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Endlich ein neuer Paulo Coelho – endlich.

Jedes neue Buch, das seiner Schreibfeder entspringt, erwarte ich voller Neugier und bin voller Vorfreude darauf, was mich nun erwarten wird. Endlich lag nun auch Aleph vor mir. Coelho´s Bücher muss ich einfach lesen, egal über welches Thema er schreibt, egal wie dünn oder dick sie sind, ich bin einfach Fan seiner Werke. Auch als ich Aleph in der Hand hielt ging ich nach meine persönlichen coelhoschen Schema vor. Folie ab, keinen Klappentext lesen, Schutzumschlag beiseite und ab zwischen seine oftmals spirituellen Worte.

Bahnhof. Genau dort stand ich, mit Aleph in der Hand. Eine Fahrt in die Zukunft, da schien mir Aleph genau das richtige Buch. Zwar stieg ich nicht in die Transsibirische Eisenbahn, leider, dennoch war ich unterwegs und das Fahrgefühl brachte mich dem Buch sofort näher.

Das Leben ist dieser Zug – nicht der Bahnhof.

Alles begann mit Meister J., dem Mann der Coelho in die spirituelle Tradition eingeführt hat, dem Mann der Coelho immer wieder neu zum Leben verhilft und ihm wieder etwas Neues lehrt. In seinem Garten in Saint-Martin treffen sie sich an der über funfhundert Jahre alten Eiche und legen ihre Hände an ihren Stamm. Ein Ritual, wieder ein Ritual. Coelho ist unglücklich, er glaubt an seinen Grenzen angelangt zu sein, er zweifelt. Da der Zweifel den Menschen antreibt, ist J. erfreut und möchte das Paulo sich sofort auf die Reise begibt, etwas ändert, die Vergangenheit in die Gegenwart bringt. Denn was man in der Gegenwart tut, wiegt die Handlungen in der Vergangenheit auf und im Gegensatz dazu, verändert sich auch die Zukunft. Coelho soll sein Reich zurückerobern, soll aufbrechen, ausbrechen, die Routine ablegen, das Glück wieder spüren.

„Der Augenblick jedoch steht außerhalb der Zeit: Er ist die Ewigkeit.“

Das Leben ist dieser Zug – nicht der Bahnhof.

Letztendlich ist der chinesische Bambus der Auslöser für Coelhos sofortigen Aufbruch, gleich nach der Buchmesse in London. Coelho fühlt seine spirituelle Seite, er fühlt sich im fünften Jahr, genau wie der Bambus, denn in diesem Jahr beginnt er wieder zu wachsen. Er will nicht verrückt werden, er will wieder Wurzeln schlagen und zwar genau jetzt. Er braucht Fremde um sich herum, viele Fremde die ihm helfen zu wachsen und Fremde trifft er meistens nach den Signierstunden auf Partys. Und dann kommt die Frage, wann Coelho nach Russland kommt und genau diese Frage ist die Erlösung, denn die Antwort lautet – JETZT.

Eine Reise in der Transsibirischen Eisenbahn, gekoppelt mit vielen Partys nach Signierstunden – eine bessere Frage hätte es für ihn nicht geben können. Ein Traum erfüllt sich beim Einsteigen in den Zug und der Traum vom endlich weiter kommen im Leben, beginnt sich in die Realität zu verwandeln.

Das Leben ist dieser Zug – nicht der Bahnhof.

Hilal – ein Name, ein Gesicht, eine Stimme, eine Frau die Coelho verehrt. Sie liebt ihn, liebt was er schreibt, sucht seine Nähe und schließt sich ihm an. Die Stargeigerin hat in ihrem Inneren eine Stimme gehört, die ihr sagte, dass er für sie ein heiliges Feuer entzündet hat und sie sich eines Tages bei ihm erkenntlich zeigen müsse. Sie will ihm helfen, sie fühlt sich bestimmt, ihm zu helfen.

Hilal – ein Name der sich bei ihm einbrennen soll – ein Gesicht, eine Stimme, eine Frau mit der er verbunden ist. Hilal – Neumond. Hilal schafft es sich Paulo Coelho immer mehr anzunähern, sie zieht ihn immer mehr an und er kann ihr nicht widerstehen. Mit ihr gelingt ihm etwas, was er vorher noch nie erlebt hat, nie geglaubt hätte erleben zu können. Sie treffen sich an einer ganz bestimmten Stelle und gehen ins Aleph über. Aleph – jener Punkt, in dem sich alles zur selben Zeit an der selben Stelle befindet. Ein Gefühl, ein Erlebnis, einfach unbeschreibbar. Es ist wie ein Punkt im Universum, in dem Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft aufgehoben sind. Magie – ein Fluss der Energien zwischen den Menschen.

Doch Hilal gibt Coelho nicht nur Kraft, ebenso raubt sie ihm diese, es entstehen Konflikte und beide belasten sich durcheinander. Hilal ist nicht nur stark, sie ist ebenso schwach und verzweifelt. In ihr ruht eine Vergangenheit, die während der Reise an die Oberfläche kommt, in ihr ruht eine Liebe, die sich durch seine Anwesenheit immer mehr entfaltet.

Eine besondere Zeit in der zwei Menschen ihre Lebensweichen neu stellen, gerade Schienen in die Zukunft legen, auf Gleisbiegungen zurück blicken und den Lebensfahrplan tief in sich verankern – die Signale im Blick und den Pfeifton im Ohr.

Schuld, Vergebung, Magie, Liebe, Treue, Glauben, Ansehen und vor allem der gemeinsame und doch getrennte Blick in die Zukunft prägen diese Reise durch das weite Land.

„Die Zeit ist kein Tonband, das vor- oder zurückgespult werden kann.“ – „Das Leben ist ein Zug mit vielen Wagen.“

Das Leben ist dieser Zug – nicht der Bahnhof.

Jedes Buch weckt vor dem Beginn der ersten Seite gewisse Erwartungen. Auch wenn ich eigentlich keine hatte, bemerkte ich immer mehr, dass ich mir eigentlich einen Roman erhoffte, in dem der Autor selbst als Person nicht zu finden ist. Zwischen seinem neusten Werk und seiner Biografie hätte mehr Abstand liegen sollen, anders kann ich es mir nicht erklären, warum der coelhsche Lesefunke nicht umfassend auf mich übergesprungen ist.

Aleph habe ich dennoch genossen, denn Coelho wählt Worte, die wie immer einzigartig poetisch und vor allem wahr sind. Viele Zitate habe ich markiert, da sie förmlich Bilder sprechen lassen. Coelho hat sich von einer anderen Seite gezeigt, sich in ein anderes Autorenlicht gerückt, fasziniert mich, enttäuscht mich gleichzeitig aber auch etwas mit seiner Persönlichkeit. Eine Reise die ich trotz des Spagats meines Empfindens nicht missen möchte, denn seine Gedanken, Handlungen und die spirituellen Schilderungen sind faszinierend und haben den Tiefgang, den ich von ihm kenne.

Aleph wird mich persönlich an meine Zugfahrt in Richtung Zukunft erinnern, ein Tag der sich für mich wie das Aleph anfühlte.

Eine Reise in der Transibirischen Eisenbahn – eine Reise um wieder König seines eigenen Reiches zu werden, eine Reise die Welten öffnet – Aleph.

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