Vielleicht ist das eine ganz eigene Aussage, wenn ich hier mitteile, dass ich den Roman schon vor über einem Jahr gelesen, bisher aber nie besprochen habe. Das Lesewetter war perfekt, die Umwelt und der Roman haben sich gut bildlich vereinen lassen. Alles war gefroren und ich hatte Gänsehaut, wie direkt zu Beginn des Romans…
Ende in Sicht
…denn, ich möchte mir nicht ausmalen, wie Tief der Schock sitzt, wenn eine Person von der Autobahnbrücke springt und genau dort landet, wo man gerade lang fahren möchte. Puh – du verstehst? Gänsehaut pur. Und dann stellt sich auch noch heraus, dass die Person, die gesprungen ist, gerade mal 15 Jahr jung ist und ihr Leben mit Absicht beenden wollte. Juli ihr Name, wie die ehemalige Popsängerin Hella erfährt.
Hella hatte nie den Mut, von einer Brücke zu springen, aber den Mut, sich einen Termin in der Schweiz zu machen. Einen lebensbeendenden Termin, um genau zu sein. Zwei Frauen, zwei Ziele, zwei ganz unterschiedliche Lebenslängen und -erfahrungen. Depressionen spielen in beiden Leben eine Rolle und Hella bekommt auf ihrer Fahrt Zuwachs, denn Juli überlebt und weigert sich, zu ihrem Vater zurückzugehen.
Juli hat keine Freunde, Hella ist mindestens genauso einsam, denn ihr Bekanntheitsgrad ist fast vollständig verschwunden und so wird aus der einsamen bestimmten Fahrt ein kleiner Roadtrip mit spontanen Wegänderungen. Vor allem das Feuerwehrfest löst Feuerwerke aus und die Sicht auf das Ende verändert sich.
Da ich Roadtrips mag, war meine Vorfreude auf „Ende in Sicht“ (dtv) wirklich groß. Ich folge Ronja zudem via Instagram sehr gern und lasse mich immer von ihren ausgefallenen Storys überraschen. Ihren Roman „Wir kommen“ habe ich vor sieben Jahren gelesen, wie ich gerade festgestellt habe. Sie hat ihn mir damals sogar signiert. Tja, was soll ich sagen, vielleicht ist spürbar, dass ich gerade abschweife.
Discokugelschneckenhaus
Ich bin im Zwiespalt – ja, ich würde gern euphorischer erzählen, denn von der Lesegeschwindigkeit her habe ich es richtig verschlungen. Doch das, was am Ende bleibt, zählt und am Ende kam bei mir Ernüchterung. Natürlich kann auf einem Roadtrip nicht unbedingt bei jedem Halt Tiefe entstehen, aber auch kleine Ankerpunkte blieben aus. Leider haben die ernsten Themen nur oberflächlich stattgefunden.
Ich mochte Juli und auch Hella und ich wollte beide nicht gehen lassen. Das hatte aber den Grund, dass ich gern noch mehr erfahren hätte. Ich wurde immer dann fortgerissen, wenn es in Richtung Tiefgang ging. Sobald ich begann, die Luft anzuhalten, verpuffte die Situation.
Mir war alles zu schnell vorbei und das Ende hat mich überrascht, verwundert und auch ratlos zurückgelassen. Ein Roman, in dem Depressionen und Einsamkeit ihre Schatten werfen, ein Roman bei dem ich ab und an genickt habe. Viele wahre Worte, viele Einblicke und für Außenstehende ein minimaler Blick ins Innenleben der Betroffenen. Mir fehlt neben den vielen klugen, außergewöhnlichen und typischen von Rönne Sätzen der Wow-Effekt, das Herausstechen aus der Büchermasse und vor allem die Discokugelschneckenhausstimmung. Blasser Oberflächencharaktertanz.
Schade!
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