Es ist gut zu wissen, dass es auch das perfekte Buch fürs Wochenende gibt. Schließlich gibt es für fast alle Momente im Leben das gewisse Buch und nun auch für die zwei Tage, die man gern mit einem Buch abrundet.
Natürlich ist es noch viel besser, den Roman „Ein Wochenende“ von Charlotte Wood am Strand oder sogar in Australien zu lesen, aber wie war das: Man kann nicht alles haben. Also setzen und loslesen. Es kommt nicht auf den Ort, sondern auf den Inhalt an.
Ein Wochenende
Irgendwann im Leben trifft es uns alle – eine wichtige Person aus unserem Freundeskreis verlässt uns. Ich durfte die Erfahrung leider schon im Juni vor einem Jahr machen. Meine damaligen Hoffnungen und Texte haben nicht geholfen. Jude, Wendy und Adele geht es ähnlich, auch wenn man dazu sagen muss, dass die Damen den Großteil ihres Lebens zusammen verbracht haben oder sagen wir, die Damen sind nicht mehr Mitte dreißig. Dennoch ist es unabhängig vom Alter und der verbrachten Lebenszeit, wie viel Schmerz man empfindet und natürlich empfindet jeder Mensch anders.
Den drei Frauen steht ein recht großer Schritt bevor, denn sie sollen das Haus von Freundin Sylvie ausräumen, da es verkauft werden soll. Schmerzhaft wird dabei, dass Sylvie die Freundschaft definiert und zusammen gehalten hat. Über all die Jahre war sie der rote Faden, sie war die vierte Ecke des Quartetts, welches jetzt nur noch ein Trio ist.
Schon bevor alle drei am Haus nähe des Strandes eintreffen, ist spürbar, wie unterschiedlich die Frauen sind. Kaum vorstellbar, dass sie über die Jahre harmoniert haben. Den Eindruck habe ich bis zum Ende des Buches gehabt. Schon die Anreise ist schwer, denn Wendy hat eine Panne und hat doch ihren alten Hund Finn mit dabei. Adele sitzt am Bahnhof und lässt mehrere Züge abfahren, bevor sie einsteigt. Nur Jude ist schon am Ziel und wartet.
Jude, Wendy & Adele
Jude ist somit die erste Protagonistin im Roman, die nicht nur zuerst das leere Haus inspiziert, sondern durch die wir Leser*innen über die Vergangenheit und ihre Gedanken erfahren. Dann schwenkt die Kamera zu Wendy und Adele und schließlich sind alle am Ziel und die arbeitsreiche Weihnachtszeit im Haus beginnt.
Ich musste kurz umdenken, als ich Weihnachten lass und ja, es fühlt sich schon merkwürdig an, den Roman jetzt, kurz vor Sommer, zu lesen. Aber dieser spielt schließlich in Australien und da ist es eben wunderbar möglich, im Dezember am Strand zu liegen und baden zu gehen. Doch die Jahreszeit spielt für den Inhalt keine Rolle, die langjährige Freundschaft steht im Vordergrund und es entspannt, die Frauen zu begleiten. Entspannend, da der Roman trotz Verlust nicht beschwert und eher die Verbindungen untereinander und die wirklich verschiedenen Leben thematisiert werden. Ich bin auch sehr neugierig und mir hat das hintergründige Kramen und Sortieren von alten Schätzen gefallen.
Weihnachten im Strandhaus
Klar ist, dass die drei ans Herz wachsen, auch wenn die nun, schon seit über vierzig Jahren befreundeten Frauen teilweise gut kratzbürstig und natürlich eigen sind. Wie werden wir wohl mit Mitte 70 sein? Welche Freundinnen werden noch immer mit uns lachen und weinen? Schon jetzt musste und durfte ich einige Freundschaftsveränderungen mitmachen…
„Doch Liebe war nicht das Gleiche wie Respekt“ (Seite 104)
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt während des Lesens aber nicht, auch wenn die Handlungen eher sacht vor sich hinrauschen, wie das Meer. Charlotte Wood lässt viel Entschleunigung aus ihren Seiten hervorströmen und sehr viele Gefühle aufsteigen. Jede der drei Frauen hat Geheimnisse, setzt trotz Vertrautheit eine Art Maske auf, hinter der sie einige Dinge lieber versteckt halten mag. Es ist die Scham, die Angst versagt zu haben und verurteilt zu werden. Einige Veränderungen müssen zudem erst mal selbst verinnerlicht werden.
Frauenfreundschaft
Besonders habe ich Wendy und ihren Hund Finn, der sich eher durch seine letzten Lebenstage quält, ins Herz geschlossen. Eine starke Bindung und doch keine einfache Lebenssituation. Wendy muss einige Fragen und Kommentare erdulden. Aber einige scharfe Fragenpfeile bleiben eben auch in einer Freundschaft nicht aus. Adele hat sich ebenfalls in mein Herz geschlichen, mit ihr habe ich ziemlich viel Mitleid empfunden. Und Jude, tja, sie ist sehr speziell und schwer durchdringlich.
„Ein Wochenende“ (Kein & Aber) eignet sich hervorragend für ein Wochenende, an dem man in drei andere, drei reifere Leben entfliehen möchte. Die Frauen mit sperrigen, rasterlosen Charakteren, haben viel zu erzählen und lassen sich nicht einfach fassen. Ein warmherziges Buch über Freundschaft und deren Geheimnisse, emotionale Lebensrückblicke und das weitere Leben.
P.S. Minispoiler: Der genannte Instagramaccount von Adele existiert zwar, aber nur als „totes“ Profil. Schade!
Ich finde, das Buch klingt richtig gut und ich denke, es könnte sich für den Lesekreis eignen. Allerdings müssten wir da auf die Taschenbuchausgabe warten.
Liebe Grüße
Mona
Ja, es eignet sich absolut – zu zwei lesen war schon toll.
Viele buchige Grüße aus DD nach BS 🙂 Bekommen wir denn in diesem Jahr mal ein Treffen hin? Hach…
Wäre ja cool, wo es schon mit den Messen nicht klappt. 😉