Dresden, 17.05.2021 ca. 8.10 Uhr – Bücherraub statt Büchertausch in der Johannstadt
Ein dynamischer Herr, ungefähr mitte 50, radelt mit seinem schwarzen Fahrrad zu meinem Büchertauschschrank. Ich stehe auf dem Balkon, warte auf meine Mama und freue mich, dass der Büchertauschschrank sehr stark besucht wird. Richtig zielgerichtet kam der Mann angeradelt und setzte seinen Rucksack ab. Neugierig beobachtete ich den Mann, da ich natürlich gern sehen wollte, welche Bücher er hineinstellt und welche er mitnimmt. Doch dann sah ich, wie er sein Handy zückte…
Eigentlich sollte es einfach ein ausgiebiger Spaziergang werden, natürlich mit Buch in der Tasche, aber grundsätzlich ohne buchige Hintergedanken. Ja, solche Tage gibt es auch. Also auf in die Neustadt, zur Bunten Republik. Sonntags im Sonnenschein brunchen, umgeben vom bunten, gut gelaunten Menschenvolk. So unser kleiner Plan. Gesagt getan und der Brunch im Max war gut sehr lecker. An meiner Seite weilten „Die Holunderschwestern“ von Teresa Simon. Gelesen habe ich natürlich nicht, aber die Brunchluft durften die Seiten schnuppern.
Beim Schlendern durch die Straßen der Dresdner Neustadt blieb mein Blick dann an einer Hauswand heften. Ich dachte erst, dass ich nicht richtig sehe. Aber ich sah richtig, denn guckt euch selbst das nächste Bild an, an der Hauswand kleben lauter Seiten aus Heften, Büchern, Zeitschriften…
Ihr seid gerade beim Hausbau? Ihr wisst noch nicht, welche Farbe eurer Haus zieren soll? Gestaltet es einfach buchige und beklebt es wild mit Seiten. 😉 Ein Hingucker ist es dann auf jeden Fall. Wie lange die Seiten dort noch so kleben, ist nicht abzusehen. Allerdings sah es so aus, dass diese bald gelb überstrichen werden – links auf dem Bild seht ihr schon ein wenig Farbe. Dennoch Daumen hoch – fetzt total!
Schon auf dem Weg zum Brunch, habe ich den Wohnwagen erspäht. Ich konnte nur nicht richtig erkennen, was es mit diesem auf sich hat. Zum Glück führte der Spaziergang später direkt an dem Wohnwagen vorbei und ich konnte ihn bildlich für euch festhalten. Die Tür war noch zu und ich konnte auch niemanden sehen, der zum Wagen gehört. Aber ich habe das Internet befragt und erlesen, was es mit www.einbuchgratis.de auf sich hat.
Die Betreiber werden oft gefragt:Warum verschenkt ihr Bücher?
Diese Frage hätte ich wohl auch gestellt. Seid ihr neugierig und wollt ihr ein Buch? Ich verweise euch einfach mal auf die Homepage. Dort könnt ihr „Darwins Rätsel, Schöpfung ohne Schöpfer? “ gratis bekommen – eine Organisation vom Christlichen Informationsdienst e.V. macht es möglich. Schaut selbst, ob es was für euch ist.
Wer sich den Wohnwagen genau angesehen hat, hat den „Fisch“ – das christliche Symbol – sicher schon erspäht.
Lesen war auf dem Weg nicht geplant. Aber ich habe nichts gegen spontane Lesepausen im Grünen.
Plötzlich und unerwartet taucht mitten in der Dresdner Johannstadt ein grünes Gärtchen auf. Also scharf gebremst und geschaut, wem der Garten gehört und ob man da durchlaufen kann. Ein Schild gab uns Auskunft darüber, dass drum gebeten wird, sich kulturvoll zu verhalten, denn der Garten wird von der vietnamesischen Familie Minh betrieben und leider wurden Pflanzen aus der Grünen Oase gestohlen.
Eine grüne Oase im wahrsten Sinne des Wortes. Blumen über Blumen, verschiedene Pflanzen und Sträucher und Bäume voller Früchte. Wahnsinnig schön angelegt und liebevoll gestaltet. Es gibt sogar kleine Teiche mit Goldfischen darin. Blühende Seerosen natürlich auch.
Ein richtig schönes ruhiges Plätzchen. Ich habe auch hier recherchiert und herausgefunden, dass es das Gartenprojekt schon seit 2002 gibt und die Betreiberin Thi Minh Tran den Blumengarten auf eigene Kosten betreibt. Sie wird sogar die Prinzessin von Johannstadt genannt. Wahnsinnig klasse – respekt und großen DANK. Lest selbst!
Obwohl ich schon sehr lange in der Johannstadt wohne, war ich noch nie auf dem Trinitatisfriedhof. Dies wollte ich nun ändern. Das klingt jetzt vielleicht makaber, aber einige werden verstehen, das Friedhöfe auch magisch sein können und vor allem die alten Gräber viele Emotionen auslösen. Ich sehe mir diese alten Grabstätten und Gruften und Grabsteine gerne mal an und lasse meine Gedanken einfach schweifen.
Und dann kam der totale Gänsehautmoment. Ein Weg führt vom Hauptteil des Friedhofs in den älteren Teil. Gleich links erstrahlte wie aus dem Nichts – so fühlte es sich an – der Grabstein von Lili Elbe. Die Sonne leuchtete ihn an, als ob es der einzigste weit und breit wäre. Mein Körper wurde von einer extremen Gänsehaut erfasst. Lili Elbe ist mir nicht seit dem Kinofilm ein Begriff, sondern durch viele Erzählungen von Arndt. Er schrieb zudem über Lili Elbe und das Buch „The Danis Girl“ im Artikel „The Danish Girl – Das dänische Mädchen von David Ebershoff„. Diesen lege ich euch wärmstens ans Herz.
Ich musste erstmal tief ein und aus atmen. Das Grab kam so unerwartet. Auf Wikipedia konnte ich dann erlesen, dass der Grabstein seit April 2016 ein neuer ist – die Produktionsfirma des Films „The Danish Girl“ hat diesen finanziert.
Arndt habe ich noch vor Ort ein Bild vom Grab schicken müssen – ein magischer Moment.
Kennt ihr den Film/das Buch schon? Hattet ihr am Wochenende ähnliche Buchmomente mit denen ihr nicht gerechnet habt?
Eure
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