Edward Moon ist Joes großer Bruder. Er hat ihn seit 10 Jahren nicht mehr gesehen. Er war da, dann nicht mehr. Ed wird am 18. August hingerichtet. Ist Ed wirklich ein Mörder?
Auch das dritte Buch von Sarah Crossan hat mich an den Rand meiner Gefühle gebracht. Eine ganz große Leseempfehlung!
Mit Nicu & Jess hat Sarah Crossan bei mir nun schon den zweiten Buchvolltreffer gelandet. 2017 hat sie mich mit ihrem Roman „Eins“ schwer begeistert, sogar zum Weinen gebracht und auch wenn ich dieses Mal keine Tränen vergießen musste, bin ich mehr als nur überzeugt. Eine Enttäuschung habe ich ehrlicherweise von vornherein auch nicht eingeplant. Wie auch!
Wir sind eins. Wir sind Tippi und Grace. Wir sind Freaks. Uns glotzen die Leute an und vor allem grübeln die Leute über uns. Das stört uns am meisten. Wir sind Ischiopagus Tripus-Typ – zwei Köpfe, zwei Herzen.
In etwa so haben sich mir die Zwillingsschwestern vorgestellt. Und zurecht kann ich sagen, dass dieses Buch der absolute Wahnsinn ist. Es ist eine Perle der Jugendliteratur und aus diesem Grund ist es nicht verwunderlich, dass das Buch für den deutschen Jugendliteraturpreis 2017 nominiert ist. Und nein, es ist aus meiner Sicht kein sogenanntes „Problembuch“, es ist mehr als lesenswert, es ist lustig, es ist wichtig, es ist verdammt cool und ja klar, es ist auch traurig, aber das darf es.
Aber lasst mich doch ein wenig mehr über die Schwestern erzählen und vor allem über die Aufmachung des Buches – die ist nämlich genauso andersartig und einmalig wie die Schwestern selbst. Wusstet ihr überhaupt schon, dass der Verlag Mixtvision so grandiose Literatur auf Lager hat? Ich gestehe, dass ich mir dessen bewusst war, allerdings nur im Bereich der Bilderbücher. Sehr schwach von mir, aber nun habe ich gelernt und ihr auch. 😉
Kein Problembuch
Als ich das Buch öffnete, habe ich mich kurz erschrocken, denn es sieht überhaupt nicht aus, wie ein Roman eigentlich aussieht. Die ersten Seiten sind schmal beschrieben, nur das Wort, der Monat „August“ begrüßt uns auf der ersten Seite. Auf der nächsten finden wir ein Kapitel, welches mit „Schwestern“ überschrieben ist und wie ein kurzes Gedicht aussieht. Und so geht es weiter. Kurze aber kräftige Kapitel die wie Gedichte aussehen, linksbündig angeordnet sind. Schnell hat man sich daran gewöhnt und in diese „Kapitelart“ verliebt. Schon vor dem ersten Öffnen besticht der klare und feste Umschlag. Macht man ihn ab, trennt man die Schwestern. Bewegend, anders, Gänsehaut.
Ich denke, es geht euch ähnlich wir mir und ihr habt bisher auch noch nicht die Erfahrung gemacht, wie es ist, mit einem anderen Menschen im gleichen Körper zu stecken. Es ist nicht so einfach, wie in einem Körper, klar, aber es geht und die Schwestern Grace und Tippi leben sonst so wie wir auch. Sie lachen, sie lieben, sie haben die ganz normalen Probleme, wie alle anderen Jugendlichen auch, sie testen sich gern aus und genießen so gut es geht.
Eine Schwester hilft der anderen und es ist überhaupt ein Glück, dass beide am Leben sind. Doch von Tag zu Tag wird es schwieriger, so zu leben. Die Schwestern müssen über eine Trennung der Körper nachdenken, wenn beide bei Gesundheit bleiben wollen. Eltern, Freunde und natürlich Grace und Tippi werden auf eine harte Lebensprobe gestellt. Es bedarf großen Mut…
Berührend – andersartig – einfach groß!
Was für ein berührendes und andersartiges Buch. Es hat mehr als 415 Seiten, aber wisst ihr was? Ich habe es komplett hintereinander gelesen. Durch die wirklich schmal bedruckten Seiten, kann man nicht aufhören. Und nein, man hätte es nicht enger und somit nur auf 200 Seiten drucken können – glaubt mir. Es muss so sein, wie es ist und derzeit ist es das wohl beeindruckendste Jugendbuch, was ich gelesen habe. Beeindruckend, wirklich beeindruckend und ja, ich habe am Ende so verdammt geweint und das muss so und das darf ich hier auch sagen. Warum, solltet ihr dringend selbst herausfinden.
Ihr werdet eine fantastische Zeit mit den Zwillingen verbringen, das verspreche ich euch! Werdet EINS.
Du atmest ungefähr 23.000 Mal am Tag und es ist egal ob du dich draußen oder drinnen aufhältst.
Du atmest, egal ob du in Deutschland wohnst oder am Ende der Welt.
Du atmest.
Doch was wäre, wenn Sauerstoff nur noch begrenzt zur Verfügung stehen würde? Was wäre, wenn Sauerstoff immer knapper werden würde? Was wäre, wenn du nur unter einer Kuppel aus Glas frei ohne Sauerstoffgerät atmen könntest? Was wäre, wenn du in einer Welt ohne Luft leben würdest?
Alina, Quinn und Bea leben unter dieser besagten Glaskuppel, gefangen in einer begrenzten Welt, in einer Welt, in der es noch Sauerstoff gibt. Sauerstoff ohne Sauerstoffgerät, so wie bei uns weltweit, so wie vor dem Switch, der alles zusammen brechen ließ.
Außerhalb der Glaskuppel ist ein Überleben nur möglich, wenn eine Sauerstoffflasche mitgeführt wird. Aber, ein Aufenthalt im sogenannten Ödland bedeutet Luxus, denn Sauerstoff ist teuer und nicht jeder kann sich diesen leisten.
Vor allem die Bürger welche keinen Premiumstatus besitzen, müssen mit dem Sauerstoff haushalten. Sie führen dadurch sämtliche Bewegungen mit Bedacht aus und üben sich im Verzicht jeglicher sportlichen Aktivitäten. Eben dieses Leben mit Einschränkungen führt auch Bea.
Quinn kann sich diesen Luxus leisten, denn er ist Premium Bürger und hat jede Menge Geld, wie auch Sauerstoff zur Verfügung. Bea hat großes Glück mit Quinn befreundet zu sein, denn so kommen ihr immer wieder ein paar Vorteile zu Gute. Zum Beispiel kann sie mit ihm einen Ausflug ins besagte Ödland machen und bei dieser Gelegenheit versuchen, ihm endlich näher zu kommen. Bea wünscht sich mehr als die bereits bestehende Freundschaft, tiefe Gefühle toben in ihr.
Dass sie „nur“ eine Tochter eines Zweitklassbürgers ist, spürt Bea allerdings nicht nur anhand des Sauerstoffs, sondern auch anhand der Entscheidung der Regierung. Gemeinsam mit Quinn ist sie in die Finalrunde des BREATHE-Führungskräfteprogramms eingezogen, doch gewonnen hat nicht sie, die Second, sondern Quinn, der Premium.
Alina, die dritte jugendliche Hauptprotagonistin, gehört zu den heimlichen Rebellen und möchte so schnell wie möglich wieder frei atmen können. Atmen war mal ein Grundrecht, jetzt ist es ein Privileg und das will sie, wie einige andere auch, nicht mehr dulden.
Auch Alina möchte die Kuppel so schnell wie möglich verlassen, denn sie möchte ihren soeben gestohlenen Setzling nach draußen bringen, ihre Mission erfolgreich beenden.
Bea und Quinn, mit zwei großen Sauerstoffflaschen ausgerüstet, begeben sich auf den Weg ins Ödland und treffen an der Grenze auf Alina, welche Ausreiseprobleme hat. Quinn nimmt sich ihrer selbstlos an und hilft ihr vor Soldaten zu flüchten. Zu dritt gelangen sie nach draußen und genau da beginnen die Probleme. Quinn scheint Interesse an Alina zu haben und nicht nur das, denn die beiden Ausflügler geraten in einen Konflikt mit großem Gefahrenpotenzial.
Der geplante Ausflug verläuft komplett anders, als ihn sich die beiden vorgestellt haben und ein Albtraum beginnt Realität zu werden. Zudem werden Bea und Quinn die Augen geöffnet, was das Thema Glaskuppel betrifft…
Der in sich in fünf Teile gegliederte Roman wird abwechselnd aus der Sicht der drei Protagonisten erzählt. Alina treffen wir gleich zu Beginn im Naturschutzareal in dem sie sich aufhält, um Stecklinge zu stehlen. Diese muss sie unbeobachtet außerhalb der Kuppel bringen. Sie ist die Rebellin und hat einen stark abgekühlten Charakter und ist durch und durch berechnend.
Bea lernen wir gleich im nächsten Kapitel kennen. In diesem bestreitet sie die Prüfungen um ins BREATHE-Führungskräfteprogramm zu gelangen. In diesem wird klar, was einen Second und einen Premium unterscheidet. Zudem nutzt Autorin Sarah Crossan dieses Kapitel um das Szenario innerhalb der Glaskuppel zu verdeutlichen. Ein geschickter Zug, um den Leser in den Bann zu ziehen und ihm relativ schnell klar zu machen, was BREATHE ausmacht.
Quinn ist der dritte Hauptprotagonist im Roman. Er ist wie Alina und Bea 16 Jahre jung und strebt eine Hohe Persönlichkeit, wie sie auch sein Vater ist, in der Gesellschaft an.
Dystopie Fans aufgepasst, denn hier liegt ein wirklich plausibler Beginn einer Trilogie vor, die absolute Pageturnerqualität hat und den Atem raubt. Zudem ist hier der Bezug zur Realität sehr nah, denn das Thema Umwelt, speziell Waldsterben, spielt eine große Rolle.
Zu diesem Roman sollte es gleich einen kleinen Setzling beim Kauf dazu geben, denn während des Lesens verspürt man einen inneren Drang, neues Baumleben in seinem Umfeld zu pflanzen, um möglichst nie an Sauerstoffknappheit zu leiden.
Ich selbst bin gleich auf der ersten Seite im Geschehen angekommen, da mir die Rebellin Alina gleich sympathisch war, ohne überhaupt zu wissen, welche Rolle sie spielt und wie sich ihr Charakter entwickelt. Die liebende Gefahr und ihr Drang etwas zu bewegen, bewegte auch mich. Innerhalb des Romans macht sie wohl die größte Entwicklung durch, welche einfach nur beachtlich ist.
Sarah Crossan findet zwischen all der Härte, der Gefahr und Berechnung poetische Zeilen und lässt hin und wieder die Gefühle die Oberhand gewinnen. Sogar der Name Charles Dickens und sein Romanheld Pip, taucht darin auf. Ihr braucht keine Angst zu haben, dass hier zuviel Platz für die Liebe ist, nein, die Angst ist unbegründet und doch gibt es tiefe Worte, die die Gedanken zum Kreisen bringen lassen.
Crossan schildert nicht nur ein mögliches Desaster, sondern lässt durch ihre Randfigur, welche den Namen Maude Blue trägt, das Gegen das Vergessen-Licht in mehreren Schüben aufleuchten. Ein eigenwilliger alter Charakter, der weise Worte in sich trägt und zum Rückblicken und Innehalten bewegt. Ihr werdet merken, dass Maude auch euch nach einiger Zeit berühren wird.
Persönlich habe ich ein kleines Problem mit diesem Buch, was weder Inhalt noch Aufmachung betrifft. Dazu muss ich sagen, dass ich den Roman bereits im November, mit einem dazu entworfenen Flyer, in den Händen gehalten und gelesen habe. Bereits im letzten Jahr bin ich davon ausgegangen, dass Breathe ein Einzelband und keine Trilogie ist. Ich fand damals keinen Hinweis auf einen Mehrteiler und habe im Glauben an einen abgeschlossenen Roman gelesen und mich gefreut, euch eine Dystopie ans Herz legen zu können, bei der man nicht auf Folgebände warten muss.
Vor wenigen Tagen wurden mir dann bei der gründlichen und umfassenden Recherche die Augen geöffnet und ich musste heftig schlucken.
Hatte ich mich doch nun schon Monate lang mit dem Ende abgefunden, es für gut befunden und mir mögliche Fortsetzungen, die es hätte geben können, ausgemalt. Nun bin ich in einer persönlichen Zwickmühle, ob ich überhaupt eine Fortsetzung brauche und lesen sollte. Meine Erwartungen sind dadurch wohl ziemlich hoch und meine inneren Vermutungen schon tief verankert. Da habe ich mir irgendwie selbst ein literarisches Bein gestellt und doch finde ich es rückwirkend schlecht, dass nirgends ein Hinweis auf eine Reihe zu finden war.
Dennoch wurde mir beim Schreiben dieser Worte bewusst, dass ich dennoch gespannt bin, wie es laut Crossan weitergehen wird. Trotz Beas intensivem Gefühlsgedankenstrudel die ein wenig an die Lesersubstanz gingen, freue ich mich auf sie, genau wie auf Alina und Quinn. Vor allem Quinn hatte am Ende eine Begegnung mit seinem Vater, die mir schon beim Gedanken daran Gänsehaut bereitet. Ich sage nur groß, absolut groß.
Wagt euch an diese ökologisch angehauchte Dystopie, vergesst aber die Sauerstoffflaschen und die Setzlinge nicht einzupacken und betretet die Glaskuppel.
Und denkt dran – ATMEN!
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