Paul ~ Juliane Baldy

„Ab auf den Stuhü. Ne Pulle. Allein deshalb, um mal den Ausweis rauszuholen. Bist du schon sechzehn. Logisch. Hier. Kannste rechnen. Siebzehn. Stuhü. Voll bescheuert. Stuhü nennen den alle, weil der Park auf nem Hügel ist und in dem Park sich die Stufe trifft. Ich sag doch, voll bescheuert. Ob ich da bin oder nicht, kümmert keinen.“ (Seite 6)

Paul

Paul ist anti Konflikt, von der zurückhaltenden Sorte und er gehört weder zum Team der Gewinner, noch zum Team der Verlierer. Er hat WLAN-Sperre und die Sommerferien stehen vor der Tür. Ziellos lässt Paul sich durch den Abend treiben. Mädchen hier, Mädchen dort. Noch ne Pulle. Dort ne Fluppe. Was rauchen. Alex ist da, Marko holt Apfelkorn raus. Und dann kommt die Neue. Ida. Und setzt sich neben Paul.

real life

Das war vorerst die einzige Begegnung im real life, denn Ida verbringt die Ferien mit ihrer Familie auf Sizilien. Aber es gibt zum Glück den Chat und Ida ist täglich online. Paul hätte nie gedacht, dass Ida an ihm Interesse hat und kann kaum glauben, wie er sich ihr gegenüber öffnen kann. Ob das wohl die Liebe ist – Paul kommt nicht zum Nachdenken, denn auch das Offlineleben steht in den Ferien nicht still. Es war weder abzusehen, dass er bei sich zuhause eine Party schmeißen kann, noch dass er seinen leiblichen Vater und seine Halbschwestern kennenlernt und erst recht nicht, dass er wahrscheinlich zu Ida fliegt. Die Sache mit seiner Mutter und Ralf ist für Paul nur teilweise greifbar, das Marko nun sein Kumpel ist, schon.

„Vielleicht ist Freunde haben doch nicht so eine schlechte Sache. Nicht, dass Marko und ich jetzt Freunde sind. Ich mein ja nur, so theoretisch.“ (Seite 44)

Und dann – Pauls Liebesblase platzt, denn Ida meldet sich nicht mehr bei ihm. Sein bereits innerhalb weniger Tage auf den Kopf gestelltes Leben, dreht sich erneut.

Paul ~ Juliane Baldy

Bäm! Bäm! Bäm!

Hätte ich gewusst, dass die knapp 200 Seiten so turbulent werden, hätte ich vorher noch mal tief Luft geholt. Zwischen den Seiten ist nämlich keine Zeit dazu, Pauls Leben ist in voller Fahrt. Autorin Juliane Baldy gibt weder Protagonist Paul noch ihren Leser*innen eine Pause. Warum auch?

Das Leben ist bunt, so durcheinander wie die Graffiti auf dem Cover und offen bleibt immer, wie lange es so ist, wie es ist. Paul verkörpert das Leben, nicht nur von damals. Und nirgends steht, was passiert, wie es weiter geht und wann es endet. Diese kryptisch-poetischen Worte sollen genügen, denn ich kann nur stark empfehlen, Paul selbst kennenzulernen.

Der Singsang des Buches ist ganz klar die Jugendsprache. Nein, ich bin keine 17 mehr und vielleicht habe ich auch anfangs bezweifelt, mit der Sprache klarzukommen, aber nur die ersten Minuten. Dann war es schon um mich geschehen – ich war Paul, Paul war ich. Jugend. Treffen im Park. Alkohol. Mädchen. Jungs. Partys. Sommer. Ferien. Das Damals-Gefühl holte mich ein und ließ mich völlig schwerelos dahin treiben. Ohne an morgen zu denken, ich lebte im Jetzt und Hier.

Jugendlicher Lebensrausch

Juliane Baldy (FVA) verlangt Paul wirklich viel ab und doch gibt es unter uns viele Pauls, die nur einen Elternteil kennen, den aber nicht richtig für sich haben oder nicht für sich haben wollen, ihr Familiengerüst erst nach und nach serviert bekommen und keinen festen Boden im Freundeskreis finden.

Paul ist ein klasse Typ und mir ist es schwergefallen, mich wieder von ihm zu trennen. Danke für das Ende, Frau Baldy, Danke für Paul!

Sei cool und jung und frei und gefasst, denn Pauls Leben wird dich mitreißen, wenn du nicht damit rechnest. Atme noch einmal tief ein und begib dich in den jugendlichen Lebensrausch…

Eure
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