemacht. Ich bin überhaupt eine Leserin, die nicht nach dem Titel entscheidet und auch nicht während des Lesens an den Titel denkt. Überhaupt bin ich ein Mensch, der wohl schnell nach der ersten Seite giert, egal was Titel und Klappentext sagen, denn wenn es empfohlen wird, muss es gut sein und es wurde mir sehr empfohlen.
Wenn ich im Nachhinein über den Titel nachdenke – er passt sehr, denn Bienen sterben nicht einfach so, meist werden sie krank und infizieren sich untereinander und im Werk geht es ähnlich zu…
Zum Cover wollte ich noch sagen, dass es damals knallig orange und pink war (siehe oben) – jetzt ist es dezent gehalten, was zwar auch schön ist, aber so knallig hat es mir besser gefallen. Ein Werk was regelrecht in die Augen „stechen“ muss.
Ich habe mir gedacht, dass die Bienen Teil unserer Umwelt sind und ihren Teil zur Welt beitragen. Wenn die Bienen sterben und nicht mehr ihre Aufgaben in der Natur übernehmen, dann gerät einiges aus den Fugen.
Was bedeutet für dich Familie? Wer gehört für dich zur Famile?
Familie bedeutet für mich alles, auch wenn das vielleicht übertrieben ist. Ich liebe meine Familie und ich komme aus einem wahrlich liebevollen Elternhaus, auch wenn es ab und an ein wenig streng war, aber es war gut so und wichtig, für mein Leben als Erwachsene. Familie bedeutet nach Hause kommen, Geborgenheit, Offenheit und viel Schutz. MIr blutet regelmäßig das Herz, wenn ich höre, wie es einigen Freunden mit ihrer Familie geht und mir blutet das Herz, wenn ich an die zwei Protagonistinnen Nelly und Marnie denke.
Zu meiner Familie gehören in erster Linie natürlich meine Eltern, Großeltern, mein Bruder, mein Mann, Haustiere (ja!) und auch viele enge Freunde. Alle Herzmenschen die mir sehr, sehr nahe stehen, sind für mich Familie.
Die Mädels verlieren zwar ihre Eltern und im konventionellen Sinne einen Teil ihrer Familie, aber ich habe das nicht so empfunden. Für mich sind die Mädels eine Familie. Die Mädels und Lennie sind eine Familie. Die Mädels und Vlado sind eine Familie.
Ich finde das Buch zeigt sehr gut, dass Familie mehr bedeutet als DNA. Familie ist Liebe, Zuneigung, Strenge in bestimmten Situationen und vor allem bedingungslose Unterstützung in schwierigen Zeiten.
Nun zu meiner letzten Frage: Wie ist das Buch auf deiner Wunschliste gelandet?
Die Frage ist recht einfach zu beantworten. Als das Werk erschienen ist, gab es einen regelrechten Ansturm auf das Werk. So fühlte ich jedenfalls und überall habe ich nur positive Meinungen gelesen und es wurde mir oft empfohlen. Da ich aber nie an Büchermangel leide, habe ich es mir verkniffen, es sofort zu kaufen. Es ist mir nicht leicht gefallen und nun, nachdem ich es gelesen habe, ist mir klar, dass ich es viel eher hätte lesen sollen. Aber so ist es eben – es gibt so viel gute Bücher. Kurzerhand habe ich es auf meine Wunschliste gesetzt, da ich es nie aus den Augen verlieren wollte und nun habe ich es und ich habe es zeitnah gelesen. Ich kann es nur empfehlen und verstehe, dass alle davon geschwärmt haben.
Großen Dank an dich, liebe Pamela, dass du mir den Wunschlisten-Wunsch erfüllt und zudem mit mir gemeinsam das Werk gelesen und darüber gesprochen hast.
…und dann kommt der Moment zwischen besten Freundinnen, der besondere Moment des besonderen Buches, der besonderen Lesereise, bei der du ein über 1000 Seiten Werk in der Hand hältst und dir sicher sein kannst, dass dieses Werk, diese Lesezeit, dein Leben verändert, deine Freundschaft noch mehr festigt, die Zeit sich bis unter die Fingernägel einbrennt.
Für Brilka ~ wir lesen für dich, wir leben für dich, wir starten unser kleines Projekt, um uns später diesen Weg vor Augen halten zu können. Wir laden euch ein, Teil unseres Leselebensweges zu werden. Lest mit uns, lebt mit uns, schaut euch einfach nur um oder lasst euch zwischen den Zitaten fallen.
„Das achte Leben“ (Für Brilka)„ von Nino Haratischwili wollen wir gefühlsmäßig festhalten, denn schon nach dem Prolog sind wir uns sicher, dass dieses Werk nicht annähernd in Worte gefasst werden kann. Jedes Wort wäre falsch, denn der Roman strahlt facettenreich und scheint uns so kostbar, dass er mit Gefühlen verbunden werden sollte.
Komm einfach mit und lernt Brilka kennen oder komm wieder ins Buch zurück…komm…
PROLOG oder DIE PARTITUR DES VERGESSENS
Binea (04.04.15):
Bereits die ersten Worte lassen wissen, dass die knapp 1300 Seiten wie eine Wiese voller Wortperlen sein werden – ein Teppich aus Tiefe und noch so viel mehr. Wortmeer öffne dich…
„In dem Moment, wo Aman Baron, den man meist unter dem Namen >> der Baron << oder auch nur >> Baron << kannte, mir gestand, dass er mich herzzerreißend schlimm, unerträglich leicht, zum Schreien laut und sprachlos leise liebte – das mit einer etwas kränkelnden, geschwächten, illusionslosen und bemüht harten Liebe -, verließ meine zwölfjährige Nichte Brilka ihr Amsterdamer Hotel und ging Richtung Bahnhof.“ (Seite 9)
So die ersten Zeilen, die schon darauf hinweisen, was passieren wird, wenn sich das erste Kapitel öffnet. Es wird schmerzhaft sein und es wird schön sein und es wird genauso unbeschreiblich sein. Der Prolog muss schon verdaut werden, umfasst er doch gerade mal knappe 30 Seiten – den Schritt trotzdem gehen? Lesen? Oh, ja…denn die Charaktere sind jetzt schon wahnsinnig lebendig und auch das Land Georgien hat sich schon von einer Seite präsentiert, die das Gefühl des sofortigen Dahinreisens hervorruft.
„>> Dieses Kind ist ein Produkt von Elenes Schamlosigkeit, ihrer Verdorbenheit und besiegelt meine endgültige Niederlage im Kampf um ihre Ehre, ich habe also keinerlei Grund, mich zu freuen oder irgendetwas zu feiern. Das Mädchen, auch wenn es dafür nichts kann, ist die fleischgewordene Verkörperung allen Übels, das ihre Mutter über uns gebracht hat. <<“ (Seite 25)
Lesebienchen (04.04.15):
Brilka – die ersten 30 Seiten, der Prolog oder die Partitur des Vergessens. Allein dieser erste Titel lädt zum Verweilen, zum Nachdenken, doch ganz bestimmt nicht zum Vergessen ein, denn Haratischwilis Worte prägen sich von Beginn an tief ein, die Charaktere berühren, Sätze hallen nach.
„Ich verdanke sie dir, weil du das achte Leben verdienst. Weil man sagt, dass die Zahl Acht gleichgesetzt ist mit Ewigkeit, mit dem wiederkehrenden Fluss. Ich schenke dir meine Acht.“ (S. 16)
Schon diese wenigen Seiten, diese Worte tragen das Versprechen einer außergewöhnlichen Reise voller großartiger Charaktere in sich.
Das erste Buch öffnet sich: Stasia. Die Reise beginnt…
BUCH 1 ~ STASIA
Binea (06.04.15):
Schneller als gedacht, bin ich durch das Buch 1 durch. Sagenhaft. Ich bin noch total geflasht von den vielen Eindrücken, Gefühlen und von der Reise an Stasias Seite. Um ehrlich zu sein, ich wollte meinen Roman, den ich vor kurzem erst begonnen habe, erst zu Ende lesen. Wenigstens parallel. Nun liegt „Mein Herz und andere schwarze Löcher“ von Jasmine Warga hier und winselt um Aufmerksamkeit. Ich mag Büchern nicht Unrecht tun, zumal es ein starkes Buch ist und ich bereits 100 Seiten verschlungen habe. Aber Brilka lässt nicht los.
Nino Haratischwilis Werk ist einfach sagenhaft. Nicht richtig vergleichbar mit Donna Tartts Werk „Der Distelfink„, aber ich lese mit der gleichen, nennen wir es Ehrfurcht, und dem gleichen Respekt. Zuvor habe ich kein Werk mit diesem Umfang gelesen und ich lese schon jetzt irgendwie sparsam, da ich Angst vor dem Ende habe. So ging es mir auch mit dem Distelfink. „Brilka“ ~ dieses Werk ist einfach beeindruckend, nicht nur die Worte begeistern, sondern das Gesamtkunstwerk an sich. Der Schutzumschlag, die Aufmachung, ich mag dieses eckige Buch, eckig wie ein Kasten, ein Kasten voller Wortperlen und die Tatsache, dass es eine Autorin geschrieben hat, die nur wenige Jahre älter ist als ich. Beeindruckend. Absolut beeindruckend.
Erst 129 Seiten liegen hinter dem Anfang, dem sagenhaften Prolog, dem ersten Satz, den ich wahnsinnig liebe. „Eigentlich hat diese Geschichte mehrere Anfänge.“ (Seite 9). Würde ich einen Roman schreiben, ich würde mit diesem Satz beginnen und auf Brilka verweisen. Stark – einfach stark. Dieser Satz hat in mir schon so viel ausgelöst, ja, dieser einfache kleine Satz mit gewaltiger Botschaft. Seit gestern denke ich, wenn ich Schokolade im Mund habe, vielleicht geht es allen Brilka-Lesern so.
„Zu viel des Guten kann zu viel des Schlechten hervorbringen. Und ich habe noch keinen Menschen gesehen, der diese Schokolade gekostet und der danach nicht nach mehr verlangt und ja: nach mehr gegiert hätte. Aber Gier in Kombination mit Genuss kann zum Verhängnis werden. Merk dir das bitte!“ (Seite 77)
Versteht ihr? Ich merk es mir und diese Worte sind wichtig im Werk, sehr.
Absolut wundervoll ist dieser Satz, der sich ebenso in mir eingebrannt hat.
„Natürlich war der erste Kuss wunderschön, bestimmt, ganz bestimmt, Brilka, denn der erste Kuss unserer Geschichte muss unbedingt schön sein!“ (Seite 73)
Nicht nur heiße Schokolade, Haratischwilis Worte machen süchtig. Wie auf dem Coverrückentext angemerkt. „Ein Buch, das süchtig macht…“. Bereits nach wenigen Seiten merkte ich leichte Abhängigkeitsgefühle, nach dem Buch 1 merke ich totale Abhängigkeit und ich kann diese gestehen. Jedes Wort von ihr stillt ein wenig den großen Hunger und den überdimensional starken Durst, den ich seit der ersten Zeile verspüre und von dem ich vorher nichts wusste…
Lesebienchen (06.04.15):
Das erste Buch ist gelesen und ich bin sprachlos. Mir fehlen absolut die Worte vor solch einer Wortgewalt, vor solch einer Erzählkraft. Ich bin sprach- und wortlos. Es bedurfte nur 125 Seiten und ich bin gefangen, verloren auf den Seiten.
Das Lesen ist wie ein Rausch, die Charaktere einmalig. Es entwickelt sich ein gewaltiges Panorama georgischer und menschlicher Geschichte: Liebe, Dramen, Lachen, alles ist dabei. Und mittendrin eine so großartige Figur wie Stasia.
„Stasia war aber diejenige, welche die meisten Scherereien machte. […] Stasia war die gescheiteste, flinkste, trotzigste seiner Töchter, die ihn am meisten aufregte und am häufigsten seinen Zorn provozierte. Aber er liebte ihre spitzbübische Art, sogar ihre schrägen Träume und ihren Tanzfimmel.[…] Sie tat nur Dinge, die ihr wichtig erschienen.“ (S. 63)
Genau so müssen Figuren sein, vielschichtig, individuell, menschlich.
Die Geschichte entwickelt sich rasant und dennoch langsam. Stück für Stück entrollt sich der Teppich und gibt sein Muster preis.
Das Buch verspricht jetzt schon mein Buch des Jahres zu werden. Ja, ich weiß, es ist erst April, ich bin erst bei Seite 125, aber alle meine Sinne schreien es laut heraus: „Für Brilka“ – ein Jahrhundertbuch!!!!
BUCH 2 ~ CHRISTINE
Binea (11.04.15):
Angekommen im zweiten Buch merke ich, dass jegliche Rettungsversuche scheitern würden. Mich bekommt niemand aus diesem Werk heraus, Ich kann nicht unterbrechen, komme was wolle. Ich bin hoffnungslos verloren im Werk – so meine Diagnose. Selbst die dickste Erkältung kann mich nicht davon abbringen, wenigstens ein paar Seiten zu lesen. Es ist einfach gewaltig, mächtig und Ninos Worte haben eine wahnsinnige Anziehungskraft, die nicht mit einem Magneten verglichen werden kann.
Das Lesen im Schneckentempo ist nicht möglich, wie ich erneut feststellen musste. Immer wieder bremse ich mich selbst, aber die plötzliche Beschleunigung bleibt nicht aus. Ab und an nützt jedes Bremsen nichts, vor allem dann nicht, wenn sich die Bremsen in Lesegaspedale wandeln.
Ich gebe mich den Worten der Autorin hin und gelange in eine schillernde Welt. Stasias Schwester Christine lebt im Reichtum, ihr Mann hat Kontakte zu einem sehr einflussreichen Mann und doch bezeichne ich beide als die Hilflose und der Machtlose, die Blinde und der Wegschauende, zwei Menschen denen die Hände gebunden sind, wenn sie so leben wollen wie bisher. Mehr mag ich kaum sagen, da diese Lesereise von Gefühlen dominiert werden soll. Gefühlsmäßig hatte ich große Schmerzen, aber ich konnte auch den Anfang einer Freundschaft erleben. Dennoch drohte das Unheil aus allen Richtungen.
„Am 31. Dezember – es muss der letzte Tag des Jahres 1927 gewesen sein – sollten beide Schwestern Bekanntschaften machen, die für immer ihr Leben verändern würden, der Teppich unserer Geschichte, Brilka, sollte weitergeknüpft werden, pompöse, karnevaleske, schillernde, aber auch dunkle und bedrohliche Muster sollten sich ergeben. Vielleicht war das die Nacht, in der das Schicksal zum ersten Mal auf uns alle aufmerksam wurde, vielleicht wäre der Teppich ohne es schön, schlicht und in Pastelltönen gehalten, vielleicht wären dann keine kräftigen Farben hineingekommen, vielleicht war es aber einfach der Zufall, der diese Menschen am gleichen Ort zusammenführte, oder eine Laune der Natur, eine unaufhaltsame, schnelle, grausame Laune.“ (Seite 143)
Wegweisende Worte – ich spürte schnell, mit was ich rechnen durfte und doch wird es noch hunderte von Mustern zu entdecken geben. Nino Haratischwili hält uns Lesern den Teppich vor Augen, von dem Niza Brilka erzählt. Ich fühle mich lesend wie Brilka. Sehr sogar.
Sagenhafte Worte sind in diesem Teppich verwebt. So konnte ich erlesen, dass auch Tränen mal leer werden oder dass Verrat geboren werden kann und ich konnte mich selbst in einigen Stellen hinterfragen. Eindringliche Gespräche bleiben im Kopf, Gedanken graben sich in die Leserhaut ein und die Emotionen steigern sich.
„Spätestens da wusste Stasia, dass die Haut der Welt rissig werden würde. Sie wusste, dass die Erde sich übergeben und die Ruinen sichtbar werden würden, dass ein abgrundtiefer Spalt durch all die Jahrhunderte gehen, sich in der Erde öffnen und einen blutigen Abgrund freigeben würde.“ (Seite 166)
Eine absolutes Lieblingszitat im Buch 2. Ich bin bereit für Buch 3. Ja, ich bin es.
Lesebienchen (13.04.15):
„…der Teppich unserer Geschichte, Brilka, sollte weitergeknüpft werden, pompöse, karnevaleske, schillernde, aber auch dunkle und bedrohliche Muster sollten sich ergeben.“ (S. 143)
Ja, der Teppich der Geschichte wird weitergeknüpft, Christine steht nun mehr im Fokus und mit ihr hält auch die politische Dimension Einzug in den Roman. Ich gebe zu, ich musste mich erstmal wieder belesen…Begriffe wie Oktoberrevolution waren mir nur noch vage aus dem Geschichtsunterricht bekannt.
Mit dem nötigen Hintergrundwissen begab ich mich weiter auf die Reise, ich verstrickte mich wie Christine und Stasia in Verdrängungstaktiken, hin und her gerissen zwischen Ablehnung und Verständnis.
Immer mehr wächst mir vor allem Stasia ans Herz, ihr starker Willen, ihr Temperament, aber auch ihre Schwächen machen sie für mich zu einer außergewöhnlichen Figur.
„Aber neben dem Glück, das wie goldenes Konfetti auf Stasia niederprasselte, ging in jenem Augenblick eine kleine Tür auf. Es war eine Tür jenseits der Zeit und jenseits des Schicksals, jenseits aller Gesetzmäßigkeiteb. Die Welt der Gespenster erwachte für einen Augenblick, der Mond wurde grünlich blass[…] Alles geriet durcheinander, die Welt bekam für den Bruchteil einer Sekunde Schluckauf.“ (S. 148)
Und immer wieder, beinahe auf jeder Seite begegnen mir solche wundervolle Passagen, die ich mehrmals lesen muss, bei denen ich ehrfürchtig innehalten muss, haben sie doch eine unvergleichliche Sprachgewalt, eine poetische Schönheit.
Nach wie vor lese ich staunend und sprachlos.
BUCH 3 ~ KOSTJA
Binea (14.04.15):
Marine. Krieg. Politik.
Mittlerweile behaupte ich so langsam, dass ich Stasia kenne. Seit Buch 1 habe ich ständig mit ihr Kontakt. Irgendwann kommt die Vertrautheit und bei Nino Haratischwilis Charakteren stellt sich diese schnell ein. Die Vertrautheit, allerdings nicht dieses spezielle Kennen. Zumindest kann ich so langsam besser erfühlen, was Stasia bedrückt und auch Christine ist mir nun vertraut. Ich sehe sie vor mir und ich fühle Schmerz. Buch 2 hat nicht nur innerliche, auch äußerliche Spuren hinterlassen. Stasias Sohn Kostja bekommt jetzt eine große Stimme. Eine ebenso wichtige Person und ein Mensch der viel ertragen muss und keine einfache Zukunft vor sich hat. Die Zeiten des Krieges brechen an. Er möchte sich beweisen, nicht nur sich selbst, vorwiegend seinem Vater und dennoch auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen.
Kostja erfährt die erste Liebe und zwar eine mehr als besondere. Taumelnd vor Liebe war ich mit ihm unterwegs. Nicht nur mit ihm.
„Sein ganzes Leben sollte er nicht aufhören, nach dieser Schönheit zu suchen, und seine Fähigkeit zu lieben würde davon abhängen, in welchem Maße er sie in seinen späteren Liebesobjekten wiederfinden sollte. Als könne nur er begehren, wenn er das Gefühl bekam, an dieser Begierde zugrunde zu gehen. Als müsse er die verborgenen, in der tiefsten Tiefe versteckten Perlen aus dem Meer fischen und dabei die Gefahr eingehen zu ertrinken.“ (Seite 235)
Das wohl für mich eindringlichste Zitat im Werk:
„Sie liehen sich gegenseitig das Glück. Sie liehen sich gegenseitig die Gegenwart und schenkten sich zukünftige Erinnerungen.“ (Seite 240)
Nino streift keine Charaktere, sondern gibt jedem ihrer Protagonisten eine Stimme, eine Geschichte. Der Teppich wird groß, sehr groß und doch bin ich selbst nach über 300 Seiten klar im Bilde. Die Verwebungen sehe ich vor mir und ich würde am liebsten überall gleichzeitig sein. Ninos Worte schlagen ein wie die Bomben, die ihre Protagonisten sehen und hören.
Eine Vielzahl von Markierungen befinden sich schon jetzt im Roman. Es gilt viele Worte festzuhalten, einen eigenen Zitatteppich zu knüpfen.
Meine Gedanken überschlagen sich, meine Gefühle drehen durch und ich habe zum ersten Mal geweint. Ich hatte körperliche Schmerzen. Nicht nur Kostja durfte ich näher kennenlernen. Nein. Ich erfuhr mehr über seinen Freund Alan und seine Entstehungsgeschichte. Gänsehaut überrollt mich, wenn ich an diese Zeilen zurück denke. Kotjas Liebe namens Ida steht mir nahe, aber nicht nur sie. Mit Kitty erlebe ich Stunden der Grausamkeit. Zeilen voller Horror, die ich immer noch nicht verdaut habe. Mich überkommt genau jetzt eine neue Welle Übelkeit, wenn daran denke, welches Leid ihr widerfahren ist. Schrecklich. Und ich denke daran, was Mariam tat, tun musste. Und dann schreie ich: Andro!
Tief durchatmen. Weiteratmen. Leben.
Lesebienchen (14.04.15):
Dieses Buch hat mir alles abverlangt. Mich in die schwärzesten Tiefen geführt, mir meine größten Ängste vor Augen gehalten, mich weinend zurückgelassen und dennoch am Ende mit einer Stärke wieder ans Licht geführt.
Der Krieg mit all seinen Schrecken ist da, endlos, brutal, rücksichtslos. Normalerweise scheue ich mich, Bücher mit solch einer Thematik zu lesen, doch ich wollte und konnte die mir so liebgewonnenen Figuren in dieser schweren Zeit nicht alleine lassen, musste an ihrer Seite sein.
Ich habe mit ihnen geweint, gelitten, geschrien und dennoch hat mir gerade dieses Buch so viel Kraft gegeben, denn Frauen wie Stasia und Kitty geben nicht auf, kämpfen, stellen sich der Wirklichkeit, zäh, ausdauernd. Sie zeigen eine Stärke, wo nur noch Hoffnungslosigkeit herrscht. Eine Stärke, die mir Kraft gibt. Danke!
Und ja, ohne dich Seele hätte ich nicht weitergelesen. Zu wissen, dass du mit mir gehst, den gleichen Weg, hat mir viel Kraft gegeben, weiterzulesen, die Augen nicht zu verschließen, sondern an der Seite von Kitty zu kämpfen.
„Mit ihren Händen sah sie: […].“ (S. 314)
Mehr vermag ich nicht zu zitieren, doch gerade die folgenden Worte haben sich tief in meine Seele eingebrannt.
Buch 4 ~ KITTY
Binea (17.04.2015):
Im vierten Buch haben mich viele Gefühle überrannt, die ich so noch nicht kannte. Nie zuvor habe ich so gehasst. Nie zuvor habe ich solches Leid ertragen müssen. Ich kann es nicht in Worte fassen und doch möchte ich sagen, was ich gefühlt habe. Ich hatte solche Wut in mir, solchen Hass und gleichzeitig war ich geschockt von so viel Grausamkeit, die sich vor allem seit Buch drei in mir verankerte, dass ich bereit zum Morden war. Ja, ich wollte töten und ja, ich war selten so froh über den Tod. Mehr mag ich dazu nicht sagen, aber es hat so gut getan, jemanden tot zu wissen. Endlich. Endlich abschließen zu können. Diese Gefühle, diese explosive Mischung, trug ich nie zuvor in mir und ich hoffe, dass ich sie so in dieser Form nie wieder in mir tragen muss. Wahnsinn.
Nino Haratischwili – ist dir bewusst, was du mit deinen Lesern tust? Ging es dir stellenweise mindestens genauso dreckig? Du musst beim Schreiben auf dem Boden gelegen haben. Ich glaube ich hätte mir stellenweise den Füller in die Hand gestochen. Solche Gefühle auszulösen, bedarf speziellen Worten und Handlungen. In diesem Werk gibt es kein Gefühl, was nicht zur Sprache kommt.
Bevor ich mich ins vierte Buch hineinziehen ließ, wunderte ich mich kurz, warum es mit Kitty überschrieben ist. War ich doch in der naiven Annahme, dass bereits im dritten Buch Kittys Lebensgeschichte erzählt ist, der Höhepunkt erreicht ist. Ich war voller Hoffnung, dass ihr Leben ruhiger wird, das sie irgendwie einen Ruhepol findet, einen Ort der Liebe.
Was ich dann erlebte, hätte ich so nie gedacht. Zum einen das Gefühl, welches ich zu Beginn schilderte, zum anderen aber einen Menschen, der den Lebensmut nicht verliert und sich das Leben am Leben erhalten möchte. Kitty ist für mich eine wahnsinnige Persönlichkeit. Stasia und Kitty – meine zwei Herzensprotagonisten, wie sich nach und nach herausstellt. Aber auch Christine mag ich sehr, zumindest von den Hauptcharakteren.
Brilka – was sagst du?
„Sie schenkte ihm mit ihrem Körper das Vergessen und sich selbst die Erinnerung.“ (Seite 438)
Die Autorin schockte mich mit einer weiteren Lebensgeschichte einer Frau. Mir zog es erneut alles zusammen, ich saß wie versteinert da und schluckte jedes einzelne Wort wie einen übergroßen Kloß hinunter. Nach einige Seiten hatte ich tausende Wackersteine im Bauch, wie der Wolf im Märchen Rotkäppchen. Uff.
„Die Liebe war ein schleichendes, langsames Gift, die Liebe war tückisch und verlogen, die Liebe war ein Schleier, der über das Elend der Welt geworfen war, die Liebe war klebrig und unverdaulich, sie war ein Spiegel, in dem man das sein konnte, was man nicht war, sie war ein Gespenst, das Hoffnung verbreitete, wo es längst keine mehr gab, sie war ein Versteck, wo man Zuflucht zu finden glaubte und am Ende doch nur sich selbst fand, sie war eine vage Erinnerung an eine andere Liebe, sie war die Möglichkeit einer Rettung, die am Ende doch einem Gnadenstoß glich, sie war ein Krieg ohne Gewinner, sie war ein kostbares Juwel inmitten der Scherben, an denen man sich schnitt, ja, in jenen Zeiten war die Liebe das, Brilka.“ (Seite 491)
Was für ein sagenhafter Satz – genau diese Sätze gibt es zu Hauff in diesem Werk. Ich liebe es, ja, ich liebe es und es ist eine Freude es mit meiner weiblichen Leseseele durchleben zu können. Ich spüre sie die ganze Zeit neben mir und es ist ein sagenhaft schönes Gefühl, die gleichen Charaktere zu kennen.
Lesebienchen (01.05.15):
Kitty, eine meiner Herzensprotagonistinnen.
Das Epos um die Familie Jaschi, was Haratischwili entwirft, nimmt nun beinahe antike Ausmaße an: Schicksal, Leid und ja Rache werden thematisiert. Die Figuren verlieren sich in einer unausweichlich scheinenden Spirale. Als Leser kann man nur atemlos dabei zusehen.
„Kitty hätte gern ihren Hass zu einem Klumpen zusammengeballt, hätte den Klumpen gern in die Hand genommen und ihr ihn mit aller Wucht ins Gesicht geschleudert.“ (S. 415)
Ein ergreifender Satz, einmal mehr bin ich von Haratischwilis Sprachgewalt, ihrer absolut präzisen Bildhaftigkeit berührt und beeindruckt. Sie schafft es, Gefühle sichtbar und anfassbar zu machen. Und ja, diesen Hassklumpen spürte ich auch, konnte ihn nicht herunterschlucken, konnte ihn nicht vergessen.
Kitty, immer wieder Kitty. Ihre Geschichte lässt mich nicht los, ihre unglaubliche Stärke trifft mich tief.
Und wieder erfährt der Roman eine neue Wendung, die das Panorama nochmals erweitert. Beim Lesen musste ich oft an eines der Gedichte von Brecht denken, spiegelt es für mich doch stark auch das Schicksal von Kitty.
Habe ich so viele Freunde überlebt. Aber heute Nacht
im Traum
Hörte ich diese Freunde von mir sagen: „Die Stärkeren
überleben“
Und ich haßte mich.
[1] aus: Brecht, Bertolt. Ausgewählte Werke in sechs Bänden. Suhrkamp 1997, Band 4, S,385
BUCH 5 ~ ELENE
Binea (17.04.2015):
Buch fünf ist beendet. Ich frage mich, wo ist nur die Zeit hin? Nein, wo sind die Seiten hin? Gerade habe ich die Seite 855 beendet. War ich nicht gerade noch auf der ersten Seite? Habe ich mich nicht erst gerade noch mit Lesebienchen über den allerersten Satz des Werkes unterhalten? Saßen wir nicht gerade noch nebeneinander und haben die ersten Nino Haratischwilis Wort gekostet?
Die Seiten fliegen nur dahin, ich muss mich selbst aufwecken, um aus dem Werk zurück in die Realität zu finden. Ich bin gefangen, ich lebe in der Geschichte. Es ist sagenhaft, welchen Sog dieses Werk entwickelt, wo ich dachte, dass es anziehender nicht werden könnte. Kein Wort ist zu viel in diesem Werk, keine Seite überflüssig. Ich sehe das Ende immer näher kommen und am liebsten würde ich das Buch wenden, so dass es aussieht, als ob ich gerade im ersten Viertel des Buches bin.
Buch fünf ist bisher das wohl umfassendste Buch. Alle Charaktere sind für mich wie Familienmitglieder, jeder hat eigene Geschichten und es gibt die großen gemeinsamen, in denen alle einzelnen Geschichtsfäden zu einem großen Netz verwebt werden. Einem Netz für die Ewigkeit, einem Netz bestehend aus Vergangenheit und Zukunftshoffnung.
Ich taumle durch die Seiten und Geschichten und obwohl eine in die andere fließt, komm ich nicht aus dem Takt. Nur mein Gefühlsherztakt ändert sich hin und wieder, vor allem dann, wenn ich den Namen Elene ausspreche. Da stürzen Emotionen einen Abhang hinunter und sammeln sich zu einem See, in dem man nicht baden möchte.
„Was hätten uns die Tränen in diesem Augenblick gebracht? Erleichterung? Tränen sind nur Lückenfüller, Stellvertreter. Wenn man aber den Menschen, um den man die Tränen vergießen will, vor sich stehen hat, dann weint man nicht, dann nutze man die Zeit, die man hat, die Tränen können schließlich warten und jederzeit nachgeweint werden.“ (Seite 633)
Seiten voller Schadenfreude, voller Naivität, voller Leben, aber auch voller Tod. Die Ungerechtigkeit ist greifbar und streicht mir immer wieder um die Beine, wie eine Katze. Es gibt Brüche, die nicht geheilt werden können, es gibt Gefühle die geheilt werden können und es gibt ausgesprochene Worte die sich wie ätzende Säure auf Lebenswegen breit machen und das Weiterkommen unmöglich machen. Es gibt unausgesprochene Gedanken, die ich als Leser gerne laut den jeweiligen Personen ins Gesicht gesagt hätte. Eigennutz, Intrigen, Hass, aber auch Liebe – es brodelt wie in einem Vulkan, der kurz vorm Ausbruch steht. Der Bogen ist gespannt, das Wasserfass ist kurz vorm Überlaufen. Einige Seiten sind spannungsgeladen und blättern sich vor meinen Augen fast von alleine um.
„Es gab unzählige Varianten der Wahrheit, und sie verformten sich, sobald man sie in den Mund nahm, zerbröselten wie altes Brot und hinterließen nur einen faden Geschmack auf der Zunge.“ (Seite 794)
„Die Nacht schmolz zu einem Klumpen zusammen, der im Hals stecken blieb. Sie glichen zwei Akrobaten, die von ihrem Seil abgestürzt waren, Zirkusmenschen, deren Zelte der Wind in alle Himmelsrichtungen davongetragen hatte.“ (Seite 827)
Und am Ende des fünften Buches lese ich diese Worte, die mich lange innehalten ließen. Danke Nino!
„Manchmal waren Lippen die Flügel, manchmal nur Worte und manchmal aufbewahrte Fotos.“ (Seite 855)
Lesebienchen (01.05.15):
Anstrengend!
Und nein, nicht wegen des Stils, der ist nach wie vor sogartig, poetisch, unbeschreiblich. Die Seiten fliegen so dahin. Seiten voller Liebe, Lachen, aber auch unglaublichem Leid und dennoch schafft es Haratischwili nach wie vor, das Buch nicht trostlos werden zu lassen, denn überall blitzt die Stärke dieser Personen auf, ihr Willen, ihre Kraft weiterzumachen.
Und dennoch ist dieses Buch anstrengend, denn Elene ist ein mehr als widersprüchlicher Charakter, der es mir immer noch nicht einfach macht, sie zu mögen.
„An welchem Punkt hatte sie sich selbst verfehlt, wo hatte sie die falsche Abzweigung genommen? Wann war sie von ihrem Weg abgekommen, und welcher war überhaupt der ihre?“ (S. 691)
Sätze einer zerrissenen Person. Zerrissen von wem? Von der Familie? Durch den Krieg? Fragen, die mich beschäftigen.
Und endlich, endlich wird Niza geboren, die Stimme des Romans, Erzählerin. Sie und ihre geheimnisvolle Schwester Daria halten Einzug in der Familie.
„Als Daria Stasia fragte, warum sein zwei verschiedenfarbige Augen hatte, gab Stasia ihr folgende Antwort: „Das liegt daran […] weil zwei Tiere in dir hausen: ein Husky […] und ein Igel[…]. Dein Husky ist der mutige Teil von dir, der stets das Weite sucht, unbeirrt seinen Weg fortsetzt, immer weiter und weiter […] und der Igel ist der Teil, der Ruhe und Geborgenheit, Sicherheit und viel Liebe braucht[…].“ (S. 681)
BUCH 6 ~ DARIA
Binea (23.09.2015):
Seit genau 5 Monaten habe ich nicht mehr im Werk gelesen. Was ist passiert? Ich nenne es die Angst vorm Ende. Ich liebe dieses Werk und ich mag dem Ende nicht näher kommen. Und nun? Was ist passiert? Ich war gemeinsam mit Lesebienchen zur Lesung, habe Nino Haratischwili persönlich treffen können und gerade dieser Moment, hat mir Hoffnung gegeben. Wir wollen weiter lesen, wir wollen uns dem Ende stellen. Einem Ende, was wohl schmerzhafter nicht sein kann. Oder wird die Hoffnung auf uns warten?
Die Abhängigkeit vom Werk, die Lesesucht, war nie weg, wie ich schnell feststellte. Ob Kostja, Stasia, Christine, Niza oder Daria – alle Charaktere waren so klar und deutlich, als ob ich keine 5 Monate fern geblieben wäre. Ich war sofort, aber wirklich sofort wieder im Werk. Ich spürte die Sehnsucht, die Liebe, den Hass – Gefühlspaletten, wie sie intensiver nicht sein könnten.
Beim Lesen habe ich mich erwischt, wie ich zur Schokolade griff. In diesem Buch kann man nicht ohne das süße Naschwerk, ganz sicher nicht. Schokolade kann trösten und gerade in diesem Buch ist der Trost wichtig.
„Noch den himmlischen Geschmack auf der Zunge, spürte ich etwas Trauriges, das diese Schokolade hinterließ. Irgendwas an diesem Geschmack hatte mir Angst eingejagt. Dieser Geschmack hatte auf einmal viele Fragen auf meiner Zunge hinterlassen.“ (Seite 999)
Daria und Niza – zwei Schwestern – viel Liebe, viel Hass. Ihr Leben steht im Buch 6 im Vordergrund, aber nicht nur das. Viele Leben sind lange gelebt und müssen ihr Ende finden. Es sind verdiente Lebensenden, wenn man das so sagen darf – es sind auch ungerechte Lebensende und es sind welche, die überraschen und am Leser reißen. Mir standen die Tränen sehr oft in den Augen. Die Protagonisten sind mir alle so sehr ans Herz gewachsen, dass sich das komplette Leben noch einmal vor meinem inneren Auge abspulte. Jeder Tod in Nino Haratischwilis Werk fühlt sich so verdammt echt an, denn alle Leben sind bekannt – jeder Leser lebt mit den Protagonisten – durch und durch.
„Den ganzen Nachmittag verbrachte ich in seinem Zimmer auf seinem Bett, und naiv, wie ich war, glaubte ich daran, dass Worte die Liebe ersetzen können und dass das erinnern das Vergangene wiedergutmachen kann. Ich irrte mich. Natürlich irrte ich mich.“ (Seite 968)
Knapp über 300 Seiten liegen nun schon wieder hinter mir. Mir kommt es nicht so vor und ich habe Angst vor den kommenden 100 Seiten. Mehr sind es nicht, Brilka, leider nein…
Lesebienchen (22.09.15):
Ein Buch, das ich liebe und hasse, das mich eine Achterbahn von Emotionen hat durchmachen lassen und wieder Schätze an poetischen Satzperlen bereithielt, die mich immer noch sprachlos werden lassen. Noch immer und jedes Mal aufs Neue schafft es Haratischwili mit ihren Sätzen mich vollends zu begeistern. Immer wenn ich denke, besser geht es, besser kann man es nicht sagen, finde ich auf den nächsten Seiten wieder den perfekten Satz und dann wieder und wieder….
„Vielleicht habe ich an diesem Tag begriffen, dass in meine kurze, banale Lebensgeschichte so viele andere Geschichten bereits eingeschrieben waren und ihren Platz hatten neben meinen eigenen Gedanken und Erinnerungen, die ich sammelte und an denen ich wuchs. […] Und wir alle, ob wissend oder unwissend, tanzten innerhalb dieses Gesamtbildes unseren eigenen Tanz, einer geheimnisvollen Choreographie folgend.“ (S. 964)
Perfekte Gedanken von Niza, die nun endlich in der Geschichte als Figur anwesend ist, sie ist mir vertraut wie keine andere, ist sie doch die Stimme des Romans, die Geschichtenerzählerin. Selbst Kitty ist mir nicht so nah wie Niza, merke ich mehr und mehr.
Und dann Daria mit den verschiedenfarbigen Augen: hell und dunkel. Und genauso ist dieses Buch: hell und dunkel. Auf der einen Seite so viel Liebe, auf der anderen Seite pure, rohe Gewalt, die mich noch immer schaudern lässt.
„Natürlich waren wir in dieser Nacht für die Wirklichkeit zu jung. Natürlich schmeckten unsere Träume besser als die Geschichte und Zukunft. Natürlich war die Hoffnung schöner als die Gegenwart. Natürlich waren wir ineinander vernarrt und in unsere Vorstellung von Liebe, die wir zelebrieren konnten. Natürlich waren wir die ersten und letzten Liebenden auf diesem Planeten.“ (S. 1038)
Wie gesagt, wenn man denkt, es geht nicht besser, wartet dies Autorin mit solchen Sätzen auf. Besser kann man das Gefühl der ersten Liebe nicht beschreiben. Unglaublich!
BUCH 7 ~ NIZA
Binea (27.09.2015):
Der Moment des letzten Buches im Buch. Ich gestehe, dass ich diesen letzten Teil so langsam wie möglich gelesen habe. Ich wollte kein Ende, nein, ich wollte überhaupt kein Ende. So verwachsen war ich wohl noch nie mit einem Werk. Grausam ist es, wenn die letzten Seiten genauso spannend sind, dass sie förmlich schnell gelesen werden müssen. Grausam – einfach grausam. Nino Haratischwili erspart dem Leser einfach nichts und so kommt es, wie es kommen muss – die letzte Seite naht.
Berlin. Niza lebt in Berlin. Sie studiert. Ihre Familie lebt in Georgien. Und Brilka? Sie hat sich jahrelang oder um genau zu sein, 12 lange Jahre nicht wirklich für ihre Nichte interessiert und dann ist sie ganz nah. Brilka trifft auf ihre Tante Niza und Niza auf ihre Nichte Brilka. Das Zusammentreffen hätte nicht stärker sein können. Zwei starke Persönlichkeiten treffen aufeinander – Liebe, Trauer, Wut, Hass – eine unbeschreibliche Gefühlsmischung entlädt sich zwischen den Charakteren. Brilka – sie ist so anders – mehr mag ich nicht sagen, denn ich kann auch nicht viel mehr sagen. Dieses ganze Werk ist so grandios, dass ich jetzt am Ende der Lesereise Nino weitere Worte sprechen lasse und meine absoluten Lieblingszitate niederschreibe. In diesen Worten steckt so viel, um nicht zu sagen: ALLES.
„Er warf mich aufs Bett, und ehe ich mich versah, waren wir beide ausgezogen und rangen einander die Erinnerungen an uns selbst ab, die Erinnerungen an die, die wir einmal gewesen waren und die wir glaubten, für immer zu bleiben.“ (Seite 1189)“
„Durchbrich mich und dich.“ (Seite 1274)
Lesebienchen (29.09.15):
Mein Lieblingsbuch, absolut und ohne Zweifel. Ein heilendes Buch, ein kraftvolles Buch, das so viel in mir ausgelöst hat, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Und endlich, endlich lernen wir Brilka kennen, die unglaubliche, unbegreifliche Brilka!!!
„Ich wusste, dass ich dich finden würde, Brilka. Denn ich schulde dir die Frage, ob du mitkommen willst nach Wien, nach Berlin, es ist mir einerlei, wohin, Hauptsache mit mir. Ob du meine Hilfe weiterhin brauchst. Ob du weiterhin durch das Leben tanzen willst, ein fremdes Leben nacherzählend.“ (S. 1270)
Dieses Buch war eine Reise, auch eine Reise zu mir selbst. Sehr persönlich und bewegend.
„Sicherlich habe ich manchmal Angst. […] Dass Dinge nicht so funktionieren, wie ich sie plane. Dass Menschen, die mir wichtig sind, unglücklich sind. Dass mich jemand verletzt. Dass ich etwas nicht kontrollieren kann.“ (S. 1243)
Niza, du sprichst aus meinem Herzen.
BUCH 8 ~ Brilka
Binea (23.09.2015):
Es ist kein Geheimnis, dass die letzte Seite leer ist. Ich liebe diese letzte leere Seite, da sie passender nicht sein könnte. Danke Nino, für dieses Lebensbuch – ich bin durch und durch begeistert und werde es irgendwann noch einmal lesen müssen und zwar genau dann, wenn ich die Sehnsucht nach deinen Protagonisten nicht mehr ertragen kann. Ich habe immer noch Tränen in den Augen.
Literatwo und Ankas Geblubber = Literatwogeblubber. Logisch, oder? 🙂
Ich habe mich ganz spontan dazu entschlossen, bei Ankas Aktion „lesend & blubbernd durch die Weihnachtszeit„ mitzumachen. Was mich erwartet? Keine Ahnung – *lach* – ich lass mich einfach überraschen und warte auf die Aufgaben, die Anka täglich stellt. Alles ganz entspannt und mit viel Freude und vor allem mit großem Team-Weihnachtsgedanken.
Ich bin vorfreudig auf viele neue Begegnungen und Ideen und lasse mich einfach mal berieseln und blubber eine große Runde mit. Damit der Beitrag nicht unter geht und ihr nicht suchen müsst, ist er fest verankert – guckt ihr oben rechts in der Seitenleiste.
Vielleicht hast genau DU auch Lust mitzumachen? Dann mach einfach mit und trage dich HIER ein. Du gibst selbst das Tempo vor, wann du mitmachst und wie intensiv du mitmachst. Die Gemütlichkeit steht im Vordergrund und jetzt gehts los mit dem „Literatwogeblubber“.
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