Möwengelächter habe ich vor Jahren gelesen, wie ich soeben feststellte. Mir war gerade danach, mal in meiner Lovelybooksbibliothek zu stöbern und ein paar ältere Schätze auszugraben. Damals habe ich noch keine Markierungen in den Büchern hinterlassen. Damals – so im Jahre 2001. Die Seiten sind inzwischen schon etwas angegilbt und ich denke, dass ich es demnächst „frei lassen“ werde, im Sinne von in die Bücherzelle in Dresden Hellerau schaffen. Dort mangelt es ein wenig an Büchern, die Ferienzeit beginnt und ich helfe doch gerne in Sachen Lesestoff aus. Nun aber zum Buch selbst.
2001 schrieb ich:
Keine dramatische Action oder fesselnde Spannung, dafür aber viel Gefühl und noch mehr Stimmung und Atmosphäre auf 350 Seiten — das macht den Roman auf charmante Art äußerst lesens- und liebenswert.
Es ist ein kleines isländisches Fischerdörfchen, wo Agga, zwölf Jahre alt, bei ihren Großeltern lebt, in einem Haus, „wo es höchstens Krach gibt, wenn die Sozialdemokraten die Wahlen“ verlieren. Eines Tages kommt Tante Freya aus „Ämärrika“ und die dörfliche Idylle hat schlagartig ein Ende. Die Frau mit den „eisblauen Augen“ und der „Figur wie eine Coca-Cola-Flasche“, die kein Fleisch isst und „kälter als eine Leiche“ scheint, wirbelt den Ort komplett durcheinander — besonders die männlichen Einwohner. Seltsame Dinge geschehen, mancher bezahlt mit dem Leben.
In Island ist Kristin Marja Baldursdóttir eine bekannte Journalistin, mit Möwengelächter erzielte sie einen Riesenerfolg; die Filmrechte sind bereits verkauft. Auch beim Lesen entstehen lebendige Eindrücke: Ärmlich ist das Leben in dem abgelegenen Dorf, wo Agga erwachsen wird und aus ihrer Sicht die Verführungen und Verwirrungen der lebenserfahrenen und sehr lebenslustigen Tante Freya miterlebt. Psychologisch feinfühlig, menschliche Schwächen im Kern treffend, schält die Autorin gesellschaftliche und familiäre Strukturen heraus, die angenehm kurzweilig sind. Das „hämische Gelächter der Möwen“ ist da unausweichlich.
Möwengelächter
Mit einem Lächeln erinnere ich mich an den Roman zurück und nun hat die Erinnerung hier einen Platz gefunden und vielleicht läuft dir das Buch mal auf einem Bücherflohmarkt oder eben einer Bücherzelle mal in Hände. Oder du holst es dir als Taschenbuch beim S. Fischer Verlag.
Wo wir schon bei Möwen im Buchtitel sind, habe ich noch eine Empfehlung. Wie wäre es mit einem Krimi namens „Mordsmöwen“ von Sina Beerwald? Viel Vergnügen.