Monat: Februar 2016

Zwanzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman

Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman
Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman

Es war eine tiefe Zeit, es war eine merkwürdige Zeit und es war eine schmerzhafte Zeit, als ich Einfach unvergesslich las. Den Roman von Rowan Coleman hatte ich mit im Krankenhaus und ich habe jede Zeile inhaliert. Der Inhalt geht tief und gleich vorab möchte ich euch dieses Buch ans Herz legen, bevor ich euch das zweite Buch von ihr empfehle.

Zwanzig Zeilen Liebe (Piper) von Rowan Coleman musste ich natürlich unbedingt lesen. Schon als ich hörte, dass ein neues Buch von ihr erscheinen wird, war ich Feuer und Flamme. Ich brannte regelrecht auf ihre Worte und konnte mir schon vor dem ersten Wort ausmalen, dass ich wieder in einem Emotionssee schwimmen werde. Coleman ist einfach eine Meisterin auf ihrem Gebiet – Menschen emotional machen, ohne dabei kitschige Themen zu benötigen, ohne aufdringlich zu sein, ohne extrem verstrickte Begebenheiten.

„Und wenn der Mensch, den man liebt, einen nicht mehr liebt, einen nicht mal mehr sieht, dann kann man auch genauso gut ein Geist sein.“ (Seite 109)

Werden wir irgendwann Geister? Wie ihr schon merkt, sind Colemans Worte gut für unser Gedankenkarussell. Das ihre Worte nahe gehen, muss ich erneut betonen. Worte können nur dann richtig treffen, wenn auch der Inhalt so gestrickt ist, dass er uns innelassen hält, dass er spannend und gleichzeitig entspannend ist. Das perfekte Mischverhältnis hat die Autorin wahnsinnig gut umgesetzt – sie kennt eben das richtige Wortmaß.

Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman
Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman

„Man bereut immer nur die Dinge, die man nicht getan hat.“ (Seite 117)

Täglich wird Stella mit Lebenssituationen konfrontiert, die nicht die ihren sind. Täglich erfährt sie Dinge, die sie nicht selbst erlebt hat, Dinge zu denen sie nichts sagen kann. Stella muss nichts sagen. Sie muss sich nicht rechtfertigen, sie muss keine Stellung nehmen. Stella schreibt. Sie schreibt und schreibt und das unermüdlich. Jedes Wort was ihr diktiert wird, bringt sie zu Papier, um dieses Papier letztendlich den Menschen zu geben, die einen Menschen zurücklassen, gehen lassen mussten.

Die Hospizschwester hat sich keiner einfachen Aufgabe angenommen. Dies wird ihr bei einem Brief ganz besonders bewusst. Ein Brief ist besonders dringlich…

Doch nicht nur Stellas Leben formuliert Rowan Coleman tiefgründig aus. Sie gibt auch Hope, einer Patientin mit Mukoviszidose und Hugh, einem einsam lebenden Historiker einen wichtigen Platz in ihrem Werk. Und nicht zu vergessen – Briefe, Briefe als Verbindungen…

„Das Leben ist nicht leicht. Ständig muss man sich wieder aufrappeln, sich zusammenreißen, immer wieder, und nur, damit irgendein Arschloch einen wieder runterzieht. Aber was bleibt einem denn anderes übrig? Wenn man immer wieder aufsteht, wird man eines Tages dem Grund dafür begegnen, weshalb es wert ist, es immer wieder zu versuchen.“ (Seite 334)

Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman
Zwangzig Zeilen Liebe ~ Rowan Coleman

7 Nächte dürfen wir Leser auf den knapp 410 Seiten mit Colemans Charakteren verbringen. Eine endliche Zeit, die gern hätte unendlich sein dürfen.

Wer sich als Autorin selbst die Messelatte sehr hoch vor steckt, muss sich nicht wundern, wenn die Leser Angst haben, dass diese nicht übertroffen werden kann. Wer hier Angst hat, muss sich nicht fürchten, denn was Rowan Coleman hier präsentiert, kann mehr als gut mit „Einfach unvergesslich“ mithalten. Es ist sagenhaft, aber hier stimmen nicht nur die Optik – ist es nicht wundervoll, zwei im Stil ähnliche Cover zu kreieren – sondern auch der Inhalt so überein, dass man hier über Volltreffer sprechen kann.

„Liebe heißt, auszuhalten, zum anderen zu halten, nicht aufzugeben – auch wenn es wehtut, auch wenn es hart ist, auch wenn Menschen sich verändern, wenn das Leben sie verändert. Wenn man jemanden liebt, dann muss man ihn lieben wollen, ganz gleich, wer er ist …Und wenn man das nicht kann, dann ist das keine Liebe.“ (Seite 405)

Es ist kaum zu beschreiben, mit welcher Leichtigkeit uns die Autorin um die Finger wickelt. Ist vielleicht der erste Brief etwas holprig, lesen sich alle weiteren aalglatt und die Holprigkeit ergibt ihren Sinn und musste einfach so sein. Es handelt sich nicht um einen Roman aus Briefen, sondern eher um Briefe, die ab und an drei Leben verbinden, Leben erzeugen, lebenswert lesenswert sind oder einfach ein vergangenes Leben erlesen lassen.

Doch bei allem hat die Autorin das absolute Tiefengespühr, wie weit sie gehen darf, um ihre Leser nicht zum Weglegen des Buches zu animieren, weil durch den Tränenvorhang nichts mehr gesehen werden kann. Rowan Coleman schreibt über schwere Themen – sie schreibt über Krankheit, sie schreibt über den Tod, über Behinderungen und andere negative Lebensbegleiterscheinungen – doch sie schreibt so, dass es trotz aller Dunkelheit Lichtblicke gibt oder die Dunkelheit positive Flecken zurücklässt, um diese besser zu akzeptieren. Sie transportiert Mut, Liebe, Hoffnung und Humor – eine Mischung die uns dazu bringt, beim Weinen zu lachen und beim Lachen zu weinen…

Bei aller Themensensibilität schreibt Coleman klar und direkt, bedient sich keinen Klischees, sondern bleibt glaubhaft und mit ebendieser Glaubhaftigkeit, dieser Eindringlichkeit der Charaktere, dieser offenen Wahrheit, trifft sie mitten ins Herz. Ihre Wortladung lässt uns ab und an weinen, aber trotzdem wird am Ende ein gutes Gefühl übrig bleiben. Ihr dürft euch Rowan Coleman anvertrauen, denn ihre Art zu schreiben ist wahnsinnig beeindruckend.

Bahnbrechend!

Eure
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Madame Hemingway ~ Paula McLain

Madame Hemingway ~ Paula McLain
Madame Hemingway ~ Paula McLain

Lebendig.

Paula McLain schreibt einfach authentisch! Warum ich dies sagen kann, obwohl ich Hemingway leider nicht persönlich kenne? Man nehme sich nach diesem Buch einfach seinen Roman Paris, ein Fest fürs Leben (rowohlt) zur Hand. In diesem trifft man viele Bekannte aus Madame Hemingway (Aufbau Verlag) wieder und erlebt ihn genauso, wie im genannten Buch. Sein Handeln, sein Denken, seine Art – diesmal aus einer anderen Sicht. Paula McLain beschreibt Hemingway genau wie er sich selbst beschreiben, sich selbst sehen und wahrnehmen würde.

Ein Buch das Literatwo begeistert hat!

Diese Worte verfasste ich vor knapp 5 Jahren. So lange ist es her, als ich gemeinsam mit Arndt in diesem Werk tauchte. Gemeinsam befanden wir uns zwischen den Seiten, gemeinsam tauschten wir uns aus und dieses Gemeinsame bildete die Grundlage für Arndts Worte über „Madame Hemingway“, die ich euch heute und hier nicht vorenthalten möchte:

Madame Hemingway (im Original “The Paris Wife”) von Paula McLain ist ein herausragend recherchierter Roman, der die Anfänge des Schriftstellers Ernest Hemingway aus der Sicht von Hadley Richardson schildert.

Sie war die erste Frau an seiner Seite – sie lebte mit ihm in einer Zeit, in der er mit allen Mitteln versuchte, sein erstes Buch zu schreiben – sie war die Frau, die erkennen musste, dass mit zunehmender Popularität immer mehr schillernde Persönlichkeiten des Pariser Lebens an die Seite ihres Mannes drängten – sie war es, die erkennen musste, dass sie dem Bild der intellektuellen Ehefrau eines angehenden Weltstars nicht entsprach – sie war die Frau, die Ernests erstem Sohn das Licht der Welt schenkte – sie war die Frau, der es nicht gelang, ein Genie dauerhaft zu domestizieren.

Und letztlich war es Hadley Richardson, die erkennen musste, dass eine gute Freundin der Familie alle Grenzen überschritten hatte, die überhaupt denkbar waren. Pauline Pfeiffer, ihre attraktive Nebenbuhlerin, verstrickte Ernest Hemingway in eine tragische “ménage à trois”, eine Dreiecksbeziehung, bei der die Verliererin von Anfang an feststand: Hadley Richardson.

Madame Hemingway ~ Paula McLain
Madame Hemingway ~ Paula McLain

Paula McLain lässt das Paris der turbulenten Zwanziger Jahre lebendig werden und brilliert sprachlich und in der Konstruktion des Romans. Natürlich schreibt sie fiktiv, sie erfindet neu, sie gestaltet Dialoge, sie verdichtet Atmosphäre. Hierbei bleibt sie jedoch so nah an der recherchierten Geschichte, wie man es sich als Leser nur wünschen kann. Die berühmten Persönlichkeiten aus dem Umfeld der Hemingways, die Verzweiflung des angehenden Autors und der Kampf einer Frau auf verlorenem Boden werden hier greifbar und packend erzählt.

Ganz nebenbei lässt Paula McLain in uns den Wunsch erwachen, auch nur ein einziges mal in unserem Leben jenen legendären Buchladen in Paris zu betreten, deren Besitzerin damals dem jungen Ernest Hemingway den Zugang zu den Klassikern der Weltliteratur öffnete.

“Shakespeare & Company“ – eine eigenständige und doch immer noch lebendige Legende!

“Madame Hemingway” ist ein Buch, das man lesen kann, ohne jemals zuvor einen einzigen Hemingway in der Hand gehabt zu haben – ein Buch, das man lesen sollte, wenn man jemals einen Hemingway sein eigen nennen durfte – ein Buch, das man lesen muss, wenn man die Geschichte einer einzigartigen Liebe lesen möchte.

Und damit nicht genug, denn ich möchte euch zu Arndts Worten noch ein paar Zitate auf die Wörterzunge legen, damit euch das Literaturwasser im Mund noch mehr zusammen läuft. Außerdem findet ihr auf dem nachfolgenden Bild einen Gruß, der mir eine große Gänsehaut auf dem ganzen Körper bescherte.

Es gab in letzter Zeit viele Gespräche über Hemingway, ich schrieb über Hemingway und als ich mir „Madame Hemingway“ zur Hand nahm und öffnete, um zu sehen, welche Worte ich damals markierte, fiel mir der Zettel, welchen ich damals als Lesezeichen verwendete und im Buch zurück lies, in die Hand. Ein Zettel mit Worten von der „kleinen Omi“ – ein Zeichen?

Madame Hemingway ~ Paula McLain
Madame Hemingway ~ Paula McLain

Lebenserinnerungen – als meine Augen die Worte streiften, gab es sie noch – jetzt wohnt sie im Herzen und ein Stück im Buch.

Bald werde ich wieder gemeinsam mit Arndt in einem Hemingway-Buch tauchen und schon heute möchten wir euch den Roman Als Hemingway mich liebte (Hoffmann & Campe) von Naomi Wood ans Herz legen, welcher im März erscheinen wird. Er wird unseren Hemingway-Leseweg erweitern und wir werden euch davon erzählen.

Wer lieber Taschenbücher mag, muss nicht mehr warten – Madame Hemingway und Paris, ein Fest fürs Lesen – sind bereits in diesem Format erschienen.

Zitate:

„Er wollte alles, was man nur haben konnte, und noch viel mehr.“ (Seite 143)

„“Nicht das Schreiben macht mich einsam, sondern die Tatsache, dass du dann immer fort bist.““ (Seite 180)

„“Glück ist so wahnsinnig kompliziert, Freiheit dagegen gar nicht. Entweder man ist gefesselt, oder man ist es nicht.““ (Seite 250)

„Wahrhaft frei war man nur, wenn man wusste, wo die Mauern sich befanden, und sie pflegte. Wir konnten uns auf die Mauern stützen, weil sie existierten; sie existierten, weil wir uns auf sie stützten.“ (Seite 409)

Eure
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