“Meine Schwester starb am 1. März, und das war richtig blöd. Immerhin war das mein Geburtstag. Es war unser Geburtstag. Laura war mein eineiiger Zwilling.”
“Es passierte ganz schnell…”
Diese ersten Zeilen aus dem Kinderroman „Mein Herz schlägt für uns beide„ von Suzi Moore (CBJ) haben wir bis heute nicht vergessen. Zu sehr hat uns dieses Buch nachhaltig beschäftigt und zu intensiv war der Meinungsaustausch mit der Autorin vor und nach dem Schreiben unseres Artikels. Die einzigartige Erzählperspektive aus Sicht der neunjährigen Emma, deren Zwillingsschwester am gemeinsamen Geburtstag stirbt, hält uns bis heute gefangen und hat in der Buchvorstellung von Literatwo für tiefe und aufrichtige Worte gesorgt.
Und doch fehlte uns ein ganz besonderer Blick auf das emotionale Geschehen. Wie würden Zwillinge auf den Roman reagieren? Wie plausibel und greifbar würde das Erzählte für Menschen sein, die durch ein ganz besonderes Band miteinander verbunden sind? Wir mussten nicht lange suchen, denn dies ist nicht der erste Roman, bei dem wir uns diese Frage stellten.
Bereits bei Eva Mozes Kors Erlebnisbericht aus dem KZ Auschwitz „Ich habe den Todesengel überlebt„ drehte sich das gesamte Erlebte um ein Zwillingspaar und deren gemeinsames Leid, ihr Überleben und das einhellige Verzeihen. In Österreich fanden wir mit Elisabeth (Lisi) und ihrer Schwester Chrissie ein Zwillingspaar und so wie damals nimmt auch diesmal Lisi auf ihre ganz eigene und sehr bewegende Art und Weise Stellung zu einem Buch, das für „Twins“ etwas ganz besonderes sein muss:
Neugierde war meine erste Reaktion, als ich von Bianca gefragt wurde, ob es mich interessieren könnte, dieses Buch zu lesen. Neugierig, wie ich war, habe ich dann sofort auch nachgeschaut, ob das Buch bereits erhältlich ist und meine Ungeduld wurde mit jedem Tag, den die Post benötigte, etwas größer.
Und als ich das Buch schließlich aufschlug und den ersten Satz gelesen hatte, blieb mir erst einmal die Luft weg, weil ich sofort daran dachte, wie es mir wohl gehen würde, wenn das mir passieren würde. Vor allem, wenn ich daran denke, dass es mir oder meiner Schwester mit der jeweils anderen so gehen hätte können. Was für ein großes Glück wir haben, dass dies im Endeffekt nicht passiert ist.
Emma verkraftet den Tod ihrer Zwillingsschwester nicht und will deswegen als erstes ihren Geburtstag auf einen anderen Tag und auf einen anderen Monat verlegen. Das kann ich persönlich sehr gut nachvollziehen, weil ihr Geburtstag ja nicht nur ihr Geburtstag ist, sondern weil man automatisch an die Schwester denkt. Mein Geburtstag ist auch der meiner Schwester Chrissie und ich kann mir gar nicht vorstellen, was ich tun würde, wenn sie plötzlich sterben würde. Vermutlich meinen Geburtstag nicht mehr feiern, ohne an ihren Tod zu denken. Emmas Handlungsweise empfinde ich also bisher als sehr logisch und klug. Sie hat auch ein photographisches Gedächtnis, was mich ein bisschen neidisch macht, weil man dann vermutlich weniger für die Klausuren lernen müsste. 😉
Ich persönlich finde, dass Emma sich eigentlich gut hält, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie während sie versucht mit allem fertig zu werden, nicht nur dem Alltagsleben, sondern auch noch weniger erfreulichen Aspekten, wie Mobbing in der Schule, Einsamkeit, und zuhause den Streitereien der Eltern ausgesetzt ist, die ja auch nicht wirklich wissen, wie sie mit dieser Situation umgehen sollen. Und wenn sie dann endlich am Abend im Bett Zeit findet, um über den Tag zu reflektieren und sich an Laura zu erinnern, wird sie entweder von den Eltern oder vom kleinen Bruder Rory gestört.
Hinzu kommt auch noch, dass sie lange Zeit über die genauen Ursachen im Unklaren gelassen wird. Dieses Verhalten finde ich unverzeihlich von den Eltern. Meine Eltern haben der jeweiligen anderen immer erklärt, wenn einer von uns ins Krankenhaus musste, und warum. Teilweise durften wir auch bei den Untersuchungen der jeweils anderen mit und wurden deswegen nie im Unklaren über die Geschehnisse gelassen. Mein einziger längerer Krankenhausaufenthalt wegen meiner Blinddarmentzündung trennte mich auch nicht lange von meiner Schwester, da sie mich zu Beginn besuchen kam und kurz darauf selber mit Verdacht auf Blinddarmentzündung eingeliefert wurde und mit mir im selben Zimmer gelandet ist.
Man hört ja öfter, dass eineiige Zwillinge eine ganz besondere Bindung haben, wie es sich daher anfühlen muss seine andere Hälfte zu verlieren, kann und will ich mir gar nicht vorstellen. Ich denke, es war ein großer Glücksfall für Emma, dass sie sich mit Lexi angefreundet hat. Diese Freundschaft gibt ihr nicht nur Halt, sondern zeigt ihr auch, dass das Leben weitergehen kann und durchaus, trotz des Schicksalsschlages, der ihre Familie ereilt hat, lebenswert ist.
„Mein Herz schlägt für uns beide“ hat in mir eine Saite zum Klingen gebracht und mehrmals habe ich mir gewünscht einfach in das Buch hineingreifen zu können, um Emma eine Umarmung zukommen zu lassen. Suzi Moore beschreibt alles sehr anschaulich, ich habe als Leserin sehr stark mit Emma mitgelitten, und musste das Buch teilweise anfangs zur Seite legen, weil mir beim Lesen wirklich die Tränen in die Augen gestiegen sind.
Ein Buch über Zwillinge, welches mich zum Lachen, zum Weinen und zum Innehalten und Nachdenken gebracht hat. Es hat mir erneut gezeigt, wie privilegiert ich bin, dass ich eine Zwillingsschwester habe, mit der ich jederzeit reden und lachen kann, die mir den Kopf geraderückt, wenn ich es brauche und die mich bedingungslos unterstützt.
Ich bedanke mich ganz herzlich bei Arndt und Bianca, die es mir ermöglicht haben, dieses Buch zu lesen. Es war ein echtes Erlebnis und ich wünsche mir, dass ich meine Empfindungen besser in Worte fassen könnte. Lest dieses Buch und lasst euch von Emma und Lexi, von ihrer Familie und dem tollen Schreibstil von Suzi Moore verzaubern.
Dem ist bis auf unsere aufrichtige literatwoische Gänsehaut nichts hinzuzufügen. Danke nach Österreich!
Habs auch gerade gelesen und kann euch nur zustimmen. Wundervoll!!
LG Nanni
Danke für diesen Buchtip …
Sehr sehr gerne 😉
Da es draußen schon so nass kalt ist (obwohl ich den Herbst mag), habe ich mich in den letzten 2 Tagen diesem Roman gewidmet. Ich konnte mich am ersten Abend nur schwer dazu entschließen, es aus der Hand zu legen, aber irgendwann muss man auch schlafen gehen 🙂
Gestern habe ich es nun beendet und muss sagen, ein sehr schönes Buch. Ich schließe mich euch an, man möchte Emma gerne mehr als einmal tröstend in den Arm nehmen oder sich Lexiland anschauen.
Ich werde versuchen meine Tanten zu bequatschen, mal ein Buch zu lesen (sie sind leider keine Leseratten), denn gerade das Thema „Zwillinge“ dürfte ja für sie etwas sein.
Vielen Dank für den Lesetipp 🙂 Nun wird der nächste gelesen.
Martina, es freut uns sehr, dass auch Du Emma in Dein Herz geschlossen hast. Auch mit ein wenig Abstand zum Buch schwingt es noch deutlich in uns nach und wir denen sehr oft an Lexiland…
Und in der folge des Lesens die eigenen Tanten zu „bequatschen“… hach das ist einfach herrlich… doppelt herrlich…
Halt uns auf dem Laufenden 😉