Das Licht ist hier viel heller ~ Mareike Fallwickl

Ist dir inzwischen ein Licht aufgegangen? Richtig, der Hashtag #gewengert steht mit Mareike Fallwickls neuem Roman in Verbindung. Maximilian Wenger heißt Fallwickls Hauptprotagonist und um ehrlich zu sein, hat er gleich zu Beginn Erektionsprobleme. Willkommen im neuen Roman „Das Licht ist hier viel heller“(FVA).

#gewengert

Wengers Leben war mal so verdammt unbeschwert, er schwamm auf der Erfolgswelle und jetzt nähert er sich immer mehr dem Grund, dem Boden der Tatsachen. Der Frauenheld ist Single, der gefeierte Autor ist ohne Ideen, ohne Haus und seine Ex-Frau Patrizia verwirklicht sich auf Instagram und umschwirrt ihren Fitnesstrainer Reto.

Seine beiden Kinder Spin und Zoey spielen in seinem Leben eher die Rolle des fünften Rads am Wagen. Er versinkt in egoistischem Selbstmitleid und erkämpft sich den Titel des Arschlochs ohne große Mühe. Und nein, ich glaube nicht, dass nur Frauen so empfinden werden.

Zoey und Spin habe ich dagegen schnell ins Herz geschlossen. Sie sind keine kleinen Kinder mehr und doch prägen sie die Verhaltensweisen der Eltern. Die Mutter mutiert zum verliebten Teeny und der Vater treibt sich auf Singleseiten im Internet herum. Zoey steht zwischen sich ähnelnden Elternstühlen und sucht Rat für ihr eigenes Leben. Ohne ihren Bruder würde Zoey abrutschen und sich vollständig in ihr Schneckenhaus verkriechen. Auch sie hat die Liebe im Griff, aber nicht nur die wahre Liebe. Während des Auslebens ihrer Leidenschaft Fotografie macht sie eine markerschütternde Grenzerfahrung…

Markerschütternde Grenzerfahrung

Die Briefe sind es, die den Gefühlen des Lesers immer wieder eine Art neue Ordnung verleihen. Sie stellen die Verbindung und den Rahmen zwischen den Charakteren her. Wenger setzt sich dem Briefgeheimnis hinweg und öffnet alle Briefe, die ihn nach und nach in seiner Männerwohnung erreichen. Doch nicht nur er liest, was die Frau schreibt, sondern auch Zoey erfährt den Schmerz aus den Zeilen und spürt Verbundenheit.

„Wir trafen uns in einer Welt, die nicht existiert. Bücher bieten eine bessere Zuflucht als jeder Mensch, ihre Geduld ist nicht endlich. Dort, wo wir uns aufhielten, herrschten andere Gesetze, dort konnten wir nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Und in der Realität gab es uns nicht.“ (Seite 99)

Das Licht ist hier viel heller ~ Mareike Fallwickl

Auf Mareike Fallwickl ist Verlass. Auch ihr zweiter Roman steckt voller Kraft und die Glassplitter vom Cover finden sich zwischen den Worten wieder. Ihr Roman dient nicht nur der Unterhaltung – er soll sich einschneiden und aus diesen Schnitten soll ihre Botschaft bluten. Die drei Erzählstränge sind optisch unterschiedlich. Wengers Kapitel zählen erst rückwärts und beginnen mit der 10, Zoeys sind mit Hashtags betitelt und die Briefe kursiv mit Datum gedruckt.

Seit Fallwickls Roman kenne ich leider bewusst den ein oder anderen Mann, der unsichtbar ebenfalls den Nachnamen Wenger trägt.

Und ja, wer durch „Dunkelgrün fast schwarz“ hindurchgerast ist, wird es auch bei diesem Roman tun, auch wenn das Thema um einiges heftiger ist. Fallwicksl Worte lassen keine Pausen zu, sie erzählt lebensschnell und dazu so modern, aktuell und bodenständig-unperfekt, wie sie selbst ist, wie wir alle sind. Das mag ich besonders – diese ungeschönte Lebensechtheit.

Machtmissbrauch

Mich hat der Roman nicht nur tief berührt, sogar durch einige scharfe Wörter verletzt. Die Ungerechtigkeit hat in mir gebrodelt, die Wut sowieso, aber oft war ich so sprachlos, so handlungsunfähig.

Mareike Fallwickl habe ich einmal getroffen, texte ab und an auf Instagram mit ihr, kenne sie aber nicht im Sinne von kennen. Dennoch behaupte ich, dass sie nicht nur schreibend die Stärke hat, für (uns) Frauen zu sprechen, ein stabiles Vorbild zu sein. Ich mag ihre augenöffnende, nicht übertriebende feministische Kraft, ohne den Mann durchgehend als schlecht darzustellen.

Die Emotionswelle vom Roman „Das Licht ist hier viel heller“ ist gigantisch. Sie baut sich auf, überschlägt sich mehrfach, spült klare Veränderung an und zieht trübe Alltäglichkeit ab.

LeserINNEN: Pflichtlektüre, da umfassend wichtig! #meeto

Eure
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