Fayvel der Chinese ~ Philippe Smolarski

Fayvel hat mir aus dem Messestand des Liesmich Verlages regelrecht entgegen gegrinst. Zu meiner Schande gestehe ich, dass ich vom Leipziger Verlag erst auf der Buchmesse im März 2018 erfahren habe. So konnte ich auch Fayvel nicht eher kennenlernen. Aber nun ist hier und heute doppelte Premiere.

Mag sein, dass das Cover nicht gerade dafür gemacht ist, Aufmerksamkeit zu erregen. Aber es geht schließlich um einen Ganoven, um einen Schmuggler, um einen Bandenchef. Da sind zurückhaltende Farben angebracht, die Tarnung soll nicht auffallen. Dafür ist der Inhalt rasant und natürlich bunt, denn Autor Philippe Smolarski treibt uns Leser durch sein Roadmovie und bringt uns von der einen brenzligen Lage in die andere.

Protagonist Fayvel ist polnischer Jude und auf der Flucht. Er begibt sich von China in seine Heimat, um seine Familie zu retten. Er muss direkt ins Warschauer Ghetto. Die Reise wird gefährlich, doch Fayvel hat keine Angst. Ob Drogenschmuggel, Spionage, Schusswechsel oder andere kriminelle Dinge – Fayvel ist Profi und scheut vor keiner Gefahr. Doch er reist nicht im Doppelpack, sondern im Trio. Walter und Meiling sind an seiner Seite. Zwei wichtige Helfer, denn Walter ist ein starker Ex-Boxer und deutscher, Meiling ist Chinesin und wahnsinnig hübsch und verbrecherisch.

1941 – Warschauer Ghetto

Der Anblick Warschaus verstört Fayvel und doch ist er innerhalb weniger Minuten ganz in seinem Element – Ganove durch und durch. Alle drei werden gleich auf die Aufmerksamkeitsprobe gestellt und müssen sich ihren Weg frei räumen. Dabei reichen sich Gewalt und Sex auch gern mal die Hand. Für Liebe ist im Krieg wenig Platz und Fayvel hätte nie damit gerechnet, das er auf ein jüdisches Mädchen trifft und recht schnell sein Herz an sie verliert.

Maria begleitet die drei auf ihrer weiteren Reise und muss sich schnell anpassen. Identitätswechsel stehen auf der Tagesordnung und die Gefahren lauern an jeder Ecke. Jeder neue Tag wird zum Überlebenskampf…

Fayvel der Chinese ~ Philippe Smolarski

Wenn du gern spannende Roadmovies liest, kann ich dir nur raten, gemeinsam mit Fayvel und seinen Freunden quer durch Europa zu flüchten. Der eher unscheinbare Roman ist zudem recht humorvoll und gleichzeitig sehr historisch. Eine recht eigenartige, aber clevere Verbindung, die uns den Nationalsozialismus von einer ganz anderen Seite zeigt. Wir finden uns zwischen flüchtenden Juden wieder, unser Hauptprotagonist ist allerdings voller Gegenwehr und kämpft seinen ganz eigenen Krieg. Mit einem Ganoven war ich bisher noch nie im Ghetto und noch nie zuvor habe ich so viel spioniert und bei so vielen kriminellen Machenschaften mitgemacht. Auch der recht reibungslose Identitätswechsel während vom Himmel Bomben fallen, ist mir völlig neu.

Die kleine Bande ist mir richtig schnell ans Herz gewachsen. Alle vier Charaktere sind einfach liebenswert komisch, mutig und schwach zugleich. Die Luft ist voller krimineller Energie. in der sich nach und nach ein Hauch von Liebe breit macht. Philippe Smolarski lässt uns auf einem Seil aus Fiktion und Realität balancieren.

Kriminelles Roadmovie

Bevor wir in den Aufzeichnungen von Fayvel lesen, erfahren wir vom Autor selbst, wie er an diese gekommen ist. Er erzählt uns, warum er mit der Veröffentlichung des fünften Heftes begann und warum er jüdische Begriffe im Roman mit Randnotizen erklärt. Überhaupt mag ich das Setting, den Rahmen des Romans sehr. Am Ende tauchen wir dort auf, wo Fayvel seinen letzten Punkt gesetzt hat und müssen zufrieden sein.

Doch unbefriedigt müssen wir den 250 Seiten Roman nicht verlassen, denn Autor Smolarski erzählt uns im Nachwort, wie es letztendlich mit den Protagonisten weiter ging. Zudem hält er ein ausführliches Personen- und Sachverzeichnis bereit.

Eure
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