Schlagwort: John Boyne

Der Junge auf dem Berg ~ John Boyne

Junge
Der Junge auf dem Berg ~ John Boyne

Schon das Wort „Junge“ von Boynes Neuling lässt erahnen, dass wir Gegen das Vergessen lesen und das es gut wird und emotional. Denn ein Boyne ist ein Boyne ist ein Boyne – richtig? Wir kennen ihn (hoffentlich) alle, den Jungen im gestreiften Pyjama. Eine bewegende Geschichte die nicht nur eine Geschichte ist und kein Leserauge trocken gelassen hat. Ich war ergriffen und habe geweint.

Nun machte ich mich also bereit für den Jungen auf den Berg und das dieser Berg kein ganz normaler ist, ist logisch. Es handelt sich hier um den Obersalzberg. Richtig, um Hitlers Feriendomizil, ein Haus, der Berghof. Allerdings lernen wir den Jungen Pierrot Webers nicht als deutschen Jungen, sondern als Franzosen kennen. Er lebt recht behütet mit seinen Vater (vom ersten Weltkrieg psychisch gezeichnet) und seiner Mutter. Kurze Zeit später verliert er beide Eltern und kommt in ein Waisenhaus. Pierrot wäre lieber zu seinem besten Freund gezogen. Er und Anshel Bronstein sind beste Freunde, haben geheime Zeichen und dort hätte er bei seinem Hund sein können. Doch Anshel ist Jude und der zweite Weltkrieg ist im Anmarsch.

Seine Tante Beatrix holt ihn aber bald zu sich. Die Tante, zu der er bisher keinen Kontakt hatte, kein Kontakt zu Stande kam, nicht kommen konnte. Beatrix ist Angestellte auf dem Berghof und genau dort wohnt jetzt auch der französische Pierrot Webers, der schnell zum Deutschen Peter Weber wird. Peter ist jung und naiv und Hitler ist beeindruckend, mächtig und eine Art Vaterfigur für ihn. Peter möchte eine Uniform und keine Briefe mehr von seinem besten Freund Anshel. Er möchte eine hübsche Frau und während Peter auf dem Berghof immer deutscher und deutsche wird, bereut seine Tante, ihn dahin geholt zu haben…

Er solle nie so tun, als hätte er nicht gewusst, was vor sich ging; so eine Lüge wäre das schlimmste Verbrechen überhaupt. (Seite 313)

Junge
Der Junge auf dem Berg ~ John Boyne

Das klingt doch alles sehr nach unserem John Boyne, wie wir ihn kennen. Ich habe mich sehr auf diesen Roman gefreut, auch wenn ich ahnte, dass ich schwer schlucken werden würde. Bevor ich ins Jahr 1936 zurück reiste, schaute ich mir die Bilder an, welche nach dem eindringlichen Vorwort von John Boyne und dem Interview mit ihm zu finden sind. Ein schöner und wichtiger Zusatz zum Roman.

Die ersten Seiten verschlang ich regelrecht, dann gab es einen zähen Teil und ich schüttelte immer wieder den Kopf, aber dann ging es rasant weiter und John Boyne fesselte mich. Hauptprotagonist Pierrot schaffte es dennoch nicht, mein Herz zu erobern. Er blieb blass, vor allem ohne jegliche Gefühle und einfach naiv. Stellenweise kam er unglaubwürdig rüber. Doch ich unterstelle dem Autor hier Absicht, denn trotz der unschönen Kindheit, hat er sich zu einem manipuliertem Menschen entwickelt, mit dem man kein Mitleid haben darf. Es sei denn, man denkt wie er, man denkt wie Hitler. Doch auch bis zum Ende wurde ich trotz einschneidender und schockierender Situationen nicht so emotional, wie ich es erwartet hätte.

Gemeinsam mit Nanni von Fantasie und Träumerei habe ich mich zwischen die Seiten begeben. Wir haben uns intensiv über den Roman ausgetauscht und sind beide zu der Meinung gekommen, dass Boyne geschichtlich gut aufklärt, uns aber nicht so emotional abgeholt hat, wie sonst. Lieber John Boyne, auch wenn du das nicht lesen magst, es ist leider so und wir grübeln noch ein wenig, warum…

A B E R – „Der Junge auf dem Berg“ (FISCHER) ist ein weiterer wichtiger Roman, der uns wach rüttelt, die Augen offen lassen hält und für Gegen das Vergessen steht.

Eure
Junge

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Für treue Leser von Literatwo ist es kein großes Geheimnis: Ein langer Lebensleseweg verbindet uns mit John Boyne. Nach „Der Junge im gestreiften Pyjama“, „Zu schnell“, „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ und „Das späte Geständnis des Tristan Sadler“ ist der irische Erfolgsautor selbst schuld daran, dass unsere literarische Erwartungshaltung  sehr hoch ist.

Die boyne`sche Messlatte hat er selbst auf Rekordhöhe geschraubt. Ob er sie mit seinem neuesten Kinder- und Jugendbuch Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket (KJB) überspringen und einen Literatwo-Höhenrekord aufstellen würde, diese Frage beschäftigt uns seit jenem magischen Tag in Leipzig, als er uns in einem exklusiven Buchmesse-Interview davon erzählte, woran er gerade schrieb:

„Es geht um eine Familie, in der die Eltern es nicht akzeptieren können, wenn jemand in irgendeiner Beziehung „anders“ ist. Zwei ihrer Kinder entsprechen ihren Vorstellungen, aber da gibt es eben noch ihren Sohn „Barnaby“ und er ist alles andere als normal“ – so John Boyne im März 2012.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Das „Anderssein“ ist wohl das zentrale Leitthema im Lebenswerk von John Boyne. All seine Protagonisten kämpfen dagegen an, nicht akzeptiert zu werden, ausgegrenzt zu sein oder aufgrund ihrer Lebenshaltung und -umstände von ihrem unmittelbaren Umfeld in eine Schublade gesteckt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt zu werden.

Das deutliche autobiographische Element dieses Leitmotivs strahlt über all seinen Büchern wie ein leuchtender Fixstern im boyne`schen Erzähl-Universum. Das haben wir damals im persönlichen Gespräch deutlich gespürt. Auch John Boyne fühlte sich „Anders“ und auch er führte einen langen verzweifelten Kampf gegen die scheinbare Normalität.

Dass er jedoch in seinem neuesten Buch – wohl im Wissen um die Höhe der Messlatte  – einen mehr als genialen Geniestreich seiner Fantasie zu einer Geschichte werden ließ, das hat uns mehr als überwältigt. Auch hier steht das „Anderssein“ im Vordergrund – auch hier wird ein kleiner Junge in einer Welt voller Klischees von seinem „ach so normalen“ Umfeld in eine Ecke gedrückt und im wahrsten Sinne des Wortes  auf dem Boden der Tatsachen gehalten…

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Mit dem achtjährigen Barnaby Brocket aus Sydney betritt einer der wohl außergewöhnlichsten Protagonisten der Literaturgeschichte die Bühne der normalen Welt.

Und er wird sie nachhaltig verändern….

Denn Barnaby Brocket trotzt den Gesetzen der Schwerkraft – er schwebt und kann nichts dagegen tun. Gar nichts. Schon seine Geburt wird für seine auf Normalität bedachten Eltern zum reinen Fiasko. Flutsch und weg, könnte man sagen. Nicht in der Hand der Hebamme landet der winzige Neugeborene, sondern an der Decke des Kreißsaals ist er zu finden. Erstaunte Blicke und große Verwunderung auf allen Seiten sind die logischen Folgen dieser Abnormität.

Und Besserung ist nicht in Sicht. Erste Versuche, sich mit der Situation abzufinden münden in einen verzweifeltem Kampf um Normalität. Matratzen werden an die Decken des Elternhauses genagelt, um dem heranwachsenden Barnaby einen Schlafplatz zu ermöglichen. Er wird in den ersten Jahren seines Lebens versteckt und lernt nur seine Eltern, seine beiden Geschwister und den treuen Hund der kleinen Familie kennen. Nach draußen lässt man ihn nicht. Das wäre peinlich und gefährlich, so der einhellige Tenor.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Es kommt jedoch, wie es kommen muss. Man kann auch in der größten Normalität der Gesellschaft ein Kind nicht lebenslang unter Verschluss halten und spätestens die drohende Schulpflicht sorgt dafür, dass Barnaby Brocket das Licht der Welt zum ersten Mal so richtig erblickt. Und dieser Schritt liefert ihn den Blicken einer Welt aus, für die alles Unnormale schier unfassbar scheint. „Das ist doch nicht normal,“ so lautet die einhellige Meinung der Nachbarschaft auf das Kind, das nur an der langen Leine hinter seiner Mutter herschweben kann, wenn man gemeinsam das Haus verlässt.

Ein schwerer, mit Sand gefüllter, Rucksack hält ihn erstmals am Boden und vermittelt dem Umfeld einen leichten Hauch von Normalität, aber Barnaby fühlt sich gefesselt und stellt sich immer häufiger die Frage, wie es ihm wohl jemals gelingen wird, wahre Freunde zu finden… in einer Flughöhe eines Mittelstreckenflugzeugs…. Schwierig. Die Auswahl der Schule macht im dann klar, welche Rolle er im Leben seiner Eltern wirklich einnimmt. Die „Ultimative Akademie für unerwünschte Kinder“ scheint auf Problemfälle ausgerichtet, aber auch hier schwebt Barnaby über den Dingen.

Als die Situation für die Brockets eine Grenze erreicht, die sie für unerträglich halten, treffen sie einen mehr als folgenschweren Entschluss. Ein gemeinsamer Spaziergang zu einem lauschigen Aussichtspunkt in Sidney (Barnaby natürlich mit Sand im Rucksack beschwert) ein kleines „Versehen“ mit einer zufällig mitgeführten Schere und schon beginnt der Sand zu rieseln und Barnaby schwebt davon. Jetzt hatte man seinem Egoismus endgültig einen Riegel vorgeschoben. Um den Preis der Normalität lassen die Brockets ihren kleinen Barnaby im Alter von acht Jahren einfach fliegen.

Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket - John Boyne
Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket – John Boyne

Was dann folgt möchten wir an dieser Stelle nur vage andeuten. Es beginnt eine wundervolle Reise in eine Welt, die sich Barnaby ganz anders vorgestellt hätte. Aufgefangen von zwei älteren Damen in einem Heißluftballon, liebevoll aufgepäppelt mit dem bisher fehlenden Selbstbewusstsein und der tiefen Einsicht, dass seine Fähigkeit nicht unnormal sondern besonders ist, macht sich Barnaby auf den Weg durch die Welt. Er begegnet Menschen, die so viel mit ihm gemeinsam haben, nur dass ihr Schweben ein anderes ist. Sie sind ebenso anders wie er selbst und es gelingt ihm bei jeder dieser emotionalen Begegnungen, seine neuen Weggefährten davon zu überzeugen, dass sie besonders sind.

Und doch will Barnaby wieder nach Hause. Dafür nimmt er alles in Kauf, denn er glaubt nach wie vor an die Liebe seiner Eltern und seiner Geschwister. Er schreibt liebevolle Ansichtskarten von unterwegs und gewinnt von Tag zu Tag mehr Vertrauen in sich selbst und in seine Fähigkeiten. Er beginnt an sich zu glauben. Wird er seinen Weg finden und kann er seine Eltern davon überzeugen, dass er als einzigartiger Mensch eine ganz besondere Normalität in sich trägt? Kann er bewirken, dass man ihn mehr liebt, als auf die Meinung der Anderen zu hören? Wird er jemals wieder einen Platz in seiner Familie finden?

Dies verrät uns John Boyne in „Die unglaublichen Abenteuer des Barnaby Brocket“. Ein Buch für Leser jeden Alters – ein Roman der so leicht ist, dass er selbst zu schweben scheint. PostIts bleiben beim Lesen nicht an ihrem Platz, sondern schweben schwerelos mit dem Auge des Lesers von Seite zu Seite und von einer liebevollen Illustration aus der Feder von Oliver Jeffers zur nächsten . Ungläubig, bewegt und durch keinen Sand der Welt auf den Boden der Realität zu bringen. Wir haben uns in Barnaby verliebt, da dieser kleine Junge zum Sinnbild für die Besonderheit des Unnormalen wurde. Mit ihm gemeinsam schliefen wir unter der Decke, flogen an Hundeleinen befestigt zu kleinen Spaziergängen und trugen seinen bleischweren Rucksack.

Mit einem einzigen Klick beginnt der Flug zu John Boyne auf Literatwo
Mit einem einzigen Klick beginnt der Flug zu John Boyne auf Literatwo

Folgt der unfassbaren Leichtigkeit des Lesens und begegnet dabei einem Jungen, der euer Lesen verändern kann. In unglaublicher Herzlichkeit und angetrieben von großen Gefühlen hat er die hohen Erwartungen an diesen Roman bei Weitem übertroffen und einen neuen Rekord in literarischer Flughöhe aufgestellt. Barnaby Brocket ist ein ganz besonderer kleiner großer Held, der eure Herzen im Sturm erobern wird. Bei uns Literatwos ist ihm das gelungen und wenn wir an dieses bezaubernde Buch denken, dann blicken wir auf… und niemals nach unten.

Denn John Boyne und Barnaby Brocket sind nur dort zu finden: GANZ OBEN….

„Zu schnell“ von John Boyne… Eine Sekunde, die alles verändert

81127_Boyne_zuschnell_P04_DEF.inddEs sind die Augenblicke im Leben, die auf einen Schlag alles verändern können, vor denen wir uns oftmals so sehr fürchten. Es sind diese schicksalhaften Momente, die das bisherige Leben in ein DAVOR und DANACH aufteilen. Es ist unsere Angst vor der Hilflosigkeit im Angesicht dieser Situationen, die uns nachts aufschrecken lässt. Es ist eine menschliche Urangst, die uns allen innewohnt.

Zu schnell“ von John Boyne greift dieses Thema auf einzigartige Weise auf. Er wählt nicht nur die Perspektive eines 12jährigen Jungen, dessen Leben sich in genau dieser einen Sekunde dramatisch verändert, John Boyne geht noch einen bedeutenden Schritt weiter und erzählt diese Geschichte in der Sprache eines Heranwachsenden. Dieses Stilmittel erzeugt eine unmittelbare Nähe zum Protagonisten und lässt uns in eine Situation eintauchen, die so noch nicht erzählt wurde.

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Das späte Geständnis des Tristan Sadler – John Boyne

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John Boyne kann vor allem eines: So richtig gut erzählen…

John Boyne verfügt über eine narrative Begabung, die uns in seinen Weltbestsellern „Der Junge im gestreiften Pyjama“ und Der Junge mit dem Herz aus Holz“ bereits mehrfach vom literarischen Hocker gehauen hat. Geschichten, die sich unauslöschlich ins Gedächtnis brennen und buchige Begegnungen, die unvergessen bleiben, prägen seine Werke. Besonders für jugendliche Leser beinhalten seine bisherigen Romane einen wahren Schatz als zentrale Botschaft.

„Anders“ zu sein ist immer ein Problem… aber Du kannst es überleben… – Du kannst damit zurecht kommen, ohne Dich selbst zu leugnen.“

Was kann man einem Menschen mehr mit auf den Weg geben, der sich in einer emotionalen Findungsphase befindet und grundsätzlich das Gefühl vermittelt bekommt, doch so ganz „aus der Art geschlagen“ zu sein? Wer kennt das nicht?

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John Boyne – Der Junge mit dem Herz aus Holz… und mehr…

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„Noah Barleywater runs away“, der Originaltitel des neuesten Werkes von John Boyne, dem Autor des Weltbestsellers „Der Junge im gestreiften Pyjama“, trifft den Kern der märchenhaft anmutenden Parabel mit dem deutschen Verlagstitel „Der Junge mit dem Herz aus Holz“ mehr als auf den Punkt.

Noah Barleywater läuft weg…. Er kann nicht mehr… er mag nicht mehr… er hat Angst, zu lange zu warten. Er hält es zuhause einfach nicht mehr aus. Zu übermächtig ist die Furcht davor, der Erkrankung seiner geliebten Mutter ins Auge zu schauen – zu übermächtig ist der Wunsch, einfach zu fliehen – zu gewaltig ist die Verlustangst, die Noah schlaf- und hoffnungslos werden lässt.

Noah läuft weg. Viel zu jung für eine solche Flucht, viel zu schwer beladen mit tonnenschweren Gefühlen, aber mit jedem Meter, den er sich von seinen Eltern entfernt, mit jedem Zentimeter wachsender Distanz beginnt er klarer zu sehen. Der Albtraum zerfließt im aufziehenden Nebel der selbst gewählten Blindheit.

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