Die Kraft der Wünsche und starken Gefühle – Wie meine Geschichten entstehen!
Als ich von der Aktion »Finnisch lesen« las, da dachte ich: »Hoppla! Da muss ich doch auch was dazu beitragen!
Da ich finnischer Staatsbürger bin und in Finnland lebe und über Finnland schreibe, passen meine Projekte perfekt zu dem Vorhaben. Also versuche ich mal kurz (das ist für mich ein Fremdwort) etwas von meiner Wenigkeit zu erzählen:
Vor vielen Jahren habe ich als Teenager mal aufgeschrieben, was ich mir vom Lebenwünsche. Unzählige Jugendliche handeln genauso und schreiben ihre Träume nieder und denken darüber nach, was sie erreichen wollen, was ihre Ziele in der kurzen Lebenszeit sind. Zumindest glaube (hoffe) ich, dass es immer noch einige machen. Auch wenn heutzutage die Ziellosigkeit der jungen Leute sicher ein Problem darstellt.
Was habe ich mir damals notiert?
- Ich möchte mir in Finnland eine Existenz aufbauen.
- Ich will eine funktionierende Familie gründen.
- Ich wünsche mir, mit dem Schreiben von Romanen den Lebensunterhalt zu verdienen.
Die ersten beiden Punkte waren austauschbar. Gelaufen ist es so:
Die Gründung meiner Familie passierte schon in Österreich, in dem Land in welchem ich geboren bin. Als Sohn eines Österreichers und einer Finnin. 2003 sind wir mit unserem eineinhalb Jahre jungen Sohn nach Lappland ausgewandert. Also alles läuft. Wünsche und Träume lassen sich verwirklichen. Um Punkt drei habe ich mich ständig gekümmert. Ich schrieb und las übers Schreiben.
Zwei Romane waren schließlich irgendwann mal fertig und ich habe mich entschlossen, jene im Eigenverlag zu veröffentlichen. Im Dezember 2013 gründete ich die Firma »ATPC Media«, welche auch als mein Verlagslabel fungiert. Der Debütroman erschien Anfang Sommer 2014. Der Zweite wird in den nächsten Wochen folgen.
Was liebe ich am Schreiben?
In der Literatur geht es meiner Meinung nach in erster Linie um die Charaktere. Jene bleiben dem Leser mehr in Erinnerung als die Handlung. Mich können Geschehnisse nicht zu einer Geschichte inspirieren. Es gibt Themen, Prämissen, Gefühle, die den Geschichtenerzähler in mir aktivieren. Besonders sind es Emotionen, in welchen Identifikation meinerseits möglich ist, die mich bewegen. In Bezug auf meinen ersten Roman wäre das zum Beispiel: Leichtsinn von Jugendlichen (Identifikation, da ich selber Kinder habe, die baldpubertär sein werden). Liebe. Freundschaft.
Habe ich so ein Gefühl ausgemacht, überlege ich, wer denn mitspielen könnte. Schließlich kommt Magie ins Spiel. Eine Geschichte entsteht.
Und richtig magisch wird es, wenn es mir so vorkommt, dass ich nur ein Auslass, ein Kanal für die Figuren sein würde. Ich es nur aufzuschreiben brauche, die Handlung automatisch entstünde. Dann beginnt das Brennen und Jucken unter den Fingerkuppen. Der kreative Geist möchte hinaus und die Tasten glühen. Ich mache mir Notizen zu Szenen. Wird aus einem Satz wie zum Beispiel: »Sie treffen sich zum Hundespaziergang« ein zweiseitiger Entwurf, fühle ich mich wieder an Zauberei erinnert. Wie kann aus einem einzigen Satz zwei Seiten Literatur werden? Magie!
Eine Violine entsteht (oder in meinem Fall, da handwerklich zwei linke Hände: ein Roman):
– Am Anfang war die Idee des Instrumentenbauers (die Idee über das Gefühl der Leichtsinnigkeit von Jugendlichen zu schreiben.).
– Er geht durch den Wald und sucht nach einem geeigneten Baum (beim Spazierengehen sehe ich ein einsames, heruntergekommenes, neues Grab am Friedhof).
– Er steht unter dem Baum und kann sich vorstellen, was er daraus alles machen will. Er visualisiert das fertige Instrument, hört bereits den Klang, spürt die Energie (wem gehört das Grab, wer könnte darin liegen, ist es eine Jugendliche, die leichtsinnig ums Leben kam? Warum pflegt niemand ihr Grab? Da steckt viel Energie in so einem Ideenfund.).
– Der Baum wird gefällt und zu Holzstücken verarbeitet, damit der Geigenbauer Korpus, den Hals, die Schnecke, etc. ausarbeiten kann. (Ich setze mich vor den Computer und schreibe drauf los. Was ist mein Grundgefühl? Wer spielt mit? Was ist das auslösende Ergebnis? Wo führt es hin? Was möchte ich erreichen?)
– Die Bauteile werden sorgfältig behandelt und zusammengesetzt. (Szenenentwürfe entstehen, Wörter, Sätze, Absätze, Kapitel. Ein Roman fügt sich zusammen.)
– Es folgt der Feinschliff, das Stimmen des Instruments. (Schreiben heißt auch Umschreiben. Die Überarbeitung des Rohtextes.).
– Am Anfang stand nur die Idee des Handwerkers und am Schluss erklingen durch einen Musiker die schönsten Töne und erfreuen die Zuhörer, wie den Erbauer. (Anfangs war da nur ein kleines Fünkchen an einer Idee und schließlich können die Emotionen und Gefühle des Schreibenden auf die Leser wirken. Das Herrlichste tritt im Idealfall ein: Man hat etwas geteilt, jemanden zum Lachen, weinen, ärgern, mitfiebern gebracht. Das ist mein Wunsch, mein Traum.)
Oder, wenn ich eine Szene fertig hab und ein paar hundert Seiten und viele Tage später passiert es, dass ich stutzig werde und überlege, wo ich diesen aktuellen Gedanken mal hatte. Dann blättere ich zurück und suche nach einer Stelle wo es schon mal gewesen sein könnte. Da geht es etwa um ein Lied, einen Gegenstand, ein Gefühl, ein Gespräch, eine Handlung, die später in weiteren Handlungen bestätigt wird. Ursprünglich denkt man, dass das Geschehnis bereits abgeschlossen ist, aber später wird man wieder »automatisch« darauf zurückgeführt. Unterbewusst (oder der Roman schreibt sich doch einfach selber) verwendet man ältere Teile um das aktuelle zu bestätigen.
Das sind die Perlen beim Schreiben. Da ergreift mich ein tiefes Gefühl der Befriedigung, dann habe ich meine Arbeit gut gemacht.
Was möchte ich mit dem Schreiben erreichen?
Ich schreibe, um zu unterhalten. Wenn ich damit für gute Laune, Spaß, Traurigkeit, Besinnlichkeit, Spannung, Nachdenken sorgen kann, dann habe ich alles erreicht, was ich wollte. Zusätzlich noch ein paar Informationen über das Leben oberhalb des Polarkreises vermitteln, oder andere Gegenden, wo die Geschichten spielen.
Wie mit »Pilluralli«, meinem Debütroman. Er spielt in Finnisch-Lappland.
Laut einigen ersten Rezensenten wirft er bei den Lesern das Kopfkino an und bringt einem die lappische Landschaft näher. Auch die finnische Sprache kommt nicht zu kurz. Es sprechen doch eh schon nur 0,05 % der Weltbevölkerung Finnisch. Darum ziehen durch das ganze Buch Vokabeln aus diesem Land und sorgen für noch mehr Authentizität.
Yrjö entdeckt auf dem Friedhof das ungepflegte Grab einer jungen Frau, Kukka Kaarina. Er fragt sich, weshalb sie bereits mit 18 Jahren sterben musste. Obwohl er sie nicht kannte, entschließt er sich, ihr Grab zu pflegen. Nicht nur die Gemeindebewohner, auch Yrjös Frau, Irja, befremdet dies. Hatte der 65-jährige Rentner ein Verhältnis mit Kaarina? Trotz der Gerüchte und einer schweren Beziehungskrise mit seiner Frau forscht Yrjö nach dem Grund ihres Todes.
Gemeinsam mit Satu, einer Freundin Kaarinas, taucht er ein in eine Welt, die ihm längst fremd geworden war: die der Dorfjugend in Finnisch-Lappland. Deren Vorliebe ist die Pilluralli – das mit getunten Autos waghalsig Herumfahren, auch um Mädchen anzubaggern. Hatte Kaarina dabei einen Unfall? Oder ist sie gar Opfer eines dieser Aufreißer geworden? Ein zufällig auftauchendes Foto erzeugt neue Fragen, die – wie die Todesursache – erst nach überraschenden Wendungen beantwortet werden.
»… Mal ist es traurig, dann wieder unheimlich zum Lachen und Schmunzeln, manchmal möchte man nur den Kopf schütteln, ein anderes Mal einfach sagen richtig so, oder mein Gott ist die nervend oder uneinsichtig. – Pilluralli hat mich überrascht und mich durch ein Wechselbad der Emotionen geführt. – Kapitel die einen begeisterten.« Wörterkatze
Finnland – das Gastland der Frankfurter Buchmesse 2014!
Vielleicht finden sich dort auch meine Werke?
Und möglicherweise hat nun jemand Lust auf eine Runde Kopfkino über ein lappisches Dorf und einen Roman, der von Finnland, Generationskonflikten, Liebe, Freundschaft und die Sinnlosigkeit des Todes junger Menschen handelt.
Vielen Dank für die Lektüre meiner Zeilen und ebenso Dank an Bianca für das Angebot einen Gastartikel in ihrem Blog zu schreiben!
Beste Grüße aus Lappland,
Mikki H.
PS: Visuell auf Lappland einstimmen! Umfangreiche Fotogalerien auf: http://www.abovethepolarcircle.com/#!fotos/cntf
Wow, BIni! Diese Idee, die Autoren selbst zu Wort kommen zu lassen, ist genial!
Den Roman möchte ich sehr gerne lesen! Hast du schon???
Muss mal auf Recherche-Tour gehen!!!
Nein liebe Heike, aber ich werde gleich mal den Kontakt zwischen euch herstellen. 🙂