„Du würdest nicht frei sein wollen, einfach für dich allein?
Um was zu tun?
Zu leben, denke ich. Deine eigenen Entscheidungen zu treffen oder auch Fehler zu machen, ohne dass dir irgendjemand vorschreibt, was du zu tun und zu lassen hast.“ (S. 163)
Dies sind für mich die wohl eindrücklichsten Worte der Helding Beryl Markham aus Paula McLains Roman „Lady Africa“. Es sind die Worte einer äußerst mutigen Frau, die trotz vieler Widrigkeiten, Schicksalsschläge, gescheiterten Ehen, sich nicht selbst verloren hat, die für sich und ihre Freiheit gekämpft hat.
Beryl Markham war mir bis zum Lesen des Romans kein Begriff, doch sie ist keine fiktive Romanfigur, sondern eine real existierende Person. 1936 überflog sie als erster Mensch non stop den Atlantik von England aus. Allein diese Tatsache spricht für ihre starke Persönlichkeit. Taucht man dann jedoch ein in den Roman von McLain lernt man eine äußerst facettenreiche und bewundernswerte Frau kennen. Aufgewachsen in Kenia lernt Beryl früh sich in einer Männerwelt zu behaupten. Ob sie als kleines Mädchen zusammen mit den Kipsigis-Jungen jagen geht oder später als erste weibliche Pferdetrainerin arbeitet, stets überschreitet sie eine bis dahin unsichtbare Grenze, doch nicht um zu beweisen, wie großartig sie ist, sondern einfach um frei ihre Entscheidungen zu treffen.
„Die Kunst bestand darin, die Dinge so zu nehmen, wie sie kamen, und zwar voll und ganz, ohne Wiederstand oder Angst oder den Versuch, sie zu fest zu packen oder zu verbiegen.“ (S. 417)
Und Beryl packt das Leben an. Immer wieder findet sie aus schier ausweglosen Situationen heraus und auch wenn sie sich vermeintlich verloren hat, findet sie dennoch immer wieder zu sich selbst zurück.
„Lady Africa“ (Aufbau Verlag) beschreibt das Leben einer Frau, die sich stets treu blieb, die sich nicht verbiegen ließ weder für Geld, Macht und auch nicht für die Liebe. Paula McLain ist ein eindrucksvolles Portrait einer emanzipierten Frau gelungen. Vor der atemberaubenden Kulisse Afrikas zeichnet sie in satten Farben voller Poesie das Leben dieser furchtlosen Entdeckerin, die trotz ihrer Erfolge eine Bescheidenheit zeigte, die mehr als bewundernswert ist.
Ja, vielleicht konnte nur eine Frau wie sie als erste den Himmel in einem Flugzeug bezwingen. Wer aber denkt, dieser Roman drehe sich hauptsächlich um ihren Flug, den muss ich enttäuschen. Lediglich die letzten Seiten behandeln diesen unsterblichen Rekord. Doch dies stellt für die Dramaturgie des Romans kein Hindernis da, ganz im Gegenteil. Beryl Markhams Leben wäre auch ohne Rekordflug mehr als lesenswert. Die 440 Seiten schmelzen während des Lesens nur so dahin, so gebannt ist man als Leser von Beryls Erlebnissen.
„Ich hatte Angst…ich habe mich bloß nie davon aufhalten lassen.“ (S. 435)
Auf einer der letzten Seiten finden sich diese Worte, die ganz klar noch einmal die Persönlichkeit dieser großartigen Frau aufzeigen. Der Rekordflug war mir persönlich egal, für mich sind diese Worte unsterblich.