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Oda Schaefer ~ Clara Luisa Demar

Liebe Leser,

nur ein kurzes Wort von mir, dann übergebe das Wort an Clara Luisa Demar. Literatwo-Leser wissen, dass Oda Schaefer hier einen großen Platz hat. Literatwo-Neuleser finden in diesem Artikel Oda Schaefer ~ ein Kreis schließt sichalles was es über Oda zu sagen gibt, was auf und mit Literatwo passierte und noch viel mehr.

Oda als Chronistin einer bewegenden Zeit ruft grosses Interesse hervor. Clara Luisa Demar hat viele Worte, die sie euren lyrischen Ohren und Augen nicht vorenthalten möchte. Die erste Veranstaltung im Odeon am 25. Januar ist bereits ausgebucht, für die zweite gibt es noch Plätze. Alle wichtigen Infos zur Veranstaltung findet ihr auf Clara Luisa Demars Homepage oder direkt im Flyer.

Danke an Clara Luisa Demar für diese Worte und gedanklich wird Literatwo im Odeon dabei sein.

Viel Erfolg und eine wunderbare Zeit.

Oda
Oda Schaefers Werke ~ Edition Avicenna

Die Jahre nach dem Ende des Krieges

Im Frühjahr 1945 ging der Zweite Weltkrieg zu Ende. 70 Jahre des Friedens, der Freiheit und des Wohlstands in Europa sind seitdem vergangen. Es bleibt zu hoffen, dass dieses so kostbare Gut uns auch in der Zukunft erhalten bleibt.

Und es macht wohl Sinn, zu den Ideen des Aufbaus in jener Zeit nach dem Ende des Krieges zurückzukehren.

Oda Schaefer schildert in ihren ErinnerungenAuch wenn Du träumst, gehen die Uhren“ und in „Die leuchtenden Feste über der Trauer“ das Ende des Krieges und ihre Erlebnisse in den darauf folgenden Jahren.

Ihre sehr persönlichen Erfahrungen können jene Zeit wieder lebendig werden lassen. Sie können uns, auch in unserer heutigen Weltlage, aufbauende und sinnvolle Gedanken und Ideen geben.

Das Folgende soll einen Eindruck der Erfahrungen und Erlebnisse von Oda Schaefer geben. Es wäre schön, wenn das Interesse an der Begeisterung von damals, an dem Willen, eine neue Welt zu bauen, erwachen würde. Und wenn man mit Odas Erinnerungsbüchern in lebendiger Weise in jene Zeit zurückkehren würde.

Oda Schaefer wurde 1900 in Berlin geboren. Sie entstammte einer baltischen Familie von Pastoren, Journalisten, Künstlern.

Wir begegnen Oda Schaefer im Berlin der1930er Jahre. Sie ist verheiratet mit dem schlesischen, 1904 in Liegnitz geborenen Dichter und Schriftsteller Horst Lange. Horst Lange schreibt in diesen Jahren seinen grossen Roman „Schwarze Weide“ und Oda Schaefer beginnt, Gedichte zu schreiben.

Oda fühlt sich fremd auf dieser Erde, als ob sie aus einer Traum- und Fantasiewelt stammte. Sie schreibt das Gedicht „Die Verzauberte“. In diesem Gedicht fühlt sich Oda als ein leichtes, geflügeltes Fantasie-Naturwesen.

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Die Verzauberte ~ Oda Schaefer (Zeichnung: Clara Luisa Demar)

Die Verzauberte

Den grünen Leib der Libelle,

Das Auge der Unke dazu,

So treibe ich auf der Welle,

Dem murmelnden Mund der Quelle,

Die strömt aus dem dunklen Du.

Hörst du mich?

Siehst du mich?

Ach, ich bin unsichtbar,

Im weissen Spinnenhaar,

Im wirren Gräsergarn,

Unter Dorn und Farn.

Alles, was flüstert und schäumt,

Alles, was schauert und bebt,

Bin ich, die einsam träumt

Und im Entschweben lebt.

Im Schilf, im Ried,

Singt ein Vogel mein Lied,

Liegt das Schwanenkleid

Meiner Flucht bereit.

Suche du mich!

Finde du mich

Bis ich dir wiederkehr

So federleicht

Ist alles still und leer,

was mir noch gleicht.

Oda, die „Verzauberte“, wird sich bald auf dieser harten Erde sehr tapfer bewähren.

Der Zweite Weltkrieg beginnt. Horst Lange wird 1941 vor Moskau schwer kopfverletzt. Er kehrt nach Berlin zurück. Die Langes sehen das brennende Berlin, – „diesen Feuersturm, in den die Menschen hineingezogen wurden, wie leblose Marionetten“ – so schreibt es Oda.

Kurz vor dem Ende des Krieges wird Horst Langes Pioniereinheit nach Mittenwald in Bayern versetzt. Die Langes fahren auf einem Lastwagen mit, der hochexplosive Waffen geladen hat. Es ist ein Himmelfahrtskommando. In der monderleuchteten Osternacht 1945 erreichen die Langes Mittenwald. Sie sind in Sicherheit.

„Der Krieg verendete, wie ein Tier.“, schreibt Oda. Weiterhin gibt es kaum etwas zu essen, kein Holz zum Heizen, keine Seife, keine Nähnadeln, um sich notdürftig Kleidung zu nähen.

„Der Aufschwung“

Oda schreibt in diesem Kapitel ihrer Erinnerungen, dass sie und Horst Lange dennoch von grossem Aufschwung erfasst wurden. Etwas Neues, eine neue Welt, ein neuer Mensch hätte entstehen sollen.

Oda schreibt: „Wer – der etwas von Musik versteht – hätte beim Lesen dieses Titels nicht sogleich das Hektische, Strahlende, Emporreissende des Klavierstücks von Robert Schumann im Gedächtnis. Es war nichts anderem vergleichbar, was uns, wie ein starker Luftstrom, kurz nach Kriegsende erfasste und emporhob, obwohl wir keineswegs fähig waren, uns in einer solchen Höhe zu halten. Der Hunger prägte unser Leben, wir waren gewichtslos und schwebten im Irgendwo, wir waren begeistert für jenes Neue, das wir aufzubauen versuchten, nachdem wir von Lüge und Verfolgung frei waren. Zwar vermochten wir nicht die Hungrigen zu speisen. Aber dem geistigen Ausgehungertsein versuchten wir alles entgegenzusetzen.“

Und Horst Lange schreibt: “…Jemand, der einmal ganz am Ende gewesen ist, und eines Tages spürte, dass der Augenblick der äussersten Bedrohung, in dem er unterzugehen glaubte, gar nicht den Tod, sondern einen neuen, wenn auch unsäglich schweren Aufstieg bedeutete, der wird durch seine Gefährdungen und durch die vermeintliche Hoffnungslosigkeit seiner Lage am Ende ganz und gar verwandelt werden. Er wird strenger mit sich sein müssen als je zuvor, er wird zu allen Stunden die unerträgliche Last einer grossen Verantwortung auf sich ruhen fühlen… so etwa sehe ich die Situation der Dichtung und jeder anderen Kunst heute in Deutschland.“

Eine Reise in die Schweiz

Durch Erich Kästner, der ausgebombt war und in einer kleinen Pension in München lebte, lernten die Langes Kurt Hirschfeld, Dramaturg am Schauspielhaus in Zürich, kennen. Kurt Hirschfeld wollte helfen. Das Schauspielhaus lud die Langes zu einem Erholungsurlaub in die Schweiz ein. Die Formalitäten dauerten beinahe ein Jahr. Aber dann – im Herbst 1947 – reisten die Langes in die Schweiz.

Sie überquerten bei strahlendem Sonnenschein den Bodensee, sie erreichten Kreuzlingen, der Schlagbaum ging hoch – und auf der anderen Seite lachten und winkten Kurt Hirschfeld und Henry Goverts, der Verleger von Horst Lange. Bald sassen die Langes hinter riesigen Koteletts, die so gross waren, dass sie über den Tellerrand hinausragten. Es war ein so überwältigender Anblick, dass es Oda Schaefer mit Nachdruck beschreibt.

Die Gäste aus dem zerschlagenen Deutschland waren umgeben von Ruhe und Frieden. Und sie meinten, im Jenseits oder auf einem fremden Planeten gelandet zu sein.

Und sie kamen nach Zürich.

Zürich (Zeichnung: Clara Luisa Demar)
Zürich (Zeichnung: Clara Luisa Demar)

Zürich im Licht

Oda schreibt: “Wer einmal die Stadt Zürich, hochgestaffelt, im Föhnlicht hat vor sich liegen sehen, ein Utopia, ein Wolkenkuckucksheim, ein Vineta der Lüfte, der wird nie vergessen, mit welchem Schmelz sie überzogen ist. An solchen Tagen sind die Farben der Häuser erhöht, verstärkt, zugleich leuchten sie transparent, wie von innen heraus, ein Aquarell auf Japanpapier… Oft habe ich Zürich so vor mir liegen gesehen, von den Anlagen des rechten Seeufers aus. Es glich einer phantastischen Wolke, die sich himmelwärts heben und in Regenbogenfarben auflösen wollte. Das Gefühl der Unwirklichkeit, das mich umhüllte, verstärkte sich noch.“

In diesen Jahren lebten in Zürich viele grosse Persönlichkeiten, – Schauspieler, Schriftsteller, Dichter, Denker. Der Krieg hatte sie hierher verschlagen.

Freundschaft tat sich nun auf. Die Langes begegneten Erich Kästner, der zu dieser Zeit auch in Zürich war, sie sahen Werner Bergengruen und seine Frau wieder, mit denen sie in Berlin sehr befreundet gewesen waren, sie begegneten Bertold Brecht, Max Frisch… Der Ort, wo man sich traf, war das Odeon.

Das Odeon

Das Café Odeon hat durch die Jahrzehnte die unglaublichsten Geistesgrössen empfangen. Sie fanden da Gleichgesinnte, Inspiration und ein Dach über dem Kopf und eine Heimat.

Oda schreibt: “Dieses Café, welches einen grossen Eindruck auf mich gemacht hat, weshalb ich es mir gerne ins Gedächtnis herauf rufe, haben wir noch in seinem alten Glanz, oder vielmehr in seiner alten Düsternis erlebt. Stets herrschte dort sanfte Dämmerung, war es nie wirklich hell und licht. Der rötliche Marmor, die dunklen Lederpolster unter den milchigen Lampen, das erinnerte uns heimatlich an das „Romanische Café“ in Berlin. Auch war das Odeon von schweizerischer Behäbigkeit. Und doch hatten unruhige Geister das Leder abgewetzt, es hatten Sozialisten und Anarchisten auf den Polstern gesessen. Lenin war dort gewesen. Dichter hatten Verse und Prosa geschrieben, entworfen und verworfen, durchgestrichen, neu begonnen, halb über dem Tisch liegend, oder das schöpferische Haupt nachdenklich aufgestützt. Die Dadaisten waren im ersten Weltkrieg hierher geflüchtet und hatten ein Asyl und ein Dach über dem Kopf gefunden…Im Odeon trafen wir uns mit Erich Kästner, der sich als grosser Fussgänger erwies und alle Wege in Zürich zu Fuss machte, auch spät in der Nacht – mit Lernet-Holenia, Max Frisch und Eduard Korrodi von der Neuen Zürcher Zeitung. Bert Brecht habe ich in diesem Café nie gesehen. Er mied die Literaten. Er liebte die Schauspieler, mehr noch die Schauspielerinnen.

Der Schatten der Dichterin Else Lasker- Schülers mit ihrer blauen Klaviatür, der wir im „Romanischen Café“ in Berlin begegnet waren, flog wie eine blasse Nachtmotte durch die Räume, geisterhaft, und spiegelte sich im rötlichen Marmor.

Als wir aus unserem zerschlagenen Land gekommen waren, haben wir im „Café Odeon“ die Freiheit wiedergefunden, jene Freiheit, der sich diese Stadt würdig erzeigte.“

Eine Friedensadresse

Oda schreibt: „Allmählich gerieten wir in einen nicht mehr zu übersehenden Wirbel. Horst Lange vermerkte in seinem Tagebuch: „Es kommt eine von Kurt Hirschfeld dirigierte deutsche Dichter-Invasion zu Stande: ausser Zuckmayer, Kästner und mir Lernet- Holenia und das aus USA getürmte, nicht ganz saubere Tigermäuschen Bert Brecht, der Gott unsere Jugend…“. Zu dieser Invasion gesellte sich auch der seit einiger Zeit in Zürich ansässige Werner Bergengruen und, als einziger Schweizer Max Frisch. Kurt Hirschfeld vom Schauspielhaus, der die Dichter in seiner Wohnung versammelt hatte, plante eine internationale Friedensadresse (wohl ein Aufruf zum Frieden, der an alle Regierungen der Welt hätte gebracht werden sollen.).

Sie scheiterte an der fehlenden Unterschrift von Bert Brecht. Er lächelte schlau, er schwieg sich aus, er gedachte nicht zu unterzeichnen. (vielleicht fürchtete er, der durch viele Länder dieser Erde geflüchtet und gerade aus USA ausgewiesen worden war, man könnte ihm später daraus einen Strick drehen.).

Dennoch – in Ostberlin wurde der Aufruf zum Frieden dem Obersten Dimschitz vorgetragen und Max Frisch bemerkt dazu in seinem Tagebuch: „Mittagessen mit Wodka“. Die Russen mögen heimlich nicht schlecht gelacht haben über so viel edle Einfalt und stille Grösse der hommes de lettres. Das Essen mit Wodka soll drei Stunden gedauert haben…“

Sie alle waren grosse Geister, sie wollten den Frieden, sie wollten das Neue und doch konnten sie sich letzten Endes nicht einigen…

Zürich bei Nacht

Oda schreibt: „ Ich erinnere mich gern an die vielen nächtlichen Spaziergänge, bei denen wir uns zusammen durch die stille Stadt treiben liessen, in der an den vielen kleinen Ecken und Plätzen und in den Strassen die Brunnen rauschten. Über uns hingen die Straßenlaternen wie milde Monde, wir wanderten und sprachen und sprachen, worüber weiss ich nicht mehr… In diesen Gesprächen schwebten wir, vom Boden gelöst in einer anderen Realität – die alten Narben brachen auf, der Absturz konnte nicht ausbleiben… Der Tränenstrom war nicht der Fluss Lethe gewesen, aus dem die Toten Vergessenheit trinken. 

Schwarzer Engel (Zeichnung: Clara Luisa Demar)
Schwarzer Engel (Zeichnung: Clara Luisa Demar)

Schwarzer Engel

Schwarzer Engel, schlage

Deinen Fittich zusammen.

Dunkel sind die Tage

Nach den letzten Flammen.

Rauch stockt noch in Lüften,

Ohne aufwärts zu steigen,

Über Grab und Grüften

Liegt geborstenes Schweigen.

Die im Erdenbette

Lächeln kalt noch und gläsern –

Lass die Schädelstätte

Nun den milden Gräsern!

Unter deinen Flügeln

Kann die Saat nicht ergrünen,

Hass hockt auf den Hügeln

Wie auf kahlen Dünen.

Erst bei Deinem Schwinden

Blutet nicht mehr die Rose,

Und in warmen Winden

Stirbt die Herbstzeitlose.

Bertold Brecht

Nach dem Kaffe bat Brecht uns in sein Arbeitszimmer. Wir nahmen diese Geste nicht als selbstverständlich hin… Brecht arbeitete, davon zeugte das an der sonst kahlen Wand aufgerollte chinesische Bild. Auf der Flucht von einem Land in das andere hatte es sich in seinem Gepäck befunden, als sei es sein wertvollster Besitz. Blieb das Bild zusammengerollt, dann bedeutete das: Mutlosigkeit, mangelndes Ingenium, erneute Flucht… Man sah Berge und Nadelbäume schattenhaft hingepinselt auf diesem Bild… Wir setzten uns unter dem Bild und fühlten uns wie Zugvögel, die sogleich wieder auffliegen müssen. Eine passende Dekoration für Brechts und auch für unsere Lage…

Brecht schaute uns an mit seinen dunkeln tiefliegenden und engstehenden Augen, die keine Iris zu haben schienen, so schwarz waren sie. Es lag etwas Schlaues in diesem Blick. Und die klugen Augen verrieten, dass er Menschen rasch zu durchschauen vermochte. Ganz im Hintergrund glaubte ich Furcht zu erkennen… Brecht lächelte. Es war sein altbekanntes chinesisches Lächeln… Es war noch auf seiner Totenmaske abzulesen… Und es sprach davon, dass er seinen Weg vollendet und dass er vielleicht den Menschen geliebt hatte. Seine Versuche, den Menschen zu belehren, seine Arbeit hatte dem Ziele gegolten, ihn aus der alten Knechtschaft zu befreien. Dabei hatte er ihm neue Dogmen geben müssen. Und die Freiheit des Einen kann die Unfreiheit des Anderen bedeuten. Das habe ich erst spät begriffen, als Fazit aus allen Ideologien.“

Erich Kästner

Horst Lange schreibt: „Als ich ihn wiedersah, wurde mir nicht sogleich klar, was sich an ihm verändert hatte. Er sass in einer merkwürdigen Gelassenheit unter der Lampe… Der Lampenschirm, an dem lange Fransen waren, begann sich vom Atem der Gespräche zu drehen. Die Schattenfransen fuhren rundum über die Wand und über die Gesichter. Alles schien zu kreisen und wegzugleiten, was doch in Wirklichkeit fest und unverrückbar war. Er selber wurde von dieser Bewegung nicht erfasst. Es kam wohl daher, dass sein Standpunkt der einer milden Entschlossenheit war. Das Fragwürdige, mit dem er sich lange genug in seinen Büchern auseinandergesetzt hatte, erregte ihn nicht mehr, weil es ihm selbstverständlich geworden war… Und alles, was er sagte, meinte wohl dieses: „Lasst eure Theorien beiseite! Berauscht euch nicht an Worten! Wir haben genug Lärm um uns gehabt. Seid still und arbeitet und macht nicht zu viel davon her…“

Sie alle, die da in Zürich waren, waren grosse Persönlichkeiten. Sie alle wollten den Frieden. Sie alle wollten das Neue. Dann trennten sich ihre Wege wieder. Sie folgten unterschiedlichen politischen oder menschlichen Richtungen…

1948 kehrten die Langes nach Mittenwald zurück. Und 1949 wurde ihnen eine kleine Wohnung in München zugewiesen. Und Oda schreibt, dass sie nun überglücklich waren, weil sie endlich den Schlüssel im Schloss hinter sich zudrehen konnten.

Hier enden die Erinnerungen von Oda Schaefer. – Warum wohl – ?

Es gab wohl einfach nichts mehr zu sagen. Es ging den Menschen gut, es ging ihnen immer besser, das Wirtschaftswunder entstand. Die Menschen hatten alles und wussten bald nicht mehr, wozu. Die Gedanken und Ideen der ersten Stunde nach dem Ende des Krieges, die Ideen, eine neue Welt zu bauen, verliefen sich lautlos im Sand.

Horst Lange ist 1971 in München gestorben. Er erkrankte immer schwerer an seiner Kopfverletzung. Ich meine aber heute, dass er wohl mehr als an seiner Kopfverletzung an der Tatsache erkrankte, dass keine neue Welt gebaut wurde, dass kein neuer Mensch entstand, und dass somit alles eigentlich umsonst gewesen war.

Oda Schaefer wurde eine immer stärkere Persönlichkeit. Sie hat vielen Menschen auf der Suche nach Sinn geholfen. So auch mir. Oda Schaefer ist 1988 in München gestorben.

Irdisches Geleit (Zeichnung: Clara Luisa Demar)
Irdisches Geleit (Zeichnung: Clara Luisa Demar)

Irdisches Geleit                     

Alles ist dir verliehen für eine flüchtige Zeit.

So wie die Wolken dort ziehen,

Sei du zur Reise bereit.

Eigentum darfst du nicht nennen

Kaum deine eigne Gestalt.

Meinst du dich endlich zu kennen,

Bist du verändert und alt.

Gib den wartenden Andern.

Noch leiden sie mehr als du.

Zum unvergleichlichen Wandern

Brauchst du nur Stab und Schuh.

Auch wenn Du träumst, gehen die Uhren (Edition Avicenna) mit integriertem zweitem Teil Die leuchtenden Feste über der Trauer – Erinnerungen bis 1945 und aus der Nachkriegszeit

Immer war ich, Immer werde ich sein (Edition Avicenna)- Gedichte aus 50 Jahren

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