Endlich ist es da, endlich, endlich, endlich. Wie lange ist es her, dass ich die Edelsteintrilogie aus der Gier-Schreibfeder gelesen habe? Gefühlte Jahrzehnte und darum wurde es wirklich Zeit, dass „Silber – Das erste Buch der Träume“ (Fischer Verlag) auf dem Buchmarkt erschien.
Ja, Bücher von Kerstin Gier gibt es viele, aber ich wollte keinen Roman für Frauen, sondern ein Jugendbuch und zwar ein Jugendbuch mit fantastischen Elementen und ehrlich gesagt auch eine Trilogie. Obwohl wir ja bei vielen Trilogien skeptisch sind, bin ich mir diesmal sicher, dass es der Autorin, so wie beim ersten Mal, wieder gelingen wird, ihre Fans zu überzeugen.
Der Roman silberte mich so sehr an, dass ich ohne schuldhaftes Zögern sofort einsteigen musste. Olivia Silber, die 15 jährige Protagonistin vermittelte mir mit ihrer jugendlichen Art gleich das Gefühl, hier richtig zu sein. Wobei es in ihrer Nähe nicht gerade gut roch, denn bei der Kontrolle auf dem Londoner Flughafen musste sie ihren Koffer öffnen und in dem befand sich Schweizer Rohmilchkäse, ihr Mitbringsel. Bäx!
Na das war vielleicht ein holpriger Start in ihrer neuen Heimatstadt. Nach sechs Umzügen sollte endlich ein fester Wohnsitz gefunden sein, doch wer weiß, ob sich ihre Mutter bald wieder neu verliebt? Patchworkfamilie ist das neue Wort, welches Liv umschwirrt, denn Ernest Spencer, ihr neuer Stiefvater, hat bereits zwei Kinder. Mit ihrer Schwester Mia, ihrer Mutter und ihr wächst die Familie also rapide an, zudem die gute Lotti, langjährige Haushälterin, und Hündin Butter, eigentlich Princess Buttercup formerly known as Doctor Watson, in der Aufzählung nicht fehlen dürfen.
Das erste Abendessen, was gleichzeitig zum gegenseitigen Beschnuppern diente, verlief nicht wirklich glatt, denn Florence rastete bei einer getroffenen Zimmeraufteilungsentscheidung förmlich aus. Ihr Zwillingsbruder Grayson war entspannter und wirkte auf Liv mit seiner geheimnisvollen Art recht anziehend. Anziehend wurde es auch für Liv, als Grayson ihr von sich ein Shirt lieh, da sie ihres mit Orangensaft bekleckerte. Peinlich! Und doch hatte es etwas Positives, denn ein seichtes Kontaktband war geknüpft, zudem umhüllte ihren Stiefbruder regelrechter Geheimnisduft.
Der erste Schultag ließ natürlich nicht lange auf sich warten und Liv musste sich mal wieder mit neuen Schulregeln vertraut machen. Merken sollte sie sich gleich, dass es an der Frognal Acadamy jemanden gibt, der über alles Bescheid weiß. Liv erfährt, dass Secrecy auf dem Tittle-Tattle Blog neusten Tratsch von vorne bis hinten bekannt gibt und jeder auf der Hut sein muss, um nicht selbst in einem Gerücht vorzukommen.
Neue Hürden gibt es auch in London zu bewältigen, allerdings konnte Liv bisher immer gut schlafen und träumen. Liv fühlte sich allerdings völlig neben der Spur als ihre Traumwelten mit der richtigen Realität kollidierten und sich irgendwie vermischten. Es wurde mehr als geheimnisvoll, da Grayson und seine drei Cliquenfreunde darin auftauchten. Jasper, Henry und Arthur kamen Liv sofort bekannt vor. Den Jungs ging es ähnlich und eine Gänsehaut überkam alle.
War der Traum mit den vier Jungs auf dem Friedhof kein Traum?
Woher wissen die Jungs so viel von Liv ohne sie zu kennen und was war das für ein düsteres Ritual, für eine magische Zeremonie?
Dream a little dream – ja, dies habe ich getan und vorab muss ich sagen, dass sich meine Traumwelt verändert hat. Wir träumen ja alle täglich, so heißt es jedenfalls und seit ich in mein erstes Buch der Träume lesend eingestiegen bin, träume ich irgendwie intensiver.
Klingt komisch? Ist es ehrlich gesagt auch, aber ich konnte mich in der Phase in der ich im Roman gelesen habe, besser an meine Träume erinnern. Komisch, ich weiß. Jetzt hat es allerdings nachgelassen, was vielleicht daran liegt, dass ich den zweiten Teil dringend benötige?
Leicht kritisch muss ich sagen, dass ich nicht ganz vom Silberhocker gerissen wurde, denn es dauerte einige Seiten, bis ich mit dem Auftaktband richtig warm wurde. Ich erwartete eigentlich sofort gepackt zu werden, wurde aber nur langsam von den Traumschwaden eingehüllt. Aber der Knackpunkt kam und an ein Weglegen habe ich nicht eine Sekunde gedacht, denn dazu war und ist mir Olivia einfach zu sympathisch.
Einen echt klasse Charakter präsentiert Kerstin Gier, bei dem es noch viele Möglichkeiten der Veränderung und Entwicklung gibt.
Ein absolutes Highlight ist neben dem frischen und jugendlichen Schreibstil die Idee, ein Blog zu erstellen, das sich immer wieder mit wilden Spekulationen füllt. Grandios ist es, dieses Blog auch in echt finden zu können. Jeder Leser wird dies wohl gleich sofort ausprobieren und die ersten Einträge auf Tittle-Tattle aufsaugen. Geschickt ist es auch, kein Datum darin zu verankern, somit ist das Blog zeitlich ungebunden. Raffiniert, aber irgendwie auch irritierend.
Der Auftakt der Silber-Trilogie ist Kerstin Gier definitiv gelungen und jeder Leser wird sich immer mehr hineinträumen, denn das Potenzial zur Steigerung ist groß und ich behaupte mal, dass der Lesealtersrahmen ebenso groß gefächert ist. Einem Mädchen wird der Roman im Alter von 16 Jahren wohl genauso gut gefallen wie einem 28-jährigem Mädchen. Zudem würde ich auch behaupten, dass männliche Leser ebenso gut in Träumen versinken können.
Kitsch oder pinke Angelegenheiten gibt es weniger, dafür Geheimnisse und ein nicht gerade ungefährliches Ritual. Der Funken Liebe ist natürlich vorhanden, wie im echten Leben sozusagen 🙂
Und nicht nur inhaltlich ist der Roman durchzogen von Gefühl und Spannung, auch äußerlich ist er aufregend und abwechslungsreich gestaltet, was ihn zu einem echten Hingucker macht. Selbst wenn man den Schutzumschlag entfernt, ist der Buchdeckel traumhaft verziert und einige Seiten sind mit Ausschnitten des Covermuster bedruckt. Zum Träumen schön und dass der Roman fantastisch angehaucht ist, wird jedem der zugreift bewusst.
Der Gedanke andere Mitmenschen in Träumen zu treffen ist grandios und dadurch verlängert sich der Tag um eine lebendig schlafende Nacht. Das wäre es doch! Meine Traumtür habe ich schon gefunden und ich habe festgestellt, dass diese gar nicht so weit von der Tür mit dem Messing-Türknauf in Form einer gekrümmten Eidechse entfernt liegt.
Viel Vergnügen beim Lesenträumen!
P.S. Wie sieht eurer Traumtür-Türknauf eigentlich aus?
Kritisch – liebevoll… was soll man sonst sagen zu einer solchen Buchvorstellung. sich aus einer kleinen und gesunden Distanz annähern bis man ganz nah vor der Geschichte sitzt und der Autorin ins offene Ohr haucht:
„Bitte – ich mag weiterlesen…“
Das kann Bianca wie keine Zweite… Liebeserklärungen an das geschriebene Wort – Liebeserklärungen an ein Buch… und das ganz ohne Silberblick, sondern aus Liebe zum guten Roman… Toll