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Ihr seht richtig – ja, es ist rosa. Absolut rosa -rosa, rosa, also überallrosa. Rundherum, innnendrinn, bis auf die Schrift, die ist schwarz.

Es heißt ja, der erste Eindruck zählt und dann wiederum heißt es, auf die inneren Werte kommt es an. Der erste Eindruck war für mich: es ist rosa, eine Farbe, die ich nicht wirklich mag und nicht nur das Cover, sondern auch die Seiten. Die inneren Werte haben mich überzeugt und bestätigt, dass die es sind, auf diese wirklich ankommt. Buch und innere Werte, hier meine ich natürlich den Inhalt. Und da ich gerade über das Buchäußere spreche bzw. die Farbe rosa, muss ich sagen, im Nachhinein habe ich mich genau an diese ungewöhnliche Aufmachung gewöhnt. Die über 500 Seiten um Maria Christina ganz in Rosa statt üblichem Weiß bescheren ein völlig anderes Lesegefühl. Mal ist das Rosa blasser, mal intensiver, je nach Tageslicht und genau das machte es für mich entspannt, ein sanftes Augengefühl. Man kann es schwer beschreiben, einfach anders und abwechslungsreich.

Der Inhalt des Romans ist die Creme de la Creme. Ein historischer Roman im Stil eines Tagebuchs verfasst, wundervoll spritzig und natürlich geschrieben, fern ab von trockener Geschichte.

Rundum in voller Pracht ein Mädchenroman, innerlich wie äußerlich.

Maria Christina, Lieblingstocher ihrer Maman und Schwester der legendären Marie Antoinette, schreibt am 17. Januar 1760 ihren ersten Tagebucheintrag. Sie ist 18 Jahre jung und hat dieses Buch von ihrer liebsten Maman zum Geburtstag bekommen.

Kein Juwel, sondern ein viel wertvolleres Geschenk. Maria Christina, meist von allen Mimi genannt, weiß dies zu schätzen und freut sich sehr. Ihre Freuden, aber auch ihre Unmut, ihre Ängste, Hoffnungen und Wünsche finden darin ihren Platz. Auch die Liebe, das Glück und der Tod sind große Themen im Tagebuch. Ein Buch als Zuhörer und Freund, mit dem man alle Geheimnisse und Erlebnisse teilen kann. Obwohl es ihr als Erzherzogin gut geht, würde sie am liebsten manchmal ganz laut schreien oder gar wegrennen. Ihr Leben ist wie auch unseres in der heutigen Zeit nicht immer leicht.

Darf man als vornehmes Fräulein zwei Männer, die sich unter dem Fenster unterhalten, belauschen?

Mimi hört unschöne Dinge, über sich. Sie kann es kaum glauben und ist empört. Was erlaubt sich der ihr bisher noch unbekannte Mann über sie zu sagen. Nach dem Konzert wird er ihr als Prinz Albert von Sachsen vorgestellt und bei Tisch ist er ihr Nachbar, den sie aber an diesem Abend weitgehend durch ihr Schweigen abwimmeln kann. Zur Schlittenfahrt nach Schönbrunn sieht sie ihn wieder, denn ihre Maman bestand darauf, dass sie ihn einlädt. Lange kann sich Mimi nicht beherrschen und sagt ihm in kurzen und knappen Bemerkungen, dass sie weiß, wie er über sie denkt, lässt ihrem brodelnden Ärger freien Lauf. Beim abendlichen Tanz allerdings bekommt ihre Laune eine Wendung, ein gewisser Ludwig verdreht ihr völlig den Kopf, sie möchte ihn öfter sehen. Albert kann nicht um Mimi kämpfen, er muss zurück nach Sachsen und seine Männer in die Schlacht begleiten. Aber auch Ludwig muss den Wiener Hof wieder verlassen. Mimi sieht Ludwig aber bald wieder, doch ihre Wiedersehensfreude hält nicht lange.

Ihre Enttäuschung und ihre Traurigkeit kann sie diesmal außer dem Tagebuch auch Isabella von Parma anvertrauen. Sie reist bald von Italien nach Wien, denn sie wird ihre Schwägerin werden. Beide bauen ein inniges Verhältnis zueinander auf, haben eine enge Beziehung, als wären sie Geschwister. Fast gleichzeitig beginnt ein reger Briefwechsel zwischen Albert und Mimi, die sich mit der Zeit immer sympathischer werden. Doch die Zeichen der Zukunft stehen nicht alle auf rosa. Es brechen schwere Zeiten an, Isabella wird Mutter, sie verliert ihren geliebten Bruder Karl und Mimi selbst ist im heiratsfähigen Alter.

Freiwillig greife ich zu keiner Biografie, aber was ist das Tagebuch?

Eine Biografie?

Ein Roman?

Ich meine es ist eine Biografie in tagebuchartiger Romanform.

Ein Schreibstil, den man sich öfters wünscht, vor allem bei biografischen Romanen. Etwas skeptisch und zögerlich las ich die ersten Seiten und stellte fest, wie wohl ich mich an Mimis Seite fühlte. Ob lange oder kurze Tagebucheinträge, jeder für sich hielt Neuigkeiten rund um ihr Leben bereit. Ich war die ganze Zeit über Mimis engste Vertraute, durfte lesen, was sie dachte, und wusste über ihre Gefühle Bescheid. Es ist ein Vergnügen mit der immer mehr erwachsen werdenden Erzherzogin zusammen zu sein. Sie hat Charme und als Lieblingstochter mehr Freiheiten als ihre anderen Geschwister, was das Leben für sie etwas vereinfachte. Gerade durch der Tagebuchstil wird das Lesen besonders, das Leben in Wien bunter und um ein vielfaches lebendiger.

Die Autorin Rebecca Novak vom August Dreesbach Verlag vereint in den Einträgen Mimis Gedanken, ihre Ideen, Lebenspläne, größte Hoffnungen  wie auch vergangene Gespräche in wörtlicher Rede. So kommt das Gefühl auf, man erlebt das Geschehene noch einmal und ist in diesem Moment mit dabei. Obwohl Maria Christina ihr Tagebuch schon im 18. Jahrhundert schrieb, ist die unverstellte jugendliche Sprache und auch die allgemeine Denkweise, egal in welchen Kreisen man lebt, sehr, sehr ähnlich mit der unseren. Ein frisches Buch, Mimi ist ein starker Charakter und ich kann diesen historischen Roman einfach nur jedem Genussleser ans Herz legen. Das Leben am Wiener Hof sollte man kennen lernen, sich in die Vergangenheit begeben, in die Welt der Habsburger eintauchen. Dabei werden automatisch viele historische Ereignisse, wie zum Beispiel das Albertinum zu seinem Namen kam, aufgefrischt, man lernt sogar einen später sehr berühmten Komponisten kennen.

Kann man nach einem Buch Sehnsucht haben? Ja, kann man, das Tagebuch hat es mir gezeigt.

Unbedingt empfehlenswert ist die Hompage zum Tagebuch, auf der es umfassende aktuelle Informationen, wissenswertes über die Autorin und zur wahren Geschichte gibt.

1 Comment on Maria Christina – Tagebuch einer Tochter

  1. Es ist ROSA – die Farbe magst Du nicht. Es ist eine Biografie – das Genre gehört nicht zu Deinen Top Ten. Waren die Voraussetzungen für eine entsprechende Bewertung jemals negativer? Und dann das!

    Mit welcher Liebe und Zuneigung Du hier schreibst, mit welcher Hingabe Du Bilder designed hast und mit welcher Überzeugungskraft Du uns dieses Kleinod ans Herz legst bringt mich dazu, sehr bald schon mit einem „rosa Mädchenbuch“ durch die Welt zu laufen und sehr stolz darauf zu sein, es zu dürfen.

    Chapeau…

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